(Seuse),
Heinrich,
Mystiker, geb. 1295 zu
Überlingen, nannte sich nach der
Mutter (der
Vater war
ein
Herr v.
Berg), studierte in
Köln
[* 2]
Theologie und widmete sich seit 1308 in einem
Kloster zu
Konstanz
[* 3] einem streng asketischen
Leben mit schweren
Kasteiungen, durchzog, 40 Jahre alt,
Schwaben, gewann in den Frauenklöstern vielen Anhang und lebte etwa
seit 1348 inUlm,
[* 4] wo er 1366 starb.
Sein Hauptwerk ist das
»Buch von der ewigen
Weisheit«. Seine
Mystik zeigt
weder reformatorische
Tendenzen noch selbständige
Spekulation, doch
ist er wegen des Vorwiegens des sinnig-poetischen
Elements
als »Minnesinger in
Prosa und auf geistlichem Gebiet« bezeichnet worden. Seine Werke (zuerst Augsb. 1482 u.
1512) wurden von
Diepenbrock (4. Aufl., Regensb. 1884) und von
Denifle (deutsche
Schriften, Augsb. 1878-80)
neu herausgegeben.
oder Seuse, Heinrich, mit dem Beinamen Amandus, deutscher Mystiker, geb. in Überlingen, gehörte dem
Geschlecht der Herren von Berg an, trat, 13 J. alt, in das Dominikanerkloster zu Konstanz als Novize ein und ging dann nach
Köln, um sich unter MeisterEckardt weiter auszubilden. Der Tod seiner Mutter brachte ihn auf eine ascetische
und mystische Lebensanschauung. Er legte sich den Namen seiner Mutter bei (Siuse, latinisiert Suso), zog sich wieder in das
Kloster nach Konstanz zurück und gab sich den schmerzlichsten Entsagungen und Kasteiungen hin.
Mit seinem 40. Jahre beendete er seine Büßungen, zog als Wanderprediger umher, gewann namentlich in
den Frauenklöstern Schwabens und der Schweiz
[* 6] großen Anhang und starb zu Ulm im Dominikanerkloster, in dessen Kreuzgange
er begraben liegt. Seine Hauptschriften, die er vier Jahre vor seinem Tode redigierte und mit merkwürdigen Bildern ausstattete,
sind eine Beschreibung seines Lebens, nach gesprächsweisen Mitteilungen von Elise Stagel, einer Freundin,
niedergeschrieben und von ihm selbst nachträglich durchgesehen und vervollständigt, dann das viel verbreitete «Buch von
der ewigen Weisheit», das «Buch von der Wahrheit» und endlich ein «Briefbüchlein», 11 Briefe enthaltend. Fälschlich ist ihm
das von Rulman Merswin (s. d.) verfaßte «Buch von den neun Felsen» beigelegt worden. S.sMystik hat nichts
Eigentümliches. Er schließt sich vielmehr eng an Eckardt (s. d.) an; dagegen charakterisiert ihn das Vorwiegen des Gemüts
und des poet. Elements, das sich bis zum Phantastischen versteigt, so
¶
mehr
daß er recht eigentlich als Vertreter der schwärmerischen Mystik gelten darf. Seine Werke verbreiteten sich rasch und weit
und wurden ins Lateinische, Französische, Italienische und Holländische
[* 8] übersetzt. Von der deutschen Sammlung giebt es zwei
alte Ausgaben mit Holzschnitten (Augsb. 1482 u. 1512) und zwei neuhochdeutsche Übersetzungen von Diepenbrock (S.s Leben
und Schriften, Regensb. 1829; 4. Aufl. 1884) und von Denifle (Seuses Schriften, Münch. 1876-80). Die «Briefe» S.s gab Preger heraus
(Lpz. 1867). Eine sorgsame lat. Übersetzung lieferte Surius (Köln 1855 u. ö.). -
Vgl. Böhringer, Die Kirche Christi und
ihre Zeugen, Bd. 18 (neue Ausg., Stuttg.
1877);
Preger, Geschichte der deutschen Mystik, Tl. 2 (Lpz. 1881);