[* ] ehemals reichsunmittelbares Bistum im oberrheinischen Kreise, schon in der Merowingerzeit entstanden, umfaßte
anfangs Ober- und Unterelsaß nebst der Ortenau und einem Teil des Breisgaues; später wurden Teile des Elsaß zu gunsten der
Bischöfe von Speier und Basel
davon abgetrennt. Das bischöfliche Territorium enthielt im Niederelsaß sieben
Ämter: Zabern, Kochersberg, Dachstein, Schirmeck, Benfeld, Markolsheim und Wengenau;
im Oberelsaß: das Amt Rufach, die Vogtei Obersultz
und die Lehen Freundstein, Herlisheim u. a. sowie diesseit des Rheins: das Amt Ettenheim und Herrschaften in der Oppenau, wie Oberkirch
und eine Zeitlang Ulmburg;
zusammen 1322 qkm (24 QM.) mit 30,000 Einw.
und 350,000 Gulden Einkünften.
Der Bischof stand unter dem Erzstift Mainz, war deutscher Reichsfürst und blieb es auch, als
er für das linksrheinische Land 1648 die Lehnshoheit Frankreichs anerkennen mußte, für seine diesseit des Rheins liegenden
Besitzungen. Die französischen Besitzungen des Hochstifts wurden gleich zu Anfang der Revolution eingezogen;
der in Schwaben gelegene Teil derselben (165 qkm mit 35,000 Guld. Einkünften) aber ward 1803 als Fürstentum Ettenheim dem Kurfürsten
von Baden überlassen. 1802 wurde das ganze Elsaß dem Straßburger Sprengel überwiesen und das Bistum dem Erzbischof von Besançon
untergeordnet; es steht jedoch seit 1871 unmittelbar unter dem Papst. Unter den Bischöfen von S. sind
am bekanntesten: Leopold II. Wilhelm, Erzherzog von Österreich (1614-62, s. Leopold 20), Franz Egon und Wilhelm Egon von Fürstenberg
(s. Fürstenberg 2 u. 3) und der Kardinal Louis René, Prinz von Rohan (s. d.).
Vgl. Grandidier, Histoire de l'église et des évêques-princes
de Strasbourg (Straßb. 1775-78, 2 Bde.,
bis zum 10. Jahrh. reichend);
Fritz, Das Territorium des Bistums S. (das. 1885).
[* ] (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt des deutschen Reichslandes Elsaß-Lothringen, des Bezirks Unterelsaß sowie
des Land- und Stadtkreises S., Festung ersten Ranges, liegt 5 km vom Rhein entfernt, an der schiffbaren Ill, die
hier die Breusch aufnimmt, am Rhein-Rhônekanal, welcher hier mit der Ill sich vereinigt, sowie am Rhein-Marnekanal, der nördlich
der Stadt von der Ill ausgeht und als Illkanal diese mit einem Rheinarm (Kleiner Rhein) verbindet, unter 48° 35' nördl. Br.
und 7° 45' östl. L. v. Gr., 150 m ü. M.,
u. zerfällt in ihrem Weichbild in acht Kantone. Die eigentliche (innere) Stadt wird durch die
Namen-Register zum 'Plan von Straßburg'.
Die Buchstaben und Zahlen zwischen den Linien (E2) bezeichnen die Felder der Karte.
Aar (Nebenarm der Ill)
E2
Akademie
EF3
Akademie-Straße
EF3
Allerheiligen-Gasse
BC3
Alter Weinmarkt
B4
Alt-St.-Peter-Kirche
B4
Alt-St.-Peter-Platz
B4
Am hohen Steg
C3
Am Roseneck
C2
Am Schießrain
DE1
Anatomie
D5, 6
An d. Gewerbslauben
C4
An der Esplanade
FG3, 4
Andlauer Straße
B6
Apfjel-Straße
D2
Arnold-Platz
G2
Arsenal
F3
Artillerie-Kaserne
E4
Artillerie-Wallstraße
DE5
Auf d. verbrannten Hof
D3
Auf den Eisgruben
BC5
Aurelien-Platz
A5
Bahnhof, Zentral-
A4
Bahnhof-Platz
A4
Bahnhof-Ring
A4
Bahnhof-Staden
B3, 4
Ballhaus-Gasse
E4
Bank, Els.-Lothringer
CD3
Bank, Reichs-
C3
Barbara-Gasse, St.
C4
Bauhof
G4
Bei der Heuwage
F4
Bergherrn-Gasse
BC3
Bezirks-Gefängnis
B5
Bezirks-Präsidium
E2, 3
Bibliothek
D4
Bischöflicher Palast
D3
Blauwolken-Gasse
C3
Blessig-Straße
F3
Botanischer Garten
E3, F2
Brand-Gasse
D3
Brant-Platz
EF2
Broglie-Platz
CD3
Brücke, Neue
D4
Bruderhoffs-Gasse
D3, 4
Brumather Straße
A3
Bucksweiler Straße
AB2
Bürger-Hospital
D5
Chirurgie
C5
Citadelle
H3, 4
Citadellen-Allee
G4
Clemens-Gasse
B3
Clemens-Platz
B3
Contades
D1
Desaix-Staden
B4
Deutsche Straße
D1, 2
Dietrich-Staden
E2, 3
Dom-Platz
D4
Düntzmühl-Kanal
BC5
Ehnheimer Str., Ober-
A6
Eiserne-Manns-Platz
C4
Eisgruben, Auf den
BC5
Elisabethen-Gasse, St.
C5
Elsässer Straße
F2
Elsaß-Lothring. Bank
CD3
Elsbeth-Wallstraße
C5, 6
Esplanade
G3
Esplanade, An der
FG3, 4
Esplanaden-Gasse
F3
Esplanaden-Straße
FG4
Feg-Gasse
F3, 4
Ferkel-Markt
D4
Finkmatt
C3
Finkmatt-Straße
BC2
Finkweiler-Gasse
BC5
Finkweiler-Staden
C5
Fischart-Straße
F2
Fischer-Gasse
E3
Fischer-Staden
E3
Fischerthor-Kaserne
E3
Fisch-Markt
D4
Fisch-Markt, Alter
D4
Gasanstalt
B3
Gaul-Staden
EF4
Gedeckte Brücken
B5
Gefängnis, Bezirks-
B5
General-Kommando
D3
Gerbergraben-Platz
C4
Gerbergraben-Straße
C4
Gestüt
C5
Gewerbslauben, An d.
C4
Goethe-Straße
F2
Goldgießen
D5
Grandidier-Straße
E3
Groß-Metzig
D4
Grünenbruch-Gasse
B3
Gutenberg-Denkmal
CD4
Gutenberg-Platz
CD4
Gutleut-Gasse
B2, 3
Gymnasium
C3
Hafen-Platz
B5
Hafen-Staden
B6
Hafen-Wallstraße
B6
Hagenauer Platz
B2
Handels-Gericht
CD4
Haupt-Zollamt
B3
Helenen-Gasse, St.
C4
Helenen-Platz,
E2
Hennen-Gasse
E4
Hermann-Straße
FG3
Heuwage, Bei der
F4
Hospital, Bürger-
D5
Hospital, Militär-
F4
Johannes-Staden, St.
B4
Juden-Brückchen
D3
Juden-Gasse
D3
Jung-St.-Peter-Kirche
C3
Jung-St.-Peter-Platz
C3
Junker-Straße
E1
Justiz-Palast
C3
Käfer-Gasse
D4
Kagenecker Gasse
B3, 4
Kalbs-Gasse
DE3, 4
Kanal
B4, CD2
Kasino, Deutsches Zivil-
C3
Kasino, Offizier-
CD3
Kasino, Zivil-
C2
Katholisches Seminar
D3, 4
Kaufhaus-Gasse
D4, 5
Kellermann-Staden
C3
Kinderspiel-Gasse
B4
Kléber-Platz
C4
Kléber-Staden
BC3
Kléber-Denkmal
C4
Klotz-Straße
E2
Knoblochs-Gasse
CD4, 5
Koch-Staden
E2, 3
Kollegien-Haus
EF2
Kommandantur
C3
Königsbrücke
E3
Königshofener Straße
A5, 6
Königs-Straße
DE2, 3
Krämer-Straße
D4
Kreis-Direktion
D3
Kriegs-Thor II
A3
Kronenburger Ring
AB3
Kronenburger Straße
A3, B3, 4
Kronenburger Thor
A3
Kronenburger Wall-Straße
A3
Krutenau-Straße
E3, 4
Kühnen-Gasse
AB4
Langen-Straße
BC4
Lazarett-Wallstraße
EF4
Lehrer-Seminar
C5
Lezai-Marnesia-Stad.
D3
Lobstein-Straße
F3
Lyceum
D4
Magazin-Gasse
A2, 3
Magdal.-Gasse St.
DE4
Manteuffel-Kaserne
C1
Margareten-Gasse, St.
AB5
Margareten-Kaserne
AB5
Margareten-Wallstr
AB5
Markt, Neuer
C4
Martins-Brücke
C5
Meisen-Gasse
C3
Metzgergießen
D4, 5
Metzger-Platz
E4, 5
Metzger-Straße
DE4, 5
Metzger-Thor
E5
Metzgerthor-Station
E6
Militär-Baracken
A6, G3
Militär-Hospital
F4
Möller-Straße
D2
Molsheimer Straße
AB6
Moscherosch-Straße
G2
Mühlen-Plan
BC4, 5
Müllenheim-Staden
E1, 2
Münster
D4
Münster-Gasse
CD3
Münster-Platz
D4
Murner-Straße
F2
Musik-Kiosk
D3
Musik-Konservator.
C3, 4
Mutziger Straße
A5
Neuer Markt
C4
Neukirche
C3, 4
Neukirch-Platz
C3, 4
Niklaus-Brücke
D5
Niklaus-Kaserne
F3
Niklaus-Platz, St.
F3
Niklaus-Staden, St.
D4, 5
Ober-Ehnheimer Str.
A6
Odilien-Straße
A6
Oktroi
E5, H4
Palast-Straße
D2
Pariser Brücke
B3
Pariser Staden
B3, 4
Pflanzbad
B4
Pionier-Kaserne
DE3
Polizei-Direktion
D3
Post
D4
Präfektur
D3
Protest. Predigerstift
C5
Raben-Brücke
D4
Raben-Platz
D4
Rathaus
D3
Reformierte Kirche
C4
Reichsbank
C3
Renn-Gasse, Große
AB4, 5
Renn-Gasse, Kleine
A4
Ring, Bahnhof
A4
Ring, Kanal
H1, 2
Roseneck, Am
C2
Rosheimer Straße
A5
Rothauer Straße
A6
Ruprechtsauer Allee
F1, 2
Saarburger Straße
A2, 3
St. Aurelien-Kirche
A5
St. Johannes-Kirche
B4
St. Ludwigs-Kirche
C5
St. Magdal.-Kirche
E4
St. Peterkirche, Alt-
B4
St. Peterkirche, Jung-
C3
St. Stephan-Kirche
E3
St. Thomas-Kirche
C5
St. Wilhelm-Kirche
E3
Schießrain, Am
DE1
Schiffahrts-Kanal
B4, 5
Schiffleut-Gasse
E4
Schiffleut-Staden
DE4
Schimper-Straße
F3
Schirmecker Ring
AB6
Schirmecker Thor
A6
Schlachthaus
B5
Schlachthaus-Platz
B5
Schlachthaus-Staden
B4, 5
Schleuse, Große
B5
Schloß
D4
Schlosser-Gasse
C4
Schloß-Platz
D4
Schöpflin-Staden
CD2, 3
Schwarzwald-Straße
GH2
Schweighauser Straße
F2
Seelos-Gasse
A4
Seminar, Kathol.
D3, 4
Seminar, Lehrer-
C5
Spieß-Gasse
D4
Spital-Platz
D5
Spital-Thor
D5
Spitzmühl-Kanal
B5
Steg, Am hohen
C3
Stein-Brücke
C3
Stein-Platz
B2
Stein-Ring
C1, 2
Stein-Straße
BC2, 3
Stein-Thor
B2
Stephans-Brücke, St.
E5
Stephans-Platz, St.
D3
Stephans-Staden, St.
E3
Sternwarte
G2
Steuer-Direktion
C5
Storch-Gasse
B2, 3
Sturmeck-Staden
CD2
Synagoge
C4
Tabaks-Magazin
D4, 5, C5
Tabaks-Manufaktur
E3, 4
Telegraphen-Amt
B4
Theater
D3
Theater-Brücke
D2
Thomanns-Gasse
C3
Thomas-Brücke, St.
C5
Thomas-Platz, St.
C4, 5
Thomas-Staden, St.
CD5
Tränk-Gasse
F4
Türkheim-Staden
B4, 5
Umleitungs-Kanal
FG5
Universität
F2
Universität (Alte, im Schloß)
D4
Universitäts-Platz
E2
Universitäts-Straße
F2, 3
Verbindungsbahn
CD6
Verbrannten Hof, Auf dem
D3
Vieh-Gasse
EF3, 4
Vogesen-Straße
B-E2
Vorbrucker Straße
A6
Waisen-Gasse
E4
Waisenhaus
E4
Waisen-Platz
E4
Wärterhaus
B6, D6
Waseneck, Am
D2
Wasselnheimer Straße
A5, 6
Wasserturm
F4
Wein-Markt, Alter
B4
Weißenburger Straße
B2
Weißenturm-Platz
A5, 6
Weißenturm-Ring
A5
Weißenturm-Straße
AB4, 5
Weißenturm-Thor
A5, 6
Weißenturm-Wallstraße
A4
Wilhelmer-Gasse
E3
Wilhelms-Brücke
E3
Wimpfeling-Straße
F2
Zaberner Ring
B2
Zaberner Wall-Straße
AB2
Zarrer Straße
A6
Zentral-Bahnhof
A4
Zeughaus
F4
Zeughaus-Gasse
F4
Zollamt, Haupt-
B3
Zoll-Büreau
A3
Zornmühl-Kanal
BC5
Zürcher Straße
E3, 4
Maßstab 1:19000.
1:300000
Zum
Artikel »Straßburg«.
mehr
zweiarmige Ill in drei Teile geteilt, hat elf Thore u. durch die engen, unregelmäßigen Straßen ein altertümliches Aussehen.
Ein neuer Stadtteil, im NO. liegend und aus dem durch Hinausschieben der Festungswerke gewonnenen Terrain errichtet, ist bereits
stark bebaut. Von öffentlichen Plätzen verdienen Erwähnung: der Kléberplatz mit dem ehernen Standbild Klébers,
der Gutenbergplatz mit der Statue Gutenbergs (von David d'Angers), der Broglieplatz, der Schloßplatz etc. Außer den genannten
Denkmälern sind noch zu nennen: das Denkmal des Generals Desaix hinter dem Theater und das Denkmal des Präfekten Lezay-Marnesia
auf einer Rheininsel.
Unter den zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäuden (7 evangelische, eine reformierte und 6 kath.
Kirchen und eine Synagoge) ist das katholische Münster ein Meisterstück altdeutscher Baukunst, 110 m lang, 41 m breit, im Mittelschiff 30 m
hoch. Den Grundstein zu dem gegenwärtigen Bau legte 1015 Bischof Werner; 1277 begann unter Bischof Konrad von Lichtenstein Erwin von Steinbach
den Bau der Fassade und der Türme, den nach seinem Tod (1318) sein Sohn Johannes (bis 1339) fortsetzte und
Hans Hültz aus Köln 1439 zum Abschluß brachte.
Aber nur der nördliche Turm (142 m hoch) erreichte seine Vollendung, der südliche wurde bloß bis zur Plattform gebracht.
Das Münster vereinigt fast alle Baustile des Mittelalters: spätromanisch sind Krypte, Chor u. Querschiff,
selbst ein Teil des untern Schiffs;
weiterhin findet ein Übergang zum gotischen Spitzbogen statt, der in der Fassade bis zur
Vollendung gedieh.
Von vorzüglicher Schönheit ist das Hauptportal mit zahlreichen Statuen u. einer großen Fensterrose (50
m im Umfang). Noch sind die herrlichen Glasmalereien aus dem 14. und 15. Jahrh., die Kanzel, ein Meisterwerk
von Johann Hammerer (1486), die vortreffliche Orgel von Silbermann und die berühmte astronomische Uhr von Schwilgué (1839-42
neuhergestellt) hervorzuheben (vgl. Strobel, Das Münster in S., 13. Aufl., Straßb. 1874; Kraus, Straßburger Münsterbüchlein,
das. 1877). Von den evangelischen Kirchen verdienen die Neue Kirche (an Stelle der alten, 1870 eingeäscherten
neuerbaut) und die Thomaskirche (13. u. 14. Jahrh.) mit dem
Denkmal des Marschalls Moritz von Sachsen (von Pigalle) Erwähnung.
Hervorragende Gebäude sind ferner: der neue Kaiserpalast, das Schloß (ehemals bischöfliche Residenz, später Universität,
jetzt Universitäts- und Landesbibliothek), das Stadthaus und das Theater am Broglieplatz (beide nach
der Einäscherung von 1870 neuerbaut), der Statthalterpalast, das neue Universitätsgebäude, das Bezirkspräsidium, das
Landgerichtsgebäude, das Offizierkasino, das Aubettegebäude am Kléberplatz, das Gebäude der Lebensversicherungsgesellschaft
Germania, das Bürgerhospital, die Manteuffelkaserne, der Zentralbahnhof, die Westmarkthalle etc.
Die Bevölkerung beläuft sich (1885) mit der 10,523 Mann starken Garnison (Infanterieregimenter Nr. 105,
126, 132 und 138, je 2 Infanteriebataillone Nr. 99 und 137, ein Ulanenregiment Nr.
15, ein Feldartillerieregiment Nr. 15, ein Fußartillerieregiment Nr. 10 und
ein Pionierbataillon Nr. 15) auf 111,987 Seelen, darunter 52,306 Evangelische, 55,406 Katholiken, 363 andre Christen u. 3767 Juden.
Der Staatsangehörigkeit nach waren 68,993 Elsaß-Lothringer, 40,103 andre Reichsangehörige u. 2891 Ausländer.
Die Industrie ist bedeutend und in fortdauernder Steigerung begriffen. S. hat Fabriken für Maschinen, Meterwaren,
Tabak, musikalische
Instrumente (Pianinos, Orgeln), Wachstuch, Tapeten, Schokolade, Teigwaren, Senf, Öfen, Papier, Leder, Möbel, Bürsten, Hüte, Chemikalien,
Seife, Wagen, künstliche Blumen und Federn, Strohhüte, Handschuhe, Bijouteriewaren etc. Bekannt sind die
Gänseleberpasteten und die Bierbrauereien von S. Ferner gibt es Wollspinnereien, Gerbereien, Färbereien, Buchdruckereien, große
Mühlwerke etc., auch hat S. eine große Artilleriewerkstätte.
Der lebhafte Handel, unterstützt durch eine Handelskammer und eine Reichsbankhauptstelle wie durch andre Geldinstitute, durch
das verzweigte Eisenbahnnetz (S. ist Knotenpunkt der Eisenbahnen S.-Weißenburg, S.-Deutsch-Avricourt, S.-Kehl, S.-Schiltigheim,
S.-Königshofen, S.-Basel, S.-Rothau und S.-Lauterburg), durch vortreffliche Landstraßen, durch die schiffbare Ill, den Ill-,
Rhein-Rhône- und Rhein-Marnekanal und durch eine Pferdebahn, welche die innern Stadtteile mit den Vororten verbindet, ist besonders
bedeutend in Steinkohlen, Kolonial- und Lederwaren, Papier, Tabak, Eisen, Getreide, Wein, Holz, Gänseleberpasteten, Sauerkraut, Schinken,
Hopfen, Gartengewächsen der verschiedensten Art etc. An Bildungs- und andern ähnlichen Anstalten hat
S. die 1872 neugegründete Kaiser Wilhelms-Universität (Sommersemester 1888: 828 Studierende), die neue Universitäts- und
Landesbibliothek mit ca. 600,000 Bänden (größtenteils durch freiwillige Gaben entstanden und zum Ersatz für die in der Nacht
vom 24. zum verbrannte Stadtbibliothek bestimmt), ferner ein protestantisches Gymnasium (1538
gegründet), ein Lyceum (katholisches Gymnasium, verbunden mit Realgymnasialabteilung), 2 Realschulen, eine höhere katholische
Schule, ein Priesterseminar, ein evangelisches Schullehrer- und ein evangelisches Lehrerinnenseminar, 2 Taubstummenanstalten,
ein Konservatorium, ein Kunstmuseum, ein Kunstgewerbemuseum, ein Naturalienkabinett, ein Stadttheater, eine Bezirksfindel-
und Waisenanstalt, zahlreiche Sammlungen etc. In S. erscheinen fünf Zeitungen.
Die städtischen Behörden zählen 36 Gemeinderatsmitglieder. Sonst ist S. Sitz des kaiserlichen Statthalters, des Ministeriums
und der höchsten Landesbehörden für Elsaß-Lothringen, des Bezirkspräsidenten für Unterelsaß, einer Polizeidirektion für
den Stadt- und einer Kreisdirektion für den Landkreis S., eines katholischen Bischofs, des Oberkonsistoriums für die Kirche
Augsburgischer Konfession und des jüdischen Konsistoriums, eines Land- und eines Handelsgerichts, eines
Bergreviers etc. An Militärbehörden befinden sich dort: das Generalkommando des 15. Armeekorps, die Kommandos der 31. und 33. Division,
der 61. und 66. Infanterie-, der 31. Kavallerie- und der 15. Feldartilleriebrigade, die 3. Ingenieur-, eine Artilleriedepot-
und die 10. Festungsinspektion, ein Gouverneur, ein Stadtkommandant etc.
Die Festungswerke, deren Anlage 1682-84 von Vauban mit der auf der Ostseite der Stadt liegenden fünfeckigen Citadelle begonnen
wurde, haben seit 1870 eine bedeutende Erweiterung und Verstärkung erfahren. Ein Teil der Befestigung ist im NO. hinausgerückt,
und 13 Forts, 4-8 km vom Mittelpunkt der Stadt entfernt, krönen die umliegenden Höhen, 3 davon auf der
badischen Seite des Rheins bei Kehl. Die Stärke der Werke wird dadurch noch bedeutend erhöht, daß durch die Ill und den Rhein-Rhônekanal
ein großer Teil der Umgegend von S. unter Wasser
gesetzt werden kann. Die Umgebung der Stadt (s. die Karte) ist zwar flach, gleicht aber ihrer Fruchtbarkeit halber einem großen
Garten. Die außerhalb der Umwallung liegenden Orte: Rupprechtsau, Neudorf, Neuhof, Königshofen und Grünenberg sind der Stadt
einverleibt. - Zum Landgerichtsbezirk S. gehören die 14 Amtsgerichte zu Benfeld, Bischweiler, Brumath, Hagenau,
Hochfelden, Illkirch, Lauterburg, Niederbronn, Schiltigheim, S., Sulz unterm Wald, Truchtersheim, Weißenburg und Wörth.
[Geschichte.]
Unter der Regierung des Kaisers Augustus entstand auf der Stelle des heutigen S. eine städtische Ansiedelung, Argentoratum,
welche der achten Legion als Standquartier diente. Durch den großen Sieg bei S. 357 über die Alemannen rettete Kaiser
Julian die Rheingrenze, doch schon um 406 fiel das Elsaß jenem germanischen Volksstamm zu. Damals ging die Stadt in
Flammen auf, ward aber bald neu erbaut und in der Karolingerzeit durch die Neustadt im W. vergrößert.
Hier schwuren 14. Febr. 842 Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle den Eid gegenseitiger Treue, der in altromanischer
und altdeutscher Sprache erhalten ist. Seit der Begründung des Bistums (s. unten) hob sich die Bedeutung der Stadt; doch blieb
sie noch lange Eigentum des Bischofs, der den Schultheißen ernannte. Wie andre bischöfliche Städte, wußte sich auch S. allmählich
größere Selbständigkeit zu verschaffen: an die Stelle der bischöflichen Ministerialen trat ein aus
der Bürgerschaft hervorgehender Rat, und die Richter der Stadt, die Consules, sprachen vom Bischof unabhängig Recht.
Aber die Reichsfreiheit hat erst Philipp von Schwaben S. verliehen und Bischof Heinrich III. von Stahleck (1245-60) anerkannt.
Sein Nachfolger Walther von Geroldseck ward 1262, als er die Stadt wieder unterwerfen wollte, bei Oberhausbergen
geschlagen. Für die hohe Blüte Straßburgs in dieser Zeit zeugen nicht nur Namen wie Gottfried von S., Meister Eckard, Johannes
Tauler, sondern vor allem das Münster (über dessen Entstehung s. oben). Der Familienhaß zweier Adelsgeschlechter führte 1332 zur
Aufnahme der Zünfte in den Rat, zu den bisherigen vier Stadtmeistern trat zugleich als Vertreter der Handwerker
ein auf Lebenszeit gewählter Ammeister.
Die Stadt schloß sich 1381 dem Städtebund zu Speier an und leistete ein Jahrhundert später den Schweizern gegen Karl den Kühnen
bei Granson und Nancy erfolgreiche Unterstützung. In S. hat der Mainzer Gutenberg die erste Druckerpresse
aufgestellt, hier haben einige Jahrzehnte später die Dichter Sebastian Brant und Thomas Murner sowie der Humanist Wimpfeling
gewirkt. Die Bedeutung der Stadt war damals weit größer, als man nach ihrer geringen Bevölkerung (um 1475 nur 20,700 Seelen)
erwarten sollte.
Die Reformation fand früh Eingang, besonders infolge des rastlosen Eifers Martin Butzers, der 1523 in S.
eine Zuflucht fand. Doch erst nach Abschaffung der Messe 1529 kann die Stadt als protestantisch gelten. In der gefährlichen
Zeit der religiösen Streitigkeiten und Fehden hatte sie einen vorzüglichen Führer in dem gelehrten und welterfahrenen Jakob
Sturm (s. d.), welcher ihr z. B. nach
dem Schmalkaldischen Krieg einen billigen Frieden vom Kaiser erwirkte.
Durch ihn wurde S. auch eine Stätte der Wissenschaft, besonders als der Philolog Johannes Sturm sich hier niederließ. Ihm
gegenüber vertrat das deutsch-volkstümliche Element in der Litteratur der Straßburger Johann Fischart. Für ihren Rücktritt
von der Union belohnte Kaiser Ferdinand II. die Stadt 1621 mit der Errichtung der Universität. Während
des Dreißigjährigen Kriegs ersparte
die auf reichsstädtischer Tradition beruhende und durch innere Parteiungen geförderte
Neutralitätspolitik S. viel Elend. Im Westfälischen Frieden blieb es dem Reich erhalten.
Ludwig XIV. ließ 1680 durch die Reunionskammer in Breisach den Spruch fällen, daß S. für die der Krone
Frankreich gehörenden, aber noch in städtischem Besitz befindlichen Vogteien von Wasselen, Barr und Illkirchen dem König den
Huldigungseid zu leisten habe. Die Stadt wagte keine ablehnende Antwort zu erteilen, nur seitens des Reichs wurden Verhandlungen
eröffnet; aber Ludwig XIV. sandte 1681 mitten im Frieden Louvois mit 30,000 Mann gegen das wehrlose S.
Nicht der Verrat einzelner Ratsmitglieder, wie das Volk meinte, nicht die Ränke des bestochenen Bischofs Egon von Fürstenberg,
sondern die Erkenntnis der Aussichtslosigkeit jeglichen Widerstandes führte 30. Sept. die Übergabe der Stadt herbei.
Der Friede von Ryswyk 1697 bestätigte diese Annexion, und auch der von Utrecht änderte nichts daran, nachdem
Deutschland einmal versäumt hatte, die Zeit der Ohnmacht Frankreichs (1710) zur Wiedererwerbung Straßburgs zu benutzen. Hier
begünstigte die neue Regierung mit Erfolg die Ausbreitung des katholischen Bekenntnisses, vermochte aber nicht, der Stadt
ihr deutsches Wesen zu rauben. Für dessen Erhaltung sorgte besonders die Universität, an welcher der Theolog
Spener, die Sprachforscher Scherz und Oberlin und der Historiker Schöpflin lehrten.
Die französische Revolution zertrümmerte die Vorrechte der alten deutschen Reichsstadt; an die Spitze trat ein Maire, ihm
standen zur Seite 17 Munizipalräte und 36 Notabeln, welche alle aus unmittelbaren Volkswahlen hervorgingen. Nach dem Fall
des Königtums blieb der Stadt die Schreckensherrschaft nicht erspart; auch hier wurde 1793 ein Revolutionstribunal
eingerichtet, dem der deutsche Emigrant Eulogius Schneider vorstand. Erst unter dem ersten Kaiserreich schwanden die partikularistischen
Neigungen, welche noch das 18. Jahrh. kennzeichnen. S., das Napoleon I. die Wiederherstellung seiner in den Revolutionsstürmen
verfallenen Universität zu danken hatte, ward wirklich eine französische Stadt. Der Versuch Ludwig Napoleons
sich hier von der Garnison zum Kaiser ausrufen zu lassen, mißlang.
Am begann die Einschließung der Stadt durch General v. Werder, den Befehlshaber der badischen Division. Die hartnäckige
Verteidigung durch den Kommandanten, General Uhrich, und die Beschießung des unbefestigten Kehl veranlaßten
v. Werder zu einem Bombardement (24.-27. Aug.), welches die kostbare Bibliothek zerstörte und den Turm des Münsters beschädigte.
Doch da die Beschießung kein Resultat hatte, schritt der deutsche Befehlshaber zur regelrechten Belagerung. Am 12. Sept. war
die dritte Parallele fertig; schon war Bresche in den Hauptwall geschossen und alles zu einem Sturm vorbereitet,
als 27. Sept. die Festung kapitulierte.
Die Besatzung (noch 17,000 Mann) wurde kriegsgefangen, 1200 Kanonen und zahlreiches Kriegsmaterial wurden eine Beute der Sieger
(s. Plan der Belagerung von S. bei Artikel »Festungskrieg«). Die deutschfeindliche Haltung der Stadtbehörde in S. veranlaßte
die kaiserliche Regierung, den Bürgermeister Lauth seines Amtes zu entsetzen und den Gemeinderat, dessen überwiegende
Mehrheit sich gegen diese Maßregel aussprach, zunächst auf zwei Monate, dann auf ein Jahr zu suspendieren. Mit der Wahrnehmung
der Geschäfte des Magistrats wurde der Polizeidirektor Back betraut, unter welchem das
mehr
Gemeindeschulwesen ausgebildet, Straßenbahnen gebaut, eine Wasserleitung hergestellt und die großartige Stadterweiterung
nach Ankauf der alten Festungswerke durchgeführt wurden. Erst 1886 wurde wieder die Wahl eines Gemeinderats gestattet, welche
deutschfreundlich ausfiel, und Back zum Bürgermeister ernannt.
Vgl. Silbermann, Lokalgeschichte der Stadt S. (Straßb. 1775);
Frese, Vaterländische Geschichte der Stadt S. (das. 1791-95, 4 Bde.);
v. Apell, Argentoratum (Berl. 1884);
Schmoller, Straßburgs Blüte im 13. Jahrhundert (Straßb. 1875);
»Straßburger Chroniken«,
herausgegeben von Hegel (Leipz. 1870-71, 2 Bde.);
Rathgeber, Reformationsgeschichte der Stadt S. (Stuttg. 1871);
Holländer, S. im französischen Krieg 1552 (Straßb. 1888);
1) Landkreis im Bezirk Unterelsaß, hat 560,93 qkm und (1895) 83993 E. in 102 Gemeinden und zerfällt in die Kantone Brumath,
Hochfelden, Schiltigheim und Truchtersheim. – 2) S. im Elsaß (bei den Römern Argentoratum, im Mittelalter
Strataburgum, d. i. «die Burg an der Straße»),
Hauptstadt von Elsaß-Lothringen, des Bezirks Unterelsaß und des Landkreises
S., Stadtkreis (78,29 qkm) und Festung ersten Ranges, liegt 45 km östlich von der franz.
Grenze,
mehr
3 km westlich vom Rhein, an der Ill, die 2,5 km oberhalb von S. die Breusch aufnimmt, sich beim Eintritt in die Stadt in fünf
Arme teilt und unterhalb derselben in den Rhein mündet, sowie an dem eine Fortsetzung des Rhein-Marne-Kanals bildenden Ill-Rhein-Kanal
und dem den Rhein-Rhöne-Kanal und die Ill mit dem Ill-Rhein-Kanal verbindenden Umleitungskanal, 17 km
von den östl. Abhängen der Vogesen, in 143 m Höhe, im tiefsten Teil der Rheinniederung. Das Klima ist mild, jedoch plötzlichen
Schwankungen unterworfen; die mittlere Jahrestemperatur beträgt 10° C. (im Juli +19,2°, im Januar -0,3° C.); der mittlere
Luftdruck 751 mm, die Niederschlagsmenge 677,7 mm. (Hierzu ein Stadtplan mit Verzeichnis der Straßen, Plätzen,
s. w.)
Bevölkerung. Die ortsanwesende Bevölkerung betrug 1871: 85 654, 1880: 104 471, 1885: 111 987, 1890: 123 500, 1895: 135 608 (71 214 männl.
[15493 Militärpersonen], 643 94 weibl.) E., darunter 67 690 Katholiken, 63 277 Evangelische, 543 andere
Christen und 4098 Israeliten. Der Staatsangehörigkeit nach waren 78 017 Elsaß-Lothringer, 54 301 andere Reichsangehörige
und 3290 Ausländer. Von der Civilbevölkerung (1895: 120 115) wohnen 86 212 E. innerhalb, 33 903 E. außerhalb der Stadtumwallung.
Letztere verteilen sich auf Ruprechtsau (7678), Neudorf-Musau (13 836), Neuhof (2506), Kronenburg-Königshöfen (9883 E.).
Die Zahl der Geburten betrug 1896: 4391, darunter 127 Totgeburten, der Eheschließungen 1239, der Todesfälle 2832. In Garnison
liegen die Infanterieregimenter Nr. 132, 138, 143, 172, das 6. sächs.
Infanterieregiment Nr. 105 König Wilhelm II. von Württemberg, 8. württemb. Infanterieregiment Nr. 126 Großherzog Friedrich
von Baden, 2. rhein. Husarenregiment Nr.
9, nebst dem Detachement Jäger zu Pferde des 15. Armeekorps, Stab, 1. bis 3. Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 15, das
Fußartillerieregiment Nr. 10, Stab und 2. Bataillon des bad. Fußartillerieregiments Nr. 14, die
Pionierbataillone Nr. 15 und 19 und das Trainbataillon Nr. 15.
Anlage, Plätze, Denkmäler. Infolge einer 1880 vorgenommenen Stadterweiterung ist der Flächenraum der
Stadt von 230 ha (Altstadt) auf 614 ha. angewachsen. Die Altstadt besitzt, mit Ausnahme der längs der Wasseradern sich hinziehenden,
meist enge Straßen. Unter den zahlreichen Plätzen sind nennenswert der Kleber-, Gutenberg- und der Broglieplatz, seit dem 18. Jahrh.
mit Bäumen bepflanzt; in der Neustadt liegen die Parkanlage Contades, der einstige Schießrain der Freien
Reichsstadt, der städtische Garten Orangerie, der Kaiser-, Bahnhofs- und Universitätsplatz, sämtlich mit Gartenanlagen versehen.
Die Stadt hat Erzstandbilder Klebers (1840) von Ph. Graß, Gutenbergs (1840) von David d'Angers und Lézay-Marnésias (1810-14
Präfekt des Depart. Niederrhein; 1856) von Graß, ein Kriegerdenkmal, einen
Brunnen (1884) zur Erinnerung an die Ankunft der Züricher zum Freischießen 1576, mit Erzbüste Fischarts von Bergmann, ein
Denkmal des Generals Desaix, Verteidiger des Rheinübergangs gegen die Österreicher 1796, und Erzbüsten von Goethe, König
Ludwig I. von Bayern und Viktor Neßler.
Kirchen. Das Münster (Monasterium beatae Mariae Virginis; s. Tafel: Deutsche Kunst II,
[* ]
Fig. 10) spiegelt
die mittelalterliche Baukunst vom frühroman. bis spätgot. Stil wider. Chor und Querschiff gehören dem
roman. (Ostteil der
Krypta aus dem Anfang des 11. Jahrh.), das Langhaus (vollendet 1275) dem frühgot. Stil, die westl. Vorderseite (1277-1365
bis zum zweiten Stockwerk unter Meister Erwin entstanden) und der Turm (142 m, 1439 vollendet) der Blüte
der got. Baukunst an. 1772-78 wurden die an das Langhaus angebauten Verkaufsbuden durch spätgot.
Arkaden ersetzt, 1878 die roman. Vierungskuppel ausgebaut. Zahlreiche, vielfach vorzügliche
Bildhauerarbeiten befinden sich besonders an der westl. Vorderseite (Fensterrose von 13,5 m Durchmesser)
und am Nord- und Südthor des Querhauses. Das Innere ist 110 m lang, 41 m breit, das Mittelschiff 30 m
hoch und der innere Flächenraum 4087 qm groß. Es enthält schöne Glasmalereien (12. bis 15. Jahrh.), eine Kanzel von 1485 und
im Chor Fresken von Steinle. An der Ostwand des südl. Querschiffs befindet sich eine astronom.
Uhr, schon Mitte des 14. Jahrh. vorhanden und 1839-42 erneuert.
Die evang. Wilhelmerkirche hat Steindenkmäler der Landgrafen des Elsasses Philipp und Ulrich von Werd (gest. 1332 und 1343),
von Wölfelin von Rufach; die evang. Thomaskirche das prächtige Grabdenkmal des Marschalls
Moritz von Sachsen von Pigalle (1776); die evang. Neukirche, roman.
Neubau an Stelle der bei der Beschießung von 1870 abgebrannten ehemaligen Dominikanerkirche, den Grabstein J. Taulers. Bedeutend
ist die neue kath. Jung-St. Peter-(Herz-Jesu-)Kirche (1893), eine Verschmelzung von Frührenaissancemotiven mit den Formen
des Übergangsstiles, mit Kuppel. Eine evang. Garnisonkirche ist 1897 vollendet, eine katholische im Bau.
Weltliche Bauten. Bemerkenswert in der Altstadt sind: das Hotel du Commerce, bis zur Französischen Revolution
Rathaus, ein schöner Renaissancebau, 1582-85 von Paul Maurer aus Zürich
und Jörg Schmidt aus Schaffhausen
erbaut, das Frauenhaus (Dombauhütte,
1571), die Große Metzig, jetzt Markthalle und (im Oberstock) Kunstgewerbemuseum, 1587 von P. Maurer nach den Plänen Hans Schochs
erbaut, das ehemalige bischöfl. Schloß, 1872-95 Universitäts- und Landesbibliothek, 1731-41 von Massol
für den Kardinal Rohan erbaut, der Statthalterpalast, vormals Präfekturgebäude, 1730-36 für den Prätor Klinglin erbaut,
das Stadthaus (bis zur Französischen Revolution Hessen-Darmstädtischer Hof), 1736 von Massol erbaut, das Generalkommandogebäude
(bis zur Französischen Revolution Zweibrücker Hof), um die Mitte des 18. Jahrh. erbaut, das Theater (1824
vollendet, 1870 ausgebrannt, wiederhergestellt und 1888 erweitert) und das Aubettegebäude (1870 ausgebrannt, wobei die städtische
Gemäldesammlung vernichtet wurde), das im Erdgeschoß Verkaufsläden und die Hauptwache, in den obern Räumen zwei Konzertsäle
und das städtische Konservatorium enthält, das Kammerzellsche Haus (Erdgeschoß 1465, obere Teile 1589 erbaut,
stilvoll erneuert).
In der Neustadt befinden sich: der Kaiserpalast, 1883-88 für 2,6 Mill. M. aus Reichsmitteln nach den Plänen Herm.
Eggerts erbaut, ein Rustikabau von zwei Geschossen, 73 m Länge, 56 m Tiefe, im Stil der Florentiner Renaissance, in Form eines
Rechtecks mit Säulenvorbau an der Vorderseite, halbkreisförmigem Säulenausbau an der nach dem Palastgarten
gelegenen Rückseite und 35 m hoher Kuppel, die durch eine Fahnengruppe in getriebenem Kupfer gekrönt wird. Die 1884 eingeweihten
Bauten
mehr
der Kaiser-Wilhelms-Universität, für 12,8 Mill. M. errichtet (aus Reichsmitteln, aus dem Anteil Elsaß-Lothringens an den
Reichskassenscheinen, aus den Zinsen dieses Fonds und aus Landes-, Bezirks- und städtischen Mitteln), liegen zum Teil vor dem
ehemaligen Fischerthor und zum Teil (die mediz. Bauten) beim Bürgerspital. Die erste Stelle unter ihnen nimmt das
Allgemeine Universitäts-(Kollegien-) Gebäude ein, 1878-84 nach den Plänen von Otto Warth-Karlsruhe in den Formen der ital.
Frührenaissance ausgeführt und mit Bildhauerarbeit reich geziert.
Die Hauptvorderseite (125 m) liegt in einer Entfernung von etwa 800 m der des Kaiserpalastes genau gegenüber. Hinter dem
Universitätshauptbau liegen die Gebäude des Chemischen, des Physikalischen und des Botanischen Instituts
sowie der Sternwarte, die aus einem Kuppelbau für den Refraktor (mit dem größten Instrument dieser Art in Deutschland, Objektivöffnung 487 mm),
dem Meridianbau (mit zwei Kuppeln) und dem Wohnhaus des Direktors besteht. In der Nähe das Geologische, Mineralogische, Zoologische
und Pharmazeutische Institut.
Die zweite Gruppe der Universitätsneubauten, nächst dem Bürgerspital, umfaßt die Institute für Experimentalphysiologie,
das Anatomische und Pathologische, das Physiologisch-Chemische Institut, die Psychiatrische Klinik, die Geburtshilfliche und
Gynäkologische Klinik, das Pharmakologische Institut, die Chirurgische und die Augenklinik. Im nordwestl. Stadterweiterungsgebiet
liegt der 1883 eröffnete Hauptbahnhof, mit einem Kostenaufwand von 23 Mill. M. erbaut; in der Eintrittshalle
zwei Fresken von Knackfuß. Dem Kaiserpalast gegenüber liegen die gleichfalls in ital. Frührenaissancestil
ausgeführten Gebäude des Landesausschusses und der 1895 bezogenen Universitäts- und Landesbibliothek. Unweit davon das neue
Hauptpostgebäude (im Bau).
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Bürgermeister (Unterstaatssekretär z. D. Otto Back, 20000 M.) mit 6 Beigeordneten
und einem Polizeidirektor; der Gemeinderat besteht aus 36 Mitgliedern. Das Stadtgebiet ist in je vier
Kantone intra und extra muros und acht Polizeireviere eingeteilt. Die städtische Feuerwehr, deren «Ordnungen»
im 18. Jahrh. mehrfach andern Städten zum Muster dienten, zählt 375 Mann (233 intra, 142 extra muros). Das städtische Wasserwerk
ist 1879 eröffnet; die Entwässerungsanlagen haben eine Länge von 35 km.
Die Schwemmkanalisation für das innere Stadtgebiet ist in Angriff genommen.
Die 1840 eröffnete Gasanstalt (Compagnie L'Union des gaz, Société anonyme) lieferte 1896/97: 7,099 Mill. cbm Gas. Elektrische
Beleuchtung (privates Elektricitätswerk) besteht in der Bahnhofsanlage, auf dem Bahnhofsplatz, im Theater, in gewerblichen
Anlagen, Gasthäusern und Geschäften. Die Halle des alten Bahnhofs ist in eine Markthalle umgewandelt; eine kleinere befindet
sich im Erdgeschoß der Großen Metzig, eine Gewerbehalle im alten Bahnhof. Das städtische Schlachthaus ist bedeutend erweitert.
1896/97 betrugen die Einnahmen (Ist) 6 872 029 M., darunter 769 367 M. Einkünfte aus städtischem Vermögen,
die Ausgaben (ohne Rückstände) 7 788 707 M., darunter für Sicherheitszwecke 346 939 M., für Unterricht 911 390 M., Armen-
und Krankenpflege 662 16 M. Die Kosten der offenen Armenpflege, die in getrennter Verwaltung ausgeübt wird, betrugen 1896/97
einschließlich des städtischen Zuschusses 324 871 M.
Behörden. S. ist
Sitz des kaiserl. Statthalters, der obersten Landesbehörden für Elsaß-Lothringen,
der Bezirksbehörden für den Bezirk Unterelsaß, der Kreisbehörden für den Landkreis S. (für den Stadtkreis werden die Befugnisse
des Kreisdirektors durch den Bezirkspräsidenten, die des Kreistags durch den Gemeinderat ausgeübt), eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Colmar) mit einer Kammer für Handelssachen und 15 Amtsgerichten (Benfeld, Bischweiler, Brumath, Erstein,
Hagenau, Hochfelden, Illkirch, Lauterburg, Niederbronn, Schiltigheim, S., Sulz und Wald, Truchtersheim, Weißenburg, Wörth), eines
Amtsgerichts, des Landesversicherungsamtes, der Oberpostdirektion für die Bezirke Ober- und Unterelsaß, eines Hauptsteueramtes,
Gewerbegerichts, kath. Bischofs, des Oberkonsistoriums und des Direktoriums der Kirche augsburg.
Bekenntnisses, eines Konsistoriums der reform. Kirche, des israel. Konsistoriums für den Bezirk Unterelsaß
sowie des Generalkommandos des 15. Armeekorps, der Kommandos der 30. und 31. Division, der 60., 61. und 85. Infanterie-, 31. Kavallerie-, 15. Feld-, 4. Fußartilleriebrigade,
eines Gouvernements, einer Kommandantur, der 3. Ingenieur-, 5. Festungs- und 4. Artilleriedepotinspektion, einer Fortifikation,
Artilleriewerkstatt, eines Artillerie- und Traindepots, Bezirkskommandos, einer Reichsbankhauptstelle und
Handelskammer.
Unterrichts- und Bildungswesen. Die Universität wurde im 16. Jahrh. als Akademie mit einer philos. Fakultät aus den obern
Klassen des seit 1538 bestehenden Gymnasiums von dem Magistrat errichtet und 1621 unter dem Privilegium Ferdinands II.
zu einer reichsstädtischen Universität mit vier Fakultäten erweitert, die im 17. und 18. Jahrh. in erster
Reihe stand und auch unter franz. Herrschaft deutsch blieb. Infolge der Französischen Revolution beseitigt, erstand sie 1802 als
Académie protestante wieder, wurde aber 1808 in eine franz. Akademie verwandelt.
Durch Stiftungsurkunde vom wurden die einzelnen Fachschulen und Fakultäten aufgehoben und ihre Rechte auf
die neu gegründete Kaiser-Wilhelms-Universität übertragen; sie hat als fünfte Fakultät eine mathematische und naturwissenschaftliche,
ferner 133 Professoren und Docenten und im Winter 1896/97: 1013, Sommer 1897: 1016 (darunter etwa 557 Elsaß-Lothringer) Studierende
sowie 41 Seminare, Kliniken, wissenschaftliche und kunstwissenschaftliche Institute, einen botan. Garten, eine Sternwarte u. a.
Das Vermögen des St. Thomasstifts, welches aus dem frühern Kollegiatkapitel der Thomaskirche herstammt,
ist ausschließlich kirchlichen und Unterrichtszwecken gewidmet.
Unter der Verwaltung des Thomasstifts steht das Theologische Studienstift von St. Wilhelm (Collegium Wilhelmitanum), 1543 als
Internat für evang. Theologen gestiftet. Ferner bestehen ein bischöfl. Priesterseminar für
kath. Geistliche, ein Lyceum, evang. und bischöfl.
kath. Gymnasium, eine Realschule bei St. Johann, neue Realschule, Lehrer-, Lehrerinnenseminar, Präparandenschule (im Vorort
Neudorf), 1 höhere Mädchenschule, 12 private höhere Mädchenschulen und Pensionate, darunter mehrere von kath.
Orden geleitete, drei Mittelschulen, eine staatliche technische Winterschule für Wasser-, Wege-, Wiesen- und Hochbau,
Hufbeschlagschule, Kunstgewerbeschule, gewerbliche Fortbildungsschule, Militärvorbereitungsanstalt, Handelsschule, polytechnisches
Privatinstitut und zwei private
mehr
Taubstummenanstalten, endlich ein städtisches Konservatorium der Musik und ein privates Pädagogium für Musik. Außerdem Stadttheater
in Verwaltung der Stadt besteht ein Operettentheater, ferner 4 Freimaurerlogen, zahlreiche religiöse, Wohlthätigkeits-,
gemeinnützige, patriotische, wissenschaftliche, Kunst-, Gesang- und Musik-, Sport- u. a. Vereine. - In S. bestehen 7 polit.
Zeitungen, darunter die nationalliberale «Straßburger Post» (s. d.),
der kath. «Elsässer» und das zweisprachige
«Elsässer Journal», 2 polit. Wochenblätter und 38 nichtpolit. Zeitungen und Zeitschriften. Unter den Sammlungen steht obenan
die Universitäts- und Landesbibliothek (700000 Bände), die zugleich die Bibliothek des St. Thomasstifts verwaltet; ferner
bestehen die Stadtbibliothek (1870 verbrannt, 1872 neu angelegt), ein Bezirksarchiv (1896 erbaut) und
Stadtarchiv mit wertvollen Urkunden, ein städtisches Naturgeschichtliches Museum, Kunstmuseum, Kunstgewerbemuseum (Hohenlohe-Museum)
mit Gewerbehalle; hierzu kommen noch die kunstarchäol. Sammlung der Universität und die Sammlung von Gipsabgüssen, Architektur-
und Skulpturresten des Münsters im Frauenhaus. Der Kunstverein unterhält eine ständige Ausstellung von neuern Werken der
bildenden Kunst, die Gesellschaft der Kunstfreunde veranstaltet solche in mehrjährigen Zwischenräumen.
Wohlthätigkeitsanstalten. Die hauptsächlichsten Mittel für die Armenverwaltung fließen aus der St. Marxstiftung (jährliche
Reineinnahme über 220000 M.);
aus der Apffelschen Stiftung für dramatische und Tonkunst erhält das Stadttheater sowie das
Konservatorium und Orchester jährlich je 20000 M.;
aus der Strauß-Dürckheimschen Stiftung werden Blinde unterstützt;
das
Vermögen des Stifts Unserer Frauen Werk (jährliche Einnahmen etwa 190000 M.) kommt teilweise Restaurierungsarbeiten des Münsters
zu gute.
Das Bürgerspital hat 7 klinische und 5 nichtklinische Abteilungen mit 1450 Betten; ferner bestehen ein Waisenhaus,
beherbergt etwa 175, die Bezirks-Waisen- und Findelanstalt 1140 Kinder. An Kranken-, Siechenhäusern, Erziehungs- und Besserungsanstalten
bestehen 11 kath. Anstalten (wie die Klöster Allerheiligen, St. Barbara u. a.), 5 evang. (darunter 1 Diakonissenhaus)
und 3 israel. Anstalten.
Industrie. Die Industrie umfaßt bedeutende Cigarren- und Tabakfabrikation (die kaiserl. Tabakmanufaktur beschäftigt 1200 Arbeiter),
Gerbereien, Lederzurichtereien, Buchdruckereien, Gelb- und Eisengießereien, Glockengießerei, Orgelbauanstalten sowie Branntweinbrennereien
und Brauereien (jährliche Produktion etwa 500000 hl), ferner Fabrikation von Schuhwaren, Kleidern und
Leibwäsche, Stearin, Maschinen, Turmuhren, chirurg. Instrumenten, Parkettfußböden, Holzpfeifen, Billards, Tapeten, Gummiwaren,
Konserven, Schokolade, Bonbons und Teigwaren, vor allem aber von Gänseleberpasteten, von denen jährlich etwa für 1,6 Mill.
M. ausgeführt werden. S. ist Sitz der Südwestlichen Baugewerks-Berufsgenossenschaft und ihrer 4. Sektion, der i. Sektion
der Brauerei- und Mälzerei-, der 3. der Papiermacher, der 4. der Südwestdeutschen Holz-, der 13. der Müllerei- und der 39. der
Fuhrwerks- sowie der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Unterelsaß.
Handel. Die Zahl der größern Handelsgeschäfte belief sich 1897 auf etwa 270; darunter namentlich Holz-, Kohlen-, Eisen-,
Produkten-, Hopfen-, Wein-, Tabak-,
Getreide- und Lederhandlungen sowie 18 Banken. Bedeutend ist besonders
der Eisen- und Produktenhandel; 1896 wurden 6120 t Halbfabrikate von Eisen und Stahl und 1618 t Rohkaffee eingeführt. Der Handel
wird unterstützt durch eine Reichsbankhauptstelle (Umsatz 1896: 1217,830 Mill. M.), Handelskammer und Warenbörse; in der
städtischen Sparkasse befanden sich 7,350 Mill. M. auf 57 554 Sparbüchern. Sehr besucht
sind die Märkte für Landesprodukte.
Verkehrswesen. Der Wasserverkehr ist dank der Vermehrung der Hafen- und Quaianlagen sowie der mit Antwerpen, Rotterdam, Ruhrort-Duisburg,
Köln, Mannheim-Ludwigshafen u. s. w. betriebenen Rheinschiffahrt in starkem Aufschwunge begriffen. 1896 kamen
an 328 Kanalschiffe mit 60 706 und 519 Rheinschiffe mit 334 646 t, es gingen ab 547 beladene Kanalschiffe
mit 93 650 und 141 beladene Rheinschiffe mit 11 196 t Gütern. Außerdem verkehrten im Spitalthor-Hafen 306 Schiffe mit 45 403 t
und im innern Stadtgebiet 728 Schiffe mit 92 871 t Gütern. Gegen 1895 ist eine Zunahme des Wasserverkehrs
von 70 Proz. erfolgt. - S. liegt an den Linien Weißenburg-Basel, Appenweier-S. (20,8 km), S.-Saales (61,5 km), Lauterburg-S.
(55,5 km), S.-Deutsch-Avricourt (91 km) und S.-Mommenheim-Saaralben (91,9 km) der Elsaß-Lothring.
Eisenbahnen und hat Straßenbahnverbindung (Straßburger Straßenbahn) mit Truchtersheim (14,9 km), Markolsheim (54,4 km) und
Kehl-Bühl (39,1 km). Elektrische und Dampfstraßenbahnen durchziehen die Stadt. S. hat zwei Postämter
und ein Telegraphenamt erster Klasse, ein Bahnpostamt, drei Stadtpostanstalten, drei Postämter dritter Klasse (in Königshöfen,
Neudorf, Ruprechtsau), eine Postagentur mit Fernsprechverbindung (in Neuhof) und ein Fernsprechamt. - Der 1895 errichtete
Verkehrsverein für S. und die Vogesen erteilt unentgeltlich Auskunft in Verkehrsangelegenheiten.
Festungswerke. S. zählt zu den stärksten Waffenplätzen des Deutschen Reichs, dessen mit großartigen
Inundationsanlagen versehene Stadtumwallung seit 1870/71 eine wesentliche Umgestaltung und Erweiterung erfuhr. S. hat 11 Thore
und ist von 14 Forts, in einer Entfernung von 4 bis 8 km vom Mittelpunkt der Stadt, umgeben, und zwar von 11 linksrheinischen
(Fort Fransecky in der Ruprechtsau, Fort Moltke bei Reichstett, Feste Roon bei Vendenheim, Fort Podbielski
bei Mundolsheim, Feste Kronprinz bei Niederhausbergen, Feste Großherzog von Baden bei Oberhausbergen, Fort Fürst Bismarck bei
Wolfisheim, Fort Kronprinz von Sachsen bei Lingolsheim, Fort von der Tann bei Geispolsheim, Fort Werder bei Illkirch-Grafenstaden,
Fort Schwarzhof beim Altenheimer Hof) und 3 rechtsrheinischen (Fort Blumenthal bei Auenheim, Fort Bose bei
Kork, Fort Kirchbach bei Sundheim).
Geschichte. Das Gebiet von S. war zur Zeit seiner ersten Besiedelung von Armen des Rheins, der Ill und der Breusch vielfach
durchzogen. Von den Tribokern verdrängte Kelten dürften durch die Ergiebigkeit der Jagd und des Fischfangs
zur Niederlassung veranlaßt worden sein. Den Römern boten die Lage des Fischerdorfs sowie die Leichtigkeit des Rheinübergangs
wesentliche Vorteile für die Anlage einer Militärstation. Als solche erhielt S. (Argentoratum) Mauern, von denen noch in neuerer
Zeit Reste bloßgelegt wurden, eine Wasserleitung u. s. w., war Standort der 8. Legion, besaß eine
mehr
Waffenfabrik und war durch Straßen mit den übrigen Orten des Landes verbunden. 357 n. Chr. errang Julian unweit S. (bei Hausbergen)
einen Sieg über die sieben im Elsaß ansässig gewordenen Stammeskönige der Alamannen. Die Alamannen, welche 496 unter die
frank. Könige kamen, setzten sich auch im Gebiet des zerstörten Argentoratum fest und drängten die
kelt. Urbewohner wie die Römer zurück. An der Stelle der röm. Militärstation erwuchs eine fränk.-alamann.
Ackerstadt; auf den Trümmern des Castrums erhob sich eine Burg (urbs), unweit der Stadt eine königl. Pfalz (Königshöfen).
Im Vertrag von Mersen kam S. endgültig an das Ostfränkische (Deutsche) Reich. Das gegen Mitte des 12. Jahrh.
abgefaßte erste Stadtrecht zeigt das Gemeinwesen als einen ausgedehnten Fronhof. Der Sieg, welchen die Bürger über den Bischof
Walter von Geroldseck 1262 (bei Oberhausbergen nächst S.) errangen, besiegelte die Unabhängigkeit der Stadt.
Die Zünfte erlangten 1334 das Übergewicht im Stadtregiment. Zwistigkeiten im Gefolge der durch den
Schwarzen Tod veranlaßten Judenverbrennung (1349) hatten eine für den Adel günstige Änderung des Rats zur Folge, in dem die
Stände der «Ritter und Knechte», der Bürger und der Handwerker jetzt durch 11, 17 und 28 Mitglieder vertreten waren, welche
Zusammensetzung bis 1419 bestand. Der Mysticismus fand in S. breiten Boden, und an der humanistischen Bewegung
nahm die Stadt, in welcher die erste Buchdruckerpresse aufgestellt worden war, regsten Anteil.
Nach mannigfachen Wandlungen hatte die Verfassung in dem «Schwörbrief» von 1482 die von nun an bleibende
Ordnung erhalten: der Rat, an dessen Spitze ein für ein Jahr gewählter bürgerlicher «Ammeister» und vier
in der Amtsführung vierteljährlich abwechselnde adlige «Stättmeister»
standen, war aus je einem Vertreter der 20 Zünfte und 10 den Geschlechtern entnommenen «Konstoflern» (Constabularii)
gebildet. Das 16. Jahrh. sah die Stadt auf der Höhe freireichsstädtischen Glanzes.
Der weisen Staatskunst des Stättmeisters Jak. Sturm von Sturmeck verdankte die Stadt in erster Reihe
die würdige Wahrung ihrer Stellung unter oft sehr schwierigen Umständen (unter anderm einen billigen Frieden mit dem Kaiser
nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes, dem S. beigetreten war) und ihren Einfluß auf die religiösen und polit.
Verhältnisse im Reich. Auf Sturms Anregung erwuchs auch seiner Vaterstadt S. eine Pflegestätte der Wissenschaft.
Auf Grund seiner Reunionspolitik ließ Ludwig XIV. S. mitten im Frieden besetzen, und im Frieden zu Ryswijk wurde
es an Frankreich abgetreten.
Die Stadt genoß eine Scheinselbständigkeit, welche ihr eine Sonderstellung im Staate einräumte, die sie beim Ausbruch der
Französischen Revolution vergeblich zu wahren suchte. Aus der «königlichen
freien Stadt» wurde der Hauptort des Departements Niederrhein, und die eigentliche Französierung machte nun wesentlichere
Fortschritte. 1814 und 1815 wurde S. von den Verbündeten eingeschlossen. 1870 begann die von Generallieutenant von Werder
geleitete Belagerung, deren Ausgangspunkt das Dorf Schiltigheim im Norden der Stadt bildete, am 13., die Beschießung
am 18. Aug. Die Ausfälle der Belagerten am 16. Aug. und 2. Sept. wurden zurückgeschlagen. Am 11./12. Sept. war die dritte Parallele
dicht vor den Lünetten 52 und 53 (vor dem damaligen Steinthor) fertig, welche beide am 21. und 22. Sept.
besetzt wurden.
Das Brescheschießen hatte begonnen, und die Vorbereitungen zum Sturm waren getroffen, als der Festungskommandant
General Uhrich am 27. Sept., nachmittags 5 Uhr, die weiße Fahne auf dem Münsterturm aufheißen ließ. Über 17000 Mann streckten
die Waffen; 1200 Bronzegeschütze, 12000 Chassepotgewehre, 1800 Pferde u. s. w. wurden erbeutet. Während der Belagerung waren
deutscherseits von der Artillerie etwa 193000 Schuß abgegeben worden. 448 Gebäude lagen in Trümmer,
darunter die Neukirche, mit welcher die wertvolle Stadtbibliothek zu Grunde ging.
Mit Hilfe der reichen Entschädigungen seitens des Staates (40 Mill. M.) wurde das Zerstörte wieder aufgebaut. Für die untergegangene
Stadtbibliothek erhielt die Stadt vom Reich eine Entschädigung, welche Mitte der achtziger Jahre einschließlich
Zinsen auf über 500000 M. angewachsen und zur Errichtung eines Kunstmuseums bestimmt war, zum Teil dem 1887 eröffneten Kunstgewerbemuseum
zu gute kam. Die Haltung des Maires und Gemeinderats veranlaßte 1873 die Amtsenthebung derselben, deren Befugnisse durch einen
Regierungskommissar wahrgenommen wurden. Die Ausbildung des Gemeindeschulwesens, die Anlage der Straßenbahn und der
Wasserleitung, die Stadterweiterung fallen in die folgenden Jahre, bis 1886 die Wahl eines neuen Gemeinderats gestattet wurde,
die deutschfreundlich ausfiel. Durch landesherrliche Verfügung des Statthalters wurde ein Bürgermeister ernannt.
Die Gründung des Bistums S. reicht zurück in die Merowingerzeit. Bis zur Französischen Revolution lag ein Drittel des Gebietes
desselben jenseit des Rheins, während Teile des Elsasses im Norden und Süden zu den Bistümern Speyer
und Basel
gehörten. Das Bistum S. umfaßte damals 1270 qm, seine Einkünfte beliefen sich auf über 500000 Livres, sein Oberhirt
führte den Titel eines Fürstbischofs und Landgrafen des Elsasses und war für die rechtsrhein. Teile des
Bistums bis zu jenem Zeitpunkt Deutscher Reichsstand.
Seines Hohen Stifts wegen, dessen Mitglieder (seit 1687 zwei Drittel Deutsche, ein Drittel Franzosen) eine strenge Ahnenprobe
zu bestehen hatten, bezeichnete der Volksmund S. als «das edelste» der
neun am Rhein gelegenen Bistümer. Die linksrhein. Besitzungen wurden in der Revolution als Nationalgut eingezogen,
die rechtsrheinischen (165 qkm) kamen 1803 als Fürstentum Ettenheim an Baden. Bis 1802 unterstand der Bischof von S. dem Erzbischof
von Mainz, dann bis 1874 dem Erzbischof von Besançon. Seitdem ist das Bistum exemt und dem päpstl. Stuhl unmittelbar unterstellt;
es umfaßt die Bezirke Unter- und Oberelsaß mit 8287 qkm Flächenraum, 57 Dekanaten und 700 Pfarreien.
Litteratur. Die Chroniken der deutschen Städte. 8. u. 9. Bd.: S. (hg. von J. Hegel, 2 Bde., Lpz. 1870-71);
La chronique de J. J. Mayer (Straßb. 1873);
Neuhaus, Der Friede zu Ryswijk und die Abtretung von S. an Frankreich (Freib. i. Br.
1874);
Wagner, Geschichte der Belagerung von S. (3 Bde., Berl.
1874-78);
Schmoller, S.s Blüte im 13. Jahrh. (Straßb. 1875);
ders., S. zur Zeit der Zunftkämpfe (ebd. 1875);
Kraus, Straßburger
Münsterbüchlein (ebd. 1877);
Schickele, L'état de l'église d'Alsace l'avant 1a Revolution. I. Le diocese des Strasbourg
(Colmar und Straßb. 1877);
Glöckler, Geschichte des Bistums S. (2 Bde., Straßb.
1879-80);
Urkunden und Akten der Stadt S. (1. bis 3. Abteil., ebd. 1879