Stereotypie
(grch.), das Verfahren, durch das man den beweglichen Schriftsatz in eine massive Platte, aus Letternmetall abgeformt, zum Abdruck in der Buchdruckerpresse herstellt. Die S. gewährt den Vorteil, daß der Verleger von seinen Stereotypplatten anfangs nur eine geringere Anzahl und dann bei Bedarf weitere Abdrücke machen lassen kann.
Bei der Gipsstereotypie
wird die für den
Abguß bestimmte Druckform mit einem metallenen
Rahmen erhöht umgeben, der nach
unten abgeschrägt ist; hierauf ölt man sie ein, füllt sie mit Gipsbrei und streicht mit einem
Streichbrett
nach der Höhe des Rahmens ab. Dieser
Gipsabguß erhärtet nach einer Viertelstunde und man hebt ihn von der Form ab; er bildet
dann die Matrize, enthält die Lettern vertieft und die
Ausschließungen erhaben. Die völlig ausgetrocknete Matrize wird
nun mit der Bildfläche nach unten in eine gußeiserne Pfanne gelegt, in der sich eine lose Eisenplatte
(Schwimmer) befindet, und dann durch einen Deckel mit vier abgestumpften
Ecken bedeckt, welche die Öffnungen zum Eingießen
des Metalls bilden; das Ganze aber wird durch die Deckplatte und durch
Klammern
[* 2] mittels Schrauben
[* 3] in seiner
Lage festgehalten.
Dieser Apparat wird durch einen Kran [* 4] in den mit geschmolzenem Schriftmetall gefüllten Kessel von Gußeisen gebracht und dort untergetaucht, bis alle Räume mit dem Metall ausgefüllt sind und die feuchte Luft entwichen ist; hierauf hebt man denselben aus dem Metall und läßt ihn erkalten, worauf man ihn öffnet, den Guß herausnimmt, die Eingüsse abschlägt und die Matrize abhebt und abbricht. Dann wird die nun erhaltene Platte, die einen scharfen Abguß des Letternsatzes zeigt, mit Wasser und einer scharfen Bürste gereinigt, verputzt und endlich auf der hintern Seite durch Abhobeln auf die erforderliche Dicke gebracht; zum Druck befestigt man sie auf metallene oder hölzerne Unterlagen.
In neuerer Zeit wendet man statt der Gipsmatrizen meist solche von Papier an
(Papierstereotypie), wozu man mehrere
Bogen
[* 5] Seidenpapier
und ungeleimtes Druckpapier mit einer besonders präparierten Kleistermasse auseinander klebt und in die so gebildete dünne
Pappe, während sie noch feucht und weich ist, den Typensatz durch Klopfen mit einer
Bürste hineinschlägt
oder ihn in einer
Presse
[* 6] gleich in eine präparierte
Papierplatte einpreßt. Das
Abgießen dieser vorher unter einer erhitzten
Trockenpresse auf dem Schriftsatz getrockneten Matrizen in Metall geschieht in einem eigenen Gießinstrument. Dieses
Verfahren
bietet den
Vorteil, daß sich die Matrizen mehrmals zum
Guß benutzen lassen; es ist von Wichtigkeit durch
das Bedürfnis cylindrisch gebogener Druckplatten für den Druck auf Rotationsmaschinen (s. Schnellpresse).
[* 7] Für den Zeitungsdruck ist neuerdings die Kaltstereotypie
eingeführt worden, die sich von der
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gewöhnlichen Papierstereotypie nur dadurch unterscheidet, daß die Matrize noch feucht von der Schriftform abgenommen, in
einen Rahmen gespannt und in einem Trockenofen getrocknet wird. Eine Matrize, die sonst 15-20 Minuten zum Trocknen braucht,
ist auf diese Weise in 5-8 Minuten gußfertig, und ein Hauptvorteil ist der, daß das Schriftmaterial keiner
Hitze ausgesetzt wird und somit nicht leidet. Für S. von Accidenzen und bessere Werke ist jedoch die Kaltstereotypie
nicht
anwendbar, da die Matern durch das freie Trocknen nicht die volle Schärfe behalten. Zur Herstellung von Matrizen feinerer
Holzschnitte eignet sich die Papierstereotypie nicht; dazu dient die Galvanoplastik
[* 9] (s. d.). (S. auch Clichieren.)
Schon zu Ende des 17. Jahrh. versuchten van der May und der deutsche Prediger Johannes Müller in Leiden,
[* 10] dann 1725 Ged in Edinburgh
und Tilloch und Foulis in Glasgow
[* 11] das Stereotypi
eren; doch beschränkte sich ihr Verfahren darauf, die Lettern zusammenzulöten.
Die heutige Gestalt hat die Gipsstereotypie
durch den Grafen Stanhope in England 1804 erfahren, die Papierstereotypie
wurde von Genoux in Paris
[* 12] erfunden. Firmin Didot in Paris ließ Typen aus Hartmetall gießen und in weiche Bleiplatten abdrücken,
diese benutzte er dann als Matrize für den Guß der erhabenen Platte. Das Resultat war jedoch unbefriedigend. -
Vgl. Isermann, Anleitung zur Stereotypgießerei (3. Aufl., Lpz. 1894);
Röder, Die S. (ebd. 1885);
Bock, [* 13] Die Papierstereotypie (ebd. 1886);
Kempe, Wegweiser durch die S. und Galvanoplastik (ebd. 1888).