Titel
Straßburg.
Straßburg

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Straßburg.[* 2]
1) Landkreis im Bezirk Unterelsaß, hat 560,93 qkm und (1895) 83993 E. in 102 Gemeinden und zerfällt in die Kantone Brumath, Hochfelden, Schiltigheim und Truchtersheim. – 2) S. im Elsaß (bei den Römern Argentoratum, im Mittelalter Strataburgum, d. i. «die Burg an der Straße»),
Straßburg (im Elsaß)

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Seite 65.413.Hauptstadt von Elsaß-Lothringen, [* 3] des Bezirks Unterelsaß und des Landkreises S., Stadtkreis (78,29 qkm) und Festung [* 4] ersten Ranges, liegt 45 km östlich von der franz. Grenze, ¶
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3 km westlich vom Rhein, an der Ill, die 2,5 km oberhalb von S. die Breusch aufnimmt, sich beim Eintritt in die Stadt in fünf Arme teilt und unterhalb derselben in den Rhein mündet, sowie an dem eine Fortsetzung des Rhein-Marne-Kanals bildenden Ill-Rhein-Kanal und dem den Rhein-Rhöne-Kanal und die Ill mit dem Ill-Rhein-Kanal verbindenden Umleitungskanal, 17 km von den östl. Abhängen der Vogesen, in 143 m Höhe, im tiefsten Teil der Rheinniederung. Das Klima ist mild, jedoch plötzlichen Schwankungen unterworfen; die mittlere Jahrestemperatur beträgt 10° C. (im Juli +19,2°, im Januar -0,3° C.); der mittlere Luftdruck 751 mm, die Niederschlagsmenge 677,7 mm. (Hierzu ein Stadtplan mit Verzeichnis der Straßen, Plätzen, s. w.)
[* 5] ^[Abb.]
Bevölkerung. [* 6] Die ortsanwesende Bevölkerung betrug 1871: 85 654, 1880: 104 471, 1885: 111 987, 1890: 123 500, 1895: 135 608 (71 214 männl. [15493 Militärpersonen], 643 94 weibl.) E., darunter 67 690 Katholiken, 63 277 Evangelische, 543 andere Christen und 4098 Israeliten. Der Staatsangehörigkeit nach waren 78 017 Elsaß-Lothringer, 54 301 andere Reichsangehörige und 3290 Ausländer. Von der Civilbevölkerung (1895: 120 115) wohnen 86 212 E. innerhalb, 33 903 E. außerhalb der Stadtumwallung.
Württemberg und Hohenz

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Württemberg.Letztere verteilen sich auf Ruprechtsau (7678), Neudorf-Musau (13 836), Neuhof (2506), Kronenburg-Königshöfen (9883 E.). Die Zahl der Geburten betrug 1896: 4391, darunter 127 Totgeburten, der Eheschließungen 1239, der Todesfälle 2832. In Garnison liegen die Infanterieregimenter Nr. 132, 138, 143, 172, das 6. sächs. Infanterieregiment Nr. 105 König Wilhelm II. von Württemberg, [* 7] 8. württemb. Infanterieregiment Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, [* 8] 2. rhein. Husarenregiment Nr. 9, nebst dem Detachement Jäger zu Pferde [* 9] des 15. Armeekorps, Stab, [* 10] 1. bis 3. Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 15, das Fußartillerieregiment Nr. 10, Stab und 2. Bataillon des bad. Fußartillerieregiments Nr. 14, die Pionierbataillone Nr. 15 und 19 und das Trainbataillon Nr. 15.
Anlage, Plätze, Denkmäler. Infolge einer 1880 vorgenommenen Stadterweiterung ist der Flächenraum der Stadt von 230 ha (Altstadt) auf 614 ha. angewachsen. Die Altstadt besitzt, mit Ausnahme der längs der Wasseradern sich hinziehenden, meist enge Straßen. Unter den zahlreichen Plätzen sind nennenswert der Kleber-, Gutenberg- und der Broglieplatz, seit dem 18. Jahrh. mit Bäumen bepflanzt; in der Neustadt [* 11] liegen die Parkanlage Contades, der einstige Schießrain der Freien Reichsstadt, der städtische Garten [* 12] Orangerie, der Kaiser-, Bahnhofs- und Universitätsplatz, sämtlich mit Gartenanlagen versehen.
Brunnen (artesische Br

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Brunnen.Die Stadt hat Erzstandbilder Klebers (1840) von Ph. Graß, Gutenbergs (1840) von David d'Angers und Lézay-Marnésias (1810-14 Präfekt des Depart. Niederrhein; 1856) von Graß, ein Kriegerdenkmal, einen Brunnen [* 13] (1884) zur Erinnerung an die Ankunft der Züricher zum Freischießen 1576, mit Erzbüste Fischarts von Bergmann, ein Denkmal des Generals Desaix, Verteidiger des Rheinübergangs gegen die Österreicher 1796, und Erzbüsten von Goethe, König Ludwig I. von Bayern [* 14] und Viktor Neßler.
Kirchen. Das Münster [* 15] (Monasterium beatae Mariae Virginis; s. Tafel: Deutsche Kunst [* 16] II, [* 5] Fig. 10) spiegelt die mittelalterliche Baukunst [* 17] vom frühroman. bis spätgot. Stil wider. Chor und Querschiff gehören dem roman. (Ostteil der Krypta aus dem Anfang des 11. Jahrh.), das Langhaus (vollendet 1275) dem frühgot. Stil, die westl. Vorderseite (1277-1365 bis zum zweiten Stockwerk unter Meister Erwin entstanden) und der Turm [* 18] (142 m, 1439 vollendet) der Blüte [* 19] der got. Baukunst an. 1772-78 wurden die an das Langhaus angebauten Verkaufsbuden durch spätgot.
Uhr (Taschen- und Pend

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Uhr (Taschen- und Pendeluhren).Arkaden ersetzt, 1878 die roman. Vierungskuppel ausgebaut. Zahlreiche, vielfach vorzügliche Bildhauerarbeiten befinden sich besonders an der westl. Vorderseite (Fensterrose [* 20] von 13,5 m Durchmesser) und am Nord- und Südthor des Querhauses. Das Innere ist 110 m lang, 41 m breit, das Mittelschiff 30 m hoch und der innere Flächenraum 4087 qm groß. Es enthält schöne Glasmalereien (12. bis 15. Jahrh.), eine Kanzel von 1485 und im Chor Fresken von Steinle. An der Ostwand des südl. Querschiffs befindet sich eine astronom. Uhr, [* 21] schon Mitte des 14. Jahrh. vorhanden und 1839-42 erneuert.
Die evang. Wilhelmerkirche hat Steindenkmäler der Landgrafen des Elsasses Philipp und Ulrich von Werd (gest. 1332 und 1343), von Wölfelin von Rufach; die evang. Thomaskirche das prächtige Grabdenkmal des Marschalls Moritz von Sachsen [* 22] von Pigalle (1776); die evang. Neukirche, roman. Neubau an Stelle der bei der Beschießung von 1870 abgebrannten ehemaligen Dominikanerkirche, den Grabstein J. Taulers. Bedeutend ist die neue kath. Jung-St. Peter-(Herz-Jesu-)Kirche (1893), eine Verschmelzung von Frührenaissancemotiven mit den Formen des Übergangsstiles, mit Kuppel. Eine evang. Garnisonkirche ist 1897 vollendet, eine katholische im Bau.
Weltliche Bauten. Bemerkenswert in der Altstadt sind: das Hotel du Commerce, bis zur Französischen Revolution Rathaus, ein schöner Renaissancebau, 1582-85 von Paul Maurer aus Zürich [* 23] und Jörg Schmidt aus Schaffhausen [* 24] erbaut, das Frauenhaus (Dombauhütte, 1571), die Große Metzig, jetzt Markthalle und (im Oberstock) Kunstgewerbemuseum, 1587 von P. Maurer nach den Plänen Hans Schochs erbaut, das ehemalige bischöfl. Schloß, 1872-95 Universitäts- und Landesbibliothek, 1731-41 von Massol für den Kardinal Rohan erbaut, der Statthalterpalast, vormals Präfekturgebäude, 1730-36 für den Prätor Klinglin erbaut, das Stadthaus (bis zur Französischen Revolution Hessen-Darmstädtischer Hof), [* 25] 1736 von Massol erbaut, das Generalkommandogebäude (bis zur Französischen Revolution Zweibrücker Hof), um die Mitte des 18. Jahrh. erbaut, das Theater [* 26] (1824 vollendet, 1870 ausgebrannt, wiederhergestellt und 1888 erweitert) und das Aubettegebäude (1870 ausgebrannt, wobei die städtische Gemäldesammlung vernichtet wurde), das im Erdgeschoß Verkaufsläden und die Hauptwache, in den obern Räumen zwei Konzertsäle und das städtische Konservatorium enthält, das Kammerzellsche Haus (Erdgeschoß 1465, obere Teile 1589 erbaut, stilvoll erneuert).
Straßburg (im Elsaß)

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Seite 65.414.In der Neustadt befinden sich: der Kaiserpalast, 1883-88 für 2,6 Mill. M. aus Reichsmitteln nach den Plänen Herm. Eggerts erbaut, ein Rustikabau von zwei Geschossen, 73 m Länge, 56 m Tiefe, im Stil der Florentiner [* 27] Renaissance, in Form eines Rechtecks mit Säulenvorbau an der Vorderseite, halbkreisförmigem Säulenausbau an der nach dem Palastgarten gelegenen Rückseite und 35 m hoher Kuppel, die durch eine Fahnengruppe in getriebenem Kupfer [* 28] gekrönt wird. Die 1884 eingeweihten Bauten ¶
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der Kaiser-Wilhelms-Universität, für 12,8 Mill. M. errichtet (aus Reichsmitteln, aus dem Anteil Elsaß-Lothringens an den Reichskassenscheinen, aus den Zinsen dieses Fonds und aus Landes-, Bezirks- und städtischen Mitteln), liegen zum Teil vor dem ehemaligen Fischerthor und zum Teil (die mediz. Bauten) beim Bürgerspital. Die erste Stelle unter ihnen nimmt das Allgemeine Universitäts-(Kollegien-) Gebäude ein, 1878-84 nach den Plänen von Otto Warth-Karlsruhe in den Formen der ital. Frührenaissance ausgeführt und mit Bildhauerarbeit reich geziert.
Wohnhaus I (Gotik und

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Wohnhaus.Die Hauptvorderseite (125 m) liegt in einer Entfernung von etwa 800 m der des Kaiserpalastes genau gegenüber. Hinter dem Universitätshauptbau liegen die Gebäude des Chemischen, des Physikalischen und des Botanischen Instituts sowie der Sternwarte, [* 30] die aus einem Kuppelbau für den Refraktor (mit dem größten Instrument dieser Art in Deutschland, [* 31] Objektivöffnung 487 mm), dem Meridianbau (mit zwei Kuppeln) und dem Wohnhaus [* 32] des Direktors besteht. In der Nähe das Geologische, Mineralogische, Zoologische und Pharmazeutische Institut.
Die zweite Gruppe der Universitätsneubauten, nächst dem Bürgerspital, umfaßt die Institute für Experimentalphysiologie, das Anatomische und Pathologische, das Physiologisch-Chemische Institut, die Psychiatrische Klinik, die Geburtshilfliche und Gynäkologische Klinik, das Pharmakologische Institut, die Chirurgische und die Augenklinik. Im nordwestl. Stadterweiterungsgebiet liegt der 1883 eröffnete Hauptbahnhof, mit einem Kostenaufwand von 23 Mill. M. erbaut; in der Eintrittshalle zwei Fresken von Knackfuß. Dem Kaiserpalast gegenüber liegen die gleichfalls in ital. Frührenaissancestil ausgeführten Gebäude des Landesausschusses und der 1895 bezogenen Universitäts- und Landesbibliothek. Unweit davon das neue Hauptpostgebäude (im Bau).
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Bürgermeister (Unterstaatssekretär z. D. Otto Back, 20000 M.) mit 6 Beigeordneten und einem Polizeidirektor; der Gemeinderat besteht aus 36 Mitgliedern. Das Stadtgebiet ist in je vier Kantone intra und extra muros und acht Polizeireviere eingeteilt. Die städtische Feuerwehr, deren «Ordnungen» im 18. Jahrh. mehrfach andern Städten zum Muster dienten, zählt 375 Mann (233 intra, 142 extra muros). Das städtische Wasserwerk ist 1879 eröffnet; die Entwässerungsanlagen haben eine Länge von 35 km. Die Schwemmkanalisation für das innere Stadtgebiet ist in Angriff genommen.
Elektriker - Elektrisc

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Elektrische.Die 1840 eröffnete Gasanstalt (Compagnie L'Union des gaz, Société anonyme) lieferte 1896/97: 7,099 Mill. cbm Gas. Elektrische [* 33] Beleuchtung [* 34] (privates Elektricitätswerk) besteht in der Bahnhofsanlage, auf dem Bahnhofsplatz, im Theater, in gewerblichen Anlagen, Gasthäusern und Geschäften. Die Halle [* 35] des alten Bahnhofs ist in eine Markthalle umgewandelt; eine kleinere befindet sich im Erdgeschoß der Großen Metzig, eine Gewerbehalle im alten Bahnhof. Das städtische Schlachthaus ist bedeutend erweitert. 1896/97 betrugen die Einnahmen (Ist) 6 872 029 M., darunter 769 367 M. Einkünfte aus städtischem Vermögen, die Ausgaben (ohne Rückstände) 7 788 707 M., darunter für Sicherheitszwecke 346 939 M., für Unterricht 911 390 M., Armen- und Krankenpflege 662 16 M. Die Kosten der offenen Armenpflege, die in getrennter Verwaltung ausgeübt wird, betrugen 1896/97 einschließlich des städtischen Zuschusses 324 871 M.
Behörden. S. ist Sitz des kaiserl. Statthalters, der obersten Landesbehörden für Elsaß-Lothringen, der Bezirksbehörden für den Bezirk Unterelsaß, der Kreisbehörden für den Landkreis S. (für den Stadtkreis werden die Befugnisse des Kreisdirektors durch den Bezirkspräsidenten, die des Kreistags durch den Gemeinderat ausgeübt), eines Landgerichts (Oberlandesgericht Colmar) [* 36] mit einer Kammer für Handelssachen und 15 Amtsgerichten (Benfeld, Bischweiler, [* 37] Brumath, Erstein, Hagenau, [* 38] Hochfelden, Illkirch, Lauterburg, Niederbronn, Schiltigheim, S., Sulz und Wald, Truchtersheim, Weißenburg, [* 39] Wörth), [* 40] eines Amtsgerichts, des Landesversicherungsamtes, der Oberpostdirektion für die Bezirke Ober- und Unterelsaß, eines Hauptsteueramtes, Gewerbegerichts, kath. Bischofs, des Oberkonsistoriums und des Direktoriums der Kirche augsburg.
Bekenntnisses, eines Konsistoriums der reform. Kirche, des israel. Konsistoriums für den Bezirk Unterelsaß sowie des Generalkommandos des 15. Armeekorps, der Kommandos der 30. und 31. Division, der 60., 61. und 85. Infanterie-, 31. Kavallerie-, 15. Feld-, 4. Fußartilleriebrigade, eines Gouvernements, einer Kommandantur, der 3. Ingenieur-, 5. Festungs- und 4. Artilleriedepotinspektion, einer Fortifikation, Artilleriewerkstatt, eines Artillerie- und Traindepots, Bezirkskommandos, einer Reichsbankhauptstelle und Handelskammer.
Unterrichts- und Bildungswesen. Die Universität wurde im 16. Jahrh. als Akademie mit einer philos. Fakultät aus den obern Klassen des seit 1538 bestehenden Gymnasiums von dem Magistrat errichtet und 1621 unter dem Privilegium Ferdinands II. zu einer reichsstädtischen Universität mit vier Fakultäten erweitert, die im 17. und 18. Jahrh. in erster Reihe stand und auch unter franz. Herrschaft deutsch blieb. Infolge der Französischen Revolution beseitigt, erstand sie 1802 als Académie protestante wieder, wurde aber 1808 in eine franz. Akademie verwandelt.
Durch Stiftungsurkunde vom wurden die einzelnen Fachschulen und Fakultäten aufgehoben und ihre Rechte auf die neu gegründete Kaiser-Wilhelms-Universität übertragen; sie hat als fünfte Fakultät eine mathematische und naturwissenschaftliche, ferner 133 Professoren und Docenten und im Winter 1896/97: 1013, Sommer 1897: 1016 (darunter etwa 557 Elsaß-Lothringer) Studierende sowie 41 Seminare, Kliniken, wissenschaftliche und kunstwissenschaftliche Institute, einen botan. Garten, eine Sternwarte u. a. Das Vermögen des St. Thomasstifts, welches aus dem frühern Kollegiatkapitel der Thomaskirche herstammt, ist ausschließlich kirchlichen und Unterrichtszwecken gewidmet.
Unter der Verwaltung des Thomasstifts steht das Theologische Studienstift von St. Wilhelm (Collegium Wilhelmitanum), 1543 als Internat für evang. Theologen gestiftet. Ferner bestehen ein bischöfl. Priesterseminar für kath. Geistliche, ein Lyceum, evang. und bischöfl. kath. Gymnasium, eine Realschule bei St. Johann, neue Realschule, Lehrer-, Lehrerinnenseminar, Präparandenschule (im Vorort Neudorf), 1 höhere Mädchenschule, 12 private höhere Mädchenschulen und Pensionate, darunter mehrere von kath. Orden [* 41] geleitete, drei Mittelschulen, eine staatliche technische Winterschule für Wasser-, Wege-, Wiesen- und Hochbau, Hufbeschlagschule, Kunstgewerbeschule, gewerbliche Fortbildungsschule, Militärvorbereitungsanstalt, Handelsschule, polytechnisches Privatinstitut und zwei private ¶