Titel
Steinzeit
,
[* 2] die älteste der drei vorgeschichtlichen Kulturperioden (s.
Urgeschichte), in welcher
der Gebrauch der Metalle noch unbekannt war und alle Gerätschaften und Waffen
[* 3] aus
Stein angefertigt wurden. Wie weit die
S. in die Urzeit herabreicht, und wann man zeitlich somit
die erste Besiedelung Europas anzusetzen hat, wird wohl nie auch
nur annähernd sicher zu bestimmen sein. Nur so viel steht fest, daß die ältesten der Steinzeit
funde
noch dem Diluvium
[* 4] angehören, und daß auch die jüngere S., deren Reste man in den
Ost- und Nordseeländern zahlreich vorfindet,
sowie viele
Höhlenfunde in
Frankreich,
Belgien
[* 5] und
Deutschland
[* 6] teilweise bis über 3000 Jahre
v. Chr. zurückreichen.
Man unterscheidet eine ältere oder paläolithische (grch. palaiós, alt, líthos, Stein) oder diluviale S., in welcher der Mensch in Mitteleuropa mit jetzt ausgestorbenen (Mammut) oder nach dem Hochnorden zurückgewichenen Tieren (Renntier) zusammenlebte, für deren Zeitdauer man keine Anhaltspunkte besitzt, und eine jüngere oder neolithische (grch. neos, neu, jung) Periode, welche von einem zeitlich unbestimmten Anfang an bis in den Anfang des zweiten Jahrtausends v. Chr. währte. Dazwischen nimmt man auch noch seltener eine mittlere (mesolithische) S. an.
Die Funde aus der ältern diluvialen Periode, rohe Feuersteinäxte von primitiver Form, Meißel, [* 7] Schaber und messerartige lange Späne sind nur durch Behauen hergestellt und zeigen infolgedessen noch eine rohe, unebene, unregelmäßige Oberfläche, auf der sich die einzelnen Schläge noch deutlich erkennen lassen (s. Tafel: Urgeschichte I, [* 1] Fig. 1 u. 2). Die Fundstellen im Sommethal, zahlreiche Höhlen in Frankreich, Belgien, in Österreich [* 8] und Deutschland, hier namentlich die berühmten Fundstellen bei Taubach-Jena und Schussenried u. a. sind hierher zu rechnen. In der zweiten, der neolithischen Periode, sind die Mehrzahl der Steingeräte sorgfältiger und exakter gearbeitet und zum Teil fein geschliffen und poliert; und während früher der Flint fast ausschließlich zur Verwendung gelangte, werden jetzt auch alle möglichen andern Gesteinsarten gebraucht, Granit, Diorit, Schiefer, Kieselschiefer, Diabas, Porphyr, Serpentin, Jadeit u. s. w., aus denen Beile [* 1] (Fig. 10) und vor allen die zahlreichen Hämmer und Hacken mit Stielloch [* 1] (Fig. 9 und Taf. II, [* 1] Fig. 1) hergestellt wurden.
Das Polieren und Schleifen machte man mit Wasser auf Schleifsteinen von Sandstein und Quarzit, das Durchbohren der Hämmer mit Sand und Wasser vermittelst eines Holzstabes oder eines hohlen Knochens, der durch irgend eine Vorrichtung in rotierende Bewegung gebracht wurde. Die zum Teil mit vollendeter Exaktheit und in höchst ansprechenden und geschmackvollen Formen hergestellten Steinhämmer, besonders aus den Ostseeländern, verraten schon einen hohen Grad von Kunstsinn und Kunstfertigkeit in dieser Zeit. Die aus Feuerstein hergestellten Beile, Meißel und Hohlmeißel zeigen oft eine spiegelblanke Politur und ebenso regelmäßige exakte Formen, wie unsere Geräte der Neuzeit. Nur behauen und nicht poliert bleiben noch die Schaber (Taf. II, [* 1] Fig. 2), Dolche [* 1] (Fig. 4), ¶
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Lanzenspitzen (Fig. 5) und Pfeilspitzen [* 9] (Fig. 3 u. 6) von Feuerstein in dieser Periode, aber auch sie zeigen durchschnittlich eine hervorragende Technik und Sinn für Formenschönheit. Über die Thongefäße dieser Periode s. Prähistorische Thongefäße. Die meisten Steingeräte aus dieser Periode haben die Ostseeländer, das südl. Schweden, [* 10] Dänemark, [* 11] Schleswig-Holstein, [* 12] Hannover, [* 13] Mecklenburg, [* 14] Pommern [* 15] und Rügen geliefert. Hier bleibt der Feuerstein noch das vorherrschende Material, während in den übrigen Kulturcentren der S., so in Sachsen [* 16] und Thüringen, hauptsächlich Kieselschiefer und Grauwackenschiefer, in Schlesien [* 17] und dem östl. Deutschland mehr Serpentin und Diorit, in den Stationen der Schweizer Pfahlbauten [* 18] Granit, Diabas, Diorit, Hornblende, [* 19] Jadeit u.s.w. verwandt wurde. Jedes Volk verwandte das Material, das die Natur des Landes bot, so tritt im Süden Europas und in Amerika [* 20] oft an Stelle des Feuersteins der Obsidian. Rohere Formen von Steingeräten schreibt man einer ältern Epoche, der neolithischen S. zu, die Kjökkenmöddinger und andere Küstenfunde Skandinaviens haben viel Material davon geliefert.
Die paläolithische Zeit Europas gehört der Urbevölkerung an, über deren ethnische Zugehörigkeit nichts Sicheres feststeht; wahrscheinlich wohnten verschiedene Stämme vor den Kelten und Germanen in diesen Ländern und ragen zum Teil vielleicht auch noch in die neolithische Zeit mit ihren Dolmen und Hünengräbern hinein. Auch Kelten und Germanen haben in ihrer ersten Zeit zum Teil Steinwaffen benutzt, wie viele außereurop. Stämme noch in histor. Zeit, manche sogar noch jetzt keine Metallgeräte benutzen, also sich in der S. befinden.
Litteratur s. Urgeschichte.