Stil
(lat. stilos
) oder
Styl (grch. stȳlos,
d. i. Griffel), ursprünglich ein
Begriff der Rhetorik, der die Kunst des
guten
schriftlichen
Ausdrucks bezeichnete. Die
Theorie des S. oder
Stilistik ist ein
Teil der Rhetorik.
Der
Begriff S. ist dann aber ausgedehnt worden und man versteht darunter das Gesetz der verschiedenen Kunstarten. Jede Kunst
schreibt der künstlerischen
Auffassungs- und Behandlungsweise ihre bestimmten, nur ihr eigenartig angehörigen Gesetze vor.
In diesem
Sinne spricht man von architektonischem, plastischem, malerischem, musikalischem, poetischem
S.; innerhalb der einzelnen Künste wieder von Steinbau-, Ziegelbau-, Holzbaustil
, von Marmor- und Erzstil, von Freskostil,
von Kirchenmusik- und Opernstil
, von epischem, dramatischem (tragischem und komischem) S. u. s. w.
Das Überspringen der einen Kunstart in die andere, das Vermischen z. B. des Plastischen
mit dem Malerischen, heißt in diesem
Sinne stillos.
Weil die Kunst
Ausdruck des menschlichen
Denkens und Fühlens ist, wandelt sie sich verschieden je nach den verschiedenen menschlichen
Entwicklungsstufen; sie ist bedingt durch Zeit und Örtlichkeit, ein Zeugnis der Eigentümlichkeiten der einzelnen
Völker
und Zeitalter. In diesem
Sinne spricht man von einem ägyptischen, griechischen (dorischen, ionischen), römischen,
romanischen, gotischen, normannischen, maurischen S., einem Renaissance-,
Barock-, Rokokostil;
ferner von einem S. Louis quatorze,
Louis quinze
(Französische Kunst),
Queen Elizabeth style
(Englische
[* 2] Kunst). Das Herübernehmen nicht passender Formen aus einer
Zeit in das Kunstwerk einer andern würde in diesem
Sinne stillos
sein.
Weil sich je nach den verschiedenen Auffassungsweisen die Behandlungsweise ergiebt, unterscheidet man
strengen (herben), nüchternen, anmutigen, schönen, erhabenen S. Dagegen spricht man von
Manier und Stil
losigkeit, wenn die
Würde der künstlerischen Idee aus
Sucht nach dem Sonderbaren, aus bequemer Anlehnung an vorhandene Kunstgebilde oder aus
künstlerischer Unzulänglichkeit nur verzerrt oder gar nicht zum
Ausdruck kommt. -
Vgl. Semper, Der S. in den technischen und tektonischen Künsten (2. Aufl., 2 Bde., Münch. 1878 u. 1879);
von Sacken, Katechismus der Baustile (12. Aufl., Lpz. 1896);
Alt, System der Künste (Berl. 1888);
Hauser,
Stil
lehre der architektonischen und kunstgewerblichen Formen (3. Aufl., 3 Bde.,
Wien
[* 3] 1891).
In der Zeitrechnung unterscheidet man einen Alten Stil
(s.d.) und einen
Neuen Stil
(s.d.).
Galanter S. in der Musik s. Galante Schreibart; Gebundener S. s. Gebundene Schreibart.