Tarantel
(Tarantula Walck.), Spinnengattung aus der Ordnung der Webspinnen und der Familie der Zweilungigen (Dipneumones), Wolfsspinnen, deren vordere Kopffläche steil abfällt und verhältnismäßig hoch oben auf einer Querschwiele die vier vordersten, unter sich fast gleichen, kleinen Augen trägt; je zwei große Augen stehen in den beiden hintern Reihen, eine mehrzähnige, stark entwickelte Klaue [* 2] bewehrt die weiblichen Taster, und von den vier langen Beinpaaren ist das dritte das kürzeste.
Sie spinnen keine Fangnetze, sondern erjagen ihre
Beute im
Lauf, jagen aber meist nur nachts. Die schwarzbäuchige (Tarantel
melanogastra
Walck.), über 2
cm lang, oberseits gelbbraun, dunkel gezeichnet, unterseits schwarz, an den
Beinen unregelmäßig schwarz und
weiß gefleckt, lebt in Südfrankreich, in der Türkei
[* 3] und in den pontischen
Steppen in steinigen, unbebauten
Gegenden. Die apulische (Tarantel
Apuliae
Walck., s. Tafel
»Spinnentiere«),
[* 4]
3,5 cm lang, rehfarben, auf dem Hinterleib mit schwarzen, rötlichweiß eingefaßten Querstrichen, am Bauch [* 5] mit schwarzer Mittelbinde, auf dem Vorderleib schwarz, rötlich gezeichnet, lebt in Spanien [* 6] und Süditalien, [* 7] baut einen etwa 30 cm langen Gang [* 8] in die Erde, tapeziert diesen mit Gespinst und überwintert darin, nachdem sie ihn mit versponnenen Blättern etc. verschlossen hat. Im Sommer jagt sie auf Heuschrecken [* 9] und andre Insekten. [* 10] Den weißen Eiersack, welcher 600-700 Eier [* 11] enthält, schleppt sie mit sich herum; die im Hochsommer ausgeschlüpften Jungen bleiben in der Nähe der Mutter, bis sie selbständiger geworden sind.
Der
Biß der Tarantel
hat besonders im
Süden und in der heißesten
Jahreszeit üble
Folgen, er erzeugt
Schmerz,
Entzündung, Ermattung,
Unbehagen, Zuckungen, große
Reizbarkeit,
Melancholie,
Tobsucht.
Gewisse
Farben und musikalische
Dissonanzen sollen den Zustand
verschlimmern, der in der kalten
Jahreszeit sich bessert, aber zuweilen regelmäßig wiederkehrt. Man
heilt die Kranken durch
Querschnitte über die
Wunde und Einreiben mit
Ammoniak, auch durch Behandeln der
Wunde mit
Öl oder
Branntwein;
in
Italien
[* 12] und
Spanien aber scheinen mit dem Zustand eigentümliche
Idiosynkrasien verbunden zu sein, und das
Volk heilt sich
durch einen wilden
Tanz
(»Tarantella«),
welcher nach bestimmten Melodien getanzt wird und heftigen Schweiß hervorruft; dieser, noch mehr der feste Glaube bringt den Gebissenen (Tarantati) Genesung. Wahrscheinlich steht dieser Volksglaube mit der mittelalterlichen Tanzseuche (Tarantismus), welche in Apulien und andern Teilen Italiens [* 13] herrschte, in Zusammenhang.
Vgl.
Bergsöe, Über die
italienische Tarantel
und den Tarantismus (Kopenh. 1865, dänisch).