Temperánzg
esellschaften
(engl. temperance societies), s. Mäßigkeitsvereine. ^[= (nzgesellschaften), Vereine, deren Mitglieder sich des Genusses geistiger Getränke ...]
Tempera - Temple
Temperánzgesellschaften
3 Seiten, 830 Wörter, 6'049 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Temperánzgesellschaften
(engl. temperance societies), s. Mäßigkeitsvereine. ^[= (nzgesellschaften), Vereine, deren Mitglieder sich des Genusses geistiger Getränke ...]
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Temperánzgesellschaften,
freiwillige Vereinigungen in den Vereinigten Staaten [* 3] und in England, die ihren Mitgliedern, den sog. Temperenzlern, die völlige oder teilweise Enthaltsamkeit von allen geistigen Getränken zur Pflicht machen und dem Laster des Trunks entgegenarbeiten. In den Vereinigten Staaten lassen sich ihre ersten Spuren bis 1808 zurückverfolgen. Doch traten sie bis zum Anfang der dreißiger Jahre nur vereinzelt auf und gewannen erst in dem zweiten Drittel des 19. Jahrh, eine größere polit. und sociale Bedeutung.
Ausflußgeschwindigkeit
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Ausfluß.Der Staat Maine führte 1851 das erste absolute Verbot aller geistigen Getränke ein, und wenn dieses Gesetz, das sog. Maine Liquor Law, auch 1856 wieder aufgehoben wurde, so ging es doch mehr oder minder in die Gesetzgebung fast aller Staaten der Union über. So gilt unter anderm auch das absolute Verbot im Staate Massachusetts. Ein Ausfluß [* 4] der Temperanz ist die Gesetzgebung für die strikte Beobachtung des Sonntags (Sunday Laws), an dem kein Wirtshaus geöffnet und kein berauschendes Getränk verkauft werden darf, wie z. B. in den Neuengland-Staaten Neuyork, [* 5] Pennsylvanien und selbst in einigen der westl. Staaten.
Wenn auch keine besondere Partei, so bilden die Temperenzler doch in den Vereinigten Staaten ein mächtiges polit. Element, das besonders von der Geistlichkeit und den Frauen gestützt wird. In einer Anzahl von Staaten wurde das sog. Local Option Law zum Gesetz erhoben, wonach es jeder Stadt freisteht, den Verkauf berauschender Getränke zu verbieten. Die bedeutendste Organisation in der Union ist die National National Temperance Society, die fast in allen Staaten Hilfsgesellschaften errichtet hat, und auch die Woman’s Christian Temperance Union (s. Frauenvereine) ist eine weitverbreitete und einflußreiche Verbindung.
In Irland bildete sich die erste Temperanzg
esellschaft 1829; Schottland und England folgten bald nach, 1831 wurde die British and
foreign Temperance Society gebildet, die jahrelang der Mittelpunkt aller Mäßigkeitsbestrebungen in England war. 1832 entstand
in Preston der erste sog. Teetotal-Verein, dessen Mitglieder sich nicht nur des Branntweins, sondern überhaupt aller
berauschenden Getränke (des Weins, Biers u. s. w.) enthalten. Die Schreibart Tea-totaler (von Thee), die häufig gebraucht
wird, ist unrichtig, obwohl die
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Temperaturverteilung a
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Seite 65.694a.Temperatur - Temperatu
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Seite 65.695.Temperaturverteilung auf der Erde. ¶
Enthaltsamkeitsmänner allerdings, da ihnen die Spirituosen verboten, hauptsächlich auf den Genuß des Thees oder Kaffees angewiesen sind. Die Entstehung des Wortes wird darauf zurückgeführt, daß einst ein Schmied aus Birmingham [* 8] in einem Meeting anstatt «I am a totaler» mit stotternder Stimme gesagt haben soll: «I am a t-t-totaler».
Im J. 1838 begann in Irland die großartige Thätigkeit des Paters Mathew, eines Franziskaners, der 1838-41
Millionen seiner Landsleute das Enthaltsamkeitsgelübde abgenommen haben soll. Dagegen machte in England die Sache der Temperánzg
esellschaften nur
langsame Fortschritte, bis endlich 1880 R. T.Booth die 1877 in Nordamerika
[* 9] begründete Blue Ribbon army (s. d.), die ihre
Enthaltsamkeitsforderung besonders auf religiöse Motive gründete, dorthin verpflanzte. Obgleich der
Name der Blue Ribbon army und das Blaue Band
[* 10] als Symbol der Abstinenz jetzt fast ganz verschwunden ist, so sind die Vereine jener
christl. Temperenzler doch bestehen geblieben. Unterstützung finden ihre Bestrebungen durch den Independent Order of good Templars,
der 1851 in Amerika
[* 11] begründet, 1868 in England eine neue Heimat fand, und besonders auch durch die Heilsarmee
(s. d.), die ihren Mitgliedern beim Eintritt völlige Abstinenz auferlegt.
Geschichtskarten von D
* 12
Deutschland.In Deutschland [* 12] wurden Mäßigkeitsvereine in Nachahmung der amerik. und engl. Bestrebungen 1837 zunächst in Preußen [* 13] aus Veranlassung König Friedrich Wilhelms III. ins Leben gerufen. Geistliche und Regierungsbeamte standen an der Spitze. 1845 betrug die Zahl der Mäßigkeitsvereine 375 mit 60000 Mitgliedern, abgesehen von den bloß kirchlichen und örtlichen Gesellschaften gleichen Zweckes. Zwölf Mäßigkeitszeitungen wurden herausgegeben. Als Apostel zog Baron von Seld von Stadt zu Stadt. In diesen Vereinen wurde nur der Branntweingenuß bekämpft, und zwar mit solchem Erfolg, daß viele Brennereien den Betrieb einstellen mußten.
Hannover und Umgebung
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Hannover.Da man für die Landeskultur des Ostens darin einen schweren Schaden sah, erlahmte allmählich der Eifer angesehener Führer, die polit. Erregung der Zeit aber zerstreute die Vereine. Die wenigen übriggebliebenen entschlossen sich zu den strengsten Grundsätzen der Enthaltung. Sie bilden, 11 an der Zahl, seit 1884 einen Centralverband. Vergebens war der Versuch, durch einen Kontinentalen Mäßigkeitskongreß zu Hannover [* 14] (1863) die stockende Bewegung in Fluß zu bringen.
Die zahlreich in kath. Gemeinden Schlesiens vorhandenen Mäßigkeitsvereine stellte Pius IX. unter den besondern Schutz der Jungfrau Maria und erhob sie zu einer eigentlichen Sodalität oder Bruderschaft, die besondere Andachten, Festtage, Altäre und Ablässe hat. Der 1877 in Genf [* 15] zur Bekämpfung der Trunksucht begründete Verein «Blaues Kreuz» (s. d.) hat auch in Deutschland Verbreitung gefunden. Größere Wirksamkeit hat der seit 1883 bestehende «Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke» (s. d.) entfaltet. (S. auch Alkoholismus.)
Vgl. Dawson Burns, Temperance History (wovon bis jetzt 3 Bde., die Jahre 1826-42, 1843-61 und 1862-72 umfassend, 1889-91 erschienen sind);
B. W. Richardson, Twenty-one years of scientific progress in the temperance reform (Lond. 1882);
E. Blackwell, Booth of the Blue Ribbon movement (ebd. 1883);
J. P. Lewis, Temperance or Teetotalism (3. Aufl., ebd. 1877);
Martius, Die jetzigen deutschen Mäßigkeitsbestrebungen (Gütersloh 1888);
Bode, Kurze Geschichte der Trinksitten und Mäßigkeitsbestrebungen in Deutschland (Münch. 1896).
Unter den Zeitschriften seien erwähnt: Blue Ribbon Chronicle (Lond. 1882 fg.);
Gospel Temperance Herald (ebd. 1882 fg.);
The Jubilee Chronicle (ebd. 1883 fg.);
Ephemerides, National Temperance Handbook.