Stricker
(der), mittelhochdeutscher Dichter, der, seines Handwerks vielleicht Seiler, um 1220-50 dichtete und vielleicht aus der Gegend von Nürnberg [* 3] stammte, sich aber vorwiegend in Österreich [* 4] aufhielt. Er begann als Epiker mit seinem «Karl dem Großen», einer modernisierenden Bearbeitung vom Rolandslied des Pfaffen Konrad (hg. von Bartsch, Quedlinb. 1857) und einem Artusgedicht «Daniel von dem blühenden Thal» [* 5] (hg. von Rosenhagen, Bresl. 1894),
dessen Stoff er selbst erfand. Größern Erfolg hatten seine kurzen Lehrgedichte, Fabeln, Parabeln, Gleichnisse, Allegorien, Anekdoten, Novellen in Reimpaaren. Seine «Klage» besingt den sittlichen Verfall in Österreich; das «Mähre von den Gäuhühnern» warnt den Adel vor den reichen Bauern der Niederung; in seinen Beispielen (Gleichnissen, Fabeln) verbindet sich knappste Erzählung mit breiter Moral. Am bekanntesten ist er durch den «Pfaffen Amis», der die bedenklichen Streiche eines angeblich engl. Priesters, eines Vorläufers des Pfaffen vom Kalenberg (s. Kahlenberg),
lauter alte internationale Schwankstoffe, die später zum Teil auf den Kalenberger, Peter Leu, Till Eulenspiegel übertragen wurden, erzählt (hg. von Lambel, «Erzählungen und Schwänke», 2. Aufl., Lpz. 1883; von Pannier in Reclams «Universalbibliothek»). S.s elegante Darstellung verrät die Schule Gottfrieds von Straßburg. [* 6] -
Vgl. Kleinere Gedichte von dem S., hg. von Hahn [* 7] (Quedlinb. 1839);
Jansen, Über den S. als Bispel-Dichter (Marb. 1886).