Taubheit
(Surditas), die Unfähigkeit, Gehörseindrücke zu empfinden. Man unterscheidet eine vollständige Taubheit
(Kophosis),
d.
i. den
Mangel jedweder Gehörswahrnehmung, und eine unvollständige,
d. i. ein mehr oder weniger unvollkommenes
Hören (Baryecoia; Auditus difficilis). Sehr verschiedene
Krankheiten des Gehörorgans können Taubheit
herbeiführen und sowohl
die schallaufnehmenden und schallleitenden
Teile des
Ohrs als auch die schallempfindenden
Teile desselben betreffen, also im
äußern Gehörgange, im
Trommelfell, im Mittelohr, im innern
Ohr,
[* 2] im Hörnervenstamm oder in den Gehirnpartien, von denen
der Hörnerv entspringt, ihren Sitz haben. Da Taubheit
und Schwerhörigkeit nur ein
Symptom einer großen Menge der verschiedenartigsten
Krankheitszustände des Gehörorgans (s.
Ohrenkrankheiten) sind, so ist es natürlich, daß sie nicht von einem und demselben
Heilmittel oder Heilverfahren beseitigt werden können.
Die vollständige Taubheit
ist unheilbar, kommt aber verhältnismäßig selten vor. Die Schwerhörigkeit
bietet je nach der ihr zu
Grunde liegenden
Krankheit der Behandlung mehr oder weniger Aussicht auf Erfolg. Je länger die Zeit
ist, seit der die Schwerhörigkeit besteht, desto geringer ist die Aussicht auf
Heilung. Deshalb ist jedem Ohrenkranken dringend
zu raten, möglichst bald bei einem Ohrenarzt Hilfe zu suchen. In nicht seltenen Fällen bleibt sonst
dem Schwerhörigen nur der Gebrauch eines seinen Zweck nur unvollständig erfüllenden
Hörrohrs (s. Hörmaschinen)
[* 3] übrig.
Ist die Taubheit
angeboren oder in früher
Jugend erworben, so führt sie zur Taubstummheit. (S.
Taubstumm.)
Nach dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz §. 188 ist zur gerichtlichen Verhandlung mit tauben oder stummen Personen, sofern nicht eine schriftliche Verständigung erfolgt, eine Person als Dolmetscher zuzuziehen. Ob einem Tauben [* 4] bei der mündlichen Verhandlung ein Vortrag zu gestatten, ist dem Ermessen des Gerichts überlassen. In Strafsachen, welche vor dem Landgericht verhandelt werden, muß dem tauben oder stummen Angeschuldigten ein Verteidiger bestellt werden. Kann ein Tauber oder Stummer, obschon er volljährig ist, seine Angelegenheiten nicht selbst verwalten, so ist ihm ein Pfleger zu bestellen; nach dem Deutschen Bürgerl. Gesetzb. §. 1910 jedoch nur mit seiner Einwilligung, es sei denn, daß eine Verständigung mit ihm nicht möglich ist.