Titel
Tabak
(frz. nicotiane und tabac, engl. tobacco, snuff,
ital. tabacco, holl. tabak
), Bezeichnung für die aus Amerika
gekommene und jetzt in allen Weltteilen kultivierte Tabak
pflanze, Nicotiana L., für deren Blätter (frisch und getrocknet,
fermentiert und nicht), Rohtabak
, (mit und ohne Rippen) und für die aus den Blättern gefertigten Fabrikate, bekannt unter
den Bezeichnungen Rauch-, Kau- und Schnupftabak
, Zigarren- und Zigarrettentabak.
Sowohl als Rohprodukt, wie als Fabrikat gehört der T. zu den wichtigsten Handelsartikeln; Erzeugnis und Verbrauch beziffern sich nach hunderten von Millionen; Landwirte, Fabrikanten mit Tausenden von Arbeitern, Schiffsrheder, Händler en gros und en detail und die große Zahl der Konsumenten in wohl allen Ländern der Erde sind an dem T. interessiert und nicht leicht wird deshalb, außer dem Getreide, eine andre Ware gefunden werden, welche so allgemein bekannt und beliebt ist, wie der T., welcher vielen Tausenden den Lebensunterhalt gibt. Für die meisten Staaten gehört der T. auch zu den einträglichen Finanzquellen, indem er entweder hoch verzollt oder besteuert oder durch Monopolbetrieb für die Finanzen ausgenutzt wird. Die verschiedne Art der Benutzung als Finanzquelle bedingt sehr wesentlichen Einfluß auf den Handel und muß deshalb mit in Betracht gezogen werden, wenn man den T. als Handelsware in seiner Bedeutung schildern will. -
A. Geschichtliches. Das Rauchen von T. aus Röhren oder Pfeifen (Friedenspfeife) oder in Rollen (Tabaco) gewickelt, fanden die Spanier bei der ¶
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Entdeckung von Amerika bei den Eingeborenen sowohl auf den Inseln, wie im Festlande;
der Mönch Romano Pano soll zuerst den T. auf St. Domingo entdeckt haben;
später benannte man ihn nach der Insel Tabago, vielleicht auch nach der Provinz Tabasco in Mexiko;
schon frühzeitig, 1558, kam der T. durch Don Hernandez nach Portugal und Spanien als Zierpflanze, als welcher er noch heute vielfach zu Gruppen benutzt wird (besonders N. grandiflora, N. macrophylla gigantea, N. acutifolia, N. suaveolens (noctiflora) und N. decurrens), und zum Gebrauch für Arzneizwecke.
Man verwendete die zerquetschten Blätter bei Verletzungen und Hautkrankheiten und ein aus getrockneten Blättern gefertigtes Pulver, letzteres besonders zum Schnupfen als Prise, auch gegen Kinderkrankheiten etc., zuerst am Hofe - Königin-Wundkraut. -
Durch den französischen Gesandten am portugiesischen Hofe, J. Nicot, kam 1560 der erste Samen nach Frankreich und auch dort
wurde das Schnupfen bald Mode und dann die Pflanze nach Nicot benannt. Heutzutage verwendet man nur Tabak
extrakt
gegen Hautungeziefer und Hautkrankheiten. Die ersten europäischen Raucher sollen virginische Kolonisten, 1554, gewesen sein;
Sir W. Raleigh und dessen Matrosen brachten das Rauchen 1587 nach England; durch die Soldaten wurde es bald allgemein, besonders
im 30 jährigen Kriege, verbreitet, dann ziemlich rasch, trotz vielfacher Verbote und grausamer Strafen
in fast allen Staaten, immer mehr ostwärts eingeführt.
Als Handelsware bauten zuerst die Holländer, 1615, um Amersfoort, noch heute dort der Hauptanbaubezirk, den T., dann 1697 die Pfälzer, 1631 die Sachsen und Thüringer etc. Der Genuß von T. kam immer mehr in Mode und bald erkannten die Regierungen die Machtlosigkeit des Verbotes und fanden es geratener, durch Besteuerung die Mode sich nutzbar zu machen (zuerst unter Jakob I. in England). Mächtiger als das Verbot erwies sich die Sitte; lange Zeit galt es an vielen Orten für nicht anständig, T. zu genießen und noch heute ist das Rauchen in den Zirkeln der hohen Gesellschaft in England verpönt, während in Deutschland der Verbrauch fast am stärksten ist und in allen Kreisen sich findet und in Spanien und Südamerika auch die gesamte Frauenwelt regelmäßig Zigarretten verbraucht; anderwärts liefert die weibliche Bevölkerung nur wenige Konsumenten, doch aber solche in zunehmender Zahl, auch in besseren Kreisen.
Jedenfalls gehört der T. in allen seinen Formen zu den Waren, welche einen sich steigernden Verbrauch zeigen, zumal da,
wo die Besteuerung nicht zu hoch und in der Form nicht zu belästigend ist. Besonders Deutschland ist hervorragend durch
seine Tabak
sindustrie und durch seinen Handel und wird in beiden Richtungen hervorragend bleiben, wenn
erst die großen Schädigungen durch die beabsichtigte Einführung des Monopols überwunden sein werden und die Beunruhigung
der Interessenten durch nachteilige Steuerreformprojekte normalen Zuständen wieder Platz gemacht haben wird. -
B. Botanisches. Der T. gehört zur Familie der Solaneen oder Nachtschattengewächse, wird meist
nur einjährig aus
Samen gezogen in Ländern mit mindestens 8-10° mittl. Wärme, am feinsten zwischen dem 35.° nördl.
und dem 35.° südl. Breite; er geht aber noch bis zum 62.° nördl.
Breite in Europa, südlicher aber nur vereinzelt; er reift in 22-26 Wochen und wird da, wo Klima und Vegetationszeit nicht
mehr günstig sind, dadurch noch zur Reife gebracht, daß er in besondern Treibkästen (Tabak
kutschen)
vorgebaut und dann im Juni und Juli in das Land verpflanzt wird. Der T. wird 1 bis 2 m hoch, hat ästige und verästelte
Stengel und massige, durch Drüsenhaare klebrige, wechselständige Blätter mit ungezahntem Rand, nach oben verschmälert,
natürlich und mehr noch durch Kultur sehr verschieden in Form, Zahl, Stellung und Stärke der Rippen und Nerven, sowie Stärke
der Blattflächen, Eigentümlichkeiten, welche hauptsächlich den Wert für die Fabrikation bedingen.
Die Blüten, am Ende der Stengel und Äste, stehen in Rispen, die Blumenkronen sind trichterförmig, fünflappig mit gefaltetem Saum, gelbrot, rötlich, die Kelche glockig, fünfspaltig, bleibend, die Früchte 2-4fächerige, halb vierklappige Kapseln, welche bis zu 40000 Stück des winzig kleinen, braunen Samens pro Pflanze zu liefern vermögen. Man läßt bei der Kultur die Blüten meist nicht zur Entwicklung kommen und zieht nur wenige Samenpflanzen, in der Regel nur bei Handelsgärtnern. Der T. wird in vielen Varietäten gebaut; guter Samen kostet, je nach der Sorte, für Zierpflanzen 25-50 Pf. pro g, zum landwirtschaftlichen Anbau 4-6 Mk. pro kg. -
Die Pfahlwurzel geht ziemlich tief, treibt aber nur wenige Seitenwurzeln. Die Stengel liefern nur Dung- oder Brennmaterial (Pottasche); das Nutzbare der Pflanze sind bloß die Blätter und Blatttriebe (vgl. Anbau). -
C. Arten und Varietäten. Der Wert des T. ist bedingt durch die Art seiner Verbrennlichkeit, welche hauptsächlich von Boden und Düngung abhängt, in erster Linie vom Kaligehalt in beiden (Gleichmäßigkeit der Verbrennung, Halten der Asche etc.), ferner von der Größe der Blattfläche, von Zahl und Stärke der Blattrippen, vom Geruch (Aroma) und Geschmack des Blattes (im warmem Klima am besten), von dessen Unverletzlichkeit, Stärke und Haltbarkeit, vom Gehalt an den eigentlich wirksamen Bestandteilen und von dem an Mineralstoffen. Guter T. muß gleichmäßig glimmen, doch nicht mit heller Flamme brennen und nicht kohlen. Die Asche soll möglichst lange an den Zigarren halten und rein weiß sein. Jeder gute T. muß einen angenehmen und anhaltenden Geruch verbreiten.
Die Tabake
aus Gegenden nördlich der Weinregion sind, zumal auf schwerem Boden, meistens ordinär, die aus südlicheren Lagen
(Tropenländern) am wertvollsten und gesuchtesten. Guter Pfeifentabak
soll möglichst feinrippig, hell
von Farbe, aber nicht matt, zart und glatt und hochfein im Geruch sein. Für Zigarren kommt es auf das Deckblatt, das Umblatt
(Rapper) und die Einlage (Wickel) an. Das Umblatt hat die Einlage zusammenzuhalten, das Deckblatt soll die äußere glatte
Umhüllung und die Eleganz der Form geben; es darf weder zu groß,
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noch zu klein sein, am Grunde nicht schmal, sondern ausgerundet, nicht zu dick, sondern fein, in der Blattsubstanz zäh und fettig, in der Fläche aber möglichst unverletzt, und mit rechtwinklig zur Hauptrippe stehenden Seitenrippen versehen. Man legt sehr hohen Wert auf brauchbare Deckblätter, d. h. solche, welche möglichst wenig Abfall geben, und man verwendet als solche auch minder feinen Tabak, wenn dessen Blätter sonst den Anforderungen entsprechen, ja zu ordinärem Gut hier und da selbst Blätter von Zuckerrüben. - Botanisch unterscheiden manche bis 21, andre nur 14, 10 oder 4 Arten; jetzt teilt man die Sorten hauptsächlich ein in:
a) den Virginischen und Maryland T., mit langröhriger hellroter Blumenkrone, einfachem, bis 2 m hohem Stengel und mehr länglichen Blättern, bis ¾ m lang, 40 cm breit und reich an Nerven;
b) den Bauern-, Veilchen- oder Jungferntabak (Brasilischer T.), mit langröhriger, aufgeblasener, heller farbiger bis grünlich gelber Blumenkrone, verzweigtem, bis 1,1 m hohem Stengel und mehr rundlich breiten, derben, lederartigen Blättern, welche beim Rauchen veilchenartig riechen.
Durch Klima, Boden, Düngung, Behandlung und Kultur überhaupt sind viele Abarten entstanden und in jedem Lande erlangt der T. besondere Eigenschaften, welche ihn mehr oder minder gut und beliebt zu den verschiednen Fabrikaten machen. Möglichst viel und gutes Deckblatt und möglichste Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten sind am erwünschtesten. -
Für Schnupftabak (Karottengut) verlangt man gesunde, durchweg gleichmäßige und gleich gereifte Blätter von fetter und kräftiger Beschaffenheit, welche besondre Sorten liefern oder nur die untersten schwersten Blätter der Pflanzen oder die durch stark animalische Düngung oder auf schwerem Boden oder in nördlicher Lage erzeugten Pflanzen. In den besseren Werken über T. führt man viele Varietäten aus dem In- und Auslande auf;
meist aber begnügt man sich mit den Angaben von 5 bis 10;
die Kataloge der Handelsgärtner und die der botanischen Versuchsgärtner benennen besonders 26 Sorten;
für den Kaufmann haben diese weniger Interesse, da sie nicht gleichbedeutend sind mit den für ihn wichtigen Handelssorten, welche meistens nach dem Erzeugungsort benannt werden.
Der Tabaksbauer dagegen muß wissen, welche Sorten er unter seinen gegebenen Verhältnissen mit Erfolg bauen kann; ab und zu versucht man es auch noch mit neuen Sorten oder mit Akklimatisation noch nicht eingeführter. Wesentlich besseres kann jedoch die Kunst nicht mehr schaffen und jede Sorte muß zuvor auf die Brauchbarkeit für die lokalen Verhältnisse geprüft werden. Auch beklagt man das leichte Ausarten und liebt deshalb öfters den Samenbezug aus Amerika. Von den genannten Hauptarten wird der Bauerntabak jetzt in Deutschland seltner, in Asien allgemeiner gebaut; die dortigen Tabake haben fast alle einen süßlicheren Geruch; viele türkische Tabake sind Abarten davon und der chinesische T. soll schon auf sehr alte Kultur zurückzuführen sein. Ungarn bezog unter Joseph II. türkische und orientalische Tabake, da die amerikanischen sich weniger gut akklimatisierten. Man unterscheidet jetzt hauptsächlich:
I. Virginischer T., Nicotiana tabacum L., sehr hoch, Blätter dicht, überhängend, dickrippig und dickfleischig, Seitenrippen spitzwinklig. - Varietäten zahlreich. Deckblatt und Schnupftabaksgut;
gestielt- und ungestielt blättrig;
dahin gehört:
1) der breitlanzettblättrige V.-Tabak, Gundi und Goundi, zu Deckblatt am beliebtesten, Blätter zart, gleichmäßig breit, fein getupft, schön in Farbe, gut trocknend, genügsam und sicher;
auch noch im kältern Klima lohnend;
2) der dickrippigblasige V.-Tabak, Amersfoorter, Blätter schmal, etwas faltig, schön gelb sich färbend, gut zu Deckblatt, sehr sicher, wenig empfindlich, auch auf schwerem Boden gut;
3) der steifblättrige V.-Tabak, Finzer und Vinzer, Blätter steif, fein getupft, kleiner, flach, faltenlos und feinrippig, in der Pfalz nicht mehr, im badischen Oberland noch beliebt, leicht knellernd, wenig brauchbar zu Rauchtabak, besser als Deckblatt;
4) der dickrippige V.-Tabak, Friedrichsthaler, Tempytabak, wenig empfindlich, Karottengut und in den Mittelblättern auch als Deckblatt brauchbar;
5) der schmalblättrige V.-Tabak, Hirschzungen-Hängetabak, Blätter schmal und lang, Karottengut, in Europa wenig angebaut;
ebenso
6) der gewöhnliche und
7) der weißrippige Virginier;
8) die südamerikanischen V., mittellang und mittelfein, gut in Farbe, geringes Deckblatt, gering im Ertrag;
9) N. petiolata, Blätter herzförmig, glänzend und
10) N. fructicosa, Bauernkanaster, sehr hoch, sind nicht nennenswert für die Fabrikation.
II. Maryland oder großblättriger T., Nicotiana macrophylla Spreng., Blätter breit, aufrechtstehend, dünnrippig und dünnfleischig, gestielt und ungestielt und dann geöhrt am Grunde, Deckblatt und Pfeifengut, im Elsaß („Schaufeltabak“), in der Pfalz („Futtertabak“), in Südosteuropa, besonders in Ungarn und in der Türkei, in Ohio, Maryland, Havanna, Cuba, Portorico etc., gestieltblättriger in Asien angebaut, als:
11) der langblättrige M., Duttentabak, hängend und stehend, Blatt schön hell, groß, Rippen fein, empfindlich, auch beim Trocknen (von Dachbrand leicht geschädigt), in Spanien und England zur Zigarrenfabrikation geschätzt;
12) der rundblättrige M., sehr hoch, stark bestockt, Blätter rundlich, weit auseinander, seltener angebaut;
13) der breitblättrige M., Blätter breiter, glätter, schön hellbraun, schwer;
empfindlich, durch Brand leidend;
Karottengut;
14) der kurzblättrige M., griechischer oder ungarischer T., Blätter kurz gestielt, rundlich herzförmig, fein, leicht, wohlriechend, sehr empfindlich, durch Rost viel geschädigt;
15) der großblättrige M., Ohio, Blätter sehr lang, derb, stark, breit, dick- und starkrippig, gut von Geruch, weniger gut zu Deckblatt.
Zu diesen Tabaken sind noch zu rechnen
16) Cuba, Blatt lang, breit, fein, dünnrippig, bestes Deckblatt;
17) Havanna, kürzer, schmäler, hochfein, mittelrippig, beste Einlage, schön gelb in Farbe, kräftig und angenehm im Geruch;
18) Florida, Konnektikut und Kentucky;
19) Domingo; ¶