(spr. ssüh),JosephMarie, genannt
Eugène, franz. Romandichter, geb. zu
Paris,
[* 3] machte als Militärarzt 1823 den
Feldzug nach
Spanien,
[* 4] dann mehrere
Fahrten nachAmerika
[* 5] und
Westindien
[* 6] mit, besuchte 1827
Griechenland
[* 7] und
nahm an der
Schlacht bei
Navarino teil. Hierauf trat er aus dem Militärdienst, um zur
Malerei überzugehen, veröffentlichte
aber auf Zureden von
Freunden eine Romandichtung: »Kernock le pirate« (1830), ward durch
den günstigen Erfolg des
Buches veranlaßt, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen, und wurde der Begründer
des Seeromans in
Frankreich.
Nachdem er noch eine
Reihe Werke in diesem
Genre, besonders die unhistorischen
»Histoire de la marine française« (1835-37, 5 Bde.)
und
»Histoire de la marine militaire chez tous les peuples« (1841),
veröffentlicht, wandte er sich dem Sittenroman zu, wobei
er sich besonders in greller Ausmalung sittlichen Verderbnisses gefiel; so in den durch zahllose Übersetzungen
verbreiteten »Mystères de
Paris« (1842, 10 Bde.). Der beispiellose Erfolg dieses
Produkts führte den Verfasser dem sozialen
Roman zu. Hierher gehören: »Le
[* 8] Juif errant« (1845, 10 Bde.;
von gleichem Erfolg wie die »Mystères«);
»Les secrets de
l'oreiller« (1858, 7 Bde.) u. a. 1850 zum
Deputierten erwählt, hielt er sich zur äußersten
Linken, wurde nach dem
Staatsstreich 1851 aus
Frankreich
verbannt und lebte seitdem zu
Annecy in
Savoyen, wo er starb.
Auch als dramatischer Dichter für die Boulevardstheater
hatte er sich versucht, doch ohne besonderes
Glück. Auf dem Gebiet des
Romans hat
S. in Bezug auf
Phantasie, sprudelnde Erfindungskraft
und Erzählertalent wenige
Rivalen unter seinen Landsleuten. Seine
Mittel sind zwar teilweise zu tadeln und sein
Realismus oft
mehr als derb; aber seiner unwiderstehlichen Macht, den
Leser gefangen zu halten, kann man die Bewunderung doch nicht versagen.
(spr. ßüh), Eugène, eigentlich Marie Joseph, franz. Romandichter, geb. zu Paris, Sohn eines Oberchirurgen
der kaiserl. Garde, studierte Medizin, nahm als Wundarzt an dem span. Feldzuge (1823) teil und wurde bald nachher Marinearzt.
Nach verschiedenen Seereisen, und nachdem er 1828 auch die Seeschlacht von Navarino mit erlebt hatte,
nahm er 1829 seinen Abschied und widmete sich in Paris der Malerei und litterar. Beschäftigung. Er war Mitarbeiter an einigen
Vaudevilles und führte in Frankreich den Seeroman ein; es erschienen: «Kernock le pirate» (1830),
«Pick et Plock» (1831),
«Atar-Gull» (1831),
«La Salamandre» (2 Bde.,
1832),
«La Coucaratcha» (4 Bde.,
1832–34),
«La vigie de Koat-Ven» (4 Bde.,
1833),
farbenreiche, effektvolle Schilderungen des Seelebens, die schnell beliebt wurden. Die «Histoire dela marine française au XVIIᵉ siècle» (5 Bde., 1835–37)
ist dagegen voll Irrtümer und unnötiger Details. «Cécile» (1835) und «Lemarquis de Létorière» (1839) sind zwei vortreffliche Novellen; der große Roman«JeanCavalier» (4 Bde.,
1840) behandelt die Geschichte des Aufstandes der Camisarden in den Cevennen. Bisher hatte S. in seinen meisten Werken ausschließliche
Vorliebe für die altkönigl.
Zeit an den Tag gelegt. Von nun an aber stürzte er sich plötzlich mit dem Eifer eines Neubekehrten in
sociale und polit. Weltverbesserungsprojekte. Seine socialistisch gefärbten Sittenromane «Mathilde,ou mémoirs d'une jeune femme» (6 Bde., 1841),
«Les mystères deParis» (10 Bde., 1842–43) und selbst der «Juiferrant» (10 Bde., 1844–45) wurden von der «Presse»,
[* 10] dem «Journal des Débats» und dem «Constitutionnel»
zu beispiellosen Preisen angekauft, mit unermeßlichem Beifall aufgenommen und in zahlreichen Ausgaben,
Übersetzungen und Nachbildungen verbreitet. Von seinen vielen nachfolgenden Werken, die gleichfalls zunächst in Tagesblättern
erschienen, sind zu nennen: «Martin, l'enfant trouvé» (12 Bde.,
1847),
«Les sept péchés capitaux» (16 Bde.,
1847–49),
romanhafte Verarbeitung von einigen Grundsätzen des Fourierismus, «Les mystèresdu peuple» (16 Bde., 1849–56),
die Geschichte einer Proletarierfamilie in den verschiedenen Kulturepochen
der Weltgeschichte, ein 1857 vom Pariser Assisenhofe als unmoralisch und aufrührerisch verurteiltes und vernichtetes Werk;
«Les enfants de l'amour» (4 Bde.,
1850),
«La bonne aventure» (6 Bde.,
1851),
«Fernand Duplessis, mémoires d'un mari» (6 Bde.,
1852),
«Les secrets de l'oreiller» (7 Bde.,
1858), ein nachgelassener Roman. Ohne sonderlichen Erfolg verarbeitete S. auch einige Stoffe aus seinen Romanen für die Bühne.
Aus der Konstituierenden Versammlung von 1848 entfernt, wurde er mit Beihilfe der revolutionären Ausschüsse
bei der Nachwahl zum Abgeordneten des Seinedepartements in die Gesetzgebende Versammlung gewählt, wo er sich auf
die höchste Bank desBergs setzte. Infolge des Staatsstreichs vom aus Frankreich verbannt, ging er nach Annecy in Savoyen,
wo er starb. S. besaß vornehmlich die Kunst, die Neugierde zu reizen und zu fesseln. In seinen
Romanen nimmt er es weder mit der poet. Wahrheit noch mit dem Stil genau; dagegen ist er ein ausgezeichneter Erzähler, scharfer
Beobachter und Virtuos des Effekts. –