Titel
Strafe,
im Sinne des Strafrechts das vom Staate in der Form eines richterlichen Urteils wegen Übertretung eines Strafgesetzes verhängte Übel. Nicht hierher gehören: Disciplinarstrafen, die vom Staate im Interesse des Staatsdienstes verhängt werden;
Prozeßstrafen (z. B. wegen nicht befolgter Zeugenladung);
Exekutivstrafen (zur Erzwingung einer Handlung oder Unterlassung), für welche übrigens auch der Ausdruck Ordnungsstrafen vorkommt.
Dagegen gehören hierher die Polizeistrafen, welche auf geringfügige Übertretungen unter Gestattung richterlichen Gehörs angedroht sind. Die Strafmittel sind je nach den wechselnden Volksanschauungen in den verschiedenen Kulturabschnitten recht verschiedene gewesen. Sie haben gewechselt von der persönlichen Rache bis zu der vom Richter verhängten, mit mannigfachen Qualen und Verstümmelungen ausgestatteten Leibesstrafe und von da bis zu unserm heutigen Strafensystem. Die S. des Deutschen Reichsstrafgesetzbuches sind folgende: I. Hauptstrafen.
1) Todesstrafe, 2) Zuchthausstrafe (lebenslänglich und zeitig), 3) Gefängnisstrafe, 4) Festungshaft (lebenslänglich und zeitig), 5) Haft, 6) Geldstrafe, 7) Verweis. II. Nebenstrafen:
1) Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, 2) Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (bei geheimen und ungesetzlichen Verbindungen und gewissen Amtsverbrechen), 3) dauernde Unfähigkeit zu einer Beschäftigung im Eisenbahn- oder Telegraphendienst oder in bestimmten Zweigen dieser Dienste (bei Eisenbahn- und Telegraphenbeschädigung), 4) Verlust der bekleideten öffentlichen Ämter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte (bei Hoch- und Landesverrat und Majestätsbeleidigung), 5) dauernde Unfähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger vernommen zu werden (bei Meineid), 6) Zulässigkeit von Polizeiaufsicht und Überweisung an die Landespolizeibehörde behufs Aufnahme in ein Arbeitshaus (für Bettler, Landstreicher, Müßiggänger, Trunkenbolde, Arbeitsscheue, Obdachlose, Prostituierte), 7) Einziehung und Verfallerklärung.
Keine S. ist die Buße (s. d.); der S. ähnlich ist die subsidiäre Haftung für Geldstrafen, wie sie namentlich durch die Zoll- und Steuergesetzgebung den Handel- und Gewerbetreibenden, den Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsgesellschaften und den Eltern und Ehegatten auferlegt ist, z. B. im Vereinszollgesetz vom §. 153. (Vgl. wegen der oben angeführten Strafarten die einzelnen Artikel.) - Die Hauptstrafen des österr. Rechtes sind Todesstrafe, Kerker, Arrest, Geldstrafe.
Der schweiz. Strafgesetzvorentwurf von 1896 kennt, wenn ein Verbrechen auf übermäßigen Genuß geistiger Getränke zurückzuführen ist, als strafe auch Wirtshausverbot von 1 bis 5 Jahren, ferner, wenn sich jemand durch ein Verbrechen der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt unwürdig machte, Entziehung dieser. Die S. ist die beste, welche am geeignetsten ist, sich den verschiedenen Strafzwecken (Drohung, Abschreckung, Besserung, Schutz) je nach Bedürfnis anzupassen. Von diesem Gesichtspunkte aus empfiehlt sich die Freiheitsstrafe. Gegen sie und namentlich die kurzzeitige sind neuerdings vielfach Bedenken erhoben worden. (S. Internationale kriminalistische Vereinigung und Verurteilung, bedingte.)
Litteratur, s. Strafrecht.