Tauler,
Joh., Mystiker und Prediger, geb. um 1300 in Straßburg, entsagte seinem bedeutenden Vermögen und trat um 1318 in den Dominikanerorden. Er beschäftigte sich besonders mit dem Studium der Schriften der ältern und neuern Mystik, namentlich Meister Eckardts, zog um 1327 nach Köln, vielleicht auch noch nach Paris und wirkte dann in Straßburg als angesehener Prediger. Trotz des Interdikts, das Johann XXII. über Straßburg verhängt hatte, fuhr Tauler mit andern Dominikanern fort, zu predigen und Seelsorge zu treiben und mußte infolgedessen 1339 nach Basel übersiedeln, wo er mit den Gottesfreunden (s. d.) in engen Verkehr trat. Ende der vierziger Jahre war Tauler wieder in Straßburg, und hier besuchte ihn nach dem «Meisterbuche» der Gottesfreund aus dem Oberlande, unter dessen Einflüssen er sich zwei Jahre lang schweren
mehr
ascetischen Übungen hingab; doch wird sowohl diese sog. Bekehrung T.s als auch seine Thätigkeit während des Interdikts nicht ohne Grund angezweifelt. 1352 fing er wieder an zu predigen und setzte seine Thätigkeit in Straßburg und auch außerhalb, z. B. in Köln, bis zu seinem in Straßburg erfolgten Tode fort. Als Mystiker unterscheidet sich Tauler von Meister Eckardt dadurch, daß er spekulativen, zum Pantheismus hinführenden Gedanken weit weniger nachgeht, vielmehr mit allem Nachdruck die praktische Bethätigung des Christentums fordert. Er dringt auf einfachen Glauben, praktisches Leben, thatsächliche Äußerungen eines gotterfüllten Gemüts. Tauler war der größte Prediger seiner Zeit; voll sittlichen Ernstes tadelte er schonungslos die Gebrechen der Kirche, Habsucht, Prunk, Härte und andere Laster der Weltlichen wie der Geistlichen. Von seinen Schriften und Predigten ist vieles ungedruckt in Handschriften erhalten. Seine «Predigten» (Lpz. 1498) bearbeitete Hamberger neuhochdeutsch (2. Aufl., Prag 1872),
in einer Auswahl Langdorff (Lpz. 1892). T.s Autorschaft der «Nachfolgung des armen Lebens Christi» (Franks. 1833) wird von Denifle in seiner Ausgabe des «Buches von der geistlichen Armut» (Münch. 1877) bestritten. Auch die Echtheit der Tauler zugeschriebenen geistlichen Lieder ist zweifelhaft. -
Vgl. Karl Schmidt, Johann Tauler von Straßburg (Hamb. 1841);
Nikolaus von Basel, Bericht von der Bekehrung T.s, hg. von Karl Schmidt (Straßb. 1875);
Jundt, Les amis de Dieu au 14e siècle (Par. 1879);
Denifle, T.s Bekehrung (in den «Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der german. Völker», 36. Heft, Straßb. 1879);
Preger, Geschichte der deutschen Mystik, Bd. 3 (Lpz. 1893).