Strafverfahren
,
sowohl Bezeichnung für eine einzelne strafrechtliche Untersuchung als für das
Verfahren überhaupt,
welches zum
Zweck der Untersuchung und Bestrafung von verbrecherischen
Handlungen stattfindet. Die
Einleitung eines Strafverfa
hrens
(einer strafrechtlichen Untersuchung, eines
Straf-,
Kriminalprozesses) ist heutzutage der
Regel nach
Sache der Staatsanwaltschaft.
Nur ausnahmsweise ist es dem Verletzten überlassen, sein durch strafbares Unrecht angeblich verletztes
Recht vor
Gericht selbst zu verfolgen, so nach deutschem Strafprozeßrecht bei einfachen
Beleidigungen und bei leichten
Körperverletzungen
im Weg der
Privatklage (s. d.). Die Staatsanwaltschaft, bei leichtern
Vergehen und
Übertretungen die Amtsanwaltschaft, schreitet
ein auf erstattete
Anzeige, welche jedoch nicht nur bei dem
Staats- oder
Amtsanwalt, sondern auch bei den
Behörden und Beamten des
Polizei- und
Sicherheitsdienstes sowie bei den
Amtsgerichten angebracht werden kann.
Bei Antragsverbrechen (s. d.), welche nur auf Antrag des Verletzten strafrechtlich verfolgt werden, bedarf es eines förmlichen Antrags. Das S. selbst zerfällt in ein Vorverfahren und ein Hauptverfahren. Ersteres hat den Zweck, festzustellen, ob gegen eine bestimmte Person wegen eines bestimmten Verbrechens das Hauptverfahren zu eröffnen sei. Zweck des Hauptverfahrens dagegen ist es, festzustellen, ob der Angeklagte des ihm zur Last gelegten Verbrechens schuldig sei.
Bezüglich des Vorverfahrens ist zwischen dem Vorbereitungsverfahren (Ermittelungs-, Skrutinialverfahren) und der Voruntersuchung (s. d.) zu unterscheiden. In dem erstern ist hauptsächlich die Staatsanwaltschaft mit Unterstützung der Polizeibehörden thätig. Sie kann aber auch den Einzelrichter in Anspruch nehmen, welch letzterer bei Gefahr im Verzug schleunige Untersuchungshandlungen auch von Amts wegen vorzunehmen hat. Das Vorbereitungsverfahren richtet sich zunächst nicht notwendig gegen eine bestimmte Person; es handelt sich vielmehr bei demselben vor allen Dingen um die Frage, ob überhaupt ein Verbrechen vorliegt, und im Bejahungsfall demnächst allerdings auch um die Ermittelung des Thäters.
Bei der Voruntersuchung dagegen steht ein bestimmter Angeschuldigter und ein bestimmtes Verbrechen in Frage. Die Voruntersuchung wird von dem Richter (Untersuchungsrichter) geführt, und Zweck derselben ist es, durch Klarstellung des Sachverhalts eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob das Hauptverfahren gegen den Angeschuldigten zu eröffnen, oder ob derselbe außer Verfolgung zu setzen sei. Die Eröffnung des Hauptverfahrens (s. d.) setzt eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft voraus; sei es, daß sie auf Grund des Vorbereitungsverfahrens, sei es, daß sie auf Grund der Voruntersuchung eingereicht wird.
Das
Vorbereitungsverfahren schließt entweder mit der
Einleitung der
Voruntersuchung, oder mit der
Eröffnung des Hauptverfahrens,
oder aber mit der
Einstellung (s. d.) des Strafverfa
hrens durch den
Staatsanwalt ab. Ist dagegen eine
Voruntersuchung geführt,
so beschließt das
Gericht darüber, ob das
Hauptverfahren zu eröffnen, oder ob das S. definitiv oder
vorläufig einzustellen sei. Das
Hauptverfahren selbst findet vor dem erkennenden
Gericht (s. d., S. 166) statt.
Der
Schwerpunkt
[* 2] des
Hauptverfahrens, wie derjenige des ganzen Strafverfa
hrens, liegt in der
Hauptverhandlung (s. d.). Diese
schließt mit dem
Urteil ab, welches entweder ein freisprechendes oder ein verurteilendes und nur ausnahmsweise auf
Einstellung
der Untersuchung gerichtet ist. Natürlich braucht durchaus nicht jede
Strafsache alle drei Stadien des Strafverfa
hrens,
Vorbereitungsverfahren,
Voruntersuchung und
Hauptverhandlung, zu durchlaufen. Doch ist die
Voruntersuchung bei den vor das
Reichsgericht oder vor das
Schwurgericht gehörigen
Strafsachen notwendig, bei den Schöffengerichtssachen dagegen unzulässig (deutsche Strafprozeßordnung,
§ 176).
An das
S. in erster
Instanz kann sich ein
Verfahren in der
Instanz der
Rechtsmittel (s. d.), möglicherweise
auch einmal ein
Verfahren zum
Zweck der
Wiederaufnahme des Verfahrens anschließen. Dem rechtskräftigen verurteilenden
Straferkenntnis
folgt die
Strafvollstreckung. Als besondere
Arten des Strafverfa
hrens sind nach der deutschen Strafprozeßordnung folgende
zu nennen:
1) das S. bei dem amtsgerichtlichen Strafbefehl (s. d.);
2) das S. nach vorangegangener polizeilicher Strafverfügung (s. d.);
3) das S. bei dem Strafbescheid (s. d.) der Verwaltungsbehörden (administratives S.);
4) das Verfahren gegen Abwesende, welche sich der Wehrpflicht entzogen haben;
5) das S. bei Einziehungen und ¶
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Vermögensbeschlagnahmen (objektives S.). Bei dem letztern besteht die Eigentümlichkeit, daß die Hauptverhandlung auch dann stattfindet, wenn die Strafverfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar ist. Im einzelnen richtet sich das S. nach den Vorschriften des Strafprozeßrechts (s. Strafprozeß).