Ersteres geschieht auf
der Schleifmaschine
[* 5] und vermittelst der Steinzeiger, letzteres auf bleiernen und hölzernen
Scheiben, erst mit
Schmirgel und
Bimsstein, dann mit
Tripel und
Wasser.
[* 2] Glyptik, Gemmoglyptik, die Fertigkeit, aus Edelsteinen oder Halbedelsteinen, Muscheln,
[* 6] Glas
[* 7] u. a.
in erhabener oder vertiefter Arbeit Kunstwerke, meist kleinen Maßstabes, hervorzubringen. An Schönheit
und Vollkommenheit der Zeichnung wie der Ausführung stellt sich die S. der großen Skulptur würdig zur Seite. IhreAufgabe
erstreckt sich sowohl auf die Anfertigung von geschnittenen Steinen (Gemmen, s. d., Kameen u. dgl.) als auch auf die Verzierung
von Gefäßen aus dem angeführten Stoff mit geschnittenen Bildwerken; beide Behandlungsweisen fielen in der
Blütezeit der S. im klassischen Altertum wie in der Renaissance meist zusammen, ebenso waren Technik und Künstler dieselben.
Die S. wurde bereits in den ältesten Zeiten geübt; so vorzugsweise von den
¶
mehr
alten Ägyptern (s. Scarabäus),
[* 9] Babyloniern und Assyriern (s. Siegelcylinder) und Phöniziern. Bei denJuden wurde die Entwicklung
auch dieser Kunst schon durch den Kultus verhindert; doch werden im Alten TestamentSteine mit eingeschnittenen Namen und Siegelsteine
erwähnt, und aus späterer Zeit sind Talismane mit dem siebenarmigen Leuchter u. a. vorhanden. Auch zur
Anfertigung von Amuletten (s. d.) mußte die S. das Ihrige beitragen. Nach Griechenland
[* 10] kam die S. schon sehr frühzeitig,
das beweisen Schliemanns Funde in Mykenä;
[* 11] aber ihre höchste Ausbildung erreichte sie erst in der Zeit Alexanders d. Gr.,
wo Pyrgoteles der berühmteste Steinschneider war.
Große Liebhaber von geschnittenen Steinen waren die Seleuciden und die Ptolemäer, ebenso die röm. Großen,
besonders hervorgerufen durch die Sitte Siegelringe zu tragen, in den letzten Zeiten der Republik und den ersten Zeiten des
Kaiserreichs, wo Dioskorides den höchsten Ruhm als Steinschneider hatte. Vorzügliche Arbeiten aus jener Zeit sind auf uns
gekommen (vgl. die Aufzählung derselben unter Gemme).
[* 12] Die damalige Vorliebe
für geschnittene Steine artete bald in solche Leidenschaft aus, daß die Kunstliebhaber große Sammlungen (s.
Daktyliothek) davon anlegten.
Gleichzeitig entwickelte sich die S. auch nach der andern Richtung, in der Bearbeitung von Edelsteinen zu Gefäßen, die ausgeschliffen
und mit erhabenen
[* 2]
Figuren geschmückt wurden; die berühmtesten dieser aus dem Altertum erhaltenen Kunstwerke
sind: das Mantuanische Onyxgefäß, mit der Darstellung eines Opferfestes, 15½ cm hoch, 6½ cm dick, das 1630 bei der Plünderung
Mantuas geraubt, später in den Besitz der Herzöge von Braunschweig
[* 13] gelangte und sich jetzt im Museum zu Braunschweig befindet;
ferner die Tazza Farnese, eine auf der Innen- und Außenseite mit schönen Reliefs geschmückte Onyxschale
im Nationalmuseum zu Neapel.
[* 14]
Mit dem Verfall der antiken Kunst sank auch die S.; sie wurde zwar besonders in Byzanz weiter
betrieben, doch ohne bedeutenden Erfolg. Im übrigen bediente man sich im Mittelalter der aus dem Altertum erhaltenen geschnittenen
Steine, teils zum Siegeln, dann vorzugsweise zum Schmuck und zur Verzierung kirchlicher Gefäße. Erst die
Renaissance rief diese Kunst in antiker Weise wieder ins Leben und führte sie fast zur frühern Vollkommenheit zurück; wählend
jedoch auf antiken Gemmen meist mytholog.
Gegenstände dargestellt waren, spielten zur Zeit der Renaissance Porträtköpfe eine Hauptrolle (s.
vorstehende
[* 2]
Figur). Die berühmtesten Steinschneider in damaliger Zeit waren: in Italien
[* 15] Giovanni delle Carniole, Domenico Compagni
dei Camei, Ambrogio Foppa, GiovanniBernardi di CastelBolognese, Valerio Vicentino;
in Frankreich Julien de Fontenay, genannt
Coldoré;
Nachdem dann die S. im 17. Jahrh. in Abnahme gekommen
war, erhielt sie im 18. Jahrh. mit der erneuten antiken
Richtung in Kunst und Wissenschaft einen neuen Aufschwung, besonders
durch die nach Italien gezogene deutsche Familie Pichler (s. d.) und Joh.
Lorenz Natter (1705-63). Seitdem ist sie, besonders bei ital. Künstlern und im Orient, in Übung geblieben. Im 19. Jahrh.
waren berühmt die ItalienerGirometti, Calandrelli, Berini, in Deutschland Facius, Böhm und Fischer. Gegenwärtig
werden Steine vorzugsweise mit Wappen
[* 17] und Monogrammen zu Siegelringen oder Petschaften graviert; für Schmuckgegenstände wird
gewöhnlich weicheres Material, insbesondere Muscheln oder Glas, verwendet.
Die Methode der Arbeit in der S. ist zu allen Zeiten ziemlich die gleiche gewesen. Die Werkzeuge
[* 18] bestehen
aus Eisen
[* 19] oder Messing von verschiedenen Größen, die einen Rundsägen genannt, die andern Rundperlen. Sie arbeiten durch rasche
Drehungen, in Bewegung gesetzt durch ein kleines stählernes Rad, welches in der Mitte des Arbeitstisches auf einem Fuße von
Messing angebracht ist und in Verbindung mit einem unter dem Arbeitstische befindlichen hölzernen Rade
steht, das durch den Fußtritt des Steinschneiders in Schwung gesetzt wird. Um in den Stein einzugreifen, ist das Werkzeug
mit Schmirgel oder Diamantbort bestrichen.
Der Schmirgel besteht aus Saphirmehl mit Olivenöl. Der Steinschneider macht sich zuerst sein Modell aus Wachs auf einer Schiefertafel,
läßt sich den erwählten Stein vom Steinschleifer in die gewünschte Form zuschleifen, zeichnet mit
einer kupfernen Nadel seine Komposition darauf und hält seinen Stein, je nach der Zeichnung, an die sich drehende Rundsäge
und arbeitet aus dem Groben heraus, immer vorsichtiger verfahrend, je weiter und tiefer er kommt. Giebt es Stellen,
wo er mit seinem Werkzeug nicht hingelangen kann, so bedient er sich zu weiterer Arbeit der Diamantspitze, die sich vorn an
einem metallenen Stiel befindet. Mit diesem Instrument schneidend, gravierend, vertiefend, beendet er seine Arbeit.
Die Litteratur über S. ist zusammengestellt von H. Rollett in Buchers «Geschichte der technischen Künste»,
Bd. 1 (Stuttg. 1875 fg.).