Tægerwilen
(Kt. Thurgau, Bez. Kreuzlingen) 406-500 m. Gem. und Pfarrdorf, links über der Mündung des Rheins in den Untersee und am sanftgeneigten N.-Hang des Seerückens unterhalb der weitschauenden Burg Castel; 3,5 km nw. Kreuzlingen. Station der Linie Schaffhausen-Etzwilen-Konstanz. Postbureau, Telegraph, Telephon; Zollstätte. Gemeinde, mit Castel, Nagelshausen und Staudenhof: 211 Häuser, 1188 Ew. (wovon 185 Katholiken); Dorf: 186 Häuser, 1041 Ew. Schönes Schulhaus.
Wiesen-, Obst- und Weinbau. Je eine Stick- und Seifenfabrik. Säge und Mühlen, mechanische Werkstätten. Milchausfuhr nach Konstanz. Wein- und Holzhandel. Tägerwilen liegt in fruchtbarer, gut angebauter Landschaft und ist eines der schmucksten Dörfer im Thurgau. Schöner Blick auf das nahe Konstanz und darüber hinaus auf die Hügelzüge des badischen Landes, sowie über den Obersee hin auf die Gebirge des Allgäus und Vorarlbergs. Zu beiden Seiten der Strasse Tägerwilen-Emmishofen zieht sich eine wunderschöne Allee von lauter gleichgeformten Birnbäumen hin. Im Tägerwilerwald, wo man schöne Eichen sehen kann, befand sich im 11. und 12. Jahrhundert ein kleines Beginenkloster. Nahe dem Schloss Castel hat man mehrere vorrömische Münzen, worunter einen gallischen Stater aus Gold aufgefunden. Fund einer griechischen Vase nahe dem Dorf. Beim Bau der Eisenbahn hat man Alemannengräber mit Schwertern und Gürtelschnallen aufgedeckt. Das Wahrzeichen des Dorfes ist der es überragende massive Kirchturm, ursprünglich ein zur Zeit ¶
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Kaiser Heinrichs im 10. Jahrhundert erbauter Bergfried, der dem Landvolk vor den das Landplündernd und sengend überziehenden ungarischen Reiterscharen Schutz zu bieten bestimmt war. Das Dorf ist alt und wird in der Geschichte früh und oft genannt (1155: Tegerwilare). Bischof Gebhard von Konstanz schenkte es gegen Ende des 10. Jahrhunderts dem Domstift Konstanz. 1364 verkaufte Bischof Heinrich Castel mit Tägerwilen an Stephan von Roggwil um 1100 Pfund. In den Appenzellerkriegen 1407 traten 74 Bürger von Tägerwilen in das Schutz- und Schirmrecht von Konstanz, um sich damit vor drohenden Ueberfällen zu sichern.
Das Dorf wurde durch die Kriege jener Zeit oft in Mitleidenschaft gezogen, so im alten Zürichkrieg 1446, wo die «Böcke» von Wil bis nach Tägerwilen vordrangen, hier 6 Häuser verbrannten und einige Gefangene mit sich führten; dann wieder im Schwabenkrieg durch einen Ausfall der Konstanzer in dem mehrere Bürger fielen. Manz von Roggwil gab dem Dorf 1472 seine Gerichtsoffnung. Von ihm erwarb der Bischof dann wieder Dorf und Burg, auf die er sich mehr als einmal flüchtete, wenn er sich in Konstanz nicht sicher glaubte.
Zur Zeit der Reformation wandte sich das Dorf der neuen Lehre zu. Nachdem die Kirche für die Evangelischen der weiten Umgebung, der sie diente, zu klein geworden, erbauten Egelshofen 1708 und Gottlieben 1735 ihre besondern Gotteshäuser. Tägerwilen hatte auch sein eigenes Siechenhaus, dem Esther von Ulm, die Gattin Walters von Hallwil auf Salenstein, 300 Gulden testierte. 1727 war infolge weiterer Schenkungen der Fonds auf 7000 Gulden angewachsen. Am w. Ende des Dorfes liegt der ehemalige Edelsitz Hertler, dessen Besitzer auf ihrem Gute die niedere Gerichtsbarkeit ausübten, in der Versammlung des thurgauischen Gerichtsherrenstandes aber weder Sitz noch Stimme hatten. Am O.-Ende des Dorfes das Schloss Pflanzberg. Auf dem Tägerwiler Friedhof ruhen Seminardirektor Thomas Scherr, der aus dem Sonderbundskrieg bekannte Oberst Egloff und der Dekan Künzler, ein hervorragender Kanzelredner und Präsident des thurgauischen evangelischen Kirchenrates.