Strauß
[* 1] (Struthio, s. Tafel: Straußvögel [* 2] Ⅰ), eine Gattung aus der Ordnung der Straußvögel (s. d.). Der gemeine oder afrikanische S. (Struthio camelus L., [* 1] Fig. 2), welcher der größte unter allen jetzt lebenden Vögeln ist, lebt in den Wüsten Afrikas, und seine ganze Organisation ist, wie bei dem Kamel, für den Aufenthalt in der Wüste eingerichtet. Die Färbung ist im männlichen Geschlecht tiefschwarz, die Flügelfedern schneeweiß, die nackten Beine und der Hals tiefrot; das Gefieder des Weibchens einfarbig grau und ebenso gefärbt sind die Beine und der Hals.
Seine Länge beträgt 2‒3 m und sein Gewicht 40‒50 kg. Die Flügel sind zum Fluge ungeeignet und mit langen, weichen, zerschlitzten Schwungfedern besetzt. Dafür sind aber seine Füße außerordentlich entwickelt, sehr stark und hoch, selbst an den Schenkeln nackt, mit dichter, lederartiger Haut [* 3] überzogen und nur mit zwei, nach vorn gerichteten schwieligen Zehen (s. vorstehende Abbildung) versehen. Mit ihnen kann er einen 1,3 m langen Schritt machen, der aber beim schnellen Laufen zum 3 m langen Sprunge wird.
Seine Schnelligkeit ist daher auch so groß, daß selbst die besten Pferde [* 4] den S. nicht einzuholen oder doch ihm nicht lange zur Seite zu bleiben vermögen. Gegen Verfolgung sucht der S. sein Heil stets in der Flucht, und nur, in die Enge getrieben, verteidigt er sich durch Hiebe mit dem Schnabel und durch Schlagen mit den Füßen und den Flügeln. Seine Nahrung besteht nur aus Pflanzen. Sehr groß ist aber seine Gefräßigkeit, wie auch die Kraft [* 5] seiner Verdauung, die hauptsächlich durch einen Vormagen unterstützt wird, der einen sehr kräftig auflösenden Saft absondert.
Der S. lebt in Polygamie. Ein Männchen versammelt vier bis sechs Weibchen in einem Nest, einer ausgescharrten Grube, um sich. Jedes Weibchen legt 12‒16 gelbe glänzende Eier [* 6] mit tiefen Poren, von denen jedes 1,40 kg schwer ist und drei hungerige Personen vollauf zu sättigen vermag; jedoch steht ihr Geschmack bedeutend unter dem der Hühnereier. Die harten, festen Eierschalen dienen den Eingeborenen jener Gegenden zu Gefäßen. Das Brüten besorgt bei den S. das Männchen und nur ausnahmsweise wird es auf kurze Zeit von einem der Weibchen abgelöst.
Die
Eier werden während der Nacht regelmäßig bebrütet, bei
Tage aber oft längere Zeit mit Sand bedeckt, und es bleibt
der
Sonne
[* 7] das Brutgeschäft überlassen. Die
Jungen haben ein strohähnliches Gefieder. An
Stelle des gemeinen S. tritt im
Somalland
der Somalistrauß
(Struthio molybdophanes Rehb.), dessen Männchen durch den blauen
Hals und die blauen,
rot geschilderten
Beine von jenem unterschieden ist, während im Damaraland eine dritte Art,
Struthio australis Gurney, vorkommt,
dessen Männchen grauen
Hals und
Beine hat und weiter gelbe Umränderung der roten Beinschilder und des roten Schnabels.
[* 1] ^[Abb.]
Die Jagd auf S. ist sehr schwierig. Die Araber hetzen ihn zu Pferde in Trupps, die sich verteilen und ablösen, bis das müde Tier sich erschöpft in den Sand streckt (s. Taf. Ⅰ, [* 1] Fig. 1). Man jagt den S. wegen der schönen zerfaserten Deckfedern des Schwanzes und der Flügel (Straußenfedern), die aber jetzt im Orient einen höhern Wert als in Europa [* 8] haben. Die besten Straußenfedern erhält man aus dem Innern Nordafrikas, wo man die S. deshalb als Haustiere hält, um ihnen jene Federn auszuziehen, was binnen zwei Jahren dreimal geschieht.
Gegenwärtig züchtet man die
Vögel
[* 9] am
Kap, in
Algerien,
[* 10]
Argentinien und Südkalifornien; die Federn der
wilden S. stehen indessen höher im Preise. Die Körperfedern des Männchens sind schwarz, die des Weibchens braun; nur die
Schwingfedern und Schwanzdecken sind schneeweiß, bisweilen mit schwarzem Saum oder schwarzer
Spitze. Die
Haut und das Fett
der S. werden gleichfalls benutzt; das Fleisch der erwachsenen S. ist aber hart, schwarz und unschmackhaft.
Auf den europ. Tiermarkt gelangen alljährlich kleine
Trupps afrikanischer S., früher meist der gemeine, jetzt häufiger
der Somalistrauß
und nur ganz vereinzelt der Damarastrauß. Der Preis beträgt für das Männchen etwa 800 M., für das
Weibchen 700 M. Als Futter erhalten die S. viel
Salat und
Kohl, dazu Hafer,
[* 11]
Mais und
Möhren. Auch die Zugabe
von kleinen
Knochen
[* 12] und Knorpeln ist für ihr Wohlbefinden von Nutzen.
Über die amerikanischen S. s. Nandu; über den australischen s. Emu. -
Vgl. Forest, L’autruche, son utilité, son élevage (Par. 1894). ¶