Stift
(das S.;
Mehrzahl: die
Stifter), jede mit Vermächtnissen und
Rechten ausgestattete, zu kirchlichen
Zwecken bestimmte
und einer geistlichen
Korporation übergebene Anstalt mit allen dazu gehörigen
Personen, Gebäuden und
Liegenschaften. Die
ältesten Anstalten dieser Art sind die Klöster, nach deren Vorbild sich später das kanonische
Leben
der
Geistlichen an
Kathedralen und Kollegiatstift
skirchen gestaltete. Im
Gegensatz zu den mit den Kathedralkirchen verbundenen
Erz- und Hochstiftern
mit je einem
Erzbischof oder
Bischof an der
Spitze hießen die Kollegiatkirchen, bei welchen kein
Bischof
angestellt war,
Kollegiatstifter.
Stifte - Stigel

* 3
Seite 15.324.
Die Mitglieder derselben wohnten in Einem Gebäude zusammen und wurden von dem
Ertrag eines Teils der
Stift
sgüter und
Zehnten unterhalten. So bildeten sich die
Domkapitel, deren
Glieder,
[* 2] die
Canonici, sich
Kapitularen,
Dom-,
Chor-
oder
Stiftsherren nannten. Infolge des häufigen
Eintritts Adliger entzogen sich dieselben schon im 11. Jahrh. der Verpflichtung
des Zusammenwohnens
(Klausur), verzehrten ihre
Präbenden einzeln in besondern Amtswohnungen, bildeten jedoch fortwährend
ein durch
Rechte und Einkünfte ausgezeichnetes
Kollegium, welches seit dem 13. Jahrh. über die
Aufnahme neuer
Kapitularen zu
entscheiden, bei Erledigung eines Bischofsitzes
(Sedisvakanz) die
¶
mehr
provisorische Verwaltung der Diözese zu führen und den neuen Bischof aus seiner Mitte zu wählen hatte. Vor der durch den Reichsdeputationshauptschluß vom verfügten Säkularisation hatten die deutschen Erz- oder Hochstifter Mainz, [* 4] Trier, [* 5] Köln, [* 6] Salzburg, [* 7] Bamberg, [* 8] Würzburg, [* 9] Worms, [* 10] Eichstätt, [* 11] Speier, [* 12] Konstanz, [* 13] Augsburg, [* 14] Hildesheim, [* 15] Paderborn, [* 16] Freising, [* 17] Regensburg, [* 18] Passau, [* 19] Trient, [* 20] Brixen, Basel, [* 21] Münster, [* 22] Osnabrück, [* 23] Lüttich, [* 24] Lübeck [* 25] und Chur [* 26] sowie einige Propsteien (Ellwangen, Berchtesgaden etc.) und gefürstete Abteien (Fulda, [* 27] Korvei, Kempten [* 28] etc.) Landeshoheit und Stimmrecht auf dem Reichstag, daher sie auch reichsunmittelbare Stifter hießen und den Fürstentümern gleich geachtet wurden. In andern Ländern waren die Stifter niemals zu so hoher Macht gelangt.
Auch in den bei der Reformation protestantisch gewordenen Ländern blieben meist die Stifter und die Domkapitel, jedoch ohne
einen Bischof und ohne Landeshoheit, und ihre Einkünfte wurden als Sinekuren vergeben. Ausnahmen bildeten nur das ganz protestantische
Bistum Lübeck und das aus gemischten Kapitularen bestehende Kapitel zu Osnabrück. Jetzt sind alle Stifter
mittelbar, d. h. der Hoheit des betreffenden Landesherrn unterworfen. Bei den unmittelbaren Hoch- und Erzstiftern
mußten die
Domherren ihre Stift
sfähigkeit durch 16 Ahnen beweisen; sie waren Versorgungsanstalten für die jüngern Söhne des Adels geworden.
Preußen

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Preußen.
Während diese adligen Kapitularen sich den Genuß aller Rechte ihrer Kanonikate vorbehielten, wurden die geistlichen
Funktionen den regulären Chorherren auferlegt, woher sich der Unterschied der weltlichen Chorherren (Canonici seculares ^[richtig:
Canonici saeculares]), welche die eigentlichen Kapitularen sind, von den regulierten Chorherren (Canonici regulares) schreibt.
Die säkularisierten und protestantisch gewordenen Stifter behielten häufig ihre eigne Verfassung und Verwaltung; meist wurden
aber ihre Präbenden in Pensionen verwandelt, welche zuweilen mit gelehrten Stellen verbunden sind. In Preußen
[* 29] sind die evangelischen Domkapitel zu Brandenburg,
[* 30] Merseburg
[* 31] und Naumburg
[* 32] sowie das Kollegiatstift
in Zeitz
[* 33] bemerkenswert.
Vgl. Schneider, Die bischöflichen Domkapitel (Mainz 1885).
Außer den Erz-, Hoch- und Kollegiatstiftern gibt es auch noch weibliche Stifter und zwar geistliche und weltliche. Erstere entstanden durch eine Vereinigung regulierter Chorfrauen und glichen den Klöstern; bei den freien weltlichen Stiftern dagegen legen die Kanonissinnen nur die Gelübde der Keuschheit und des Gehorsams gegen ihre Obern ab, können jedoch heiraten, wenn sie auf ihre Pfründe verzichten, und haben die Freiheit, die ihnen vom S. zufließenden Einkünfte zu verzehren, wo sie wollen.
Nur die Pröpstin und Vorsteherin nebst einer geringen Zahl Kanonissinnen pflegen sich im Stiftsgebäude aufzuhalten. Auch die Pfründen dieser Stifter wußte der stiftsfähige Adel vielfach ausschließlich für seine Töchter zu erlangen, doch hängt häufig die Aufnahme auch von einer Einkaufssumme ab. Auch sind für die Töchter von verdienten Beamten Stiftsstellen geschaffen worden. Die Kanonissinnen dieser »freien weltadligen Damenstifter« werden jetzt gewöhnlich Stiftsdamen genannt.