Taufgesinnte
(holländ. Doopsgezinden), eine gewöhnlich Mennoniten genannte prot. Kirchenpartei. Ihr Stifter ist Menno (s. d.). Mit den sog. Wiedertäufern (s. d.) der Reformationszeit haben die Taufgesinnte nur die Verwerfung der Kindertaufe gemein, unterscheiden sich dagegen von ihnen wesentlich durch Ablehnung aller Gewalt und spiritualistischen Schwärmerei. Innerlich verwandt sind sie den Waldensern (s. d.). Die Verwechselung mit den Wiedertäufern war der Grund, daß die Taufgesinnte von Katholiken wie von Protestanten auf das heftigste angefeindet und verfolgt wurden.
Menno selber stellte seinen Lehrbegriff in dem «Fundamentbuch von dem rechten christl. Glauben» auf; doch hat auch diese Schrift keine bindende Autorität, wie denn die Taufgesinnte überhaupt keine allgemein verpflichtenden Bekenntnisschriften besitzen. Indem sie in einzelnen Lehrstücken, z. B. von der Erbsünde, der Willensfreiheit, der Rechtfertigung, die Schroffheiten des kirchlichen Lehrsystems abzuschwächen suchen, stehen sie im allgemeinen in der Lehre den Reformierten nahe, und auch ihr Gottesdienst weicht von dem reformierten nur wenig ab. Dagegen taufen sie ihre Kinder erst nach empfangenem Unterricht, frühestens im Alter von 14 J., in den Bethäusern vor versammelter Gemeinde
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durch Besprengung, eine Partei, die Dompelers, durch Untertauchen. Ferner verwerfen sie den Eidschwur und die Ehescheidung, außer im Falle des Ehebruchs, den Krieg und jede Art von Rache; die Bekleidung obrigkeitlicher Ämter wird nicht verboten, aber doch widerraten. Anfangs wurde auch neben dem Abendmahl noch das Sakrament der Fußwaschung beobachtet als Symbol der Reinigung der Seelen durch das Blut Christi. Das Dringen auf sittliche Reinheit führte teils zu einer strengen Kirchenzucht, teils zu kleinlichen Bestimmungen über Kleider-, Bart-, Haartracht und ähnliches. In diesen beiden Punkten wurzeln auch die meisten Spaltungen der Taufgesinnte.
Schon 1554 erfolgte die Trennung in Grobe, d. h. Strenge, und in Feine, d. h. Milde. Die Groben, bestehend aus Friesen, Flamlandern und Deutschen, von ihren Gegnern Dreckwagen genannt, forderten, daß jedes Vergehen mit dem Bann bestraft werde ohne vorhergegangene Ermahnung, und daß dieser Bann jede Gemeinschaft aufhebe, selbst diejenige zwischen Ehegatten und Verwandten. Die Feinen oder Waterländer (weil sie im Waterland in Nordholland und bei Franeker ihren Sitz hatten) wollten den Bann nur bei beharrlichem Ungehorsam gegen die Gebote der Bibel anwenden, ihm mehrfache Mahnung vorangehen lassen und das häusliche Leben dadurch nicht stören. 1640 veranlaßte Uke Walles die Trennung der Ukewallisten durch Einführung des dreimaligen Untertauchens bei der Taufe (daher auch Dompelers genannt), einer besonders strengen Kirchenzucht und genauer Vorschriften über das Tragen von Schmucksachen, Kleidern und Bärten.
Die Einwirkung des Arminianismus führte 1664 zu neuer Parteibildung. Die Anhänger des Arminius hießen nach ihrem Haupte, dem Arzt Galenus Abrahams de Haen, Galenisten, oder nach ihrem Versammlungshaus, einer frühern Brauerei zu Amsterdam, welche als Schild ein Lamm führte, Lamisten, die Anhänger der Prädestination dagegen nach ihrem Haupte, dem Arzt Samuel Apostool, Apostoolen, oder nach der Sonne auf dem Schilde ihres Versammlungshauses zu Amsterdam Sonisten.
Ende des 18. Jahrh. gab es nur noch zweierlei in den Niederlanden, die sich 1800, mit Ausnahme der Gemeinden auf der Insel Ameland und in den Dörfern Aalsmeer und Balk, zu einem Ganzen verbanden. Seit 1811 sind alle Gemeinden durch die Errichtung der allgemeinen Taufgesinntensocietät in Amsterdam, mit Beibehaltung ihrer Eigentümlichkeiten, enger verbunden. Die Partei zählte 1892 ungefähr 127 Gemeinden mit 53 572 Seelen, genießt gleiche Rechte mit den übrigen Konfessionen und hat sich durch einen Missionsverein, die Teylersche theol.
Gesellschaft zu Haarlem, und namentlich auf praktisch-philanthropischem Gebiete hervorgethan. In Deutschland sollen sich gegenwärtig etwa 15000 Mennoniten finden, von denen der größte Teil auf das Königreich Preußen kommt, die übrigen auf die Pfalz, Baden und Bayern. Ihre Militärbefreiung ist in Deutschland aufgehoben. Nicht zu verwechseln mit den Taufgesinnte sind die in neuester Zeit in verschiedenen Gegenden Deutschlands aufgetauchten Baptisten (s. d.), die mit ihnen fast nur die Verwerfung der Kindertaufe gemein haben. Überall, wo die Taufgesinnte heimisch sind, gelten sie als stille und fleißige Unterthanen.
Vgl. Schyn, Historia christianorum qui in Belgio foederato Mennonitae appellantur (Amsterd. 1723);
ders., Historiae Mennonitarum plenior deductio (ebd. 1729);
Blaupet ten Cate, Geschiedenis der Doopsgezinden (5 Bde., ebd. 1839-47);
Brons, Ursprung u. s. w. der Taufgesinnte (2. Aufl., Norden 1891);
ten Doornkaat Koolman, Die Verpflichtung der Mennoniten an Eidesstatt (Berl. 1893);
Doopgezinde Bijdragen (Leiden; jährlich).