Infolge des
Parallelismus seiner von N. nach
Süden streichenden
Gebirge, welche, wenn auch von tiefen Querspalten durchschnitten,
den
Taurus im N. mit den von
NW. nach SO. ziehenden Küstengebirgen des
ArabischenMeerbusens verbinden,
ist das Land von ziemlich gleichförmiger Oberflächenbildung.
IhrerAusdehnung
[* 4] und mittlern
Höhe nach stehen die syrischen
Gebirge zwar hinter den großen ostwestlich gerichteten
SystemenAsiens zurück, bewirken aber dennoch infolge ihrer nordsüdlichen
Aufrichtung eine sehr ungleiche Verteilung des
Regens. Da im Mittelmeerbecken die
Westwinde vorherrschen,
so ist nur der Westabfall des
Landes reich an
Regen; dagegen sind die östlichen
Abdachungen und innern
Hochebenen sehr arm an
Niederschlägen,
Quellen und
Flüssen und bilden zum größten Teil vegetationsarme
Steppen oder kahle
Wüsten.
Während von der
Küste weit landeinwärts die
Gebirge durchaus der Kalkformation angehören und nur stellenweise,
wie in der
Spalte des Jordanthals, vulkanische Gebilde zu
Tage kommen, treten dieselben weiter ostwärts und bis tief in die
Wüste hinein, namentlich in der Südhälfte von
S., in
Hunderten von
Trachyt- und Basaltkegeln einzeln oder in größern
Gruppen
und von der verschiedensten
Höhe auf (z. B.
DschebelHauran 1782 m). Die größten, als nackte
Felsen über
die Waldregion ansteigenden
Erhebungen der Kalkgebirge finden sich
¶
ihre meist abgerundeten Gipfel und Scheitelflächen
sind daher bis oben hinauf angebaut, und dasselbe gilt von den östlich sich anschließenden Hochflächen (die alten LandschaftenHauran und Baschan, 700-900 m hoch) und um Damaskus (700 m), die zum Teil aus sehr ergiebigem Thonboden bestehen.
Bei dieser
Beschaffenheit der Oberfläche sind die Flußthäler (von dem nur als Grenzfluß Bedeutung habenden
Euphrat abgesehen) zum größten Teil kurze Querthäler, in denen nur aus den höhern Küstengebirgen (Amanos, Kasios, Libanon)
eine größere Wassermenge mit starkem Gefälle unmittelbar dem Meer zufließt. Die wenigen längern Flüsse
[* 7] verlaufen in nordsüdlichen
Längsthälern zwischen den Parallelketten des Kalkgebirges und zwar in entgegengesetzter Richtung nach
N. und Süden, weil die bedeutendste Bodenanschwellung gerade in der Mitte Syriens unter 34° nördl.
Br. liegt.
Dort steigt das breite Thal
[* 8] zwischen dem Libanon und Antilibanon (jetzt Bekaa genannt, im Altertum Bukka) zu fast 1200 m an und
entsendet nach N. den größten syrischen Strom, den Orontes (El Asi), nach Süden den Lita (Litani), welcher
zuletzt scharf nach W. umbiegt und in einem kurzen Querthal das Meer erreicht, und in einer östlichen Parallelfalte den Jordan
(s. d.). Was das Klima
[* 9] anlangt, so hat S. eigentlich nur zwei Jahreszeiten,
[* 10] eine mit, die andre ohne Regen.
Von Anfang Mai bis Ende Oktober ist die regenlose Zeit, mit vorherrschenden Nordwestwinden; gegen Ende Oktober bezeichnen Gewitter
den Beginn der Zeit, wo Südwest- und Südwinde Regen bringen.
Die Temperaturunterschiede sind bedeutend: im Innern des Landes, in der Wüste und auf den Hochebenen sinkt das Thermometer
[* 11] häufig
unter 0°, und in Damaskus, Jerusalem (mittlere Jahrestemperatur +17° C.) und Aleppo fällt öfters Schnee.
[* 12] Die Sommerhitze in Damaskus und sonst im Innern ist natürlich bedeutender als an der Küste, wird aber noch sehr von dem Ghor
(Thal des Jordan) übertroffen. S. ist kein unfruchtbares Land und war einst angebauter als heute. SeinKüstenland gehört der Mittelmeerflora an, die sich durch immergrüne, schmal- und lederblätterige Sträucher und rasch verblühende
Frühlingskräuter auszeichnet; das Plateau hat orientalische Steppenvegetation mit vielen Dornsträuchern und wenig zahlreichen
Bäumen (Labiaten, Disteln, Eichen, Pistazien, Koniferen
[* 13] etc.); das Ghor (s. d.) gehört der subtropischen Flora an. Die hauptsächlichsten
Ausfuhrartikel sind: Weizen, Süßholz, Rosenblätter, Aprikosen, Rosinen, Oliven und Öl, Tabak,
[* 14] Galläpfel,
Seide,
[* 15] Kokons (1877 wurden 1,925,000 kg Kokons und 140,000 kg rohe Seide produziert) und Südfrüchte.
Die Syrer nahmen
zum Teil den Islam und die arabische Sprache an, zum Teil blieben sie Christen. Die Araber zerfallen in seßhafte
und Nomaden, letztere äußerlich Mohammedaner, eigentlich aber Sternanbeter. Türken sind nur in geringer Zahl vorhanden.
Von der gesamten, auf etwa 2 Mill. Seelen (14 auf 1 qkm) geschätzten Einwohnerschaft des Landes bekennen
sich vier Fünftel zum Islam. Unter den Christen überwiegen die fanatischen griechisch-orthodoxen (Patriarchate von Jerusalem
und Antiochia); sie sprechen meist arabisch.
Die Urbewohner Syriens, sämtlich Semiten, zerfielen in mehrere Stämme, von denen derjenige
der Aramäer (s. Aramäa) oder der eigentlichen Syrer der bedeutendste war. Das Land zerfiel damals in einzelne Städte mit
Gebieten unter besondern Oberhäuptern. Schon im frühsten Altertum werden Damaskus, Hamath, Hems oder Emesa, Zoba u. a. erwähnt.
Ein altes wichtiges Emporium war die Palmenstadt Tadmor oder Palmyra; nicht minder berühmt als Mittelpunkt
des Sonnenkultus war Baalbek oder Heliopolis.
Eine größere Rolle in der Weltgeschichte als die eigentlichen Syrer spielten die an der Westküste wohnenden Völker, die
Kanaaniter, Phöniker und Israeliten oder Juden. Die eigentlichen Syrer vermochten sich oft fremder Unterdrücker nicht zu
erwehren; insbesondere machte David einen großen Teil ihres Landes zu einer Provinz des jüdischen Reichs.
Bei der Teilung desselben rissen sie sich wieder los, und in Damaskus entstand ein selbständiges Reich, welchem nach und nach
die Häuptlinge der übrigen Städte tributpflichtig wurden.
suchte er in seinem Reich, welches 72 Satrapien umfaßte, den Wohlstand zu heben. Aber seinen Nachfolgern fehlte zum Zusammenhalten
dieses Reichs die nötige Kraft
[* 29] und Energie. Schon 256 rissen die PartherIran von S. los und beschränkten 150 das Reich auf das
eigentliche S., und auch dieses ward 85 großenteils dem armenischen König Tigranes unterwürfig, bis
es 64 von Pompejus zur römischen Provinz gemacht wurde. Im 4. Jahrh. n. Chr. trennte Konstantin d. Gr. Kommagene und Kyrrhestika
vom übrigen S. und machte daraus eine eigne Provinz, Namens Euphratensis; das übrige Land aber ward später von Theodosius
dem jüngern in Syria prima und Syria secunda eingeteilt.
Unter Justinian wurden die wichtigsten StädteSyriens von den Persern genommen, darunter Antiochia. Dann brachen 635 die Araber
verwüstend ins Land ein, eroberten es und bekehrten die Einwohner zum größten Teil zum Islam. Erst unter der Herrschaft
der arabischen Kalifen hob sich S. wieder. Doch ward das Land denKalifen bald von rebellischen Statthaltern
und diesen wieder durch die turkmenische Miliz entrissen. Auch durch die Kreuzzüge litt das Land sehr. Saladin, Sultan von Ägypten,
[* 30] entriß S. 1187 den Kreuzfahrern wieder, und unter seinen Nachfolgern kam es an die Mamelucken.
Schwer litt es dann durch die Einfälle der Mongolen unter Dschengis-Chan. 1517 eroberte der Osmanensultan
Selim I. S., und fortan bildete es eine türkische Provinz. Doch empörten sich die dortigen Paschas häufig gegen die Pforte. 1833 kam
S. unter die Herrschaft MehemedAlis, Vizekönigs von Ägypten; durch die Intervention der europäischen Mächte 1840 aber kehrte
es unter die unmittelbare Herrschaft der Pforte zurück. Der unaufhörliche Wechsel der Herrscher, verheerende
Kriege und die Barbarei der mohammedanischen Gewalthaber haben Land und Volk völlig ruiniert, so daß es jetzt wenig mehr
als eine schwach bevölkerte, sterile Einöde voll Ruinen ist. In neuerer Zeit hat S. namentlich durch die Kämpfe der Drusen
(s. d.) und Maroniten (s. d.) die AufmerksamkeitEuropas wieder auf sich gezogen; infolge der blutigen Verfolgungen, denen besonders
im Juni 1858 die Maroniten ausgesetzt waren, namentlich der Christenmetzelei in Damaskus vom Juli 1860 bis Juni 1861, besetzten
französische Truppen das Land.
Vgl. Vogüé, Architecture civile et religieuse du I. au VI. siècle dans
la Syrie centrale (Par. 1866-77, 2 Bde.);
Derselbe, Inscriptions sémitiques de la Syrie (das. 1869-77);
Die 1891 aus Rußland vertriebenen Juden haben sich zum Teil nachSyrien und Palästina gewendet,
und zwar so zahlreich, daß die Preise für Wohnungen und Getreide
[* 35] stiegen und die Einwohner sich beschwerten. Deshalb erließ
der Sultan ein Irade, wonach es für jeden einwandernden Juden einer besondern Erlaubnis der Regierung bedarf. Reiche jüdische
Kapitalisten haben bereits große Landstrecken angekauft, um ihre Glaubensgenossen anzusiedeln, namentlich
im Kaza Ghazza (SandschakJerusalem).
Der Wollexport Syriens belief sich 1889 auf ca. 5,884,300 kg, wovon 3,666,560 kg über Alexandrette, 1,217,740 kg über Tripoli
und ca. 1,000,000 kg über Beirut ausgeführt wurden. Der lange erörterte Plan einer Eisenbahnverbindung zwischen
Beirut, dessen
Hafen gegenwärtig durch eine französische Gesellschaft umgebaut und verbessert wird, und Damaskus gewinnt
jetzt greifbarere Gestalt, indem die Konzession für eine Dampftrambahn zwischen beiden Städten auf 99 Jahre erteilt worden
ist. Dieselbe muß binnen 4 Jahren vollendet sein; Bau und Betrieb wird von türkischen Beamten überwacht, das erforderliche
Terrain wird unentgeltlich abgetreten, die Baumaterialien gehen zollfrei ein. Von der im Bau begriffenen
EisenbahnJaffa-Jerusalem ist die 19 km lange Anfangsstrecke Jaffa-Ramleh eröffnet worden. Die Arbeiten an der weitern
Strecke sind so weit vorgeschritten, daß dieselben im Frühjahr 1892 dem Betrieb übergeben wird.
Zur Litteratur: C. N. Conder, Palestine (Lond. 1889); N. Röhricht, Bibliotheca
geographica Palestinae. Chronologisches Verzeichnis, der auf die Geographie des HeiligenLandes bezüglichen Litteratur von 333 bis 1878 etc.
(Berl. 1891); Armstrong, Wilson, Conder, Map of Palestine (1:1,168,960) in 21 Blättern.
pers. Soristan, türk. Suria, arab. esch-Schâm, heißt seit der griech.-röm. Zeit
das Land, das sich zwischen dem Mittelmeer im W., dem Euphrat und der Syrischen Wüste im O., vom Amanus
(Alma Dagh) und Taurus im N. durch 6 Breitengrade bis zur ägypt. Grenze im S. erstreckt und einen Teil der asiat. Türkei ausmacht.
(S. Karten: Westasien I, beim ArtikelAsien,
[* 36] und Palästina.) Öfters zog man auch Mesopotamien ganz oder
teilweise (als Ostsyrien) zu S. Das Land S. im eigentlichen Sinn wird von N. nach S. von einem Berglande durchzogen, das im
N. mit den Südabfällen des Taurus, im S. aber mit dem Sinaigebirge
[* 37] und der großen westarab.
Gebirgskette zusammenhängt und dessen höchster, mittelster Teil der Libanon (s. d.) ist. Es wird gebildet
durch ein aus Kreide
[* 38] und Tertiär bestehendes Tafelland, über welches an einzelnen Stellen gewaltige Massen von Eruptivgesteinen
ergossen sind. Dieses im Westen steil zum Meere abfallende Tafelland wird durch einen bis 23 km breiten tiefen Graben der Länge
nach durchfurcht. Der Graben beginnt im Süden am Golf von Akabah, zieht sich von da an als WadiArabah bis
zum TotenMeer, weiterhin unter dem Namen el-Ghor (vom Jordan und seinen Seen durchflossen) nordwärts bis in die Gegend der Jordanquellen,
setzt sich dann zunächst als enge Schlucht fort, erweitert sich aber zwischen Libanon und Antilibanon
wieder zur Thalebene von Cölesyrien (el-Bekaa), die südlich vom Leontes, nördlich vom Orontes durchströmt, sich bis zum
See von Antiochia und dem Fuße des Taurus hinzieht.
Durch diese 860 km lange Furche wird das syr. Tafelland in zwei lange Streifen geteilt, einen östlichen und einen westlichen.
Der letztere, sich längs des Mittelländischen Meers hinziehend, ist an drei Stellen durchbrochen, an
welchen demnach jene lange Furche mit der Küste in Verbindung steht, nämlich im N. am untern Orontes (s. d., jetzt Nahr el-Asy),
wo dieser sich nach W. wendet und das Küstengebirge durchbricht; dann in der Mitte, im N. von Tripolis,
wo die Küstenebene dieser Stadt das Nordende des Libanon bezeichnet, und weiter am Südende des Libanon, da, wo der Leontes
(Nahr el-Litani) Cölesyrien verläßt und, bei Tyrus das Küstengebirge durchbrechend, sich ebenfalls ins Mittelmeer ergießt.
Diese Durchbrüche sind aber nicht in der Struktur des Landes selbst begründet, sondern der Kraft der Flüsse
entsprungen. Das Land
ist durch Brüche in eine Reihe nordsüdlich ziehender Längsabschnitte geteilt. Gegen Westen fällt
es staffelförmig ab. Die stehen gebliebenen Teile der großen Scholle sind jetzt die 3069 m und 2759 m hohen Horste des Libanon
und Antilibanon. Im O. geht das Tafelland in die Syrische Wüste über und ist hier wenig gegliedert. Nur
ragt der basaltische Gebirgsstock des Dschebel Hauran über die Hochebene zerklüftet hervor (1839 m). Weitere Eruptivdecken
liegen in der Küstenkette zwischen dem Orontes und dem Meere. Im übrigen besteht S. vornehmlich aus Kalksteinen und Sandsteinen
der Kreide und Tertiärformation;
[* 39] hierzu tritt Jura und in Palästina noch Carbon und die archaische Formation
(Granit, Gneis, krystallinische Schiefer).
Aus den Küstenketten gehen kurze Flüsse zum Meere und von dem Tafellande fließen diesen zahlreiche Flüßchen zu. Auch gegen
Osten strömen Flüsse in die Wüste und versiegen dort. Seen sind in der Grabensenke das Tote Meer, der
See Tiberias und der Bahr el-Hule, weiter nördlich der See von Homs und der See von Antiochia sowie die kleinen Seen bei Haleb.
Klima. S. gehört zu der Klimaprovinz der Mittelmeerländer. Beirut hat einen Juli von 27,8° C., einen Januar von 12,9° C.,
eine Jahrestemperatur von 20° C. Warmer Herbst ist für S. charakteristisch.
Jerusalem in 770 m hat einen Juli von 24,5° C., einen Januar von 8,5° C., eine Jahrestemperatur von 17° C., also bereits
größere Differenz. Die Regenmenge ist gering und nimmt von N. nach S. und von W. nach O. ab. Auf die Regenzeit vom
Ende Oktober bis Ende März folgt nach kurzem Frühling die heiße dürre Zeit vom Mai bis Oktober. Aber nur in der westl.
Hälfte des Landes sind die Regen, durch die Winde
[* 40] vom Meer hergebracht, reichlicher; jenseit der großen Thalspalte, nach Osten
zu, werden sie spärlich.
Die Temperatur des Innern ist im Sommer sehr heiß, nur an der Küste und in den Berggegenden gemäßigt,
auf den höchsten Kämmen und Gipfeln sogar kalt; aber im Winter fällt auch im innern Lande zuweilen starker Schnee und vielfach
sinkt die Temperatur auf Null. – Die Pflanzenwelt schließt sich von der Küste hinauf bis zum Osthange
der berühmten Gebirge an die Mittelmeerflora mit Olivenbau an, die am Libanon gegen 500 m Höhe erreicht. In den dann folgenden
Wäldern sind unten Kiefern mit Eichengebüsch vorherrschend, Schwarzkiefern folgen mit Cypressen, denen sich die nicht mehr
bedeutenden Überreste des echten Cedernwaldes um etwa 1500 m Höhe anschließen; der Ackerbau endet gegen 2000 m
hoch, wo die alpine Region beginnt.
Nach Süden und Osten hin nehmen die Wälder und Gebüsche ab, die orient. Steppen und Wüstensteppen mit grauen Wermutstauden,
stachligen Tragantgesträuchen und einzelnen Vertretern der afrik.-arab. Wüsten besetzen das Land. Hier streift auch die
Nordgrenze die Dattelpalme, um im Schwunge nach Norden
[* 41] zu auf Mesopotamien zu laufen. Die Fauna zählt
jetzt noch 80 Species von Säugetieren. Die einst zahlreichen Löwen
[* 42] sind gänzlich ausgerottet, während Parder und Hyänen
immer noch auf Galiläas Bergen
[* 43] und dem Karmel hausen, Schakale überall das Land durchstreifen und in den Felsen Klippdachse
[* 44] (die Kaninchen
[* 45] der luth. Bibelübersetzung) huschen. Hirsche
[* 46] sind selten, um so zahlreicher die Gazellen;
im Ostjordangebirge giebt es auch Steinböcke. Man kennt ferner 322 Species von Vögeln und 260 davon sind mit europäischen
identisch oder bilden doch
¶
mehr
554 nur vikariierende Lokalrassen; aber in dem heißen Jordanthal mischen sich einige tropische Elemente, wie Nektarinien,
hinzu. Im Nahr-Zerka giebt es Krokodile;
[* 48] von Schlangen
[* 49] wurden 19 Arten gesammelt, darunter fünf giftige, z. B. die Cobra und
die Hornschlange. Die verschiedenen Fischarten, nur im See Genezareth, schätzt man auf 42. Unter den
niedern Tierformen giebt es über 40 Species von Heuschrecken, viele Käfer,
[* 50] besonders Bodenformen, wilde und zahme Bienen sowie
zahlreiche, die Dürre liebende Landschnecken.
Die Bevölkerung, nach Abstammung und Religion gemischt, ist größtenteils semitisch. Die Mehrzahl besteht aus Mohammedanern,
worunter viele eingewanderte Araber, mit Einschluß der Beduinen an den Grenzen des Landes, wenige Türken,
die Herren des Landes, und einige im Norden des Landes umherziehende Turkomanen- und Kurdenstämme. Sehr zahlreich sind auch
die Christen. (S. Syrische Kirche.) Sie sprechen sämtlich Arabisch, was überhaupt als die Landessprache zu betrachten ist,
denn die Syrische Sprache (s. d.) ist in S. fast ganz ausgestorben. Außerdem
giebt es in S. viele zum Teil aus den europ. Ländern eingewanderte Juden, namentlich in Palästina, wo sie noch geschlossene,
auch ackerbauende Gemeinden bilden; ferner Nossairier (s. d.). Endlich giebt es in den Städten als Handelsleute Griechen und
Franken, in den kath. Klöstern europ. Mönche, schließlich amerik. Missionare und deutsche Ansiedler
(s. Tempelgesellschaft), herumziehende Kurbâd oder Zigeuner.
Im Altertum war die Fruchtbarkeit, dank der sorgfältigen Kultur und namentlich der künstlichen Bewässerungsanlagen, eine
viel größere; selbst in der Wüste gab es noch über Palmyra hinaus blühende Städte und Oasen. Heutzutage zählt ganz S.
etwa 2,6 Mill. E. (Über die polit. Einteilung s. Osmanisches Reich,
[* 51] Verfassung und Verwaltung.) Die bedeutendsten
Städte sind Damaskus mit 150000, Aleppo (Haleb) mit 110000, Beirut mit 85000, Jerusalem mit 33851 E., ferner Jaffa, Akka, Hamah,
Saida, Tripoli, Alexandrette und Mersina. Der Schiffsverkehr in den sieben Häfen betrug 7000 Schiffe
[* 52] mit 2,4 Mill. Registertons.
Dem Landverkehr dient seit 1895 die Syrische Eisenbahn (s. d., Bd.
17).
Geschichte. Der älteste Kulturstaat im nördlichen S., den wir kennen, ist das Reich Naharina oder Mitanni, wie es nach den
ägypt. und den einheimischen Urkunden heißt. Dieses wurde um 1400 v. Chr., nachdem es sich im 16. und 15. vorchristl. Jahrhundert
entfaltet hatte, durch die aufstrebende Macht der nichtsemit. Hethiter (s. d.)
vernichtet, die nun die leitende Stellung in Nordsyrien einnahmen, bis sich ihr Reich in eine Reihe kleiner Fürstentümer
auflöste.
Die Hethiter wurden schon sehr früh von semit. Einwanderern beeinflußt, aber in vielfach wechselndem Grade, so daß die
Urbevölkerung an manchen Orten sich physisch fast völlig rein erhielt und nur semit. Sprache
[* 53] und Schrift
annahm, in andern Gegenden aber sich auch physisch stark veränderte. So finden sich in der frühesten histor. Zeit «semitische»
Aramäer über ganz S. verbreitet, im Süden und an der Küste die Kananäer, Phönizier und Hebräer, die zur Zeit Davids und
Salomos auch die aramäischen Staaten von Damaskus, Zoba und den von Hamath von sich in Abhängigkeit brachten.
Nach Salomo wurden diese Aramäer wieder selbständig, und namentlich die von Damaskus bildeten eine bedeutende Macht. Aber
den (seit Tiglathpileser I., 1130–1100) nach
Westen vordringenden Assyrern erlagen allmählich alle diese syr.
Staaten und Städte, zuerst die Fürstentümer der Hethiter, deren einheimische Dynastien sich bis gegen 700 v. Chr.
erhielten, um dann erst durch assyr. Statthalter ersetzt zu werden, später die Aramäer und Hebräer. Weiterhin wurde S. nacheinander
dem babylon., pers., macedon.
Weltreich einverleibt, bis die Seleuciden ein eigenes Reich in S. stifteten. Nach dessen Sturze kam S. unter
die Herrschaft Roms und blieb mit seinem nördl. und westl. Teile auch unter dem oström. Kaisertum eine Provinz von diesem,
während in seinem südöstl. Teil mehr oder minder unabhängige Araberfürsten (wie die Ghassâniden) sich festsetzten. Bei
der Ausbreitung des Islam wurde es 635 dem Chalifenreich einverleibt. Die christl. Herrschaften,
welche die Kreuzfahrer eine Zeit lang im Mittelalter in S. gründeten, bildeten nur ein kurzes Zwischenspiel in der mohammed.
Herrschaft, die seitdem über S. nicht aufgehört hat.
Denn bald kam das Land unter die Sultane von Ägypten und die Mamluken, unter deren Herrschaft es furchtbar von den Mongolen
verwüstet wurde. Im 16. Jahrh. eroberten es (1518) die osman. Türken, seit welcher Zeit es fortwährend einen integrierenden
unmittelbaren Teil des OsmanischenReichs ausgemacht hat, bis auf die kurze Zeit der Herrschaft des Vicekönigs von Ägypten,
Mehemed Ali (1833–40). Infolge dieses unaufhörlichen Wechsels der Herrschaften, der verheerenden Kriege, deren Schauplatz
das Land fast fortwährend war, und der Barbarei der Herrscher ist es von seiner alten Blüte
[* 54] ebenso in polit. und socialer
wie physischer Hinsicht heruntergebracht.
Während S. im Altertum ein von gewerbthätigen und handeltreibenden Völkern bewohntes, mit einer Menge blühender Städte
bedecktes, wohlangebautes, fruchtbares Land war, ist es jetzt im ganzen nur noch eine schwach bevölkerte,
mehr mit Ruinen als mit Wohnungen bedeckte, schlecht bebaute, dürre und deshalb unfruchtbare Öde, in der nur die von den
Drusen und Maroniten bewohnten Teile des Libanons und die unmittelbarste Umgebung der größern Hafenorte eine Ausnahme machen.
Nach der Restauration der türk. Herrschaft hat die Verwilderung und Unsicherheit
nur einen neuen Aufschwung genommen, wie die häufigen blutigen Zwiste zwischen den Drusen und Maroniten und das furchtbare
Blutbad unter den Christen und die Verbrennung ihres Stadtviertels in Damaskus im Juli 1860 beweisen. Neuerdings sind für
die Kenntnis der ältesten Geschichte von Nordsyrien die Ausgrabungen von Sendschirli (s. d.) von großer
Bedeutung geworden.
Vgl. Ritter, Erdkunde
[* 55] von Asien, Bd. 17, Tl. 1 und 2 (Berl. 1854–55);