Taubenzucht
,
die Züchtung von
Tauben
[* 2] als Nutz- oder Luxustiere. Auch exotische Ziertauben kommen in ziemlicher Anzahl
in den
Vogelhandel. Zur Taubenzucht
verwendet man:
1) Taubenschläge oder Taubenböden, mannshohe Verschlage auf dem Boden eines Hauses, Stalles oder Schuppens oder in einem niedrigen Gebäude zu ebener Erde. Sie müssen geschützt liegen und frei von Feuchtigkeit und Zugluft sein. Die Wände bestehen am besten aus glatt verputztem, getünchtem Mauer- oder Fachwerk, [* 3] der Fußboden entweder aus glatt gehobelten, ritzenfreien, geölten Dielen oder aus einem Lehm- oder Cementestrich. Das Flugloch soll wenigstens 50 cm über dem Fußboden liegen, in stark bevölkerten Schlägen sind mehrere Fluglöcher, an der Innen- und Außenseite des Flugloches wird je ein Anflugbrett angebracht.
Der Verschluß des Flugloches wird durch ein senkrecht in Falzen laufendes Brett, Eisenblech oder durch ein Drahtgitter bewerkstelligt. Im Schlage müssen 4-5 cm breite Sitzstangen angebracht werden. Die Nisteinrichtungen können in verschiedener Weise durch Herstellung von festen oder beweglichen Zellen oder durch Aufhängen von Kästen hergestellt werden. Als Nester setzt man den Tauben entweder Gipskapseln oder Thon- oder Holzschalen in die einzelnen Fächer, [* 4] als Nistmaterial giebt man kurze Strohhalme, weiche Birkenreiser und Heu. Eingeschlossen gehaltene Tauben bedürfen noch eines Badegefäßes.
2) Taubenkästen, länglich-viereckige, 80-100 cm lange und 30-40 cm breite und ebenso hohe, in zwei Abteilungen geschiedene Kästen, die mit der Hinterseite an der Hauswand befestigt und in der Mitte der Vorderseite mit einem Flugloch und Sitz versehen sind.
3) Taubenhäuser, auf Holz- oder Steinpfeilern ruhende runde, vier-, sechs- oder achteckige Holzbauten mit verschiedenen Fluglöchern.
Das Futter besteht in Erbsen, Wicken, kleinen Ackerbohnen, Sojabohnen, Gerste, [* 5] Weizen, Mais, Buchweizen und kleinern Sämereien, wie Reis, Hanf, Hirse, [* 6] Spitzsamen, Rübsen als Naschfutter. Je nach Rasse und Jahreszeit rechnet man pro Kopf und Tag 30-60 g guten Körnerfutters, auf feldernde Tauben viel weniger, manchmal gar nichts. In der Heckzeit füttert man täglich zwei- bis dreimal, sonst nur einmal. Frisches, reines Wasser darf nie fehlen.
Die Haustauben leben in Monogamie und bleiben das ganze Jahr gepaart. Die Paarung beginnt im Februar. Etwa neun Tage nach erfolgter Paarung legt das Weibchen seine zwei Eier, [* 7] das erste gegen Abend, das zweite um die Mittagszeit des übernächsten Tages. Nach 16-18tägiger Brutzeit, während welcher das Weibchen von 10 Uhr [* 8] vormittags bis 3 Uhr nachmittags vom Tauber abgelöst wird, schlüpfen die Jungen aus, welche nach 14 Tagen schon halbflügge sind. Nun beginnt die neue Paarung, doch werden die vorigen Jungen bis zur fünften oder sechsten Woche gefüttert. Die jungen Tauben werden nach drei bis vier Monaten fortplanzungsfähig ^[richtig: fortpflanzungsfähig]. Ein Paar Haustauben macht jährlich fünf bis sechs und mehr Bruten.
Die Taubenzucht
kann recht einträglich werden, namentlich auch durch die Züchtung und den Verkauf
von feinen, in hohem Preise stehenden Rassetauben.
Junge
Tauben sind besonders für
Kranke als
Speise sehr gesund, alte geben
eine kräftige
Bouillon. Der Taubenmist ist ein ausgezeichnetes
Düngemittel, im
Orient einziger Zweck der Taubenzucht.
Der Schaden, den
die
Tauben zur Saat- und Erntezeit auf den Feldern anrichten, wird weit überwogen durch ihren Nutzen, indem sie nach Untersuchungen
des
Kropfes fast das ganze Jahr hindurch ausschließlich von Unkrautsämereien sich ernähren.
Litteratur. Brehm, Naturgeschichte und Zucht der Tauben (Weim. 1857);
Buhle, Die Tauben nebst ihren Verwandten (Halle [* 9] 1861);
Neumeister,
Das Ganze der Taubenzucht
(3. Aufl. von Prütz, Weim. 1876);
Baldamus, Illustriertes Handbuch der Federviehzucht, Bd. 2 (bearbeitet von Grünhaldt, Dresd. 1897);
Prütz, Arten der Haustaube (Lpz. 1878) Düngen, Die Geflügelzucht nach ihrem jetzigen rationellen Standpunkt (Berl. 1886);
Prütz, Illustriertes Mustertaubenbuch (Hamb. 1886);
Dürigen, Katechismus der Geflügelzucht (Lpz. 1890);
Schuster, Der Taubenfreund (12. Aufl., Ilmenau 1890);
ders., Lehrbuch der Taubenzucht
(ebd. 1894);
Bungartz, Taubenrassen (Lpz. 1893);
ders., Neue Taubenrassen (ebd. 1894);
Märten, Kennzeichen der Taubenrassen (ebd. 1895).