niederländ.
Provinz zwischen Nordholland,
Utrecht,
[* 2] Nordbrabant und Seeland (Grenze ist der Meeresarm Grevelingen
und Krammer), hat auf 3022 qkm (1895) 1061828 E. und umfaßt 58 Proz. Wiesen, 22 Proz.
Feld, 6,4 Proz. Wasser und Sumpf und nur 3,5 Proz.
Wald.
Gewaltige Dünen schützen die
Marschen vor Überflutung.
Die ProvinzNordholland bildet in ihrem größten Teil eine Halbinsel, die im S. durch eine Landenge mit
dem Festland zusammenhängt, und um welche sich im N. die Reihe der InselnWieringen, Texel, Vlieland anschließt. Sie umfaßt
das alte Westfriesland, das Wasserland und einen Teil des Kennemerlandes, während der östliche, höhere und hügelige,
an Utrecht grenzende Teil der Provinz Gooiland genannt wird. Die Provinz wird im N. und W. von der Nordsee, im O. von dem Zuidersee
und Utrecht, im S. von Südholland umschlossen und enthält 2769,77 qkm (50,3 QM.).
Das Land gehört zu den niedrigsten Teilen des Königreichs und hat einen nassen, zum Teil moorigen, sehr
fruchtbaren Boden, der jedoch mehr zur Viehzucht
[* 10] als zum Ackerbau benutzt wird, sowie ein feuchtes und veränderliches Klima.
[* 11]
56,1 Proz. des Flächengehalts kommen auf Wiesland. An Wald (2,3 Proz.) ist Nordholland arm, nur das Gooiland und die
Dünenseite haben etwas Eichenwaldung;
anderwärts
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finden sich Erlen und Ulmen. Von größerer Bedeutung sind die Schilfrohrländer. Sehr gering ist die Obstzucht, um so wichtiger
aber die Blumenzucht (bei Haarlem,
[* 16] Aalsmeer und Naarden). Viehzucht wird in großem Umfang betrieben, infolgedessen ist auch
die Käsebereitung sehr stark (jährlich kommen etwa 6 Mill. kg zu Markte). Bedeutend ist außerdem der
Wollhandel, der seine Hauptmärkte auf der InselTexel hat. Die Fischerei
[* 17] in den Binnengewässern hat durch das Austrocknen
des HaarlemerMeers sehr gelitten. Die meiste Fabrikindustrie findet man in der Zaangegend (Papier- und Ölfabriken, Graupen-
und Holzsägemühlen, Segeltuchfabriken), im Gooiland (Webereien) und in Amsterdam und Haarlem. Außerdem bilden
Schiffbau, Seefischerei, Schiffahrt und Handel, in einzelnen Strichen an der Nordsee und dem Zuidersee auch das Einsalzen und Räuchern
von Fischen Haupterwerbszweige der Bewohner. Hauptstadt ist Amsterdam.
Südholland, die bevölkertste und mit Nordholland wohlhabendste Provinz des Königreichs, grenzt nördlich an Nordholland, östlich
an Gelderland und Utrecht, südlich an Nordbrabant und Zeeland, östlich an die Nordsee und umfaßt 3021,63
qkm (54,9 QM.). Das Gebiet der Rhein- und Maasmündungen umfassend, besteht es zur Hälfte aus großen, zwischen den Flußarmen
liegenden Inseln und ist außerdem mit einer Menge von Seen bedeckt. Der vom Alten Rhein durchflossene Landstrich heißt Rheinland
(der Garten
[* 18] von Holland), der südwestlich davon liegende Delfland, die Insel südlich von RotterdamYsselmonde,
die kleinere im W. Rozenburg; die südlich von der Maas liegende heißt im W. Voorne, in der Mitte Beyerland, im O. Stryen,
die südwestlichste große Overflakkee, im Nordwestteil Goeree.
Das Land bildet, ähnlich wie Nordholland, eine ebene, tief liegende Fläche, hat eine mit Dünen eingefaßte
Küste, einen moorartigen Boden, welcher durch Kanäle und Abzugsgräben für die Kultur gewonnen worden ist, große, herrliche
Viehtriften und nur etwas mehr Ackerbau als Nordholland. Die namhaftesten Gewässer sind: der AlteRhein, die Yssel, Leck, Merwede,
Maas, Grevelingen, Krammer und das Hollandsdiep (letztere drei auf der Südgrenze). Die Bevölkerung beläuft
sich auf (1886) 896,585 Seelen (fast 296 auf 1 qkm), von denen 73,5 Proz. der reformierten
und 24,5 Proz. der römisch-katholischen Kirche angehören.
Die Provinz erzeugt viel Weizen, Kartoffeln, Gerste, Hafer,
[* 19] Flachs u. Hanf; das Wiesland nimmt auch hier mehr als die Hälfte des
Areals ein (53,9 Proz., während auf Ackerland 21,9,
auf Wald 3,3 Proz. entfallen). Holz
[* 20] findet sich im SW. und auf dem Biesbosch. Bedeutend ist auch hier die Blumenzucht sowie die
Baum- und Strauchgärtnerei (Boskoop). Im sogen. Westland werden auch ausgezeichnete Küchengewächse
sowie berühmte Trauben gezogen, die viel nach England gehen.
Holland hieß ursprünglich Holtland (Holzland) vom dichten Buschwerk der Inseln an der Maasmündung, und der
Name des Landes, welches zu Lothringen, später zum deutschen Herzogtum Niederlothringen gehörte, taucht in der Geschichte
zuerst im 10. Jahrh. auf: 922 erhielt ein GrafDietrich (I.) von Holland die Kirche zu Egmond mit ihren Gütern von Karl dem Einfältigen
zum Geschenk, und er und seine Nachfolger brachten die räuberischen Bewohner des Landes zwischen dem Zuidersee
und der Scheldemündung unter ihre Botmäßigkeit.
Schließlich aber wurde Robert 1072 bei Leiden von Gottfried besiegt, dem der Bischof nun die Grafschaft abtrat; aber nach seiner
Ermordung 1076 bemächtigte sich der inzwischen herangewachsene Dietrich v. wieder seines Erbes. Nach seinem Tod (1091) genoß
Holland eines langen Friedens unter der RegierungFlorens' Holland (1091-1122) und Dietrichs VI. (1122-57), eines Neffen
des KaisersLothar, der indes wieder in Krieg mit den Westfriesen geriet, welche seinen eignen BruderFlorens den Schwarzen zu
ihrem Anführer erwählt hatten. Er starb nach der Rückkehr von einem Zug
nach dem Heiligen Land 1157. Sein Sohn
und Nachfolger Florens III. führte einen unglücklichen Krieg mit Flandern, geriet 1168 in Gefangenschaft und sah sich genötigt,
alles Land westwärts von der Schelde von Flandern zu Lehen zu nehmen und Walcheren sowie mehrere Scheldeinseln an Flandern abzutreten.
Durch seinen Bruder, den Bischof von Utrecht, wurde er auch mit den Westfriesen in unglückliche Kriege verwickelt.
Unter ihm begannen die Auswanderungen nach Nordostdeutschland. Endlich unternahm er 1188 einen Zug
nach Palästina
[* 27] und starb 1190 in
Antiochia.
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Sein Sohn Dietrich VII. führte Krieg mit seinem BruderWilhelm, welchen die Friesen zu ihrem Oberhaupt erwählt hatten, und dem
HerzogHeinrich I. von Lothringen; er wurde gefangen, mußte sich loskaufen und starb 1203. Auf Verlangen des Adels folgte ihm
sein BruderWilhelm, der mit dem GrafenLudwig vonLooz, dem Gemahl der Tochter Dietrichs, Ada, lange Zeit um
den Besitz von Holland zu kämpfen hatte. Dann focht er auf Englands Seite gegen Frankreich, wurde 1214 in der Schlacht bei Bouvines
gefangen, verbündete sich hierauf mit Frankreich gegen England, wurde deshalb von dem Papste, dem BundesgenossenEnglands, in
den Bann gethan, machte einen Kreuzzug mit und starb nach seiner Rückkehr von Palästina 1228. Sein Sohn
Florens IV. nahm am Kreuzzug gegen die Stedinger teil und verlor sein Leben bei einem Turnier 1234. Dessen Sohn Wilhelm II.,
der ihm als sechsjähriger Knabe folgte, wurde 1247, kaum 20 Jahre alt, von der päpstlichen Partei zum
deutschen König erwählt, aber von seinen eignen Anhängern unter den Fürsten mit Geringschätzung behandelt. Er führte
einen glücklichen Krieg gegen Margarete von Flandern und wollte 1256 die rebellischen Friesen züchtigen, verunglückte aber
auf diesem Feldzug, indem er mit seinem Pferd
[* 29] in einem Sumpfe versank, in welchem sein Leichnam erst 1282 aufgefunden
wurde.
Sein Sohn Florens V., kaum zwei Jahre alt, stand erst unter der Vormundschaft verschiedener Fürsten, trat aber schon 1266 die
Regierung selbst an und herrschte kraftvoll und mit Erfolg. Er unterwarf nach zwei Siegen,
[* 30] 1282 und 1287, die Westfriesen,
löste Zeeland von der Lehnspflicht gegen Flandern und hob das Städtewesen durch Verleihung einer freien
Gemeindeordnung. Uneinig mit einem Teil des Adels, den er sich völlig unterwerfen wollte, und auch mit seinem frühern Freunde,
dem König Eduard II. von England, wurde er 1296 zu Utrecht von einigen Edelleuten (Gysbrecht van Amstel) listigerweise aufgehoben
und sollte nach England geschafft werden.
Durch die Versuche der Seinigen, ihn zu befreien, wurden jedoch seine Entführer bewogen, ihn zu ermorden. Da sein unmündiger
Sohn Johann II. schon 1299 starb, so folgte der Sohn Adelheids, der Schwester des deutschen KönigsWilhelm, Johann vonAvesnes,
Graf von Hennegau, der sich auch gegen einen VersuchAlbrechts I., als erledigtes Lehen für das HausHabsburg
einzuziehen, glücklich behauptete, und so wurde Holland mit Hennegau vereinigt. Johann II. führte lange und unglückliche Kriege
mit Flandern und starb 1304. Sein Sohn Wilhelm III. setzte den Krieg mit Flandern fort, schloß 1323 einen leidlichen Frieden,
eroberte dann Westfriesland und verleibte es seinen Besitzungen ein. Im Innern hob er die Städte, deren
Abgeordnete er zur Mitwirkung bei der Regierung heranzog. Auch gelang es ihm, das BistumUtrecht seiner Oberhoheit zu unterwerfen.
Nach seinem (1337 in Valenciennes erfolgten) Tod kam sein kriegslustiger Sohn Wilhelm IV. zur Herrschaft, der 1343 gegen
die heidnischen Litauer zog und 1345 bei Staveren im Kampf gegen die aufrührerischen Friesen endete.
Mit Wilhelm IV. starb der hennegauische Mannesstamm aus, und Holland fiel nun mit Hennegau und Zeeland an Margarete, die zweite Tochter
Wilhelms III., Gemahlin KaiserLudwigs des Bayern,
[* 31] welche dieser mit als mit einem Reichslehen belehnte.
Nach dem Tod ihres Gemahls (1347) kehrte sie nach Holland zurück, das unterdessen ihr Sohn Wilhelm V. verwaltet hatte. Diesem,
dem ersten Grafen von aus dem HausBayern, gab sie und Zeeland unter
der Bedingung, daß er ihr Hennegau als Wittum lassen sollte.
Da er es jedoch nicht that, so kam es in Holland zum Bürgerkrieg, in welchem sich das Volk in zwei Parteien spaltete,
die Hoeks (Angelhaken), Anhänger der Margarete, und die Kabeljaus, Anhänger Wilhelms. Der Krieg wurde mit Erbitterung geführt.
In einem Seetreffen bei Veern (1351) siegten zwar die Anhänger Margaretes, aber bei zu unvorsichtiger
Verfolgung wurden sie bei Briel geschlagen und mußten sich nach England flüchten. Daselbst kam eine Aussöhnung zu stande,
indem bestimmt ward, daß MargareteHennegau, Wilhelm dagegen die übrigen Provinzen behalten solle.