1) S., ungar. Székes-Fejérvár (lat. Comitatus albensis), Komitat in Ungarn,
[* 7] jenseit der Donau, grenzt
im N. an Komorn, im O. an Pest, im S. an Tolna und im W. an Veszprim, und hat 4156 qkm und (1890) 222 455 meist kath. magyar.
E. (26 077 Deutsche,
[* 8] 2924 Slowaken, 2103 Serben), darunter 65 021 Evangelische und 8388 Israeliten. Der
südlichste und zwar größte Teil des Komitats ist eine wellenförmige, früher sumpfige Ebene; der Norden
[* 9] wird von der Bergreihe
Vértes, einer Fortsetzung des BakonyerWaldes (mit dem vulkanartigen Csokaberge, 480 m), durchzogen.
Der Hauptfluß ist die Donau an der Ostgrenze, gleich wichtig für die Schiffahrt und den Handel wie für
den Fischfang. Das milde Klima
[* 10] befördert die Vegetation des fruchtbaren Bodens. Hauptprodukte sind Getreide,
[* 11] besonders Weizen,
Mais, gute Weine, Obst im Überfluß, Tabak.
[* 12] Die fetten Weiden begünstigen die Viehzucht
[* 13] außerordentlich. Die großen Waldungen
im Norden sind reich an Holz
[* 14] und Wild, die Gewässer an Fischen, Krebsen und Schildkröten.
[* 15] Das Komitat
umfaßt die königl. Freistadt S. und 5 Stuhlbezirke. - 2) S., ungar. Székes Fejérvár (lat. Alba regia oder Alba regalis),
Königliche
[* 16] Freistadt und Hauptstadt des Komitats S., in der Nähe der Sümpfe Sár-Rét, zu deren Entwässerung zahlreiche
Kanäle und Gräben gezogen sind, an den Linien Budapest-Pragerhof, Neu-Szöny-S. (82 km) der Österr.
Südbahn und Kis-Czell-S. (124 km) der Ungar. Staatsbahnen,
[* 17] ist Sitz der Komitatsbehörden, eines königl. Gerichtshofs, einer
Finanzdirektion und eines Bischofs und hat (1890) 27 548 meist magyar. kath. E., darunter 2494 Evangelische, in Garnison 1 Bataillon
des 69. Infanterieregiments «Graf Jellačić», das 24. Feldjägerbataillon und 3 Eskadrons des 12. Ulanenregiments
«Franz II., König beider Sicilien», ein Standbild des Dichters Vörösmarty von Vay, eine Kathedrale zur Heiligen Jungfrau, unterhalb
welcher durch Ausgrabungen die alten Königsgräber und die BasilikaStephans des Heiligen gefunden worden sind, eine schöne
Johanniskirche (1752) mit ausgezeichnetem Gemälde (14. Jahrh.), bischöfl.
Residenz, schönes Komitatshaus, gräfl. Zichysches Haus, neues ungar. Theater, neues Gymnasium, Schlachthaus, Hengstendepot,
ein kath. Obergymnasium, königl. Staatsoberrealschule, Handelshochschule,
bischöfl. Seminar, höhere Mädchenschule. Die Einwohner verfertigen Tuch, Flanell, Kattun, Maschinen, Messer,
[* 18] Corduan, Seife;
Soda gewinnt man aus den Sümpfen, die reich an Fischen, Krebsen, Schildkröten und Wassergeflügel sind. Bedeutend ist
der Wein-, Frucht- und Pferdehandel. Die Stadt ist von Weinbergen umgeben, welche von zahlreichen Villen besetzt sind. - S.
war seit Stephan I. bis auf Ferdinand I. Krönungsstadt und bis auf Zapolya Begräbnisort der ungar. Könige, von denen 14 daselbst
ruhen. Maximilian I. eroberte 1490 die Stadt, konnte sie aber nicht gegen StephanBathory und Paul Kinizsi
behaupten. S. fiel 1543 den Türken in die Hände, wurde aber 1601 von Philipp Emanuel von Mercoeur, Herzog von
Lothringen, und General Rußwurm mit Sturm genommen. Durch Meuterei der Besatzung geriet sie schon 1602 wieder in die Gewalt
der Türken, die sie erst 1688 aufgaben. Die Stadt büßte nach und nach ihre Bedeutung ein, und Preßburg
[* 20] wurde nun Krönungs-
und Hauptstadt.