Temperierte
Stimmung
, gleichschwebende
Temperatur, in der
Musik eine Korrektur der mathematisch reinen Intervalle zu
Gunsten einer freien und vielseitigen harmonischen Verwendung der
Töne. In der heutigen praktischen
Musik besteht die Oktave
aus 12 Halbtonstufen von gleichem Schwingungszahlenverhältnis.
Sieben solcher Halbtonstufen entsprechen
einer
Quinte. Schreitet man von einem Grundton um 12 reine
Quinten aufwärts, so gelangt man sehr nahe zur siebenten Oktave
des Grundtons. Da das Verhältnis der Schwingungszahl der
Quinte zum Grundton 3:2, das der Oktave 2:1 ist, so müßte ^[img]
sein;
dies ist nicht genau der Fall;
um daher mit 12
Halbtönen auszukommen, müssen in der praktischen
Musik entweder die Oktaven von dem Verhältnis 2:1 oder die
Quinten von dem Verhältnis 3:2 etwas abweichen. Da
ersteres unerträglich
wäre, wählt man letzteres, wonach das Schwingungszahlenverhältnis der
Quinte ^[img] wird, statt 3/2. Das ist die Methode
der deren Princip am Ende des 17. Jahrh. von
Andreas
Werkmeister («Musikalische
Temperatur», 1691) aufgestellt
und von Seb.
Bach zum erstenmal für die praktische
Komposition in umfassender und klassischer
Weise verwendet wurde in seinem
«Wohltemperierten
Klavier».
Eine sichere Methode, die
Töne von
Klavieren und Orgeln temperiert
rein zu stimmen,
erfand Joh. Heinr. Scheibler. Im Gegensatz zu dieser gleichschwebenden
Temperatur kann die reine Stimmung
im
Gesang angewendet werden. Es wurden in neuerer Zeit Versuche gemacht, auch Tasteninstrumente
mit einer größern Anzahl von
Tönen herzustellen, die von der reinen Stimmung
nicht mehr merklich abweichen.
Vgl. M. Hauptmann, Klang und Temperatur (in den «Opuscula», Lpz. 1874);
H. von Helmholtz, Die Lehre [* 2] von den Tonempfindungen (5. Aufl., Braunschw. 1896);
Sh.
Tanaka,
Studien im Gebiete der reinen Stimmung
(in der «Vierteljahrschrift für Musikwissenschaft»,
1890);
Eitz, Das mathematisch reine Tonsystem (Lpz. 1891).