Tanger
(arab. Tandscha), Seestadt in der marokkan. Provinz Hasbat, am westlichen Eingang der Straße von Gibraltar, [* 2] amphitheatralisch am Abhang eines kahlen Kalkgebirges erbaut, hat meist unregelmäßige, enge und steil aufsteigende Straßen, schöne Moscheen, ein Franziskanerkloster mit Kapelle, dem einzigen christlichen Gotteshaus im ganzen Reich, mehrere Synagogen und Häuser europäischer Agenten, eine alte, teilweise verfallene Citadelle, aber bedeutende Befestigungen am Hafen.
Dieser ist zwar klein und von geringer Tiefe, die
Reede aber schön und ziemlich geräumig. Tanger
ist der bedeutendste Seehandelsplatz
Marokkos und unterhält namentlich einen sehr lebhaften
Verkehr mit
Gibraltar. Es liefen 1887: 806
Schiffe
[* 3] von 168,598
Ton. ein; der
Wert der
Ladungen betrug im Eingang 8,52, im
Ausgang 4,4 Mill. Mk. Die
Konsuln (darunter auch ein deutscher)
in Tanger
haben dort eine bedeutendere
Stellung als an irgend einem andern
Orte, da sie die politischen Vertreter ihrer
Staaten beim
Sultan von
Marokko
[* 4] sind. Da letzterer nicht gestattet, daß
Europäer in seiner Hauptstadt residieren, so läßt
er seinen
Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Tanger
wohnen, wo derselbe zugleich
Gouverneur ist. Die Einwohner, 20,000
an der Zahl, sind meist
Mauren; dazu kommen
Juden spanischen Ursprungs und wenige
Europäer. - Tanger
hieß
bei den
Römern
Tingis und ward unter
Kaiser
Claudius Hauptstadt der
Provinz Tingitana oder des westlichen Mauritanien.
Die Westgoten eroberten es im 5. Jahrh., im 8. Jahrh. kam es an die Araber. Die Portugiesen brachten es 1471 in ihre Gewalt. 1662 ward es als Brautschatz der portugiesischen Infantin Katharina bei deren Vermählung mit Karl II. von England an letzteres abgetreten, aber wegen der kostspieligen Unterhaltung 1684 aufgegeben, worauf es die Mauren wieder in Besitz nahmen. Am ward es von einer französischen Flotte bombardiert, worauf 10. Nov. daselbst der Friede zwischen Frankreich und Marokko abgeschlossen ward.