Tangentenb
ussole,
[* 1] Vorrichtung zur Messung der Stärke [* 2] eines galvanischen Stroms durch die Ablenkung einer Magnetnadel. Sie besteht (s. Figur) aus einem kreisförmig gebogenen Kupferstreifen o, dessen geradlinig nach abwärts gebogene Enden a b und c d unten mit Klemmschrauben zur Aufnahme der von den Polen der galvanischen Batterie kommenden Drähte versehen sind. Im Mittelpunkt des kupfernen Ringes schwebt auf einer Spitze inmitten eines in Grade geteilten Kreises eine Magnetnadel; der Ring kann in seinem Fußgestell so gedreht werden, daß seine Ebene mit der Magnetnadel in ihrer Ruhelage (d. h. mit dem magnetischen Meridian) zusammenfällt.
Sobald nun ein galvanischer Strom durch den Kupferring geht, wird die Nadel aus ihrer Ruhelage so weit abgelenkt, bis das Drehungsbestreben der erdmagnetischen Kraft, [* 3] welche die Nadel in die Ebene des Ringes zurückführen will, demjenigen des galvanischen Stroms, welcher sie senkrecht zu dieser Ebene zu stellen strebt, das Gleichgewicht [* 4] hält. Da die Wirkung des Erdmagnetismus auf ein und dieselbe Magnetnadel als unveränderlich angesehen werden kann, so läßt sich aus den Ablenkungen, welche verschiedene Ströme hervorbringen, auf die Stärke dieser Ströme schließen, und zwar ergibt sich aus obiger Gleichgewichtsbedingung, daß die Stromstärken sich verhalten wie die »trigonometrischen Tangenten« der Ablenkungswinkel.
Eine Tangentenb
ussole zeigt, an welcher
Stelle eines Schließungskreises man sie auch einschalten mag, immer die gleiche Ablenkung und gibt
dadurch kund, daß die Stromstärke in einer geschlossenen Leitung überall gleich
groß ist. Eine Tangentenb
ussole zur Messung sehr starker
elektrischer
Ströme ist von Obach angegeben worden. Wird durch den
Ring einer gewöhnlichen Tangentenb
ussole ein sehr
starker
Strom, z. B. derjenige einer großen dynamoelektrischen
Maschine,
[* 5] geleitet, so erleidet die
Magnetnadel eine Ablenkung
von nahezu 90°, welche allerdings durch eine passende Nebenschließung verringert werden kann.
Da aber der
Ring der
Bussole nur einen geringen
Widerstand haben darf, die anzubringende Nebenschließung demnach einen
noch geringern, der wegen seiner Kleinheit kaum zu messen ist, so läßt sich mit der gewöhnlichen Tangentenb
ussole eine
brauchbare Messung großer Stromstärken nicht erzielen. Obach hat daher für solche Messungen die Tangentenb
ussole derart
abgeändert, daß der mit einem Kupferband oder mit Drahtwindungen belegte
Ring um eine mit der Ruhelage der
Magnetnadel zusammenfallende horizontale
Achse gedreht und der dem
Ring erteilte Neigungswinkel gegen die
Vertikale an einem
Teilkreis abgelesen werden kann.
Die Nadel selbst wird nicht auf einer Spitze balanciert, sondern sie ist, um das bei stärkerm Neigen des Ringes eintretende Kippen der Nadel zu vermeiden, mit einer in zwei Lagern drehbaren vertikalen Achse versehen. Die auf die Nadel ausgeübte Richtkraft des Stroms wird durch diese Einrichtung in dem Verhältnis von l zu dem Sinus des Neigungswinkels verringert. Man findet demnach die Stärke des Stroms, wenn man die wie gewöhnlich aus dem Ablenkungswinkel berechnete verringerte Stromstärke durch den Sinus des Neigungswinkels dividiert. Macht man den Ring um seine vertikale Achse drehbar und dreht denselben der abgelenkten Nadel nach, bis dieselbe wieder auf dem Nullpunkt der Teilung einsteht, so ist die Stromstärke dem Sinus des Winkels, um welchen die Nadel abgelenkt ist, proportional. Dieser Winkel [* 6] wird an einem horizontalen, mit dem Stativ fest verbundenen Teilkreis abgelesen. Ein so eingerichtetes Instrument heißt Sinusbussole.