Titel
Talmud
(neuhebr. Übersetzung des alttestamentlichen Wortes Thora, «Lehre»), [* 2]
im gewöhnlichen Sprachgebrauch die Gesamtbezeichnung für Mischna und Gemara.
Mischna (d. i. Unterricht, dann speciell Unterricht im traditionellen Gesetz) ist eine Sammlung der bis Ende des 2. Jahrh. n. Chr. von den damals maßgebenden Lehrern (Tannaim) gegebenen Erläuterungen des mosaischen Gesetzes, in der gegenwärtigen Redaktion das Werk des Juda Ha-Nasi (um 218); sie zerfällt in sechs Ordnungen:
1) Seraïm (Gebete, Landbau, Abgaben von Feldfrüchten);
2) Moëd (Sabbat, Fest- und Fasttage);
3) Naschim (Ehegesetze);
4) Nesikin (Civil- und Kriminalrecht);
5) Kodaschim (Opfer- und Speisegesetze);
6) Tohoroth (rituelle Reinheit und Unreinheit). Ergänzungen und Nachträge enthalten die Tosephta und die halachischen Kommentare zum 2., 3. und 4. Buch Mose: Mechilta, Sifra, Sifre.
Gemara ist die Sammlung der von den Amoräern (Amoraim, den nachmischnischen bis Ende des 5. Jahrh. wirkenden Lehrern) gegebenen Erläuterungen zur Mischna; dazu kommen eine Menge erbaulicher Betrachtungen, Gnomologien, geographische, historische u. s. w. Mitteilungen.
Man unterscheidet den jerusalemischen (palästinischen) Talmud
, ungefähr aus dem 4. Jahrh.,
und den viel umfangreichern babylonischen aus dem 5. und 6. Jahrh. Die Mischna ist in der
neuhebr. Gelehrtensprache, in die viele
Fremdwörter aus dem
Aramäischen,
Griechischen und auch
Lateinischen
eingedrungen sind, verfaßt, hat verschiedene Kommentare (unter anderm von Maimonides) erfahren und ist in das
Lateinische
(von Surenhus) und in das Deutsche
[* 3] (von
Rabe, Jost, A. Sammter) übersetzt worden.
Die
Sprache
[* 4] der babylonischen Gemara gehört dem ostaramäischen Zweige an, steht also dem
Syrischen nahe; diejenige des jerusalemischen
Talmud
ist ein westaramäischer Dialekt, nähert sich also der
Sprache der aramäischen
Stücke im Alten
Testament. Einzelne
Teile
des Talmud
sind in andere
Sprachen übertragen. Die Zahl der Kommentare zum (besonders babylonischen) Talmud
ist sehr groß;
die erste
Stelle nimmt der von Salomo ben Isak (Raschi) ein; an diesen schließen sich die Tosaphot (Zusätze)
von hervorragenden franz. und deutschen Talmud
isten aus dem 12. und 13. Jahrh.
an.
Über die verschiedenen Drucke des Talmud
schrieb Rabbinovicz (Dikduke Sofrim, 15 Bde.,
Münch. 1868-86);
die Editio princeps ist von Bomberg (Vened. 1520-23);
die wichtigste Handschrift ist die Münchener aus dem 14. Jahrh.;
vgl. auch M. Schwab, Les incunables orienteux (Par. 1883);
H. Laible, Jesus Christus im T. (Berl. 1891);
über die
Sprache des Talmud
Natan ben Jechiel (Aruch, um 1100),
Buxtorf
(Bas. 1639) und Levy (4 Bde., Lpz.
1875-89).
Die neueste
Ausgabe: Der babylonische Talmud
(Text,
Übersetzung und Anmerkungen), veranstaltet L.
Goldschmidt
(Berlin,
[* 5] seit 1896). -
Vgl. Deutsch, Der (aus dem Englischen, Berl. 1869; 3. Aufl. 1880);
Rabbinovicz, Législation civile du Talmud
(5
Bde., Par. 1878-80);
ders., Législation criminelle du Talmud
(ebd. 1876);
H.
Strack, Einleitung in den Talmud
(2. Aufl., Lpz. 1894);
Weber, Jüd.
Theologie auf
Grund des Talmud
und verwandter
Schriften (2. Aufl., ebd. 1896).