(Tetanus und Trismus), eine Krankheit, welche darin sich äußert, daß auf geringe Erregungen entweder nur
gewisse Muskelgruppen, z. B. die Kaumuskeln beim Trismus (Mundsperre), die Nackenmuskeln beim Opisthotonus
(Genickkrampf), oder daß die gesamte Muskulatur des Körpers in den Zustand stärkster Zusammenziehung gerät. Später reicht
der geringste Anlaß, eine Erschütterung, das Klappen einer Thür hin, um einen S. auszulösen. Fast immer wird zuerst der Kopf
durch starre Kontraktionen der Rückenmuskeln fixiert und rückwärts gezogen.
Vom Nacken aus verbreitet sich der Krampf über die Rückenmuskeln, der ganze Körper wird dadurch bogenförmig
rückwärts gekrümmt. Aber auch die Bauch- und Brustmuskeln beteiligen sich an dem S., deshalb ist der Unterleib eingezogen
und bretthart. Die kontrahierten Muskeln bleiben während des ganzen Verlaufs der Krankheit gespannt; sie sind dabei hart wie
Stein und der Sitz furchtbarer Schmerzen, welche denjenigen beim Wadenkrampf ähnlich sind. Die Krankheit
ist um so entsetzlicher, als der Kranke meist bis zum Tode das volle Bewußtsein seiner furchtbaren Leiden behält. Er leidet
Hunger und Durst, weil er nicht schlingen kann; der Schlaf fehlt, die Atmung ist erschwert, und die gestörte
Respiration und die Erstickungszufälle sind es auch, welche den Kranken meist schon nach wenigen Tagen hinwegraffen.
Der S. entsteht durch Vergiftungen, von welchen diejenige mit Strychnin am besten erforscht ist. Neuere Untersuchungen machen
es wahrscheinlich, daß die alte Einteilung in rheumatischen und traumatischen S. hinfällig sei, daß vielmehr alle
Fälle von kleinen Wunden ausgehen, in welchen eine Giftbildung (Briegers Tetanin und Tetanotoxin) durch Bakterien vor sich geht.
Da die Wunden meistens klein und unbedeutend sind, so hat man sie früher nicht beachtet und den S. als eine Erkältungskrankheit
gedeutet; für zahlreiche Fälle von S. nach Fußverletzungen, nach dem Einreißen von Splittern unter
einen Fingernagel, für den S. der Neugebornen, welcher von der Nabelwunde ausgeht, sind
indessen Bakterien (Tetanusbacillen)
nachgewiesen worden, welche auch in Nährflüssigkeiten ein Gift hervorbringen, welches Tetanus bei Tieren erzeugt. Diese Bacillen
kommen im Erdboden vor, woraus sich die Gefährlichkeit kleiner Fußwunden namentlich bei barfuß gehenden Personen
erklärt. Die Behandlung gewährt nur Aussicht, wenn frühzeitig die Wunde ausgeschnitten oder das Glied amputiert wird; gegen
den S. selbst wendet man Morphium an, um das Leiden zu lindern.
S. kommt auch bei den Haustieren und besonders häufig bei Pferden vor. Gewöhnlich entwickelt sich das Leiden schnell, aber
ohne Temperaturerhöhung. Die Pferde gehen steif, mit gestrecktem Kopf; die Muskeln sind gespannt, und oft
bekunden die Tiere eine krankhafte Reizbarkeit. Die Schneidezähne sind mehr oder weniger fest aufeinander geklemmt, so daß
die Tiere wohl noch Wasser trinken, aber keine festen Nahrungsmittel verzehren können. Nach diesem Symptom wird der S. auch
Maulsperre (Trismus) genannt. Mehr als die Hälfte der am S. erkrankten Tiere geht zu Grunde. Bei günstigem
Verlauf lassen die Symptome am 10.-15. Krankheitstag allmählich nach; aber die Rekonvaleszenz erstreckt sich auf 4-6 Wochen.
Mit Arzneimitteln kann beim S. nicht viel geholfen werden. Mehr empfiehlt sich zweckmäßige Pflege und Vermeidung jeder
Aufregung der kranken Tiere.
(Tetanus), eine tonische, d. h. andauernde Zusammenziehung der Muskeln, beruhend auf
krankhaft gesteigerter Reflexerregbarkeit des Rückenmarks und nicht mit der Starrsucht (s. d.) zu verwechseln. Er erhält
nach den von ihm ergriffenen Muskelpartien verschiedene Namen: so heißt er Trismus (Kinnbackenkrampf, Mundklemme, Mundsperre),
wenn der Unterkiefer fest an den Oberkiefer angezogen wird;
Pleurothotonus, wenn die Muskeln einer Seite
des Körpers, davon befallen, denselben nach dieser Seite krümmen;
Opisthotonus, wenn die Rückenmuskeln Kopf und Rumpf nach
hinten, Emprosthotonus, wenn die Bauch- und Halsmuskeln sie nach vorn zusammenziehen, und endlich Tetanus universalis, wenn
alle Muskeln davon ergriffen sind.
Letzterer verbreitet sich gewöhnlich von oben nach unten, zuerst über die Hals-
und Gesichtsmuskeln, dann über die des Rumpfes und der Extremitäten und endlich das Zwerchfell und das Herz. Die kontrahierten
Muskeln sind dabei gespannt, brettartig hart und der Sitz äußerst heftiger Schmerzen, die denjenigen beim Wadenkrampf zu vergleichen
sind. Die entsetzliche Krankheit läßt das Bewußtsein und die Sinne meist bis zum Tode ungetrübt. Auch
die meisten übrigen Funktionen geben ungestört von statten; die unglücklichen Kranken leiden Hunger und Durst, weil sie
wegen der heftigen Krämpfe der Schlundmuskeln nicht schlingen können.
Die Atmung ist sehr erschwert, weil auch die Atmungsmuskeln von Krämpfen betroffen werden, und Atemnot ist daher ein häufiges
Symptom des S. Andauernde Krämpfe der Atmungsmuskulatur führen durch Behinderung der Atmung zu Erstickungsanfällen
und Tod. Der S. kann anhaltend sein, aber auch wieder nachlassen und in erneuten Anfällen zurückkehren. Letztere hängen
besonders von äußern Reizungen der Empfindungsnerven ab, so daß manchmal schon das bloße Anrühren oder Anfächeln, das
Anreden des Kranken, ein kalter Tropfen, der Versuch zu schlucken u. dgl. den Anfall hervorruft.
Die Dauer der Krankheit, ehe sie in Genesung oder Tod übergeht, kann sich von nur wenigen Minuten bis auf mehr als einen Monat
belaufen, weshalb man auch eine akute und eine chronische Form unterscheidet. Bei den Leichenöffnungen hat
man Blutüberfüllung, entzündliche Vorgänge und Bindegewebswucherungen im Rückenmark gefunden.
Am häufigsten findet
sich die Krankheit bei neugeborenen Kindern vom ersten bis zum siebenten Tage nach dem Abfallen der Nabelschnur (Trismus neonatorum)
und bei kräftig konstituierten Männern im reifern Alter, in heißen Gegenden, nach Verwundungen (Riß- und Quetschwunden),
besonders wo Flechsen und Nerven verletzt sind (Wundstarrkrampf), nach heftiger Erkältung, besonders
Nachtlagern im Freien (rheumatischer S.), bei Vergiftung mit Strychnin (Brechnuß, Upasgift), Brucin und andern sog. Rückenmarksgiften
(toxischer S.).
Für den Wundstarrkrampf (Tetanus traumaticus) ist nach neuern Untersuchungen von Nicolaier und namentlich Kitasato ein Bacillus
die Ursache, von schmaler, trommelschlegelartiger Gestalt, wenig beweglich und mit eigentümlicher arthrogener
Sporenbildung; die Reinkultur der streng anaëroben Bacillen (s. Anaërobien) gelingt nur unter besondern Vorsichtsmaßregeln.
Der Tetanusbacillus dringt in die Wunden ein, wenn sie mit Staub oder Gartenerde in Berührung kommen, wo er häufig vorkommt,
vermag jedoch nur bei absolutem Sauerstoffabschluß zu wachsen.
Die Überimpfung der sehr widerstandsfähigen Sporen auf Mäuse tötet diese sicher, doch verschwinden
die Bacillen im Blute sehr rasch. Aus den Kulturen stellte Brieger das Tetanin dar, ein typische Anfälle von S. erzeugendes
Gift. Hinwegräumung der Ursachen ist das erste Erfordernis der Behandlung des S. und bei einer der häufigsten, bei Verwundungen,
kann durch zweckmäßiges Verbinden, entsprechende chirurg. Operationen und sonstige Pflege viel zur Verhütung
von S. gethan werden.
Für die Linderung und Verhütung der Anfälle sind narkotische und anästhetische Mittel (besonders Opiate, Morphium, Chloral,
Chloroform) fast unentbehrlich, auch warme Bäder oft von Vorteil. Daneben sucht man jeden Sinnesreiz (Licht, Schall), jede Bewegung,
jede Gemütserregung, fast jede Berührung von dem Kranken entfernt zu halten. Neuerdings versucht man den S. durch Schutzimpfung
(s. d.), Einspritzungen von Blutserum von Tieren, die durch Impfung mit abgeschwächten Kulturen der Tetanusbacillen immunisiert
wurden, zu heilen; jedoch konnte bisher eine sichere Heilung nur dann erzielt werden, wenn das Antitoxin vor
Ausbruch des S. angewandt wurde.
S., auch Hirschkrankheit genannt, kann auch die Haustiere befallen. Die Tiere halten den Kopf steif und mitunter horizontal
(Hirschkrankheit), vermögen nicht mehr zu kauen (Maulsperre), stehen da «wie ein Sägebock»; bei Berührung werden
Krampfanfälle ausgelöst. Die Aussichten für die Heilung sind ungünstig. Vor allen Dingen muß die
Wunde, von der die Ansteckung ausging, weit eröffnet und nachdrücklichst mit Carbolsäure, Sublimatwasser desinfiziert werden.
Hierauf sind die erkrankten Tiere in einen dunkeln, ruhigen Stall zu verbringen und vermittelst Mehl- oder Kleiengesöffs zu
ernähren. Heilmittel erwiesen sich bis jetzt als nutzlos.