Stenopäische
Brille, s. Brille.
4 Wörter, 33 Zeichen
Brille, s. Brille.
ein Apparat, welcher zwei Augengläser so in einem Gestell vereinigt, daß dieselben dicht vor den Augen getragen werden können. Zweck der Brille ist entweder die Besserung des Sehvermögens oder Schutz des Auges gegen äußere Schädlichkeiten. Jedes sichtbare Objekt der Außenwelt kann man sich zusammengesetzt denken aus einer Summe einzelner leuchtender Punkte, von welchen jeder einen Lichtstrahl in das Auge sendet. Diese Lichtstrahlen erleiden bei ihrem Eindringen in das Auge durch die Hornhaut und die Kristalllinse (die brechenden Medien des Auges) eine Brechung ihrer Bahn, und zwar müssen sie, um ein deutsches Bild zu erzeugen, so konvergent gebrochen werden, daß sie im Auge einen Strahlenkegel bilden, dessen Basis in den brechenden Medien liegt, und dessen Spitze (also der Schnittpunkt der einzelnen
Lichtstrahlen) gerade auf die Netzhaut trifft, welche den Hintergrund des Auges auskleidet (s. Auge, S. 75). Um die Brechungsverhältnisse im Auge, welche sich aus den Wirkungen der Hornhaut und der Kristalllinse zusammensetzen, klarer zu übersehen, bedient man sich eines schematischen Auges, in welchem die mehrmalige Brechung der Lichtstrahlen im natürlichen Auge durch eine einmalige (Fig. 1, B) ersetzt wird (Listings reduziertes Auge). Das Auge des Normalsichtigen (Emmetropen) ist so eingerichtet, daß es Strahlen, welche von A parallel auf dasselbe einfallen (Fig. 1), im Zustand der Ruhe auf seiner Netzhaut (bei C) vereinigt; solche parallele Strahlen können natürlich nur von einem sehr weit entfernten Objekt herrühren, doch besitzen auch schon Strahlen, welche von einem 6 m entfernten Objekt in das Auge fallen, einen so geringen Neigungswinkel zu einander, daß sie demselben Gesetz unterliegen wie die vollkommen parallelen Strahlen. Anders verhält es sich nun mit den Strahlen, welche aus größerer Nähe kommen (Fig. 1, DBE), denn diese müßten, wenn das Brechungsverhältnis bei B dasselbe bliebe, zerstreut auf die Netzhaut einfallen. Das Auge besitzt indes das Vermögen, die Brechungskraft der Kristalllinse zu erhöhen, und diese Thätigkeit des Auges, welche dasselbe der Nähe anpaßt, die Akkommodation, besteht darin, daß der Akkommodationsmuskel der Linse eine dickere und daher stärker brechende Gestalt verleiht. Das normalsichtige, jugendliche Auge ist im stande, Strahlen, welche aus einer Entfernung von 10 cm kommen, noch auf seiner Netzhaut zu vereinigen, und diese Entfernung, welche also das Maximum des Brechungsvermögens darstellt, nennt man den Nahepunkt eines Auges, während ein Minimum von Anstrengung erforderlich ist, wenn die Strahlen parallel einfallen, aus dem Fernpunkt, kommen. Die Strecke zwischen Nahe- und Fernpunkt also die Strecke des deutlichen Sehens, heißt Akkommodationsbreite. Naturgemäß sieht auch der Normalsichtige weit entfernte Gegenstände zwar deutlich, aber klein, wegen der Kleinheit des Sehwinkels. Mit zunehmendem Alter erleidet die Kristalllinse eine allmählich stärker werdende Einbuße ihres Brechungsvermögens, welche hauptsächlich auf einem Härterwerden der Linsensubstanz beruht, und es rückt demgemäß der Nahepunkt bei zunehmendem Alter immer weiter heraus, so daß ältere Leute unvermögend werden, nahe Gegenstände deutlich zu sehen.
Die Vorgänge beim normalen Sehen erleiden bei anormalen Augen Abweichungen, welche man, je nachdem die Refraktion oder die Akkommodation gestört ist, als Refraktions- und Akkommodationsanomalien bezeichnet. Zu den letztern gehört unter anderm die eben erwähnte Unfähigkeit alter Leute, ihr Auge auf die Nähe einzustellen, ein Zustand, den man nach Donders Presbyopie genannt hat. Unter Kurzsichtigkeit (Myopie) versteht man einen Zustand, bei welchem das Auge im Zustand der Ruhe nicht im stande ist, parallele Strahlen auf seiner Netzhaut zu vereinigen, dieselben vielmehr sich vor der Netzhaut schneiden und demgemäß in Zerstreuungskreisen auf dieselbe auffallen. Das kurzsichtige Auge ist demgemäß auch im Zustand der Ruhe für divergente Strahlen eingerichtet (Fig. 2, DBC), es ist im stande, in der Nähe deutlich zu sehen; doch liegt sein Fernpunkt mehr oder weniger näher vor dem Auge. Die Kurzsichtigkeit beruht auf einer Verlängerung der Augenachse, hervorgerufen durch eine Längsdehnung des Augapfels (Fig. 2). Wird die letztere eine übermäßig starke bei den höchsten Graden der Kurzsichtigkeit, so entstehen durch Zerrungen bei den Bewegungen des Augapfels leicht entzündliche Prozesse im Innern des Auges.
Das weitsichtige (hypermetropische) Auge ist im Zustand der Ruhe auf konvergente Strahlen eingestellt (Fig. 3, DBC), parallele Strahlen schneiden sich in einem Punkt (E), den man hinter die Netzhaut zu verlegen hat; doch vermag es durch Akkommodation auch parallele Strahlen auf der Netzhaut zu vereinigen, dagegen divergente wenig oder gar nicht. Mit andern Worten, das weitsichtige Auge kann auf mittlere und weite Entfernungen gut, auf nahe Punkte dagegen schlecht akkommodieren. Der Grund hierfür liegt, umgekehrt wie bei der Kurzsichtigkeit, in einer Verkürzung der Augenachse, hervorgerufen durch eine Abflachung des Augapfels von vorn nach hinten.
Das sind in erster Linie die Anomalien der dioptrischen Apparate des Auges, welche einer Korrektion durch Augengläser bedürfen. Die Gläser einer Brille sind Linsen, welche je nach ihrer Brennweite eine verschieden starke Wirkung haben.
Die Stärke des Glases bestimmt der Augenarzt mit Hilfe des Augenspiegels, da ein normales Auge des Beobachters im Augenspiegel nur die Netzhaut eines gleichfalls normalen Auges ohne weiteres deutlich sieht, bei kurzsichtigem Auge des Untersuchten aber einer Zerstreuungs-, bei weitsichtigem Auge einer Sammellinse bedarf, welche er durch Ausprobieren ermittelt, und deren Brechungsstärke genau den Grad der fehlerhaften Brechung des Auges angibt.
Für die Kurz- und Fernsichtigkeit, gleichgültig, ob sie dauernd oder nur durch Akkommodationsschwäche bedingt ist, kommen demnach als Brillengläser Sammel- und Zerstreuungslinsen in Frage (s. Schema derselben, Fig. 4, S. 430). Die erstern sind gewölbt (konvex) geschliffen und zwar entweder auf beiden Seiten (bikonvex) oder nur auf der einen Seite gewölbt, auf der andern eben (plankonvex). Die Zerstreuungsgläser sind dagegen hohl (konkav) geschliffen und zwar ebenfalls entweder auf beiden Seiten (bikonkav) oder auf einer Seite hohl, auf der an-
^[Abb.: Fig. 1. Brechung der Lichtstrahlen im normalen Auge im Zustand der Ruhe.]
^[Abb.: Fig. 2. Brechungsverhältnisse der Strahlen im kurzsichtigen Auge.]
^[Abb.: Fig. 3. Brechung der Strahlen im weitsichtigen Auge.]
dern eben (plankonkav). Auch Gläser, die auf einer Seite hohl, auf der andern konvex (konkav-konvex) geschliffen sind (die sogen. periskopischen Gläser), können als Sammellinsen dienen, wenn ihre konvexe Fläche einen kleinern Radius hat als die konkave, also ihre Wölbung stärker ist als ihre Höhlung, wie dergleichen Gläser auch zerstreuend wirken, wenn ihre konkave Fläche einen kleinern Radius hat als die konvexe, also ihre Höhlung stärker ist als ihre Wölbung. Die Art der Wirkung der Konkavlinse auf das kurzsichtige Auge erhellt aus der schematischen Fig. 5, in welcher B die brechenden Medien des Auges darstellt, auf welche die parallelen Strahlen nach der Brechung durch die Linse L divergent auffallen und deshalb auf der Netzhaut C vereinigt werden können. Man bedient sich zur Bezeichnung des Grades der Kurzsichtigkeit der Brüche, ebenso wie man bei optischen Berechnungen die Linsen durch Brüche ausdrückt, deren Zähler 1 ist, und deren Nenner die betreffende Brennweite des Glases in Zollen bildet. Mit Hilfe der Konkavlinse, deren negative Brennweite in 12 Zoll Entfernung liegt, also der Linse 1/12, wird der Fernpunkt ebenso weit für das an Myopie 1/12 leidende Auge hinausgerückt, wie er für das normale Auge liegt, und es können nun sehr entfernte Objekte deutlich gesehen werden. Zugleich mit dem Fernpunkt wird aber auch der Nahepunkt, d. h. der Punkt, bis zu welchem man kleine Gegenstände dem Auge nähern darf, um sie noch scharf zu sehen, abgerückt, und der Kurzsichtige wird daher, wenn er durch eine Zerstreuungslinse sieht, beim Sehen in der Nähe die Gegenstände nicht nur nicht mehr so nahe zu bringen brauchen als ohne jene, sondern auch nicht so nahe bringen dürfen, weil er sonst sein Anpassungsvermögen ungebührlich in Anspruch nehmen und das Auge ermüden würde. Der Grad der Weitsichtigkeit wird bestimmt, wenn man den Nahepunkt als Nenner eines Bruches mit dem Zähler 1 ansetzt und diese von dem Bruch 1/8 abzieht. Liegt der Nahepunkt in 12 Zoll Abstand, so ist die Weitsichtigkeit = 1/8 - 1/12 = 1/24. Das Konvexglas 1/24 bringt den Nahepunkt auf ungefähr 8 Zoll Abstand. Fig. 6 zeigt die Wirkung der Sammellinse L auf konvergente Strahlen: dieselben fallen nach der Brechung parallel in das weitsichtige Auge, können daher auf der Netzhaut C vereinigt werden, während sie ohne die Linse, wie die schraffierten Linien zeigen, zerstreut auffallen müßten. Betreffs der Benennung ist zu bemerken, daß die den Gläsern eingeschliffenen Nummern nicht ganz ihrer Brennweite entsprechen, sondern dem Radius der Schleifschale, auf der sie angefertigt sind; die eigentliche Nummer müßte ein wenig kleiner sein. Eine Neuerung in dieser Bezeichnung ist durch Einführung des Metermaßes statt der verschiedenen (preußischen, rheinischen, Pariser) Zollmaße entstanden. Früher galt als Einheit die Brennweite von 1 Zoll, jetzt die Brennweite von 1 m; sie führt den Namen der Dioptrie (D). D entspricht der alten Linse 1/40, und die Reduktion des alten Maßes (a) auf das neue (n) ist demnach höchst einfach a x n = 40, z. B. das alte Glas 8 (von 1/8 Zoll) entspricht 40/8, d. h. 5 D des Metermaßes; 1/20'' = 2 D, 1/13'' = 3 D, 1/10'' = 4 D etc.
Bezüglich der Anwendung der Sammel- und Zerstreuungslinsen gelten folgende allgemeine Regeln: Der Kurzsichtige hat ein Glas zu tragen, welches die schwächste konkave Linse darstellt, die seinem Auge ein vollkommen genaues Sehen auf weitere Entfernungen gestattet; jedes schärfere Glas wirkt schädlich auf das Auge. Er hat bei geringern Graden der Myopie die Brille während des Lesens und Schreibens abzusetzen oder, falls er die Brille hierbei benutzt, das Sehobjekt auf ungefähr 30 cm entfernt zu halten. Der Weitsichtige hat die stärkste Konvexlinse zu gebrauchen, welche seinem Auge noch ein vollkommen gutes Sehen auf weite Entfernungen erlaubt. Der Presbyopische muß mit verschiedenen Konvexgläsern ausgerüstet sein, nämlich mit ganz starken für die nächsten und weniger starken für etwas entferntere Objekte.
Andre Anforderungen hat man an die Brille zu stellen, wenn man den fehlerhaften Zustand des Auges korrigieren will, den man Astigmatismus nennt. Diese Anomalie beruht auf einer fehlerhaften Krümmung der Hornhautfläche und zwar nicht in ihrer Totalität, sondern in einzelnen Meridianen. Die Lichtstrahlen, welche auf diese Stellen fallen, werden in fehlerhafter Richtung gebrochen, so daß auf der Netzhaut zerstreute Bilder entstehen, die bei höhern Graden des Astigmatismus erheblich störend wirken. Die undeutlichen Bilder dieser Art lassen sich, besonders wenn zwei einander rechtwinkelig kreuzende Meridiane, z. B. der vertikale und horizontale, eine sehr abweichende Krümmung haben, dadurch korrigieren, daß man entweder dem zu stark gekrümmten Meridian durch Vorsetzen eines entgegengesetzt gekrümmten Glases entgegenwirkt, oder die Brechung des zu schwach gekrümmten durch ein gleichartig gekrümmtes Glas vermehrt. Dies ist die Wirkungsweise der cylindrischen Brillen, deren Krümmungsflächen nach der Oberfläche einer Walze, eines Cylinders geschliffen sind, während die der Konkav- oder Konvexgläser Kugelabschnitte darstellen. Auch lassen sich die cylindrischen Gläser mit je einem dieser letztern kombinieren, indem sie gleichzeitig erhaben oder vertieft ausgeschliffen werden. Die Auswahl dieser Brillen geschieht durch den Augenarzt mittels einer Probierbrille, welche in festem Gestell Drehung der Gläser zuläßt.
^[Abb.: Fig. 4. Linsenformen. Bikonvex, Plankonvex, Konkav-konvex, Bikonkav, Plankonkav, Konvexkonkav.]
^[Abb.: Fig. 5. Wirkung der Konkavlinse auf das kurzsichtige Auge.]
^[Abb.: Fig. 6. Wirkung der Konvexlinse auf das weitsichtige Auge.]