Tanz
,
gewisse von Musik begleitete und in einem bestimmten Zeitmaß ausgeführte körperliche Bewegungen, die durch technische Fertigkeit und Geschmack in das Gebiet der Kunst erhoben werden können (Tanzkunst), sowie das begleitende Musikstück selbst (s. Tanzmusik). Die Tanzkunst gehört unter die mimischen Künste; wie aber bei der Pantomime die Bewegungen der Füße den Bewegungen und Gebärden des übrigen Körpers untergeordnet sind, so finden im T. umgekehrt die Bewegungen der Füße gewissermaßen eine Begleitung (Akkompagnement) in den Bewegungen des übrigen Körpers.
Man teilt den Tanz
in den gesellschaftlichen und den theatralischen. Der gesellschaftliche Tanz hat das gemeinschaftliche
Vergnügen, die Unterhaltung zum
Zweck und schließt auch die sogen. Nationaltänze, die als
Ausdruck nationaler Eigentümlichkeiten
ein besonderes
Interesse haben,
in sich. Zu letztern gehören bei den
Deutschen namentlich der
Walzer (künstlich
zur
Allemande ausgebildet), bei den
Franzosen die
Menuett und
Française, in
England die
Anglaise, in
Schottland die Ekossäse,
bei den Spaniern die
Sarabande und der
Fandango, bei den Italienern die
Tarantella und der
Saltarello, in
Polen die
Polonäse,
Mazurka, der
Krakowiak etc.
Beim theatralischen Tanz
, der von künstlerisch gebildeten Tänzern aufgeführt
wird, unterscheidet man gewöhnlich die grotesken Tänze, die mehr
Ausdruck der
Kraft
[* 2] als der
Grazie, ungewöhnliche
Sprünge
und Gebärden erfordern; die komischen Tänze, die, ebenfalls lebhaft, sich mitunter bis zum Mutwillen steigern, und die
halben
Charaktere, die eine
Intrige, eine Liebesaffaire darstellen und besonders Zierlichkeit und
Geschmack
verlangen; hierzu kommt noch das
Ballett (s. d.). -
Schon in den frühsten
Zeiten des
Altertums nahm der Tanz
eine wichtige
Stelle
ein und zwar vorzugsweise zur Verherrlichung öffentlicher
Feste und als Teil des
Kultus; namentlich konnte in
Asien
[* 3] der sinnliche
Götterdienst des Tanzes
nicht entbehren. Am meisten wurde aber die
Kunst des Tanzes
(Orchestik) bei den
Griechen ausgebildet, bei denen sie auch das ganze
Gebärdenspiel mit
in sich schloß
und in der innigsten Vereinigung mit
Gesang,
Poesie und
Schauspielkunst stand (vgl. Flach, Der Tanz
bei den Griechen, Berl.
1880). Die
Römer
[* 4] überkamen Tänze von den Griechen, eigentliche Nationaltänze hatten sie kaum.
Die
Histrionen
(Ludier) tanzten
auf den
Theatern nach dem Flötenspiel, ohne dabei zu singen, und suchten durch Gebärden Ernsthaftes
auf lächerliche
Weise nachzuahmen. Von der altrömischen
Bühne ging der Tanz
auf die italienischen
Volkstheater über; die neuere
Tanzkunst ist von den Italienern und
Franzosen ausgegangen. Die Gesellschaftstänze haben mehrfache
Wandlungen
durchgemacht. Anfangs wurde bei diesen sogen. niedrigen Tänzen (danses basses) weder gesprungen,
noch gehüpft, sondern man bewegte sich nur in feierlichem
Schritt
(pas).
Diese Tanz
weise fand in
Frankreich unter
Ludwig XII.,
Franz I. und
Heinrich II. Eingang. Unter
Katharina von
Medici erhielten
die
Damen üppigere
Kleidung, kurze
Röcke etc., und die Tänze selbst wurden lebhafter; auch verband man
Maskeraden mit
Bällen
und tanzte
die Nationaltänze der
Provinzen. Unter
Ludwig XIV. legte
Beauchamp den
Grund zu dem künstlichen theatralischen Tanz
der
Franzosen, den später besonders
Noverre ausbildete. In der neuern Zeit machten sich besonders die
Familien
Vestris und
Taglioni im Kunsttanzen
berühmt; außerdem sind als hervorragende Tänzerinnen zu nennen
Therese und
Fanny
Elßler,
Fanny
Cerrito,
Marie
Taglioni,
Grisi, Lucile
Grahn und
Adele Granzow; als Tänzer A.
Saint-Leon, K.
Müller,
Paul
Taglioni u. a. Geraume
Zeit leistete das
Ballett der
Großen
Oper zu
Paris
[* 5] das
Höchste in dieser
Kunst, bis ihm in der neuern Zeit
das
Ballett des
Berliner
[* 6] Opernhauses ebenbürtig zur Seite trat.
Vgl. Czerwinski, Tanz
und
Tanzkunst (2. Ausg., Leipz. 1882);
Derselbe, Die Tänze des 16. Jahrhunderts (Danz. 1878);
Voß, Der Tanz
und seine Geschichte (Berl. 1868);
Angerstein, Die Volkstänze im deutschen Mittelalter (2. Aufl., das. 1874);
Klemm, Katechismus der Tanzkunst (5. Aufl., Leipz. 1887);
Böhme, Geschichte des Tanzes in Deutschland [* 7] (das. 1886, 2 Bde., mit Musikbeilagen);