[* 2] (Rollenzug), Vorrichtung zum Heben von Lasten mittels Rollen und Seile oder Ketten. Der einfachste Flaschenzug besteht
in der Vereinigung einer festen und einer losen Rolle (s. d.). Der Kloben der festen Rolle a
[* 2]
(Fig. 1) ist mit einem Haken an
einem festen Gegenstand aufgehängt, derjenige der losen Rolle b trägt die Last Q. Das Seil ist an dem
untern Haken des Klobens von a befestigt, geht nach unten, umschlingt b, geht dann nach oben und um a herum wieder abwärts.
Die Last hängt hier an den beiden Seilstrecken c und d, so daß jede derselben die Hälfte zu tragen
hat.
Man kann daher durch eine an dem Seilende e ziehende Kraft P von einer der halben Last gleichen Intensität die ganze Last im
Gleichgewicht
[* 6] halten. Das ist das Prinzip der Flaschenzüge. Zu berücksichtigen ist jedoch dabei, daß durch die Reibung
[* 7] der
Rollen auf ihren Zapfen
[* 8] und durch Seilbiegungswiderstände nicht unbeträchtliche Kraftverluste stattfinden,
so daß die Kraft zum Heben der Last mehr als die Hälfte der Last betragen muß. Was man nun aber an Kraft erspart, das muß
man an Weg mehr aufwenden. Um nämlich die Last um 1 m zu heben, müssen beide Seilstrecken d und c um 1 m
verkürzt, folglich das Seilende e um 2 m herausgezogen werden. Es wird also beim an mechanischer Arbeit nichts gewonnen.
Gewöhnlich verwendet man beim Flaschenzug mehrere feste und eine gleiche Anzahl loser Rollen, welche in je einem Gehäuse (Flasche)
[* 9] vereinigt sind. Das Seil geht dabei, von dem Haken der obern Flasche beginnend, abwechselnd um eine lose
und eine feste Rolle, wobei durch jedes hinzukommende Rollenpaar die zur Hebung
[* 10] einer bestimmten Last nötige Kraft verringert
oder umgekehrt bei einer konstanten Zugkraft die zu hebende Last vergrößert werden kann, und es braucht, von den Nebenwiderständen
abgesehen, bei zwei Rollenpaaren die Zugkraft nur den vierten, bei drei den sechsten, bei vier den achten Teil der Last zu
betragen. Derart hätte man
prinzipiell die Möglichkeit, beliebige Lasten zu bewältigen; allein bei der mit der Rollenzahl rasch zunehmenden Reibung
und den Biegungswiderständen des Seils ist es nicht vorteilhaft, mehr als drei Rollen in jede Flasche zu legen. Auch muß
selbstverständlich für jedes Meter Hubhöhe, um welches die Last gehoben wird, jede der Seilstrecken
um dieses eine Meter verkürzt worden sein, also das Angriffsende um so viel Meter, als tragende Strecken vorhanden sind. Daher
braucht man beim Flaschenzug bedeutend längere Seile oder Ketten als bei den Winden,
[* 12] bei welchen das einfache Lastseil von einer Trommel
angeholt wird. -
Diese Flaschenzüge werden auch zuweilen in umgekehrter Weise benutzt (umgekehrter Flaschenzug), indem man die
Kraft bei b, die Last bei e angreifen läßt. Das geschieht bei hydraulischen Kränen und Aufzügen, bei welchen die Last einen
großen Weg durchlaufen muß. Wollte man sie da direkt durch den hydraulischen Kolben heben, so müßte der Cylinder die Länge
des Lastwegs bekommen. Da dies jedoch konstruktiv nicht möglich oder wenigstens schwer ausführbar ist,
so schaltet man eben einen den Hub vergrößernden umgekehrten ein.
Durch eine andre Rollenanordnung erhält man den Potenzflaschenzug
[* 11]
(Fig. 2). Hier geht zunächst,
wie beim einfachen ein Seilc d e von einem festen Punkt aus um eine lose Rolle b, dann aufwärts um eine
feste Rolle a und endigt in dem Stück e. An der Rolle b hängt aber nicht direkt die Last, sondern vermittelst der Seilschleife
f g die Rolle h, deren Haken die Last Q trägt. Hier wird von der Seilstrecke g und f je die Hälfte der
Last Q getragen, ebenso wird von den Strecken c und d je die Hälfte des in f herrschenden Zugs, also ein Viertel der Last, übertragen,
so daß die zu hebende Last Q 2×2 = 4mal so stark sein kann als die Hebekraft P. Wäre noch eine dritte
lose Rolle an h angeschlossen und an diese die Last gehängt, so würde letztere 2.2.2 = 8mal, bei einer vierten Rolle = 2.2.2.2 =
16mal so groß sein können als P u. s. f. Diese Art Flaschenzüge nimmt aber eine zu beträchtliche
Höhe ein, um praktisch verwertbar zu sein.
Von den beiden auf einer gemeinschaftlichen Welle befestigten Scheiben k und g hat nun die eine, k, einen kleinern Durchmesser
als die andre, g. Die Kette ist über beide Rollen so gelegt, daß sie unterhalb zwei Schleifena b und c d
bildet, an deren einer, a b, eine lose Rolle l
mit der zu hebenden Last Q hängt. Zieht man nun an dem Kettenstrang d, so werden
sich beide Rollen in der Richtung des Pfeils drehen, wobei sich das Kettentrum a auf g aufwickelt, b dagegen
von k abwickelt.
Jedoch ist die Größe der auf- und abgewickelten Strecken wegen der Größendifferenz der Räder verschieden, und zwar wickelt
sich auf g mehr auf, als von k herabgeht; daher wird die Schleifea b, d. h. die Summe von a und b, sich
um die halbe Differenz der Auf- und Abwickelung verkürzen und die Last um diese Größe gehoben werden. Um die Last zu senken,
hat man an dem Kettentrum c zu ziehen, wobei dann die Verhältnisse sich umkehren. Die Hauptvorzüge des Differentialflaschenzugs,
seine große Einfachheit, bedeutende Leistungsfähigkeit und der Umstand, daß die Last durch die Reibung
der Kette von den Rädern in jeder Stellung selbstthätig festgehalten wird, haben ihm eine außerordentlich ausgedehnte Verwendung
verschafft. Um die Wirkung dieses Flaschenzugs zu erhöhen, werden oft die beiden obern Rollen auf dem Bolzen festgekeilt und
dieser mit einer großen Schnurrolle versehen, über deren Rinne ein eignes Seil oder eine dünne Kette
niederhängt.
Der Arbeiter wirkt dann nicht an der Haupt-, sondern an jener Nebenkette, wodurch der Krafthebelarm vergrößert wird (Getriebsflaschenzug).
Als nächste Kombination erscheint dann Wilsons Flaschenzug, bei welchem sich nur eine einzige gekerbte Rolle, jedoch mit
einem an der Außenfläche angegossenen Zahnrad, in der obern Flasche befindet. Die Nebenrolle ist dann auf einer kurzen Welle
im obern Bügel gelagert, welche innenseits ein kleines, in die Rollenverzahnung greifendes Getriebe
[* 14] trägt und so gleichsam
ein einfaches Windwerk mit der Rolle kuppelt.
Die kalibrierte Kette wird nun direkt angezogen und braucht keine untere Flasche, sondern endet mit dem
Lasthaken. Zur weitern Erhöhung der Hubkraft versuchte man Differentialgetriebe
[* 15] zwischen Schnur- und Lastrolle einzuschalten,
und so entstanden die Easy-Pickerina-Mortonschen und andre Flaschenzüge (Epicykloidalflaschenzüge). Hier geht aber die
Einfachheit wieder verloren, und die Reibungen der im engen Raum der obern Flasche untergebrachten Getriebe
sind weit ungünstiger als bei normalen Windwerken.