Streichinstrumente.
Die heute allein in der europäischen Kunstmusik gebräuchlichen S.: Violine, Bratsche, Violoncello und Kontrabaß sind das Schlußergebnis einer vielleicht tausendjährigen langsamen Entwickelung;
sie sind sämtlich nach demselben Prinzip gebaut, wie schon ein flüchtiger Blick auf ihre äußern Umrisse lehrt.
Diese der
Bildung eines edlen, vollen
Tons günstigste
Bauart wurde etwa zu Ende des 15. Jahrh. zunächst für die
Violine gefunden und allmählich auf die größern
Arten der S.
übertragen, so daß
Cello,
Bratsche und
Kontrabaß erheblich später die ältern S., welche
Violen hießen
(Viola
da braccio,
Viola da gamba und
Violone), verdrängten (vgl.
Viola und
Violine). Wie alt die S. sind, ist nicht recht festzustellen;
noch ist kein Denkmal aus vorchristlicher Zeit aufgefunden, welches die Abbildung eines Streichinstruments
aufweist.
Nach gewöhnlicher
Annahme ist der
Orient die Wiege der S.; doch ist dieselbe schlecht genug begründet, nämlich damit, daß
die arabischen Musikschriftsteller des 14. Jahrh. die S. Rebab oder Erbeb und Kemantsche kennen.
Obgleich nichts auf eine wesentlich frühere
Existenz dieser
Instrumente bei ihnen hinweist, hat man doch
daraus geschlossen, daß das
Abendland sie von den Arabern nach der
Eroberung
Spaniens erhalten habe, während auf der andern
Seite eine große Zahl
Beweise vorhanden sind, daß seit dem 9. Jahrh., wo nicht länger, das
Abendland
Instrumente dieser Art
kannte. Es genüge hier, darauf hinzudeuten, daß die älteste Abbildung eines Streichinstruments
(in
Gerberts
»De musica sacra« wiedergegeben),
eine einsaitige »Lyra«, [* 2] die dem 8. oder 9. Jahrh. angehört, eine der spätern Gigue sehr ähnliche Gestalt aufweist, daß wir aus dem 10. Jahrh. eine Abbildung der keltischen Chrotta (s. d.) haben, und daß bereits im 11.-12. Jahrh. mancherlei verschiedene Formen der S. nebeneinander bestanden. Es hielten sich jahrhundertelang nebeneinander zwei prinzipiell verschiedene Formen der S., von denen die (vermutlich minder alte) mit plattem Schallkasten aus der Chrotta hervorging, die andre mit mandolinförmig gewölbtem Bauch [* 3] aber (die altdeutsche Fidula) wahrscheinlich germanischen Ursprungs ist.
Auch das frühere Vorkommen der
Drehleier deutet auf einen abendländischen Ursprung der S. Die ältesten
S. hatten keine
Bünde;
diese tauchen erst zu einer Zeit auf, wo die nachweislich von den Arabern importierte
Laute anfing,
sich im
Abendland auszubreiten, d. h. im 14. Jahrh., und um dieselbe
Zeit tauchen auch allerlei andre
Wandlungen im Äußern der S. auf (große Saitenzahl, die
Rose), welche
den Einfluß der
Laute verraten. Im 15.-16. Jahrh. finden wir zahlreiche verschiedene
Arten großer und kleiner
Geigen nebeneinander,
die dann sämtlich von den Violineninstrumenten
verdrängt wurden.
Zur Erklärung der so verschiedenartigen äußern Umrisse der S. älterer Zeit sei noch darauf hingewiesen, daß für diejenigen, welche eine größere Saitenzahl (über 3) und demzufolge einen höher gewölbten Steg hatten, die Seitenausschnitte nötig wurden, und man ging in der Vergrößerung der letztern so weit, daß schließlich Instrumente zu Tage kamen, deren Schallkörper beinahe die Gestalt eines ^[x] hatte. Für die Instrumente mit höchstens 3 Saiten bedurfte es der Saitenausschnitte nicht, u. sie behielten daher auch ihren birnenförmigen Schallkasten noch lange Zeit (s. Gigue).