in der atmosphärischen
Luft enthaltene Körperchen verschiedener Art, welche bei gewisser
Größe oder massenhafter
Anhäufung dem bloßen
Auge
[* 2] sichtbar, aber auch in vollkommen rein erscheinender
Luft immer noch nachweisbar sind. Man
unterscheidet gröbere Stäubchen, die, von
Winden
[* 3] oder vom Kehrbesen aufgewirbelt, bei einigermaßen ruhiger
Luft bald niederfallen;
Sonnenstäubchen, die nur im Sonnenstrahl sichtbar sind und auch in scheinbar ruhiger Zimmerluft meist nicht zu
Boden sinken;
endlich unsichtbare Stäubchen, die nur künstlich nachweisbar sind und auch in ruhigster
Luft sich schwebend erhalten.
Der S. entsteht hauptsächlich durch die
Verwitterung der
Gesteine,
[* 4] wodurch diese in feinste Teilchen zerfallen, auch die
Vulkane
[* 5] werfen Staubmassen aus, die in weite
Entfernungen getragen werden; er entsteht ferner durch zahlreiche Verbrennungsprozesse,
die
Ruß und
Asche liefern; in jedem S. finden sich auch Pollenkörner,
[* 6]
Sporen der
Kryptogamen undKeime der
niedersten Organismen.
Endlich erzeugt der
Mensch durch seine Thätigkeit beständig S. Aus
Flüssigkeiten und von feuchten
Oberflächen gelangen niemals Teilchen als
S. in die
Luft, solange
sich jene
Substrate in
Ruhe befinden; wohl aber kann durch
Verspritzen heftig bewegter
Flüssigkeiten oder durch Schaumbildung ein solcher Übergang bewirkt werden.
In der
Regel wird jedoch Austrocknung und nachfolgende Zerkleinerung die Veranlassung zum Zerstäuben
von Pilzvegetationen in
Flüssigkeiten und von gelösten nicht flüchtigen
Substanzen sein. Die Zerkleinerung aber braucht
nicht immer durch mechanische
Wirkungen zu erfolgen, sie kann vielmehr auch eine
Folge der geringen
Bewegungen sein, welche
durch Temperaturänderungen bedingt sind und leicht Zusammenhangstrennungen,
Ablösungen von Partikelchen
herbeiführen.
Landluft enthält weniger S. als Stadtluft, im
Winter und Frühjahr und nach
Regen ist die
Luft ärmer an S. als im
Sommer und
Herbst und nach langer
Dürre. 1
cbm Landluft enthält bei trocknem
Wetter
[* 7] 3-4,5, bei feuchtem 0,15mgS., in
Fabriken fand
man bis 175
mg S. Aller S. besteht, seiner
Bildung entsprechend, aus mineralischen und organischen
Substanzen; unter letztern
interessieren hauptsächlich die
Keime niederster Organismen, welche unter den feinsten Staubteilen zu suchen sind.
Stets enthält die
LuftSporen von
Schimmelpilzen, im März am wenigsten (5480 in 1
cbm), im Juni bis 54,460,
nach
Regen mehr als nach Trockenheit. An
Bakterien ist die
Luft im
Winter arm (53), im
Herbst am reichsten (121), nach
Regen weniger
reich als bei
Dürre. Stadtluft enthält ungleich mehr
Bakterien als Landluft. Die angegebenen
Zahlen müssen bei der Unvollkommenheit
der
Methode, nach welcher sie gewonnen wurden, im allgemeinen als zu niedrig betrachtet werden. Der in der
Luft vorkommende S. gelangt vorzüglich durch die
Respirationsorgane zur Einwirkung auf den
Menschen, wenn auch nur ein Teil
des Staubes in den
Respirationsorganen zurückbleibt; die feinsten Staubpartikelchen werden fast vollständig wieder ausgeatmet.
Der S., welcher an den
Wänden der
Luftwege hängen bleibt, wird durch das Flimmerepithel, welches diese
bedeckt, wieder aus dem
Körper entfernt. Vermag das Epithel die Staubmassen nicht zu bewältigen, so entstehen krampfhafte
Bewegungen, wie Räuspern,
Husten etc., zur Herausbeförderung der staubhaltigen Schleimmassen.
Reichen auch diese Hilfsmittel
nicht mehr aus, so entstehen
Störungen, welche je nach der Art des eingeatmeten Staubes verschieden charakterisiert
sind.
Nur mechanisch reizender S. erzeugt die
Staubeinatmungskrankheiten (s. d.); S., welcher aus Partikelchen giftiger
Substanzen besteht, erzeugt namentlich durch den in den
Mund und in den
Magen
[* 8] gelangenden
Anteil eigentümliche Krankheitserscheinungen,
am wichtigsten aber sind die
Keime solcher Organismen, welche als Krankheitserreger zu betrachten sind. Man
muß annehmen, daß jene
Keime ebensogut wie alle übrigen in Staubform auftreten können, und in der That sind mehrere derselben
im S. nachgewiesen worden. Die
Übertragung von
Krankheiten durch den S. der
Luft ist mithin sehr wohl möglich, sofern nur
nicht jene
Keime durch das Austrocknen ihre Entwickelungsfähigkeit einbüßen.
Die Verunreinigung der Luft durch kleine feste Körperchen unorganischen oder organischen Ursprungs hat
in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Physiker und Meteorologen lebhafter erregt, seit uns die prachtvollen Dämmerungserscheinungen
(s. Bd. 17, S. 203) des letzten Jahrzehnts gezeigt haben, bis zu welchen Höhen ein feiner S. unsre Atmosphäre erfüllen kann,
und wie sich seine feinsten Teile jahrelang schwebend erhalten. Zu den bekannten Hauptquellen des Staubes
in den Winden, welche Wüstenstaub zuweilen mehr als 1000 Seemeilen von seiner Heimat fortführen und durch v. Richthofen als
geologisch wichtiges Element erkannt wurden (s. Löß), und zu den Bränden, welche der Luft im Rauche ungeheure Staubmassen zuführen,
namentlich wenn ausgedehnte Moorstrecken oder Wälder in Brand gesetzt werden, zu den Vulkanen und der Meeresbrandung,
welche die Luft mit Salzteilchen erfüllt, die sich durch die niemals fehlende Natronlinie des Spektrums verraten, hat Nordenskjöld,
auf seine Beobachtungen in den Polarländern gestützt,
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eine nicht zu unterschätzende Zufuhr aus kosmischen Quellen gefügt, den Meteorstaub, der weite Schnee- und Eisfelder im Norden
[* 10] bedeckt und seine Eigenart durch einen starken Eisengehalt verrät. Er soll manchmal die Gestalt kleiner eiserner Bläschen
haben und seine Menge kann nicht gering sein, da die Zahl der täglich in die Atmosphäre eindringenden
Meteore auf mehr als 7 Mill. geschätzt wird, weshalb Nordenskjöld ihm einen hervorragenden Anteil an der Erdbildung zuschreiben
will.
Dabei drängt sich die Frage auf, wie diese gewaltigen Staubmengen, die der Atmosphäre zugeführt werden, wieder niedergeschlagen
werden mögen, da das Niedersinken nur für die schwereren Anteile mit einiger Schnelligkeit erfolgt. Man
kann sich leicht denken, daß hieran die feuchten Niederschläge den Hauptanteil haben, aber erst seit wenigen Jahren weiß
man mit Sicherheit, daß auch umgekehrt die feinen Staubteile an der Verdichtung des in der Luft aufgelösten Wasserdampfes
zu Nebel, Wolken undRegen einen bedeutenden Anteil haben.
Die Thatsache wurde zuerst 1875 von Coulier dargelegt, aber wenig beachtet, bis sie in den letzten Jahren
von Aitken und R. v. Helmholtz in ihrer Bedeutsamkeit für die Witterungsvorgänge dargelegt wurde. Wenn man Luft, die reichliche
Mengen unsichtbaren Wasserdampfes aufgelöst enthält, plötzlich abkühlt, indem man sie z. B.
durch die Luftpumpe
[* 11] plötzlich ausdehnt, so entstehen in der Luftglocke Nebel, weil die kältere Luft den
Wasserdampf nicht mehr aufgelöst behalten kann.
Aitken und Helmholtz stellten nun fest, daß für die Entstehung dieser Nebel seine Staubteile in der Luft eine wichtige Bedingung
darstellen, daß man feuchte, aber völlig staubfreie Luft tief unter die Abscheidungstemperatur (den
sogen. Taupunkt) abkühlen kann, ohne daß sich ihr Wassergehalt sogleich zu Nebel verdichtet. Die Staubmassen dienen also
dem Wasserdampf als feste Punkte, auf welchen sich die Feuchtigkeit verdichtet (niederschlägt), so daß sie erst als Nebel
sichtbar werden, bis sie zu Tröpfchen anwachsen und niederfallen. Ein Staubteilchen ist demnach gewissermaßen der
Kernpunkt, um den sich der Regentropfen bildet, der ihn herniederreißt und so die Luft wieder reinigt, und daraus ergibt
sich die Wichtigkeit dieser Erkenntnis für das Verständnis der meteorologischen Vorgänge.
Aitken hat auf diese Eigentümlichkeiten einen Staubmesser begründet, mit welchem man annähernd die Zahl der Staubteile
bestimmen kann, die sich in einer bestimmten Luftmenge befinden. Dieses Instrument besteht im wesentlichen
aus einer kleinen Luftpumpe, in die man unter gewissen Vorsichtsmaßregeln eine kleine Menge der zu untersuchenden Luft eintreten
läßt, verdünnt und dann die niederfallenden Teilchen auf einer in Quadratmillimeter geteilten Silberplatte auffängt,
um sie mit der Lupe
[* 12] Stück für Stück zu zählen. Schon die ersten (Februar 1890) veröffentlichten Versuche
hatten überraschende Ergebnisse geliefert, nämlich:
Es ergab sich also, daß in einem mit Gas erleuchteten Zimmer annähernd im Kubikzoll Luft so viel Staubteilchen
enthalten sind wie Menschen in Großbritannien,
[* 13] daß drei Kubikzoll der Verbrennungsgase einer Bunsenflamme
so viel feste Teilchen
enthalten, als auf der ganzen ErdeMenschen leben. Im Frühjahr 1890 hat Aitken eine größere Anzahl von Orten
besucht und mittels eines vereinfachen Apparats den Staubgehalt der Luft untersucht; er fand, daß letztere besonders rein
auf den SchweizerBergen
[* 14] zu sein pflegt. An einem wolkigen Maitag fand er auf Rigikulm nur 210 Teilchen im Kubikzentimeter,
was beinahe der geringsten beobachteten Zahl gleichkam.
Allein einige Tage darauf erhielt er bei Regenwetter auf dem Eiffelturm
[* 15] eine ähnlich niedrige Zahl, obwohl
die PariserLuft zur ebenen Erde an demselben Tage in mehreren Versuchen 160,000-210,000 ergab. Da die Staubteilchen in den Städten
sehr zunehmen, so folgt daraus, daß dort auch die Nebel dichter sein müssen als auf dem freien Lande, und die
Dichtigkeit der LondonerNebel hängt ebensowohl von dem Reichtum der Luft an Staubteilchen als von den Feuchtigkeitsverhältnissen
ab.Russel hat sich durch Beobachtungen überzeugt, daß diese berüchtigten Nebel sich am frühen Morgen nicht von dem gewöhnlichen
weißen Nebel andrer Orte unterscheiden, und daß er seine gefürchtete Dichte erst erlangt, nachdem aus
einer Million Feueressen der Steinkohlendampf emporgestiegen ist.
Da diese Nebel unerträglich sind und einen bedeutenden Kostenaufwand verursachen (der Nebel vom erforderte nach
dem Ausweis des Beleuchtungsgouverneurs von London
[* 16] einen Gasverbrauch, der 130,000 Mk. kostete), so sind in England viele Versuche
angestellt worden, die Staubverunreinigung der Luft und ihre Neigung zur Bildung schwerer Nebel durch künstliche
Veranstaltungen zu beseitigen. Man hat dabei seine Hoffnung lange Zeit auf die Elektrizität
[* 17] gesetzt.
Nach einer Beobachtung von Nahrwold (1878) versetzt das Ausströmen von Elektrizität aus feinen Spitzen in einem Raume den daselbst
befindlichen S. in eine stark wirbelnde Bewegung; die gleichmäßig elektrisierten Staubteilchen stoßen
sich gegenseitig ab, bis sie die Wandung erreichen und dort, lange Zotten bildend, hängen bleiben. Binnen kurzem ist der
Raum völlig staubfrei. Lodge und Clark stellten darüber 1884 eine Reihe von Versuchen an, aus denen sich ergab, daß nicht
nur kleine Glaskästchen, die man mit dem Dampf
[* 18] von brennendem Magnesium gefüllt hatte, sondern Zimmer,
deren Luft man durch brennendes Terpentinharz völlig schwarz und undurchsichtig gemacht hatte, binnen wenigen Minuten geklärt
wurden, indem sich der Ruß auf die Wände niederschlug. Der Vorschlag aber, in den Steinkohlenessen Systeme elektrischer Spitzen
anzubringen, die den Rauch alsbald verdichten, scheint wegen der damit verknüpften schnellen Verstopfung
der Essen
[* 19] nicht ausführbar.
Es ist aber dadurch nicht erwiesen, daß das Verfahren nicht in andern Fällen gute Dienste
[* 20] leisten kann, wo es sich um die
Beseitigung eines besonders gefährlichen giftigen Dampfes in manchen Hüttenwerken handelt. Solche Versuche sind mit gutem
Erfolg von Walker
[* 21] angestellt worden, nachdem er gesehen, wie schnell durch das Lodgesche Verfahren der
Magnesiadampf beseitigt werden konnte. Auf seiner Bleihütte mußte er den Metalldampf bisher durch ein langes System von Kanälen
und Kammern leiten, um denselben niederzuschlagen, und erreichte nun dasselbe Ergebnis viel kürzer und billiger durch ein
System von Metallspitzen, die, in Zwischenräumen von mehreren Metern in den Kanälen angebracht und durch
eine kräftige Induktionsmaschine geladen, die ausströmende Luft schnell reinigen. Die nur wenige Kosten verursachende Anlage
wurde dann zuerst auf der Bleihütte zu Bagalt in Flintshire gemacht und dürfte sich
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inzwischen bereits auf andre Blei- und Arsenikhütten ausgedehnt haben. In ähnlicher Weise hat man auch die Kraft
[* 23] starker Elektromagnete
verwertet, um den feinen Eisenstaub mancher Industriewerkstätten, in denen viel eiserne Gegenstände gefeilt werden, zu
beseitigen; wenn es sich aber um den schädlichern Messing- und Kupferstaub handelt, helfen nur Respiratoren, welche
der Lunge
[* 24] eine filtrierte Luft zuführen. In andern stauberzeugenden Industrien hat man zu kräftig arbeitenden Ventilatoren
seine Zuflucht nehmen müssen, welche die Luft des Arbeitsraums schnell erneuern, was aber im Winter mit einem starken Wärmeverlust
verknüpft ist, weshalb auch hier wieder die Frage nach einer Reinigungsmethode auftaucht, die der Luft
möglichst den S. und die Kohlensäure zugleich entziehen soll, um sie dann dem Arbeitssaal von neuem zuzuführen.
die der Luft beigemengten Teilchen fester unorganischer und organischer Körper. (S. Atmosphäre.)
Die Hauptmenge des S. wird wohl durch Stürme und Wirbelwinde der Atmosphäre zugeführt; ferner viel durch vulkanische Ausbrüche,
zum geringern Teil auch durch Moor-, Prairie- und sonstige Brände. Diese Staubmassen senken sich natürlich nach und nach nieder,
die feinern Teilchen werden aber immer wieder durch aufsteigende Luftströme mit in die Höhe genommen.
So kann sich S. lange in der Luft erhalten und gleichmäßig verteilen.
Von dem Niedersenken größerer Massen geben die öfters eintretenden Staubfälle, die man über dem Atlantischen Ocean, aber
auch im südl. Europa
[* 25] und andern Orten beobachtet hat, Zeugnis. Mehrfach
will man geradezu Wolken (Staubwolken), aus festen Körperteilchen bestehend, wahrgenommen haben, die das Aussehen von Gewitterwolken
haben sollen. Außer diesem irdischen S. kennt man auch noch den kosmischen, den aus dem Weltall auf unsern Planeten
[* 26] herabfallenden
S.
Der sich in den Wohnungen ansammelnde S., den man am deutlichsten wahrnimmt, wenn Sonnenlicht in einen
dunkeln Raum fällt (Sonnenstäubchen), ergiebt sich, unter dem Mikroskop
[* 27] betrachtet, als ein Gemenge von Steinresten, Fäserchen
von Wolle, Baumwolle
[* 28] und Seide,
[* 29] Mehlstäubchen, Pelz- und Bettfederteilchen, Metallschüppchen, Ruß und zahlreichen organischen
Gebilden, unter denen Hautschuppen selten fehlen. Auch an lebendigen Keimen (Sporen, Pilze)
[* 30] mangelt es im
S. nicht. Über die durch fortgesetzte Einatmung des S. erzeugten Krankheiten s. Staubinhalationskrankheiten.