Symphonie
(griech., ital. Sinfonia), ein in Sonatenform geschriebenes Werk für großes Orchester. Das griechische Symphonia (»Zusammenklang«) ist im Altertum Bezeichnung für das, was wir jetzt Konsonanz der Intervalle nennen. Als zu Anfang des 17. Jahrh. in Florenz [* 2] sich die Oper entwickelte, erhielt die (sehr kurze) Instrumentaleinleitung den Namen S., welcher jedenfalls auch schon den Instrumentalstücken der im Madrigalenstil komponierten Pastorales eigen war.
Die S. entwickelte sich zunächst besonders in der neapolitanischen
Oper.
Ihre Vorgeschichte ist durchaus die der
Ouvertüre
(s. d.), welche bekanntlich außer in
Frankreich auch den
Namen S. weiterführte. Je ausgeführter ihre
Form wurde, desto mehr eignete sie sich zum
Vortrag als selbständiges
Stück (sie wurde dann zur
Kammermusik gerechnet, da
Orchestermusik als deren
Gegensatz noch nicht existierte); um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts begannen die
Komponisten
(Grétry,
Gossec, Sammartini, Stamitz,
Cannabich) besondere Symphonien
für allmählich vergrößertes
Orchester zu
schreiben und trennten die drei bis dahin noch lose zusammenhängenden Teile der
Ouvertüre.
Haydn vollendete die Form durch Übertragung der indes durch D. Scarlatti und Ph. E. Bach entwickelten Form des Sonatensatzes, welcher seinerseits erst kurz vorher von der Ouvertüre den Gegensatz mehrerer Themen angenommen hatte; Haydn war es auch, der zwischen den langsamen und den Schlußsatz das Menuett einschob (ebenfalls im Anschluß an die Sonate). Viel höher aber steht noch das Verdienst Haydns, die Orchesterinstrumente nach ihrer Klangfarbe individualisiert zu haben; damit hat er erst die S. zu dem gemacht, was sie heute ist.
Was
Mozart und besonders
Beethoven hinzugebracht haben, ist hauptsächlich die Verschiedenheit ihrer eignen
Natur: der jovialere
Haydn scherzt und neckt in seinen Symphonien
, der sinnige
Mozart schwärmt, und der finstere, leidenschaftliche
Beethoven grollt
oder reißt mit sich fort. Zudem hat
Beethoven das
Orchester erheblich vergrößert (vgl.
Orchester). Eine Neuerung von
ihm ist auch die Ersetzung des
Menuetts durch das
Scherzo sowie in der neunten S. die Einführung des
Chors und die Umstellung
der
Sätze
Adagio und
Scherzo, die seitdem mehrfach nachgeahmt wurde.
Beethoven hat den
Inhalt der S. im ganzen bedeutungsvoller, die tiefsten Tiefen des Seelenlebens ergreifend gestaltet, die
einzelnen
Sätze zu längerer Dauer ausgeführt und dem
Finale statt der rondoartigen mehr eine an Form
und
Charakter dem ersten
Satz nahekommende Gestalt gegeben. Die Symphoniker seit
Beethoven haben die Form nicht mehr weiter
zu entwickeln vermocht; nichtsdestoweniger würde es ein arger
Fehlschluß sein, wollte man sie als ausgelebt ansehen; die
Symphonien
von
Schumann, von
Brahms und
Raff beweisen, daß sie noch zur
Füllung mit immer neuem
Inhalt tauglich sein wird.
Die symphonischen
Dichtungen der neuesten Zeit
(Berlioz,
Liszt,
Saint-Saëns) sind nicht eigentliche Fortbildungen der Form der
S.; der
Gedanke ist schon dadurch ausgeschlossen, daß sie eine eigentliche definierbare Form überhaupt
nicht haben. Sie gehören zur
Kategorie der sogen.
Programmmusik (s. d.), deren wesentlichste
Repräsentanten sie sind. Die
Programmmusik ist aber eine gemischte Kunstform, deren Gestaltungsprinzipien nicht musikalischer, sondern poetischer
Natur sind; in erhöhtem
Maß gilt das natürlich von der S. mit
Chören (Symphonie
kantate, franz.
Ode-symphonie), zu welcher
Gattung
Beethovens neunte S. nur bezüglich ihres letzten
Satzes gehört.