Sterblichkeit
Sterblichkeit (statist

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Seite 15.297. (Sterblichk
eitsziffer,
Mortalität), das
Verhältnis der Zahl der Gestorbenen einer
Zeiteinheit (gewöhnlich
das Jahr) zur Zahl
¶
mehr
derjenigen, welche vorher am Leben waren. Dagegen versteht man unter Intensität der S. den Bruch, welchen man erhält durch Division einer Anzahl Gestorbener durch die Zeit, welche die Personen, aus denen jene weggestorben sind, während der Dauer des Absterbens zusammen durchlebt haben. Zu unterscheiden ist die S. einer gesamten Bevölkerung [* 3] und diejenige einer Gruppe, insbesondere von gleichalterigen Personen. So kamen im Deutschen Reich im Durchschnitt der Jahre 1841-85 je auf 10,000 Köpfe der mittlern Bevölkerung 281,6 Todesfälle, die S. stellte sich demnach rund auf 0,028, dagegen findet man andre Zahlen für verschiedene Altersklassen.
Die Feststellung der S. ist nicht allein für die Wissenschaft, sondern auch für die Praxis (Lebensversicherung, Gesundheitspflege etc.) von hoher Wichtigkeit. Eine Tausende von Jahren umfassende Erfahrung hat zu dem bekannten Satz geführt, daß jeder Mensch einmal stirbt. Wenn man auch das höchste überhaupt nur erreichbare Alter nicht kennt, so hat man doch beobachtet, daß die Zahl derjenigen, welche die Grenze von 90 und 100 Jahren überschreiten, außerordentlich klein ist.
Hanc veniam etc. - Han

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Hand.
Man fand ferner, daß die S. verschiedener Altersklassen, sobald sie nur für genügend große Zahlen ermittelt wird, gewisse
Regelmäßigkeiten aufweist. Diese Thatsache gab dazu Veranlassung, an der Hand
[* 4] von Volkszählungen Geburts-, Sterbelisten etc.,
Sterblichkeit
(Überlebens-, Mortalitäts-) Tafeln oder Absterbelisten aufzustellen (die ersten von den
Engländern Graunt 1661 und Halley 1691, vom Holländer Kerseboom 1742, vom Franzosen Déparcieux 1746, vom Schweden
[* 5] Wargentin
1766). Aus denselben ist die Absterbeordnung, d. h. die Art zu ersehen, wie eine Anzahl Gleichalteriger
(Neugeborner) sich durch Absterben von Jahr zu Jahr mindert.
Diese Tafeln haben nur dann eine Bedeutung, wenn sie aus großen Zahlen gewonnen werden. Sie geben alsdann die Wahrscheinlichkeit des Sterbens an, ihre Zahlen werden darum in Wirklichkeit um so mehr zutreffen, auf eine je größere Zahl von Personen sie angewandt werden. So wird die Zahl derjenigen, welche von 1 Mill. 30jährigen Männern in den nächsten zwölf Monaten sterben werden, nicht viel von 0,928 Proz. abweichen, während der Prozentsatz, welcher von einer gegebenen kleinen Anzahl wirklich sterben wird, erheblich größer oder kleiner sein kann.
Dann dürfen die Tafeln nur auf solche Bevölkerungsmassen angewandt werden, welche denen gleichartig sind, die Gegenstand
der Erhebung waren. Denn die S. ist verschieden je nach Wohnort (Stadt, Land, Gegend), Geschlecht (im allgemeinen
geringere S. des weiblichen Geschlechts), Beruf (Gefahr für Gesundheit, Anstrengung, Aufregung), Zivilstand, Lebensweise, Gesundheitspflege,
Wohlstand etc. So wird die Sterblichk
eitstafel einer Versicherungsanstalt, welche nur genügend
gesunde Personen aufnimmt, andre Zahlen aufweisen als diejenige, welche für die Gesamtbevölkerung eines
Landes aufgestellt wurde.
Aus den Sterblichk
eitstafeln ist zunächst die Sterbenswahrscheinlichkeit für jedes Lebensalter zu ersehen. Ist die Zahl
der n+1 - und die der n-jährigen Personen mn+1 und mn, so ist die Sterbenswahrscheinlichkeit der n-jährigen (für
das nächste Jahr) gleich mn+1 / mn, die Wahrscheinlichkeit des Gegenteils (Überlebenswahrscheinlichkeit)
ist gleich 1 - mn+1 / mn. Die Wahrscheinlichkeit eines n-jährigen, in einem der nächsten vier Jahre zu sterben, ist
mn+4 / mn, wenn mn+4 die Zahl der übriggebliebenen n+4jährigen bedeutet. Dieselbe Zahl erhält man, wenn man die
Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Jahre miteinander multipliziert. Denn es ist mn+4 / mn =
^[img].
Das mittlere Lebensalter (Durchschnittsalter, vie moyenne) einer Anzahl Personen (gleichzeitig Lebender oder Gestorbener verschiedenen
Alters) ist
gleich der Summe der Jahre, welche alle zusammen durchlebt haben, dividiert durch die Anzahl der Personen. Von demselben
ist zu unterscheiden die nur an der Hand von Sterblichk
eitstafeln als eine Wahrscheinlichkeit zu berechnende
mittlere Lebenserwartung (auch mittlere Lebensdauer oder Vitalität genannt), dieselbe ist gleich der Summe der nach Maßgabe
der Tafel noch zu verlebenden Jahre, dividiert durch die Zahl der Personen. Die wahrscheinliche Lebensdauer oder Lebenserwartung
(vie probable) ist gleich der Anzahl von Jahren, nach deren Verlauf gerade die Hälfte einer gegebenen
Anzahl (wahrscheinlich) gestorben sein wird. Für diese Zeit sind also Sterbens- und Überlebenswahrscheinlichkeit einander
gleich (je gleich S). Nach der vom kaiserlichen Statistischen Amt aufgestellten deutschen Sterbetafel (1871-81) ist die S.:
Eben vollendetes Alter | Zahl der Überlebenden | Sterbenswahrscheinlichkeit für das nächste Jahr | Mittlere (durchschnittliche) Lebenserwartung | Wahrscheinliche Lebenserwartung | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
männl. | weibl. | männl. | weibl. | männl. | weibl. | männl. | weibl. | |
0¹ | 104![]() |
103![]() |
0.2850 | 0.2453 | 34.0 | 37.1 | 34.2 | 39.6 |
0 | 100![]() |
100![]() |
0.2527 | 0.2174 | 35.6 | 38.5 | 38.1 | 42.5 |
1 | 74![]() |
78![]() |
0.0649 | 0.0636 | 46.5 | 48.1 | 53.2 | 56.3 |
2 | 69![]() |
73![]() |
0.0332 | 0.0326 | 48.7 | 50.3 | 54.6 | 57.7 |
3 | 67![]() |
70![]() |
0.0231 | 0.0225 | 49.4 | 51.0 | 54.6 | 57.7 |
13 | 61![]() |
64![]() |
0.0035 | 0.0039 | 44.1 | 45.8 | 47.4 | 50.2 |
20 | 59![]() |
62![]() |
0.0075 | 0.0061 | 38.5 | 40.2 | 41.2 | 44.0 |
30 | 54![]() |
57![]() |
0.0093 | 0.0097 | 31.4 | 33.1 | 33.2 | 35.6 |
40 | 48![]() |
51![]() |
0.0136 | 0.0122 | 24.5 | 26.3 | 25.3 | 27.6 |
50 | 41![]() |
45![]() |
0.0215 | 0.0160 | 18.0 | 19.3 | 18.0 | 19.6 |
60 | 31![]() |
36![]() |
0.0382 | 0.0329 | 12.1 | 12.7 | 11.5 | 12.3 |
70 | 17![]() |
21![]() |
0.0811 | 0.0747 | 7.3 | 7.6 | 6.5 | 6.7 |
80 | 5035 | 6570 | 0.1745 | 0.1683 | 4.1 | 4.2 | 3.3 | 3.4 |
90 | 330 | 471 | 0.3190 | 0.3138 | 2.3 | 2.4 | 1.8 | 1.8 |
100 | 2 | 3 | 0.5193 | 0.5180 | 1.4 | 1.2 | 1.0 | 0.9 |
¹ Einschließlich der Totgebornen, die Zahl 100,000 bedeutet die Lebendgebornen.
Sterculia - Stereomete

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Seite 15.298. Die S. (Sterbenswahrscheinlichkeit) nimmt von Geburt an bis zum 13. Lebensjahr beim männlichen wie beim weiblichen Geschlecht
ab; dann steigt sie mit einer kurzen Unterbrechung zuerst langsam, dann immer rascher bis zum höchsten Alter. Die S. des weiblichen
Geschlechts bleibt mit Ausnahme der Zeit vom 9. bis 15., dann vom 27. bis zum 35. Lebensjahr stets
hinter derjenigen des männlichen zurück. Die mittlere Lebenserwartung ist beim männlichen Geschlecht bis zum 50., bei dem
weiblichen bis zum 54. Jahr kleiner und dann größer als die wahrscheinliche. Der Umstand, daß ermittelte Absterbeordnungen
einen regelmäßigen Verlauf aufweisen, gab zur Aufstellung von Formeln Veranlassung, welche das Sterblichk
eitsgesetz
darstellen sollten, und aus denen die S., bez. die Zahl der Überlebenden für
jedes Alter zu ermitteln sei (bereits Lambert für die Londoner Bevölkerung 1776, Th. Young 1826, Gompertz 1825 mit Erweiterungen
von Makeham und Lazarus 1867, ferner Littrow 1832, Moser 1839,
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endlich Kaiser 1884), und zwar gelangte man, da die Sterbenswahrscheinlichkeit für kleine Zeitteilchen gleich dem Bruch aus dem Differential der jeweilig Lebenden und diesen letztern selbst ist, zu Exponentialfunktionen, deren Konstante durch Ausgleichungsrechnung an der Hand wirklicher Beobachtungen zu ermitteln sind; doch führen derartige Formeln nur für gewisse Zeitstrecken zu genügend genauen Ergebnissen.
Vgl. Wappäus, Allgemeine Bevölkerungsstatistik (Leipz. 1859-61, 2 Bde.);
Quételet, Sur l'homme (Par. 1835, 2 Bde.; deutsch, Stuttg. 1835);
Derselbe, Physique sociale (Par. 1869, 2 Bde.);
Moser, Die Gesetze der Lebensdauer (Berl. 1839);
Casper, Die wahrscheinliche Lebensdauer der Menschen (das. 1843);
Österlen, Handbuch der medizinischen Statistik (Tübing. 1865);
Kolb, Handbuch der vergleichenden Statistik (8. Aufl., Leipz. 1879);
Beneke, Vorlagen zur Organisation der Mortalitätsstatistik in Deutschland [* 7] (Marb. 1875);
die Veröffentlichungen des königlich
preußischen Statistischen Büreaus: »Deutsche
[* 8] Sterblichkeit
stafeln aus den Erfahrungen von 23 Lebensversicherungsgesellschaften«
(Berl. 1883),
nicht zu verwechseln mit der für die ganze deutsche Bevölkerung aufgestellten Tafel (Novemberheft der »Statistik des Deutschen Reichs« von 1887);
Oldendorff, Der Einfluß der Beschäftigung auf die Lebensdauer des Menschen (das. 1877-78, 2 Tle.);
Westergaard, Die Lehre [* 9] von der Mortalität etc. (Jena [* 10] 1882).