Titel
Straßen
(Geschichte der Verkehrsstraßen
). Da die S. von jeher gemeinnützigen
Zwecken und der Vermittelung und
Förderung
der geistigen und materiellen Bedürfnisse der
Menschen und
Völker dienten, so ist ihre Kenntnis für die Beurteilung der
Kultur der einzelnen
Länder in den verschiedenen Zeitabschnitten notwendig. Je mehr ein
Volk das
Netz seiner öffentlichen
Wege ausgebildet hat, auf einer desto höhern Kulturstufe muß es gestanden haben. Zur Erleichterung einer Übersicht der
geschichtlichen
Entwickelung der S. kann man unterscheiden: die prähistorischen S., das römische Straßennetz
, die mittelalterlichen
S. und die S. der Neuzeit.
Prähistorische Verkehrsstraßen.
Zu den prähistorischen oder vorgeschichtlichen S. rechnet man im allgemeinen solche Verkehrsverbindungen, die vor der Römerzeit bestanden haben. Die ältesten S. überhaupt treffen wir bei den Kulturvölkern Kleinasiens und Griechenlands. Die oft angeführte Straße dieser Art, welche Semiramis gebaut haben soll, läßt sich nicht mehr nachweisen. In Vorderasien kennt J. ^[Julius] Euting aus eigner Anschauung nur eine einzige uralte Straße, nämlich die am Nahr el Kelb, 3 Stunden nördlich von Beirut, auf der alle alten Eroberer bis herunter zu den modernen gezogen sind. (Vgl. Delaborde, Voyage en Orient, 1837-62.) Die alten Monumente an dieser Straße sollen von Sesostris (Ramses II.) herrühren. Tiefer unten liegt die römische, noch heute im Gebrauch befindliche, mit Inschriften von Antoninus Pius versehene Heerstraße. Weil das Libanongebirge hier schroff an das Meer vortritt, waren alle Heereszüge genötigt, diesen Weg zu nehmen. Für die spätere Zeit der Kalifen dient das Buch von A. Sprenger (»Die Post- und Reiserouten des Orients«, Leipz. 1864) zur geeigneten Belehrung. Die alten Griechen, namentlich die Athener, hatten gut gebaute S. zwischen ihren Hauptstädten, worunter namentlich auch die für die heiligen Züge nach Delphi hergestellten, sodann die von Athen [* 2] zur Hafenstadt Piräeus. In Phönikien und Ägypten [* 3] fehlte es nicht an kunstgemäß angelegten S., welche die Zufuhr der gewaltigen Baumaterialien zu den Tempel- und Pyramidenbauten vermittelten.
Aber auch der
Norden
[* 4]
Europas hatte schon
vor der Römerzeit seine Handelsverbindungen mit den griechischen und italienischen
Kulturvölkern, deren Kenntnis für uns von großem
Interesse ist, da gerade diese schon bestehenden Wege von den
Römern bei
ihren Eroberungszügen benutzt und in ihr strategisches Straßennetz
eingereiht wurden. J.
^[Jakob]
Schneider
(»Die alten
Heer- und Handelswege der
Germanen,
Römer
[* 5] und
Franken im
Deutschen
Reich«, Heft 6, Düsseld. 1888) gibt ein Verzeichnis
solcher vorgeschichtlicher Handelsverbindungen an und zwar:
1) Die Straße von Marseille [* 6] zur Wesermündung, welche zuerst von Massilioten, sodann von den Römern in ihrer ganzen Ausdehnung [* 7] als Heerstraße benutzt und kunstmäßig unterhalten wurde. Bei Neuwied war der Übergang über den Rhein.
2) Der zweite Handelsweg ging von Nizza [* 8] nach der Rheinmündung. Derselbe soll, die Seealpen übersteigend, nach Turin [* 9] und Aosta (Augusta Praetoria) und von da über den Großen St. Bernhard nach Avenches (Aventicum) und Vindonissa, sodann von da bis Mainz [* 10] geführt haben. Dieser bedeutende ¶
mehr
Handelsweg wurde in seiner ganzen Ausdehnung von den Römern übernommen und als Hauptmarschroute benutzt. Die zur Römerzeit unwirtlichen Zustände des obern rechtsseitigen Rheinthals zwischen Basel [* 12] und Mainz erforderten die Anlage einer neuen römischen Militärstraße längs des linksseitigen Hochgestades des Rheines. (Vgl. Näher, Die römischen Militärstraßen und Handelswege in der Schweiz [* 13] und Südwestdeutschland, Straßb. 1887.) 3) Ein ebenso wichtiger vorgeschichtlicher Handelsweg war der von Genua [* 14] nach der Elbemündung, über die Apenninen nach Mailand [* 15] (Mediolanum), den Splügen überschreitend, nach Bregenz. [* 16]
Von da ist es zweifelhaft, ob diese Straße dem westlichen Ufer des Bodensees folgte, oder ob sie über Augsburg [* 17] führte. Den Übergang über die Rauhe Alb nehmen wir bei Heidenheim an, ebenso, daß der Weg bei Miltenberg den Main erreichte. Von dort soll er unter dem Namen Eselspfad dem Höhenrücken des Spessart gefolgt sein und die Kinzig bei Wirtheim überschritten haben. Das nächste Ziel war der Vogelsberg, dann Alsfeld und Kassel, [* 18] wo eine Strecke desselben noch erhalten und unter dem Namen Bremer Straße bekannt ist.
Von hier aus zieht der Weg östlich am Bad [* 19] Hofgeismar vorbei bis zur Weser bei Herstelle. Jenseit des Flusses läuft der alte Weg dem Sollinger Wald entlang nach Holzminden, in das Thal [* 20] der Leine bis Hannover [* 21] und zieht sodann, eine nordwestliche Richtung einhaltend, über Zeven nach Bremervörde und Kuxhaven. Durch Italien [* 22] und die Schweiz ist dieser vorgeschichtliche Weg die spätere römische Heerstraße, wie sie im Werke von Näher beschrieben und aufgezeichnet ist.
4) Als einen weitern größern vorgeschichtlichen Handelsweg bezeichnet Schneider den von der Donau in nordwestlicher Richtung nach der Emsmündung führenden. Er soll von dem berühmten Handelsplatz Carnuntum an der Donau über Preßburg [* 23] und Wien [* 24] nach Böhmen [* 25] (Budweis und Pilsen) [* 26] gezogen sein. Von Eger [* 27] aus weiter führte er über den Frankenwald und über den Rücken des Thüringer Waldes, wo er unter dem Namen Rennsteig bekannt ist, nach Kassel. Von hier aus setzte er sich über Warburg und Paderborn [* 28] nach Rietberg fort, von wo er der Ems [* 29] bis Bingum (Leer) [* 30] folgte.
5) und 6) Von der Ems aus sollen noch zwei vorgeschichtliche Handelswege in östlicher Richtung zur Elbe geführt haben; der eine von Lathen aus, der als eine rein germanische Völkerstraße zu betrachten ist und auch urkundlich 788 den Namen Falkweg führte; der andre Weg ging von Bingen [* 31] aus ab, überschritt bei Minden [* 32] die Weser und zog über die Gegend von Braunschweig [* 33] nach Magdeburg [* 34] an die Elbe. Einzelne Strecken dieses Weges sind noch unter den Namen: Kriegerstraße, Heerstraße bekannt.
7) Eine bekanntere vorgeschichtliche Straße, welche die Römer später zu Kriegszwecken benutzten, ist die von Xanten am Rhein bis zur Elbe bei Stade. [* 35] Bedeutende römische Münzfunde sowie auch die Funde von Bronzegeräten, Bernsteinstücken längs dieser Straße bekunden, daß hier schon vor den Römern ein Tauschhandel zwischen dem Norden und Süden stattgefunden hat. Einen lehrreichen Überblick über diese vorgeschichtlichen Handelswege und über die von den Römern später übernommenen und zu Kriegszwecken benutzten Strecken derselben in dem Tiefland zwischen dem Rhein und der Elbe gewährt die Karte in Heft 9 des angeführten Werkes von Schneider.
Auch im Südwesten von Deutschland [* 36] lassen sich zahlreiche vorgeschichtliche oder keltische Wegverbindungen nachweisen. Sind doch gerade die in der neuesten Zeit gemachten Funde an Bronzegeräten, Bein- und Thongeschirren sowie an Steinbeilen bei den Pfahlbauten [* 37] ein untrüglicher Beweis, daß schon vor den Römern Handelsverbindungen zwischen den keltischen Niederlassungen an den Seen der Schweiz und des Binnenlandes von Schwaben bestanden haben, welche bestimmte Wegrichtungen einhielten. Da die Lage der Ansiedelungen der ersten indogermanischen Stämme in Westeuropa bekannt ist, so kann man auch mit Wahrscheinlichkeit auf die ersten Handelswege schließen.
Cäsar und Tacitus führen die Kelten als Urbewohner des Oberrheins an; diese behaupteten damals die Donauländer, die Schweiz und Frankreich und standen, als die Römer sie kennen lernten, auf einer hohen Stufe der Kultur. Schon etwa 200-300 Jahre v. Chr. singen die Einwanderungen der germanischen Stämme, der Sueven, Vangionen, Nemeter, Tribeker etc. an. Nur die erstern wurden nach der Niederlage ihres Führers Ariovist wieder nach Osten zurückgedrängt. Die zahlreichen keltischen Städte, die schon Ptolemäus in den Gebieten des Rheins, Neckars, des Mains und der Donau angibt, ferner die Beibehaltung der rein keltischen Benennungen für unsre meisten Berge, Flüsse, [* 38] Gaue, Tiere, Pflanzen und Geräte etc. während der Römerherrschaft beweisen zur Genüge, daß die Kelten in der Kultur nicht so weit zurück waren, wie die römischen Schriftsteller sie schilderten.
Bär (»Chronik der S. im Großherzogtum Baden«)
[* 39] weist bei der Beschreibung mancher Straße auf den keltischen Ursprung derselben
hin und sagt ganz richtig: »Der beste Beweis, daß die römischen S. den keltisch-germanischen folgten, liefert der älteste
Verkehr zwischen Italien und dem Norden.« Alle diese Straßenzüge
liefern mehr oder weniger Funde von Bernstein
[* 40] aus der Nordsee (der ostpreußische Bernstein kam erst im Anfang unsrer Zeitrechnung in den Handel), Zinn aus Britannien sowie
etruskische und keltische Bronzearbeiten. Am Oberrhein müssen wir namentlich die beiden sogen. Bergstraßen, welche einerseits
den Vorhügeln des Schwarzwaldes und Odenwaldes, anderseits ebenso dem Vogesen- und Hardtgebirge folgten,
auf keltischen Ursprung zurückführen. An diese schließen sich nach W. und O. Wege an, die längst vor der Römerzeit von
den Ureinwohnern benutzt wurden, so von der Gegend von Schaffhausen
[* 41] über Stockach nach Ulm,
[* 42] von Breisach über Freiburg
[* 43] nach Zarten (Tarodunum) und
von da über den sogen. Turner nach Villingen und dem obern Donauthal.
Von Straßburg [* 44] (Argentoratum), einer alten keltischen Niederlassung, ging ein sehr alter Handelsweg über die Hausberge (bei der Musau) und den Göftberg in ziemlich gerader Richtung nach Zabern. [* 45] Mittels einer starken Steige erreichte dieser Weg das Gebirge und die lothringische Hochebene bei Saarburg und zog von da nach Metz, [* 46] der Hauptstadt der keltischen Mediomatriker. Diese Straße wurde als eine wichtige Operationslinie aus dem Herzen Galliens an den Oberrhein von den Römern übernommen und unterhalten.
Ein andrer sehr alter Handelsweg zog von Metz über Saarbrücken [* 47] nach Kaiserslautern [* 48] und von da über Alzey nach Mainz. Rechtzeitig war die Gegend von Heidelberg, [* 49] namentlich Lopodunum (Ladenburg), schon vor der Römerzeit von Kelten und Galliern bewohnt und mit Verbindungswegen versehen. Speier [* 50] (Noviomagus) war die Hauptniederlassung der Nemeter, und es dürften die Wegverbindungen nach Kaiserslautern, nach Worms [* 51] und anderseits nach Heidelberg und Worms ebenfalls auf keltischen Ursprung zurückzuführen sein. ¶
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Ähnliches läßt sich noch von manchen alten Verkehrsverbindungen anführen.
Römische Heerstraßen und Handelswege.
Mit der Herrschaft der Römer begann eine weitere und sehr wichtige Fortentwickelung des Straßenbaues. Zum erfolgreichen Fortgang
ihrer Eroberungen und zur Behauptung der unterworfenen Länder bedurften die Römer eines Netzes von durch Kastelle und Stationen
gesicherten Straßen
verbindungen (viae militares). Schon in Italien zeichnete sich dieses große Kulturvolk
besonders durch die Anlage großartiger S. aus, von welchen die 40 deutsche Meilen lange sogen. Appische Straße (via Appia)
zwischen Rom und
[* 53] Capua, die 315 v. Chr. erbaut und später bis Brundusium verlängert wurde, die berühmteste ist. In Verbindung
mit derselben stand die vom Kaiser Domitian angelegte via Domitiana von Sinuessa bis nach Puteoli. Zu den
ältesten römischen Militärstraßen gehört ferner die via Flaminia, 220 v. Chr. vom Zensor C. Flaminius angelegt, von Rom durch
Etrurien nach Ariminum, mit zwei Fortsetzungen: der vom Konsul M. Ämilius Lepidus 188 v. Chr. angelegten via Aemilia,
von Ariminum nach Aquileja führend, und der gleichnamigen von M. Ämilius Scaurus 115 v. Chr. angelegten Straße, die über Pisa
[* 54] und Cumä nach Ligurien führte.
Eine Seitenstraße der via Appia war die nach Kampanien führende via Campana, die mit der via Albana und Tusculana in Verbindung stand. Die Via Cassia führte von Rom nach der Militärkolonie Florentia in Etrurien (dem heutigen Florenz). [* 55] Eine der schönsten und längsten römischen S. war die via Valeria, welche von Rom durch das Gebiet der Sabiner, Äquer und Marser bis an das Gebiet der Päligner sich erstreckte, als Fortsetzung der via Tiburtina, die in östlicher Richtung nach Tibur führte.
Die Via Latina führte vom capenischen Thor durch das Liristhal bis Teanum und mündete schließlich in die Via Appia. Die Via Ostiensis ging auf der Westseite des Tiber bis zur Mündung desselben bei Ostia. Die via Postumia verband Cremona und Mantua. [* 56] In den jenseit der Alpen [* 57] liegenden schnell unterworfenen Ländern benutzten die Römer die angeführten Handelswege zum raschen Vorschieben ihrer Legionen, aber es waren doch auch noch, namentlich an der germanischen Grenze, zum Schutze derselben neue Marschlinien nötig.
Zur Zeit der Römerherrschaft bestanden schon folgende S. über die Alpen zur Verbindung von Italien mit Gallien und Germanien: [* 58]
1) Über die Cottischen Alpen von Augusta Taurinorum (Turin) nach Arelate (Arles) im Süden von Gallien.
2) Über den Kleinen Bernhard (Alpes Grajae) von Augusta Praetoria nach Vienna (Vienne) und Lugdunum (Lyon). [* 59]
3) Über den Großen Bernhard (Summus Poeninus) von Aosta nach Octodurum (Martigny) und von da über Vevey, Avenches nach Augusta Rauracorum (Augst bei Basel). 4) Die S. von Mediolanum (Mailand) über die Rätischen Alpen nach Brigantium (Bregenz): a) über den Splügen, b) über den Septimer von Chiavenna aus, c) von Como aus über den Bernhardin nach Chur. [* 60]
5) Die Straße von Verona [* 61] über den Arlberg nach Brigantium. Diese Straße, von hier mit Augsburg in Verbindung, ist unter dem Namen Via Claudia bekannt.
6) Die Straße über den Brenner und von da über Partenkirchen nach Augsburg wurde erst in der letztern Zeit der Römerherrschaft nutzbar gemacht. An diese S. reiht sich die Hauptquerverbindung von Lyon und Vienne an dem Rhône nach Genf [* 62] und Vevey an. Ebenso von Bedeutung waren die S. von Lousanna (Lausanne) [* 63] über den Jura nach Vesontio (Besançon) [* 64] und von da über das heutige Belfort [* 65] nach dem Oberrhein, nämlich nach Augusta Rauracorum und nach Argentoratum (Straßburg).
Im obern Rheinthal von Basel bis Mainz hatte nur die linksseitige Rheinebene für die Römer einen strategischen Wert, und die von denselben besonders auf dem Hochgestade angelegte Militärstraße diente als eine Operationsbasis zur Deckung Galliens gegen die Einfälle der Germanen. Im rechtsseitigen Rheinthal längs der Schwarzwaldvorberge und längs des Odenwaldes, das für die Römer keinen militärischen Wert hatte, finden wir keine von den Römern angelegten S. Die sogen. Bergstraße, keltischen Ursprungs, diente als Handelsweg zwischen den wenigen keltischen und römischen Niederlassungen.
Von einiger Bedeutung war die Querverbindung von Straßburg über Baden (Aquae Aureliae) und Pforzheim
[* 66] nach der Station Clarenna
(Kannstatt)
[* 67] an der Straße nach Reginum (Regensburg).
[* 68] Diese letztere Straße begann nach der sogen. Peutingerschen
Tafel (einer römischen Straßen
karte aus der Zeit des Kaisers Alexander Severus) in Vindonissa (Windisch), ging bei Zurzach über
den Rhein, gewann sodann den Hohenranden und erreichte bei der Station Brigobanna das Donauthal.
Von hier aus überschritt die Straße die Wasserscheide von Donau und Neckar und folgte dem linksseitigen Höhenrücken desselben über den Schönbuchwald nach Kannstatt. Eine Station weiter erreichte sie den limes (Pfahlhag), die Grenzwehr des römischen Reiches, und zog von da, einen weiten Bogen [* 69] linksseitig der Donau beschreiben, nach Regensburg (Reginum). Auch von Heidelberg, d. h. von Wisloch, aus bestand eine Querverbindung mit den Stationen am limes. Alle diese römischen S. mit den Stationen, Niederlassungen und Fundorten sind auf einer von Paulus zusammengestellten archäologischen Karte für das Königreich Württemberg [* 70] angegeben.
Was die elsässische und pfälzische Rheinthalebene anbelangt, so war dieselbe zur Römerzeit sowohl von Kelten (Galliern) und von den deutschen Stämmen der Triboker, Nemeter und Vangionen als auch von den Römern bewohnt. Wir treffen daher auch hier außer der Militärstraße längs des Rheinhochgestades und der Bergstraße noch verschiedene Abzweigungen derselben. Alle diese S. ermöglichten einen raschen Aufmarsch der Legionen an den bedrohten Punkten und trugen wesentlich dazu bei, daß die Römer das gallische Rheinland noch ca. 150 Jahre länger behaupten konnten als das sogen. Zehntland oder das rechtsseitige Vorland des Rheins. Bezüglich der römischen S. am Unterrhein bieten die Angaben von Schneider die beste Belehrung. Im großen ganzen haben wir die Hauptmarschrouten, welche die Römer übernahmen, schon bei den vorgeschichtlichen S. erwähnt.
In der Tiefebene Norddeutschlands schreibt man jetzt die sogen. Bohlenwege durch die Moore ebenfalls den Römern zu. Sie sollen in ihrem Anfang und ihrer Richtung nach mit dem Eindringen der Römer in Verbindung stehen, da sie von W. nach O. liegen. Diese Wege sind angeblich die von Tacitus erwähnten pontes longi und bestehen aus gegen den Kern gespaltenen, auf Langschwellen ruhenden Blöcken von hartem Holz. [* 71] Im sumpfigen Hochland von Lothringen werden die aus Lagen von gebrannten Lehmplatten bestehenden Überbrückungen (briquetage de la Seine) ebenfalls auf römischen Ursprung zurückgeführt. ¶
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Straßen,
Melchior Anton zur, Bildhauer, geb. zu Münster [* 72] in Westfalen, [* 73] lernte seit 1850 bei dem Bildhauer Imhof in Köln, [* 74] kam 1854 in Rauchs Atelier nach Berlin, [* 75] wo er bis zum Tode desselben (1857) blieb. Es entstanden unterdessen eine heil. Elisabeth für das kath. Spital und der Große Kurfürst als Knabe für Friedrich Wilhelm IV. 1857 begab er sich nach Rom, von wo er Die röm. Hirtin zur Berliner [* 76] Ausstellung schickte. Für den Freiherrn von Oppenheim in Köln schuf er die Marmorgruppe einer Caritas, kehrte dann 1863 zurück und bezog das ehemalige Atelier Rauchs.
Bis 1870 vollendete er die Gruppe des Kaisers und des Kronprinzen auf dem Schlachtfeld von Königgrätz, [* 77] 28 große Porträtmedaillons in Bronze [* 78] für das Berliner Rathaus und anderes in Terracotta. 1870-75 wirkte er als Professor an der Kunstschule in Nürnberg [* 79] und dann an der Akademie in Leipzig, [* 80] wo er auch die Leitung des Kunstgewerbemuseums übernahm. Er fertigte hier eine Giebelgruppe für das Bahnhofsgebäude in Gera, [* 81] für Leipzig das Frontispiz des Hauptpostgebäudes, anderes für die neue Börse, für das Museum die Statuen von Rembrandt und Rubens, für die Universitätsbibliothek die Standbilder Friedrichs des Streitbaren, Moritz' von Sachsen, [* 82] Goethes und Lessings. Für das neue Museum in Linz [* 83] in Oberösterreich schuf er 1886 einen 110 in langen Fries und zehn Freistatuen. S. starb in Leipzig.