Taufe
(grch. baptismós oder báptisma), das
Sakrament der
Aufnahme in die christl.
Kirche. Der
Ausdruck Taufe
bezeichnet
zunächst jedes Tauchbad.
Abwaschungen in reinem Wasser waren bei verschiedenen morgenländ. Völkern von alters her als symbolische
Handlungen im Gebrauche. Das
Alte Testament schreibt bei allen möglichen Verunreinigungen, aber auch vor Verrichtung gottesdienstlicher
Handlungen dergleichen Waschungen vor, die namentlich später von den
Pharisäern peinlich beobachtet wurden.
Die hierbei zu
Grunde liegende Idee war die der levitischen Reinheit oder die Fernhaltung jeder verunreinigenden Berührung
von dem geheiligten Eigentum Jahwes. Als
Sinnbild des Übergangs von heidn. Unreinigkeit zu dem heiligen
Bundesvolk mag schon in vorchristl. Zeit die sog. Proselytentaufe
an übertretenden
Heiden vollzogen worden sein und zwar
durch Untertauchen des ganzen Körpers in fließendes Wasser. Eine tiefere sittliche
Beziehung lag in der Taufe
des
Johannes.
Dieselbe sollte ein
Symbol der zum Eintritt in das nahe bevorstehende Messiasreich erforderlichen
Buße
oder sittlichen Umkehr sein, und wurde daher ebenfalls durch Untertauchen, aber nicht an
Heiden, sondern an
Juden, als den
Mitgliedern des messianischen
Volks, vollzogen.
Jesus, der sich selbst
vor seinem öffentlichen Auftreten der Johannestaufe
unterzogen hatte, begann seine Thätigkeit mit demselben Bußrufe wie
Johannes, scheint aber das Taufen
seinen
Jüngern überlassen zu haben.
In der ältesten messianischen Gemeinde war die Taufe
allgemein üblich. Sie erfolgte anfangs auf den
Namen Jesu Christi, d. h.
auf das
Bekenntnis hin, daß
Jesus der Messias sei. Ob
Jesus selbst die Taufe
auf seine
Person «eingesetzt»
hat, läßt sich ebensowenig feststellen, als die Form der auf sein Geheiß noch während seines Lebens geübten messianischen
Taufe.
Die
Matth. 28,19. auf
Jesus selbst zurückgeführte Taufformel «auf den
Namen des
Vaters, des
Sohnes und des
Heiligen
Geistes»
ist zuverlässig erst spätern Ursprungs.
Da man in ihr aber eine
Anordnung des auferstandenen
Erlösers sah, so wurde sie in den christl. Gemeinden
allgemein recipiert. Nach
Paulus ist die Wassertaufe
nicht bloß
Sinnbild der
Buße, sondern versetzt den Täufling mittels
der Anrufung des
Namens Christi in geheimnisvolle
Verbindung mit ihm, daher schon in der Apostelzeit die
Sitte aufkam, daß
die Gläubigen sich für ihre bereits verstorbenen
Angehörigen taufen
ließen, um diesen bei der
Auferstehung
die
Teilnahme am Messiasreiche zu sichern.
Als geheimnisvolle
Teilnahme an dem sündentilgenden
Tode und der
Auferstehung Jesu hieß die Taufe
«das
Bad der
[* 2] Wiedergeburt»,
durch das der Täufling der
Sündenvergebung und des
Heiligen
Geistes sowie der
Anwartschaft auf die
Auferstehung
teilhaftig werde.
Schon in der
Vorstellung der Urgemeinde verband sich mit der Wassertaufe
die
Geistestaufe (baptismus flaminis)
oder die Überleitung des
Heiligen
Geistes mittels
Handauflegung auf den Täufling. Diese gilt der
Apostelgeschichte als ein
Vorrecht der
Apostel, daher die Wassertaufe
anderer
Lehrer erst der Vervollständigung durch die apostolische
Handauflegung zu bedürfen schien. Als
Sinnbild der
Geistestaufe kam schon im 2. Jahrh. außer der
Handauflegung die Salbung
(s. d.) auf, die aber gleich dieser seit Mitte des 3. Jahrh.
allein von den
Bischöfen vollzogen wurde, während die Wassertaufe
den Presbytern gestattet blieb. Infolgedessen wurden die
Handauflegung und Salbung als besondere heilige Handlung (s. Firmung) von
der Taufe
getrennt.
Die alte Sitte des Untertauchens veranlaßte seit dem 4. Jahrh. die Aufstellung von sog. Taufbrunnen in den Vorhöfen der Gotteshäuser oder in eigenen Taufkapellen. Das bloße Besprengen mit Wasser, das früher nur bei der Krankentaufe (baptismus clinicorum) üblich war, wurde in der abendländ. Kirche erst im 13. Jahrh. der kirchlich vorgeschriebene Ritus. Die Protestanten nahmen diese Sitte von den Katholiken herüber. Nur die Baptisten (s. d.) haben das Untertauchen wieder eingeführt, das auch in der griech. Kirche üblich blieb.
In den ersten Jahrhunderten empfingen fast nur Erwachsene die Taufe.
Derselben ging eine längere
Vorbereitungszeit voran. (S.
Katechumenen.) Der
Glaube an die sündenvergebende Kraft
[* 3] der Taufe, der nur die Kraft des Märtyrertodes
(Bluttaufe) gleichgeachtet wurde, bewog viele, dieselbe solange als möglich aufzuschieben. Die besonders durch
Augustinus
verbreitete
Lehre
[* 4] von der unwiderruflichen Verdammnis der Ungetauften verwandelte diese Säumnis in Eile und machte seit dem 5. Jahrh.
die Kindertaufe allgemein. Statt des Täuflings legten seitdem die
Taufzeugen oder
Paten (s. d.) das Taufbekenntnis ab, und
der
Glaube der letztern galt
¶
mehr
als stellvertretend für den des Kindes. Der magischen Auffassung von der Wirkung der Taufe wurde hierdurch noch größerer Vorschub geleistet. Schon im 3. Jahrh. hatte Bischof Stephan von Rom [* 6] im Streite mit Cyprianus von Karthago [* 7] und den kleinasiat. Bischöfen behauptet, die Wirksamkeit der Taufe sei lediglich abhängig von der über dem Täufling ausgesprochenen biblischen Taufformel und unter dieser Voraussetzung auch die bei schismatischen und ketzerischen Parteien verrichtete Taufe (Ketzertaufe) gültig.
Diese Ansicht ist später die herrschende geworden, daher die orthodoxe Kirche jede Art Wiedertaufe untersagte, außer wenn die Taufformel nicht einsetzungsmäßig ausgesprochen ist. Noch heute achtet daher die kath. Kirche auch die protestantische Taufe für gültig. Sogar Laien und Nichtchristen dürfen in Notfällen die in gültiger Weise vollziehen (Nottaufe, s. d.). Als Wirkung des Taufaktes betrachtet die orthodoxe Lehre fast aller christl. Konfessionen [* 8] die Vergebung der Sünde (der Erbsünde). Ungetaufte Kinder sind dagegen der Gewalt des Teufels anheimgegeben, die erst durch den Taufakt gebrochen wird, daher nach orthodoxem Ritus ein von den Paten an Kindesstatt ausgesprochenes Gelöbnis, dem Teufel zu entsagen (Abrenunciation), oder wohl auch eine förmliche Austreibung des Teufels aus dem Kinde durch den Geistlichen (s. Exorcismus) der Taufe vorhergeht.
Nach kath. Lehre wird durch die Taufe nicht bloß die Sündenvergebung, sondern auch die völlige Tilgung der Erbsünde selbst durch «Eingießung der Gnade» gewirkt; nach lutherischer neben der Sündenvergebung auch die Rechtfertigung und Wiedergeburt (der Beginn der sittlichen Erneuerung), wogegen die Reformierten in der Taufe nur ein Zeichen und Unterpfand des göttlichen Willens sehen, diese Güter dem Kinde, wenn es zum Glauben gelangt, zu gewähren. Der Rationalismus betrachtet die Taufe nur als feierliche Aufnahme des Kindes in die christl. Gemeinschaft, die neuere prot.
Theologie als symbolische Handlung der Kirche zur sinnbildlichen Darstellung des auch auf den Täufling sich persönlich erstreckenden göttlichen Gnadenangebots, das wirksam werde in dem Maße, als unter dem erziehenden Einflüsse der christl. Gemeinschaft der Täufling zu persönlichem Glauben gelange. Der Widerspruch, in den die orthodoxe Lehre von der Wirkung der Taufe mit der Lehre vom Glauben als ihrer Voraussetzung trat, hat schon in der Reformationszeit bei den sog. Wiedertäufern (s. d.) und später noch bei den Taufgesinnten (s. d.) und Baptisten zur Verwerfung der Kindertaufe geführt.
Der früher allgemein festgehaltene staatliche Taufzwang ist in Deutschland [* 9] seit dem Reichsgesetz vom über die standesamtliche Beurkundung der Geburten in Wegfall gekommen. Die Taufceremonien sind nach den Konfessionen verschieden. Bei den Protestanten wird die Taufe lediglich durch das Aussprechen der Taufformel über dem mit seinem neuen Vornamen genannten Täufling und durch dreimalige Besprengung vollzogen, die Recitation des Glaubensbekenntnisses geht voran, die Einsegnung folgt nach.
In der kath. Kirche wird dem Neugetauften zum Zeichen seiner geistlichen Jugend Milch und Honig gereicht und seine geistige Ausstattung mit den Gaben des Christentums durch mehrere symbolische Handlungen, z. B. die Mitteilung des Salzes der Weisheit und die Bekleidung mit dem Westerhemd (s. d.), dem Kleide der Unschuld und Reinheit, angedeutet. Das Taufwasser wird in der röm. und griech. Kirche besonders geweiht. An leblosen Gegenständen die Taufe zu vollziehen, gilt den Protestanten als verwerflicher Mißbrauch. In der kath. Kirche kommt dies dagegen häufig vor. Am gewöhnlichsten ist der im 8. Jahrh. aufgekommene Gebrauch der Glockentaufe. (S. Glockenweihe.)
Über die Taufe als seemännischer Brauch s. Linientaufe und Schiffstaufe.