Tagálen
,
Volk, s. Philippinen, S. 1004.
Tagálen
91 Wörter, 710 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Tagálen,
Volk, s. Philippinen, S. 1004.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Tagalen,
bedeutender Stamm malaiischen Ursprungs, dessen Vertreter hauptsächlich in Mittel-Luzon, Mindoro, Marinduque
und in geringerer Anzahl auf den übrigen Inseln der Philippinen ansässig sind. Sie sind die Nachkommen malaiischer Einwanderer,
welche die in den Küstenstrichen bereits vorhandene Mischbevölkerung, entstanden aus früher eingewanderten Malaien
und Negrito (s. d.), den Ureinwohnern der Philippinen, in das Innere drängten, zum Teil auch in ihr aufgingen. Am Aufstand
1894-97 waren die Tagalen
hervorragend beteiligt. -
Vgl. F. Blumentritt, Versuch einer Ethnographie [* 2] der Philippinen (Ergänzungsheft Nr. 67 zu «Petermanns Mitteilungen», Gotha [* 3] 1882).
(Islas Felipinas), die nordöstlichste, seit 1569 unter der Herrschaft der Spanier befindliche Inselgruppe des Indischen Archipels, welche sich zwischen 5° bis 21° nördl. Br. und 117° 16' bis 126° 53' östl. L. v. Gr. ausdehnt und im W. vom Chinesischen Meer, im O. vom Stillen Ozean begrenzt wird (s. Karte »Hinterindien«). [* 5] Die Gruppe besteht aus ca. 1000 Inseln, deren bedeutendste sind:
Luzon | 105919 qkm |
Mindoro | 10192 " |
Masbate | 3138 " |
Samar | 13386 " |
Panai | 12004 " |
Negros | 12098 " |
Zebu | 4697 " |
Bohol | 3876 " |
Leyte | 7037 " |
Mindanao | 96310 " |
Isabella de Basilan | 1238 " |
Busuanga | 1079 " |
Palawan | 11855 " |
Mit der südwestlich gegen Borneo sich hinziehenden 14,123 qkm (256 QM.) großen Palawangruppe umfassen die Philippinen ein Areal von 293,726 qkm (5334 QM.) mit (1879) 5,561,232 Einw., wobei indes die Bewohner der Binnenländer kaum in Betracht kommen, so daß die Gesamtbevölkerung richtiger auf 6-7 Mill. zu schätzen ist. Zwischen der Nordspitze von Luzon und Formosa sind die Babuyanen und Batanen zerstreut, den Meeresraum zwischen Mindoro und Palawan füllen die Calamianen.
Sämtliche Inseln werden von ansehnlichen Bergketten in nordsüdlicher Richtung durchzogen; sie bilden ein Glied der [* 6] großen die Ostküste Asiens umgebenden Vulkanreihe und besitzen noch viele thätige Vulkane, [* 7] von denen einige sich erst in jüngster Zeit gebildet haben. Erdbeben [* 8] sind daher auch häufig; die Hauptstadt Manila, welche von drei Vulkanen umgeben wird, hat wiederholt schwer gelitten. Man unterscheidet drei Jahreszeiten: [* 9] die trockne und kalte Zeit, die mit November, wenn der Nordostmonsun eintritt, beginnt;
die der Secas oder die warme Zeit, die im März beginnt und sich bald zu unerträglicher Hitze steigert, und die Regenzeit, die im SW. des Archipels im Mai und Juni beginnt und bis September und Oktober dauert, in welcher Zeit es an den Nord- und Ostküsten zu regnen anfängt.
Der Eintritt des Südwestmonsuns geschieht regelmäßig im Juni, und er hört im September und Oktober zu wehen auf. Das Umsetzen desselben ist mit heftigen Orkanen verbunden. Die nördlichen Inseln sind häufiger, die südlichen seltener furchtbaren Cyklonen (Taifuns) ausgesetzt. Der Boden der Philippinen ist von unglaubliche Fruchtbarkeit und macht dieselben fast zu dem schönsten und produktivsten Land Asiens. Indessen kommen die Massenprodukte derselben überwiegend aus den allein stark kultivierten Zentralprovinzen von Luzon, da in den übrigen Teilen das Kulturland nur den zehnten Teil der Wildnis ausmacht.
Haupterzeugnis ist Reis, dessen vorzüglichste Arten der Guiriri-, Guayanarayon- und der Recomeroreis sind. Die Produktion von Zucker [* 10] (1885: 2,1 Mill. Ztr.), vorzüglichem Kaffee (120,000 Pfd.) und Tabak [* 11] (9,862,400 kg) ist nächstdem wichtig. Weniger allgemein baut man Weizen und Kakao. Die Banane (Musa textilis) liefert den bekannten Manilahanf, auch die Baumwollstaude und die Ramé (eine Flachsart) werden als Gespinstpflanzen angebaut. Ferner werden der Zimtbaum, Pfefferbaum, Indigo [* 12] etc. kultiviert, und die Kokospalmen liefern reichen Ertrag. Im allgemeinen ist die Vegetation der eine überaus üppige.
Urwälder von riesigen Bäumen (darunter treffliche Farb- und Nutzhölzer) bedecken einen großen Teil der Inseln, und die Berge sind bis zu den höchsten Gipfeln mit immergrünem Pflanzenwuchs bekleidet. Auch der Reichtum an Metallen ist außerordentlich groß, doch liegt er fast ganz unbenutzt. Gold [* 13] und Eisen [* 14] finden sich überall verbreitet, ersteres namentlich auf Mindanao sowie in den Bergen [* 15] von Cavallo, in der Provinz Caramines, auf Zebu etc. Auch Steinkohlen sind vorhanden sowie Schwefel, Quecksilber, Zinnober, [* 16] Alaun, [* 17] Achate, Karneole, Bergkristalle etc. Die Tierwelt ist auf den Philippinen hauptsächlich durch die eingeführten Haustiere vertreten. Von reißenden Tieren kommt nur die Wildkatze vor. Affen, [* 18] Schlangen, [* 19] Kaimane, Schildkröten [* 20] etc. finden sich wie auf allen asiatischen Inseln. Besondere Erwähnung verdienen ein Zwerghirsch, ein Zwergreh und eine Zwergantilope von fast gleicher Größe. Die Zahl der Hühner, [* 21] Tauben, [* 22] Papageien, namentlich aber des Waldgeflügels ist groß und der Meeresboden reich an Korallen; [* 23] an den Küsten wird Fischfang mit Vorliebe betrieben. ¶
Die Bevölkerung [* 25] ward 1879 auf 5,561,232 Seelen angegeben, doch kann eine solche Angabe in anbetracht der fast noch völligen Unbekanntschaft des Innern vieler Inseln auf Genauigkeit keinen Anspruch machen. Darunter sollten 2000 Spanier und andre Europäer, 5000 Kreolen, 25,000 Mestizen und 65,000 Chinesen sein. Die große Masse der Bevölkerung bilden Malaien, und zwar überwiegen in Luzon und seinen Nachbarinseln die Tagalen (von den Spaniern Indios genannt), auf den südlichen Inseln die Bissaya.
Dazu kommen 30-35,000 Negrito, die im Innern von Luzon, Negros, Mindoro u. a. hausen. Sie werden mit den heidnisch gebliebenen Malaien als Infiëles (»Ungläubige«) bezeichnet und sind als solche verrufen. Von den Malaien sind etwa 3 Mill. getauft, d. h. sie beobachten die Zeremonien der katholischen Kirche, während von einem sittigenden Einfluß des Christentums wenig zu bemerken ist. Die Tracht besteht bei den Männern aus Beinkleidern von Baumwolle [* 26] oder Seide, [* 27] einem Hemd darüber von Sinamay oder Piña und einem Strohhut (Salacot); die Frauen tragen die Cambaya oder Saya aus Baumwolle nebst einem Rock, der durch einen Gürtel [* 28] gehalten wird.
Alle kauen Betel. Die Indios sind äußerst geschickt und gelehrig; ihre Gewebe [* 29] aus dem Hanfe von Manila (bei den Tagalen Avoca genannt) und ihre Schnitzarbeiten sind bewundernswürdig. Der Handelsverkehr ist nicht unbedeutend, entspricht aber der Bewohnerzahl, dem Umfang und dem Bodenreichtum des Archipels keineswegs. Ein lebhafter Küstenhandel wird von den Tagalen und Sangleiern (reinen Chinesen) betrieben. Der Großhandel ist in den Händen fremder Häuser, namentlich von Briten und Amerikanern, auch von Deutschen, Schweizern, Franzosen; doch beruht der ganze Handelsverkehr auf den Philippinen auf der Vermittelung durch die Chinesen, durch sie gelangt der ganze Import in den Konsum.
Der Wert der Ausfuhr betrug 1885: 24,553,685 Pesos, darunter Manilahanf für 6,634,515, Zucker für 10,337,852, Tabak und Zigarren für 2,744,753, Kaffee für 980,418 Pesos;
ferner Ilang-Ilangessenz, Ölsaat, Metalle, Farbhölzer, Häute und Felle u. a. Die Einfuhr wertete 19,171,468 Pesos. Der Handel wird aber außerordentlich erschwert durch den Mangel aller Straßen aus dem Innern an die Küste oder zu den Flüssen, von denen die größern Inseln mehrere schiffbare besitzen. In der Regenzeit stockt der Verkehr fast gänzlich. Man hat daher den Bau einer Eisenbahn von Manila nach Dagupan (192 km) begonnen, weitere 1730 km sind projektiert.
Die Länge der Telegraphenlinien ist 1149 km, die Zahl der Telegraphenämter 37. Ein Kabel verbindet das Kap Bolinao an der Westküste von Luzon mit Hongkong. Dem auswärtigen Verkehr war bis 1858 nur der Hafen von Manila geöffnet, seitdem aber noch die Häfen Sual (Luzon), Iloils (Panai) und Zambranga (Mindanao). Von Schiffen langer Fahrt kamen 1885 an: 379 von 345,660 Ton., gingen ab: 370 von 333,711 T. Zur Verbindung mit Europa [* 30] ist eine eigne Dampferlinie eingerichtet, welche sich an die Messageries maritimes in Singapur [* 31] anschließt;
den Postverkehr mit Spanien [* 32] und Australien [* 33] vermitteln außerdem zwei Linien.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse leiden unter der engherzigen Verwaltungs- und Handelspolitik, welche die spanische Regierung befolgt. Bis in die neueste Zeit durfte der Bauer nur an letztere verkaufen und zwar zu vorgeschriebenen Preisen. Auch der Export lag in ihrer Hand. [* 34] Jetzt sind manche dieser Schranken gefallen, der Fremde darf Grundbesitz erwerben. 1871 ist auch ein liberaler Zolltarif ins Leben getreten. Gleichwohl kann, bevor nicht der übermächtig Einfluß der geistlichen Orden, [* 35] welche die Großgrundbesitzer auf Luzon sind, gebrochen, an eine kräftigere Hebung [* 36] der wirtschaftlichen Thätigkeit nicht gedacht werden.
Die unerträgliche Steuerlast, welche ausschließlich auf Eingebornen und Chinesen lastet, während Spanier und Fremde frei sind, führte 1872 in der Festung [* 37] Cavite zu einem blutigen Aufstand, der indes schnell unterdrückt wurde. Als Gewicht gilt das Pikul, = 63,268 kg, und das span. Quintal, = 46 kg; als Münze die span. Peseta (Peso). Der spanische Besitz umfaßt jetzt auch die Suluinseln und wird in vier Distrikte (Luzon, Wisayas, Mindanao, Islas adjacentes) und 52 Provinzen geteilt, ist aber noch vielfach rein nomineller Natur.
Die ganze Regierungsgewalt ruht in den Händen des Generalkapitäns, dem auch die Marianen und Karolinen unterstellt sind. Derselbe präsidiert auch der Real Audiencia, d. h. der obersten Gerichtsbehörde, zu Manila. Die bewaffnete Macht zählt etwa 20,000 Mann. Die Flotte besteht aus königlichen Schiffen und sogen. Sutils oder leichten Schiffen (zur Küstendeckung gegen Seeräuber etc.); doch haben beide nicht viel zu bedeuten. Dem römisch-katholischen Kirchenwesen steht der Erzbischof von Manila vor, der an Rang und Würde der nächste nach dem Generalkapitän ist und drei Bischöfe unter sich hat.
Für höhern wissenschaftlichen Unterricht bestehen eine Universität, ein Colegio und andre Lehranstalten in Manila. Auf dem ganzen Archipel erscheint nur eine von der Regierung kontrollierte Zeitung. Die Staatseinnahmen bestehen aus der Kopfsteuer der Eingebornen, dem Tabaksmonopol, den Ein- und Ausfuhrzöllen, der Fronarbeit, aus einer Abgabe für den Verkauf von Palmenwein sowie aus der Erlaubnis zum Abhalten von Hahnenkämpfen, denen die Eingebornen leidenschaftlich zugethan sind. Sie betrugen 1886-87: 11,154,379, dagegen die Ausgaben 11,260,979 Pesos. Hauptstadt ist Manila auf Luzon. - Die Philippinen wurden von Magelhaens entdeckt und von ihm »Archipel St. Lazarus« genannt.
Als 1543 die Besiedelung geplant wurde, taufte man sie nach dem damaligen Kronprinz (dem spätern Philipp II.) in Islas Felipinas um. Ernst wurde jedoch mit der Kolonisation erst später gemacht. Nach drei vergeblichen Expeditionen landete Michael Lopez de Legaspi auf der Insel Zebu, und nahmen die Spanier von dem Archipel Besitz. 1645 litten die Inseln von einem schreckliche Erdbeben; 1762-64 waren sie im Besitz der Briten. Infolge von Seeräubereien wurden 1851 auch die Suluinseln von Spanien annektiert.
Vgl. Semper, Die Philippinen und ihre Bewohner (Würzb. 1869);
Jagor, Reisen in den Philippinen (Berl. 1873);
Scheidnagel, Las colonias españolas de Asia (Madr. 1880);
Blumentritt, Ethnographie der Philippinen (Ergänzungsheft 67 zu »Petermanns Mitteilungen«, 1882);
Derselbe, Vokabular (1883);
Moya, Las islas Filipinas en 1882 (Madr. 1883);
Montero y Vidal, El Archipélago filipino etc. (das. 1886);
Derselbe, Historia general de Filipinas (das. 1887 ff.).