MarcusClaudius, röm.
Kaiser (vom 25. Sept. 275 bis April 276 n. Chr.), wurde vom Senat gewählt, dem die
Armee nach der Ermordung
Aurelians die Ernennung überließ. Er war ein hochangesehener, uneigennütziger Mann und zeigte den
besten Willen, war aber mit seinen 75 Jahren zu schwach für die wilde Zeit. Nach verschiedenen Kämpfen
mit
Alanen und Goten in Nordkleinasien wurde Tacitus unter dem Vorwand, daß er den
Abzug der
Barbaren erkauft habe, von seinen
Soldaten
erschlagen. Sein
Bruder, der Gardepräfekt Florianus, folgte ihm, wurde aber nach drei
Monaten im Kampfe gegen
den spätern
Kaiser Probus ebenfalls von den eigenen
Truppen zu
Tarsus getötet.
Cornelius, röm. Geschichtschreiber, geb. um 55 n. Chr.
Ein Zusammenhang seiner Familie mit dem alten Adelsgeschlecht der Cornelier läßt sich nicht nachweisen. Nach eingehenden
rhetorischen
Studien wurde er, nachdem er sich 78 mit der Tochter des Gnäus Julius
Agricola (s. d.) vermählt
hatte, unter
Titus 80 oder 81 Quästor, unter Domitian
Tribun oder
Ädil, 88
Prätor, 98 unter
Nerva Konsul. Zwischen
Prätur und
Konsulat scheint er außerhalb
Roms mit der
Verwaltung einer
Provinz beschäftigt gewesen zu sein. In späterer Zeit war er als
Sachwalter thätig.
Das Jahr seinesTodes ist ungewiß, fällt aber nicht vor 117. Von den ihm zugeschriebenen
Schriften rühren
unbestritten vier von ihm her, nämlich
«Agricola»,
«Germania»,
[* 2]
«Historiae» und «Annales», die alle unter
Nerva und
Trajan entstanden
sind. Die Autorschaft des «Dialogus de oratoribus» ist kaum mehr bestritten;
es sprechen überwiegende
Gründe dafür, daß er dem jugendlichen Tacitus zuzuweisen ist. Durch alle diese
Schriften geht ein Zug
der Opposition gegen seine Zeit, die fortwährend, direkt oder indirekt, an der als Ideal vorschwebenden
republikanischen Vergangenheit gemessen wird.
Der «Dialogus de oratoribus» ist von der
Tendenz eingegeben, den
Auswüchsen der zeitgenössischen
Beredsamkeit die großen
Redner der Republik als
Muster vorzuhalten. Die
Schrift«De vita et moribus Julii
Agricolae», geschrieben
98, sollte zunächst dem Schwiegervater, dessen
Tod nicht undeutlich dem Domitian schuld gegeben wird, ein
Denkmal setzen,
hatte aber auch den Zweck, zu zeigen, wie es einem wackern
Manne möglich sei, unter einem
Despoten zu dienen, ohne seine Würde
und Unbescholtenheit zu verlieren.
Das
Buch«De origine situ moribus ac populis Germanorum» (gewöhnlich kurz
«Germania» genannt), die älteste
BeschreibungGermaniens
und der
Germanen, geschrieben ebenfalls 98, macht zunächst nur den
Anspruch, eine ethnolog.
Schilderung dieses für
Rom
[* 3] so wichtigen
Grenzlandes zu geben; aber das
Bild unverdorbener Kraft
[* 4] und reiner
Sitte, das darin den Zeitgenossen vorgehalten
wird, soll zugleich ein Gegenbild gegen die Sittenlosigkeit des röm. Lebens sein. Die nach
Inhalt,
Umfang und
Stil bedeutendsten
Werke sind die unter
Trajan geschriebenen
«Historiae» und «Ab excessu divi
Augusti» oder «Annales», zusammen 30
Bücher, von
denen auf die «Historien» 14, auf die
«Annalen» 16 kamen.
Erhalten sind von den «Historien» nur
Buch 1 bis 5,26, von den
«Annalen»
Buch 1-4, vom fünften die ersten
Kapitel, vom sechsten
der größte
Teil, ferner
Buch 11 (aber ohne den Anfang) bis 16,25. Tacitus wollte ursprünglich die Regierungen von Neros
Sturze
bis
Trajan schildern, gelangte aber nicht ganz an dieses Ziel, sondern nur bis zum
Tode Domitians (96);
der erhaltene
Teil begreift sogar nur die J. 69 und 70. Statt der Fortsetzung griff er in den
«Annalen» auf die Zeit von
Tiberius
bis Nero zurück und hat in der erhaltenen
Beschreibung der Zeit des
Tiberius, Claudius und Nero ein Gemälde
des
Despotismus voll typischer Bedeutung geliefert.
Der hervorragende Charakter seines
Stils liegt in der gedrängten, gedankenreichen, oft übertriebenen und gewaltsamen Kürze
und in der Vorliebe für
¶
mehr
poet. Ausdrücke. Die Komposition ist wahrhaft dramatisch. In Beziehung auf histor. Glaubwürdigkeit hat Tacitusbis in die neuere
Zeit als unbedingt zuverlässig gegolten. Neuerdings aber wurde er angefochten, zuerst von Napoleon I., dem Niebuhr teilweise
beistimmt hinsichtlich des Tiberius, und seitdem macht sich diese Auffassung immer mehr geltend. Jedenfalls aber
ist Tacitus' Charakterzeichnung nach Inhalt und Form bewundernswert; kein antiker Schriftsteller wirkt durch seinen Stil so mächtig
auf den Leser wie Tacitus In der Folge wurde Tacitus wenig gelesen; daher ist von den «Historien»
nebst dem zweiten Teil der «Annalen», ferner für den ersten Teil der «Annalen» je nur eine Handschrift (jetzt
in Florenz)
[* 6] aus dem fühern Mittelalter vorhanden, aus denen alle spätern Handschriften geflossen sind. - Neuere Gesamtausgaben
sind die von J. Bekker (2 Bde., Lpz. 1831), Fr.
Ritter (4 Bde., Cambr. 1848), Döderlein
(2 Bde., Halle
[* 7] 1841-47), Orelli (2 Bde., Zür.
1846-48; 2. Ausg., 1. Bd., 1859; 2. Bd.,
von Schweizer-Sidler, Andresen, Meiser bearb., Berl. 1879-95), Haase (2 Bde., Lpz. 1855), Halm (4. Aufl., ebd. 1883), Nipperdey
(4 Bde., Berl. 1871-76; 9. Aufl.,
besorgt von Andresen, ebd. 1892). Ein «Lexicon Taciteum» geben Gerber und Greef
heraus (Lpz. 1877 fg.). Deutsche
[* 8] Übersetzungen sind unter anderm von Teuffel (3 Bde., Stuttg.
1856-58),
C.L.Roth (2 Bde., ebd. 1854-57; neue Aufl.,
Berl. 1877 fg.) und Bötticher (4 Bde., Stuttg.
1883-84) erschienen. Über«Syntax und Stil des Tacitus» handelt Dräger i3. Aufl., Lpz.
1882). -