Graf Wilhelm zu
Stolberg-Wernigerode, der Sohn des
GrafenKonstantin (eines Großoheims des Fürsten
Otto), Majoratsherr der Fideïkommißherrschaften
Jannowitz und Kupferberg, geb. ist preuß.
General der
Kavalleriez. D. Ein Vetter des letztern (Sohn des
GrafenAnton, eines dritten Großoheims des Fürsten
Otto),
GrafEberhard zu S., geb. gest.
Majoratsherr auf Kreppelhof, war lebenslängliches Mitglied des preuß. Herrenhauses (dem er
seit 1802 wiederholt präsidierte), Generalmajor und Oberpräsident der
ProvinzSchlesien
[* 3] sowie Kommendator und Kanzler des
Johanniterordens. Ihm folgte im
Besitz sein Bruderssohn
GrafUdo zu
Stolberg-Wernigerode (s. d.).
[* 4]
Auguste, Gräfin zu, Schwester von
Christian und
FriedrichLeopold S., geb. in
Bramstedt, wurde durch
ihre
Brüder mit
Klopstock,
Miller und andern Mitgliedern des Göttinger Dichterbundes bekannt und trat auch mit
Goethe in einen
kurzen, aber außergewöhnlich leidenschaftlichen Briefwechsel, obgleich sie
Goethe niemals persönlich
kennen lernte. Sie vermählte sich 1783 mit dem dän. Minister
GrafAndreasPeterBernstorff, wurde 1797
Witwe und starb -
Vgl.
GoethesBriefe an die Gräfin
Auguste zu S. (mit biogr. Einleitung von W.
Arndt, 2. Aufl., Lpz. 1881).
Steht er auch an dichterischer Begabung seinem jüngern
Bruder nach, so fehlt es doch seinen Gedichten weder an
Begeisterung
und Innigkeit des Gefühls noch an Kraft
[* 13] des poet.
Ausdrucks. Seine Gedichte sind vereinigt mit denen seines
Bruders erschienen
(Lpz. 1779; neue Aufl. 1821; Auswahl, hg. von Gräfin
Friedr. zu S., Paderb. 1889); ebenso die für die theatralische
Darstellung nicht geeigneten «Schauspiele mit
Chören» (Lpz. 1787),
von welchen ihm «Belsazer» und «Otanes»
angehören. Beiden
Brüdern gemeinsam sind auch die «Vaterländischen Gedichte» (Hamb.
1815). Auch lieferte S. «Gedichte aus dem
Griechischen» (Hamb. 1782) und eine
Übersetzung des
Sophokles (2
Bde., Lpz. 1787) in fünffüßigen
Jamben, die
Chöre in lyrischen Silbenmaßen, ein für seine Zeit sehr verdienstliches Werk. Seine sämtlichen poet.
Arbeiten
finden sich in der
Ausgabe der «Werke der
Brüder S.» (20 Bde., Hamb.
1820-25).
[* 4] Friedr.
Leopold,
Graf zu, Dichter,
Bruder des vorigen, geb. inBramstedt, war
bis 1776
Studien- und Reisegefährte seines
Bruders, wurde 1777 fürstbischöfl. lübeckischer Gesandter in Kopenhagen,
[* 14] nahm 1780 seinen
Abschied, vermählte sich 1782 mit der von ihm mehrfach besungenen
Agnes von Witzleben (geb. gest.
wurde 1789 dän. Gesandter zu
Berlin,
[* 15] wo er sich 1790 mit der Gräfin
Sophie von Redern vermählte, und
im folgenden Jahre lübischer Kammerpräsident zu Eutin.
Hierauf bereiste er die
Schweiz und
Italien,
[* 16] legte 1800 seine
Stelle nieder, begab sich nach
Münster
[* 17] und trat mit seiner ganzen
Familie, bis auf die älteste Tochter
Agnes, zur röm.-kath.
Kirche über. Dieser, durchS.s gefühlvollen
Widerwillen gegen den irreligiösen
Geist kritischer Zeitaufklärung längst vorbereitete
Übertritt erregte das größte Aufsehen
im prot.
Deutschland; J. H.
Voß zumal hat den Jugendfreund mit unduldsamen Vorwürfen verfolgt, die S. nicht erwiderte. 1816 siedelte
S. nach Sondermühlen bei Osnabrück
[* 18] über, wo er starb.
Als Dichter ist S. durch Oden und Lieder, Elegien,
Romanzen, Satiren, poet. Gemälde und
Dramen, als Prosaist
durch seinen
Roman «Die
Insel» (Lpz. 1788)und durch seine etwas weitschweifige
«Reise in
Deutschland, der
Schweiz,
Italien und
Sicilien» (Königsb. 1794; neue Ausg., von Janssen, 2 Bde.,
Mainz
[* 19] 1877), als Übersetzer durch die Iliade,
Platos auserlesene Gespräche, vier
Tragödien des Äschylos
und Ossians Gedichte rühmlichst bekannt. Seine eigenen Gedichte unterscheiden sich von denen seines
Bruders durch größere
Kühnheit der
Gedanken und
Bilder. In allen waltet das wärmste Gefühl für Natur, Freundschaft und
Freiheit. Ihr
Ton ist sehr
verschieden, von dem einfachsten
Gesange des Liedes bis zum dithyrambischen Schwunge. «Gedichte»,
«Schauspiele mit
Chören» und «Vaterländische Gedichte» gab er mit seinem
BruderChristian gemeinschaftlich heraus. Seine «Jamben»
(Lpz. 1784) sind Strafgedichte über Sittenverderbnis und gelehrte und polit. Vorurteile der Zeit.
Ein bisher ungedrucktes Gedicht von ihm: «Die Zukunft», gab O. Hartwig
heraus (Lpz. 1885). In seiner kath.
Periode entstand die wissenschaftlich wertlose, naiv aus dem Bedürfnis
des Gemüts erwachsene «Geschichte der
Religion Jesu Christi» (15 Bde., Hamb.
1807-18; fortgesetzt von
Kerz und Brischer,
¶
mehr
Bd. 16-53, Mainz 1825-64) und das fleißige, aber ungeschickte
«Leben Alfreds d. Gr.» (Münst.
1815; 2. Aufl. 5886). «Briefe Friedr. Leop. Grafen zu S. und der Seinigen an Joh. Heinr. Voß» veröffentlichte Hellinghaus (Münst.
1891). -