Statue
(lat. statua),
Standbild, auch
Bildsäule genannt, die vorzugsweise zu monumentalem Zweck (s. Monument) plastisch
in Marmor, Sandstein,
Alabaster,
Erz, Holz,
[* 2]
Thon
(Terracotta)
u. dgl. dargestellte volle Gestalt eines
Menschen
oder eines als
Mensch gedachten Wesens. Man unterscheidet Porträtstatuen:
Darstellungen hervorragender Persönlichkeiten in
lebenswahrer
Auffassung;
ferner Idealstatuen:
Darstellungen von Göttergestalten, Heiligenfiguren, allegorischen Gestalten,
Gestalten aus Saqe und
Dichtung oder solche ganz freier Erfindung.
Mit der Herstellung von S. beschäftigen sich insbesondere
die
Bildhauerkunst,
[* 3]
Bildgießerei,
Toreutik, Bildschnitzern (s. die betreffenden
Artikel). Bezüglich der verschiedenen Darstellungsarten
giebt es eigentliche
Standbilder in ruhiger oder bewegter Haltung, sitzende
[* 1]
Figuren, liegende
[* 1]
Figuren
(insbesondere für Grabmäler), sodann Reiterstandbilder (Reiterstatuen
); ferner bezüglich der
Größe Kolossalstatuen
(s.
auch
Koloß),
S. in Lebensgröße, S. kleiner als in Lebensgröße
(Statuette).
Magdeburg

* 5
Magdeburg. Eine besondere
Stelle nehmen die Reiterstandbilder insofern ein, als in ihnen fast ausschließlich Fürsten
oder
Heerführer zur
Darstellung gelangen.
Ihre
Auffassung in neuerer Zeit geht auf die antike Reiterstatue
des
Kaisers
Marc Aurel
zurück (s.
Tafel:
Römische Kunst
[* 4] III,
[* 1]
Fig. 4). Die Reiterstatue
Kaiser
Ottos I. zu
Magdeburg,
[* 5] dem 14. Jahrh. angehörig,
sowie die S. am
Straßburger
Münster
[* 6] u. a. zeigen, daß das Mittelalter selbständig die
Aufgabe zu erfassen wußte.
In den
beiden Reiterdenkmälern der
Frührenaissance, dem des Condottiere Colleoni zu
Venedig
[* 7] (s.
Tafel:
Italienische Kunst IV,
[* 1]
Fig.
7) und Gattamelata zu
Padua
[* 8] von Donatello (1443), spricht sich die ganze Kraft
[* 9] der Zeit, sowohl in den
schreitenden Streitrossen als in der gewaltsamen
Stellung der Reiter selbst aus.
Der Schöpfer des neuern Reiterstandbildes ist
Giovanni da Bologna. Er schuf die majestätische
[* 1]
Figur
Cosimos I. zu
Florenz
[* 10] (1594), den
Sockel wie das
Pferd
[* 11] für Ferdinand I. von
Toscana, welche auf Veranlassung der Maria von Medici 1614 nach
Paris
[* 12] übergeführt wurden und durch Dupré (1635) ihren Reiter, König
Heinrich IV., erhielten (1792 zerstört, 1818 erneuert).
Von
Giovannis
Schüler Pietro Tacca stammen die Reiterstatuen
der Könige Philipp III. und IV. von
Spanien
[* 13] in Madrid
[* 14] (1616 und
1640), in welch letzterer das
Pferd springend dargestellt wurde.
Rom

* 15
Rom. Die lebhafte
Bewegung in den ital. Reiterdenkmälern steigerte
Bernini in seiner
Darstellung
Kaiser
Konstantins
in der Peterskirche zu
Rom
[* 15] bis zum höchsten
Grade, mußte dafür aber aus
Gründen der Standbarkeit die Marmorstatue
an eine
Wand gelehnt reliefartig behandeln. Ruhiger ist die gegenüberstehende S.
Karls d. Gr. von Cornacchini. Die Reiterstatue
des
Barockstils zeigt gleich diesen Werken und im Gegensatz zu jener der Hochrenaissance antike Gewandung.
Das Reiterstandbild des
Statthalters Kurfürst
Max Emanuel von
Bayern
[* 16] auf dem Markt zu
Brüssel
[* 17] (1694 zerstört) gab die Grundform,
welche sich namentlich an der König
Ludwig XIV. errichteten Reiterstatue
wiederholte. Solche schufen die
Niederländer
Bogaert
für die Place des Victoires zu
Paris 1686 (1822 von
Bosio erneuert) und für
Lyon
[* 18] (erst 1722 vollendet, 1825 erneuert
von Lemot), Mazeline und Utrels zu Montpellier
[* 19] (1692, erneuert von
Debay und Carbonneaux), ferner die
Franzosen
Girardon auf dem
Vendômeplatz zu
Paris (1699) und zu
Boufflers (1694-1701), Coyzevox zu Rennes (1689), Le
[* 20] Hougre zu Dijon
[* 21] (erst 1725 vollendet). In Haltung und Kleidung verwandt sind die S.
Ludwigs XV., jene von
Bouchardon auf der Place de la Concorde
zu
Paris (1763 vollendet) und jene von Lemoine für
Bordeaux
[* 22] (1733-43).
Alle diese franz. Werke wurden während der Revolution
zerstört.
Statuenbronze - Statz

* 30
Seite 65.272.
Sie gaben die Anregung zu andern außerhalb
Frankreichs errichteten Reiterstandbildern. So des Königs
Karl II. zu Edinburgh (1680), jene des Königs
Christian V. zu Kopenhagen
[* 23] (vom
Franzosen Lamoureux in
Blei
[* 24] gegossen, 1688), das
herrliche Werk A. Schlüters Kurfürst
Friedrich Wilhelm zu
Berlin
[* 25] (1703; s.
Tafel:
Deutsche Kunst
[* 26] V,
[* 1]
Fig. 1), die verwandte
Schöpfung des
Niederländers
Gabriel von Grupello in
Düsseldorf,
[* 27] Kurfürst
Johann Wilhelm von der Pfalz
in einer Rüstung
[* 28] des 16. Jahrh. darstellend (1703-10), die in Kupfer
[* 29] getriebene Reiterstatue
Königs
August des
Starken in
¶
mehr
Dresden
[* 31] (von Wiedemann, 1733-36), wieder mit springendem Pferd und stark barocker Haltung. Franzosen schufen auch vielfach auswärts
bedeutende Werke; so das schöne Reiterstandbild Friedrichs V. zu Kopenhagen (1764) Jacques Franç. Saly, jenes des Königs
Gustav Adolf II. zu Stockholm
[* 32] (1796) L'Archevêque, den auf einem Felsen hinsprengenden Peter d. Gr. zu Petersburg
[* 33] (1782) Falconet und Marie Callot (s. Tafel: Russische Kunst
[* 34] I,
[* 30]
Fig. 1). Von einheimischen Künstlern wurde das dem Marc Aurel
in Rom nachgebildete Reiterdenkmal Kaiser Josephs II. zu Wien
[* 35] von Zauner (1806), das Wilhelms III. zu London
[* 36] von Bacon (1808), das
Johann Sobieskis in Warschau,
[* 37] ein über besiegte Türken hinsprengender Reiter in Marmor (1783), und ein
Bronzereiterstandbild König Wilhelms III. zu Dublin
[* 38] geschaffen. In diesem Geiste arbeitete auch Canova, indem er 1808 die
erst später aufgestellte Reiterstatue
König Karls III. in Neapel
[* 39] schuf, die dann in Calis König Ferdinand I. ein Gegenstück
erhielt.
Braunschweig

* 48
Braunschweig. Der Ruhm, das echte Kostüm
[* 40] und eine realistischere Auffassung im Reiterstandbild wieder eingeführt zu
haben, gebührt dem Italiener Marochetti (Herzog Emanuel Philibert von Savoyen zu Turin,
[* 41] 1838) und Thorwaldsen (Kurfürst Marimilian
I. zu München,
[* 42] 1833). In Deutschland
[* 43] reihten sich in rascher Folge eine Anzahl bedeutender Werke dem Münchener Vorbilde an.
Das prachtvolle Denkmal Friedrichs d. Gr. zu Berlin von Rauch (1851; s. die Tafel: Friedrich der Große, Bd.
7, S. 340), des Kaisers Franz I. zu Prag
[* 44] von Max (1815) und zu Wien von Marchesi (1816), des Königs Friedrich Wilhelm III. zu
Königsberg
[* 45] von Kiß (1851), des Herzogs Eberhard im Barte zu Stuttgart
[* 46] von Hofer (1859), des Erzherzogs Karl
(1860) und Prinz Eugens (1865) zu Wien von Fernkorn, des Königs Ernst August zu Hannover
[* 47] von A. Wolfs (1861), des Königs Ludwig
I. zu München von Widnmann (1862), des Fürsten Schwarzenberg zu Wien von Hähnel (1867), der Herzöge Friedrich Wilhelm von
demselben und Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig
[* 48] von Pönninger zu Braunschweig (1874), des Herzogs
Karl August zu Weimar
[* 49] von Donndorf (1875), das großartige Reiterstandbild König Friedrich Wilhelms III. zu Köln
[* 50] von Bläser
(1878), jenes desselben Königs zu Berlin von A. Wolff (1871) und Friedrich Wilhelms IV. daselbst von Calandrelli (1886), des
Königs Johann von Sachsen
[* 51] zu Dresden (1889) von Schilling, die vier um eine Germania
[* 52] gruppierten Reiterstandbilder
von König Albert, Kronprinz Friedrich, Fürst Bismarck und Graf Moltke in Leipzig
[* 53] von Siemering (1888), die Reiterstatue
Friedrich
Wilhelms IV. (von Bläser) und Wilhelms I. auf der Brücke
[* 54] zu Köln u. a. Für letztern Fürsten sind Reiterstandbilder an
zahlreichen Orten Deutschlands
[* 55] geschaffen, so das Nationaldenkmal in Berlin.
Italien

* 57
Italien.Während Frankreich verhältnismäßig arm an Reiterdenkmälern ist, findet sich in England eine größere Zahl. Namentlich Wellington wurden Reiterdenkmäler in vielen Städten errichtet (in London von Chantrey 1844 und von Wyatt 1840-43, in Edinburgh von Steell 1876, in Glasgow [* 56] und andern Orten). Ebenso dem Prinzen Albert in Glasgow, Edinburgh und andern Orten. In Italien [* 57] ging zunächst Turin mit der Errichtung von Reiterstandbildern vor (König Karl Albert, von Marochetti 1861, Herzog Ferdinand, von Balzico u. a.). In der neuern Zeit haben zahlreiche Städte dem König Victor Emanuel I. von Italien und seinen Heerführern Reiterstandbilder gesetzt. Das bedeutendste ist das Nationalmonument zu Rom vom Grafen Sacconi (im Bau begriffen).
Alle andern Kulturländer, namentlich auch die Vereinigten Staaten [* 58] von Amerika, [* 59] haben Reiterstandbilder in größerer Zahl geschaffen, ebenso wie solche in Ägypten, [* 60] Indien, Südamerika, [* 61] von europ., meist engl. Künstlern gefertigt, errichtet wurden.