Straßenbau
ordnung,
s. Bebauungsplan.
Straßenbauordnung
3 Wörter, 38 Zeichen
Straßenbauordnung,
s. Bebauungsplan.
der für den Ausbau einer größern oder kleinern Stadt im Interesse der Gesundheit ihrer Bewohner und eines bequemen Verkehrs festgesetzte Plan ihres weitern Ausbaues. War der letztere früher durch Entscheidung der maßgebenden Behörden von Fall zu Fall bedingt, so wird doch infolge des Wachstums unsrer Städte unsre Baugesetzgebung nach dem Muster Englands allmählich ergänzt. Als ein wesentlicher Fortschritt in dieser Hinsicht ist das preußische Gesetz vom betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften, zu betrachten.
Nach diesem Gesetz sind die Straßen und Baufluchtlinien vom Gemeindevorstand im Einverständnis mit der Gemeinde, dem öffentlichen Bedürfnis entsprechend, unter Zustimmung der Ortspolizei festzusetzen. Die Ortspolizei kann diese Festsetzung von Fluchtlinien verlangen, wenn die von ihr wahrzunehmenden polizeilichen Rücksichten es erheischen. Die Festsetzung der Fluchtlinien kann für einzelne Straßen und Straßenteile oder nach dem voraussichtlichen Bedürfnis der nächsten Zukunft durch Aufstellung von Bebauungsplänen für größere Grundflächen erfolgen. In Bezug auf letztere hat man bekanntlich sehr verschiedene Wege eingeschlagen und zum Teil, wie in Turin [* 3] und Karlsruhe, [* 4] eine sehr große Regelmäßigkeit angestrebt.
In den meisten Städten Amerikas gleicht der Plan einfach einem Schachbrett und scheint auf den ersten Blick allerdings wesentliche Vorteile zu bieten. Dieselben Vorteile sind aber, ohne jede Rücksicht auf die Schönheit der Stadt zu opfern, auch auf andre Weise erreichbar, wie zahlreiche Bebauungspläne der Neuzeit, unter andern der des Quartier du Sud, des ehemaligen Terrains der Citadelle in Antwerpen, [* 5] beweisen. Die Hauptverkehrsader, die Avenue de l'Industrie, hat hier eine Breite [* 6] von 60 m; selbst die kleinsten Verbindungsstraßen sind noch 12 m breit.
Dem gegenüber schreibt das preußische Handelsministerium vor, daß Hauptverkehrsstraßen mindestens 30 m, Nebenstraßen 20 m breit werden sollen. Vielfach hat man in neuerer Zeit den Entwurf von Bebauungsplänen zum Gegenstand von Preisaufgaben gemacht und dabei zur Nachfolge ermunternde Resultate erzielt. Das preußische Gesetz schreibt vor, daß der vom Gemeindevorstand entworfene, von der Polizei gebilligte Bebauungsplan zu jedermanns Einsicht offen auszulegen und nach Erledigung etwaniger Einwendungen förmlich festzustellen ist.
Von dieser Feststellung an beginnt die Beschränkung des Grundeigentümers, daß Neubauten, Um- und Ausbauten über die Fluchtlinie hinaus versagt werden können. Die Gemeinde erhält gleichzeitig das Expropriationsrecht für die durch den Bauplan festgesetzten Straßen und Plätze. Durch Ortsstatut kann bestimmt werden, daß an Straßen und Straßenteilen, welche noch nicht gemäß den polizeilichen Bestimmungen des Orts für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig hergestellt sind, Wohngebäude, die nach diesen Straßen einen Ausgang haben, nicht errichtet werden dürfen.
Als ein weittragender, im Interesse der Gesundheit und Feuersicherheit entstandener Entwurf kann wohl derjenige einer neuen Bauordnung für Berlin [* 7] betrachtet werden. Nach diesem Entwurf muß auf jedem Grundstück mindestens ein Viertel der gesamten Grundfläche als Hofraum unbebaut bleiben und zwar so, daß an irgend einer Stelle ein solcher von mindestens 8 m Länge bei 8 m Breite entsteht. Auf Grundstücken, welche bereits vor dem Erlaß dieser Verordnung bebaut waren, und deren Hofraum geringere Abmessungen hat, darf derselbe bei Neubauten wieder in der frühern Größe, jedoch nicht kleiner als 5,33 m im Quadrat, hergestellt werden.
Bei Eckgrundstücken ist ein noch kleinerer Hof [* 8] zulässig, aber nicht unter der bisherigen Größe. An der Straße darf die Fronthöhe der Gebäude das Maß der Straßenbreite nicht überschreiten. Für Gebäude an Straßen unter 12 m Breite ist eine Fronthöhe von 12 m zulässig. Das Maximalmaß der Höhe der Gebäude vom Straßenpflaster bis zur höchsten Spitze des Daches wird auf 24 m festgestellt. Für Gebäude, deren Bestimmung eine größere Höhe bedingt, sowie für öffentliche Gebäude ist ein höheres Maß zulässig. Kein zu Wohnzwecken bestimmtes Gebäude darf mehr als fünf bewohnte Geschosse [* 9] haben. Für Eckgrundstücke ist das Maß der breitern Straße maßgebend, doch darf die Fronthöhe an der engern Straße höchstens auf 25 m Länge, von der Ecke abgemessen, über die Straßenbreite hinausgehen. Die Umfassungswände der Gebäude an den Höfen, abgesehen von den im Innern ¶
der Gebäude belegenen Lichthöfen und Lichtfluren, dürfen nicht mehr als doppelt so hoch aufgeführt werden, wie ihre Entfernung von dem gegenüberliegenden Gebäude auf demselben Grundstück oder von der Nachbargrenze beträgt. Wenn aber durch Eintragung in das Grundbuch die Freihaltung der Nachbargrenze von der Bebauung gesichert wird, so tritt an Stelle der Grenze die derselben zunächst liegende Gebäudefronte. In neu zu erbauenden Gebäuden dürfen Kellergeschosse zu Wohn- und Schlafräumen nicht benutzt werden.
Als Kellergeschoß gilt jeder Raum, welcher mit seinem Fußboden unter dem Niveau der Straße liegt. Küchen, Werkstätten, Verkaufslokale und sonstige zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen dienende Räume dürfen nur in solchen Kellergeschossen eingerichtet werden, deren Fußboden mindestens 30 cm überdem höchsten bekannten Grundwasserstand und höchstens 1 m unter der Straße liegt, und deren lichte Höhe mindestens 2,50 m beträgt. Diese Räume müssen außerdem ihr Licht [* 11] durch Fenster erhalten, deren Unterkante höchstens 20 cm und deren Oberkannte ^[richtig: Oberkante] mindestens 1,40 m über der Straße liegt.
Die Notwendigkeit der Beseitigung der Kellerwohnungen ergibt die Statistik. In Berlin starben jährlich von 1000 Lebenden: in Kellerwohnungen 25,3, im Erdgeschoß 22,0, im ersten Stockwerk 21,6, im zweiten Stockwerk 21,8, im dritten Stockwerk 22,6 und im vierten Stockwerk 28,2. Die größere Sterblichkeit in dem obersten Stockwerk erklärt sich daraus, daß die Bewohner der Berliner [* 12] Keller zu 68 Proz. aus Leuten in guten Verhältnissen (Wirte, Krämer, kleine Kaufleute und Handwerker) und nur zu 32 Proz. aus Tagelöhnern und Handarbeitern etc. sich rekrutieren, und daß sie sich im Durchschnitt in bedeutend bessern Lebensverhältnissen befinden als die in der obersten Etage Wohnenden, welche fast ausschließlich der Arbeiterklasse angehören.