Schatz-252 kammer, dann bis zum Sturz Disraelis 1880 Kriegsminister. Unter Salisbury bekleidete er Juni 1885 bis Febr. 1886 das
Staatssekretariat für Kolonien und unter Erhebung zum Lord S. von Preston Aug. 1886 bis Febr. 1888 die Präsidentschaft des
Handelsamtes. Darauf wurde er Generalgouverneur von Canada. Als sein Bruder, der fünfzehnte Graf Derby, kinderlos
starb, erbte er dessen Titel und Besitzungen.
(spr. stännlĕ), Henry Morton, eigentlich James Rowland, Afrikareisender, geb. bei
Denbigh in Wales, Sohn des Farmers John Rowland, wurde im Armenhaus bis zu seinem 13. Jahre erzogen, ging dann als Schiffsjunge
nach Neuorleans, wo ihn ein Kaufmann Namens S. zu sich nahm, in den Handelsgeschäften unterrichten ließ
und schließlich adoptierte. Später diente S. als Freiwilliger in der Armee der Nordstaaten. Nach dem Friedensschluß bereiste
er als Zeitungskorrespondent die Türkei und Kleinasien und nahm 1867 als Berichterstatter für die Zeitung «New York Herald»
am Feldzuge der Engländer gegen Theodor von Abessinien teil. 1869 gab ihm der Eigentümer jenes Blattes,
Gordon Bennett jun., den Auftrag, den verschollenen Livingstone in Afrika aufzusuchen; zuvor sollte er der Einweihung des Sueskanals
beiwohnen, Ägypten bereisen, dann Konstantinopel, die Krim, das Kaspische Meer, Bagdad, Persien und Indien besuchen. Im Jan. 1871 kam
S. in Sansibar an. Nach längerm Aufenthalt an der Küste trat er mit einer sehr großen Eskorte von Eingeborenen die Reise
nach dem Innern an, erreichte auf unbetretener Route unter außerordentlichen Schwierigkeiten 3. Nov. Ujiji am Tanganikasee und
fand hier Livingstone, der kurz zuvor aus Manjema eingetroffen war. Im Dezember trat er mit Livingstone
eine Reise um das nördl. Ende des Tanganika an. Am erreichten die Reisenden Unjanjembe, wo Livingstone blieb, um
Mittel zur Fortsetzung seiner Forschungen zu erwarten, während S. zurückkehrte. Im Mai 1872 erreichte er wieder die
Küste.
Über seine Reise, die etwa 10000 Pfd. St. gekostet hatte, berichtete er in der Aufsehen
erregenden Schrift «How I found Livingstone» (Lond.
1872; deutsch, 2 Bde., Lpz. 1879; 3. Aufl.
1891; auch in Reclams «Universalbibliothek»); außer seinen eigenen Beobachtungen brachte er überaus wertvolle Berichte Livingstones
über das von letzterm erforschte See- und Flußsystem im Südwesten und Westen des Tanganika. 1873–74
wohnte S. dem brit. Feldzug gegen den König der Aschanti, Koffi Kalkalli, bei.
Eine Schilderung dieses Feldzugs findet sich in dem Buch «Coomassie and Magdala» (Lond. 1874). Im J. 1874 vereinigten sich die
Eigentümer des «New York Herald» und des Londoner «Daily Telegraph», um auf gemeinschaftliche Kosten S.
eine neue Afrikareise machen zu lassen. Im November verließ er mit 300 Soldaten und Trägern Bagamojo und erreichte Febr. 1875 den
Ukerewesee (Victoria-Njansa). Im Jan. 1876 zog er nach der Residenz des Königs Mtesa von Uganda am Nordufer des Sees, der
ihm 2000 Speerträger für eine Reise durch das feindliche Land Unjoro zum Albertsee, dem andern großen
Quellsee des Nils, zur Verfügung stellte. S. erreichte 11. Jan. einen mächtigen See, den er für eine große Bucht am südl.
Albertsee hielt und Beatricebai nannte; nach spätern Aufnahmen durch den ägypt. Oberst Mason-Bei und durch seine eigene Reise 1889 ist
jedoch festgestellt
worden, daß S. nicht den Albertsee (Mwutan), sondern den Albert-Eduard-See fand. S. konnte ihn wegen
Ungehorsams der Begleitung nicht befahren und kehrte nach Uganda zurück.
Von hier wandte er sich südwärts nach dem Lande Karagwe am Westufer des Ukerewe und versuchte vergebens, zum Albertsee vorzudringen.
Dagegen erforschte er den Fluß Kagera (auch Alexandranil genannt). Dann wandte sich S. zum Tanganikasee,
den er ebenfalls (Juni und Juli 1876) vollständig umfuhr und dessen Karte er verbesserte. Den von Cameron entdeckten Ausfluß
des Tanganika nach Westen, den Lukuga, hielt S. für einen verschlammten Zufluß des Sees. Auf seiner weitern westwärts
gerichteten Reise gelangte S. zunächst nach Njangwe in Manjema, brachte hier seine sehr zusammengeschmolzene Begleitung wieder
auf 210 Mann, schiffte sich dann auf dem Lualaba ein und langte nach einer gefahrvollen Stromfahrt, zahlreiche Katarakte
und Schnellen überwindend, und unter aufreibenden Kämpfen mit den Eingeborenen in Boma am
untern Kongo an, so die Identität des Lualaba mit dem Kongo feststellend. Dadurch wurden über 5000 km Wasserstraßen, schiffbar
bis in das Innerste von Afrika, dem Verkehr erschlossen, welche nur durch einige größere Strecken von Katarakten und Stromschnellen
unterbrochen werden. Schon vier Monate nach seiner Rückkehr veröffentlichte S. ein Werk über diese Reise
u.d.T. «Through the dark Continent» (Lond. 1878;
deutsch von Böttger, 2 Bde., Lpz. 1878; 3. Aufl.
1891).
Als 1878 unter den Auspizien des Königs Leopold II. von Belgien das Comité d'etudes du Haut Congo gegründet war, welches es
sich zur Aufgabe stellte, die Möglichkeit des Handelsverkehrs mit Centralafrika nachzuweisen und dauernde
Niederlassungen längs des Kongo zu errichten, wurde S. mit der Leitung einer Expedition betraut. Am hatte die Expedition
mit dem ersten Dampfer den Stanley Pool erreicht, nachdem längs des untern Kongo seit 1879 ein Transportweg mühselig angelegt
und eine Reihe von Stationen errichtet und umfangreiche Strecken Landes angekauft worden waren. S. gründete
dann an der Mündung des Kwa (Kassai) die Station Kwamouth, fuhr den Kwa aufwärts und entdeckte einen ungefähr 2000 qkm großen
See, dem er den Namen Leopolds II. gab.
Seit Nov. 1882, während des J. 1883 und der ersten Hälfte von 1884 wieder am Kongo thätig, errichtete
er Stationen im Thal des Kuilu, erwarb neue Landstrecken und begründete Niederlassungen bis zu den Stanleyfällen. Im Aug. 1884 nach
Europa zurückgekehrt, nahm er als technischer Kommissar des amerik. Bevollmächtigten an der in Berlin tagenden Westafrikanischen
Konferenz teil. Die Gründung des Kongostaates schilderte S. in dem Werke «The Congo and the founding ofits free state» (deutsch von H. von Wobeser, 2 Bde., Lpz.
1885; 2. Aufl. 1887).
Ende 1886 übernahm S. die Organisation einer auf Kosten der ägypt. Regierung und einiger
engl. Privatleute auszurüstenden Expedition angeblich zum Entsatz Emin Paschas. Im Jan. 1887 verließ
S. England, warb in Sansibar Eingeborene für die Expedition an und traf 18. März am Kongo ein. Seine Begleitung bestand aus 9 Europäern, 620 Sansibarleuten
und 407 Trägern aus Manjema, welche ihm der arab. Sklaven- und Elfenbeinhändler Tippo-Tip stellte. Am 30. April dampfte die Expedition
von
mehr
253 Stanley Pool stromaufwärts ab nach Banalja am Aruwimi, wo Major Bartelott mit 257 Mann zurückgelassen, aber bei einem
Aufruhr seiner Leute im Juli 1888 ermordet wurde. S. marschierte von Banalja ab mit 383 Mann. Er folgte dem
Lauf des Aruwimi direkt nach Osten. Ein ungeheurer Urwald nahm ihn auf; nach 160 Tagen hatte er ihn 3. Dez. durchschritten,
nachdem in Ibwiri das Fort Bodo angelegt und mit 173 Mann besetzt worden war. Am stand S. auf den Höhen von Kavalli
am Ufer des Albertsees.
Da er keine Nachricht von Emin vorfand, kehrte er vorläufig nach Fort Bodo zurück, wo er bis zum blieb.
Endlich traf er mit Emin bei Kavalli zusammen, nachdem er unzählige Beschwerden und Kämpfe mit den Eingeborenen
bestanden. Seine Mittel waren erschöpft. Um sie zu ergänzen und Emin wirkliche Hilfe leisten zu können, beschloß
er, die Nachhut unter Major Bartelott aufzusuchen und heranzuholen. In 82 Tagen marschierte er von Kavalli nach Banalja, wo
er nur die elenden Reste seiner Depotmannschaften (71 Mann) vorfand.
Sofort am Ende des Monats machte er sich wieder auf durch den schrecklichen Urwald und traf am
Albertsee ein. (Näheres s. Emin Pascha.) S. setzte sich mit der 1450 Mann starken Karawane in Marsch, zuerst nach
Süden, um den Schneeberg Runsóro, nach dem Albert-Eduard-See, durch Karagwe und Unjamwesi und traf endlich von Major
Wissmann empfangen, in Bagamojo ein. Nach einer austral. Reise ließ er sich 1892 in England naturalisieren
und wurde 1895 ins Unterhaus gewählt, wo er der unionistischen Partei angehört.
Die geogr. Resultate seiner Reisen sichern S. einen Rang unter den ersten Afrikaforschern. Hauptergebnis seiner ersten Expedition
war der Nachweis, daß der Tanganika nicht zum Quellsystem des Nils gehöre. Auf der zweiten Reise stellte
er durch Umfahrung des Ukerewesees dessen Einheitlichkeit fest, entdeckte einen neuen großen See, den Albert-Eduard-See,
und löste sodann durch die Durchquerung des dunkeln Erdteils das Rätsel des Kongostroms, dadurch den Hauptcharakterzug
der centralafrik.
Geographie klar legend. Durch die dritte Reise hat er den ganzen Lauf des Aruwimi und den des von Junker
entdeckten Nepoko festgestellt, dann den Zusammenhang des Albert- mit dem Albert-Eduard-See durch den Fluß Semliki nachgewiesen
und endlich die vollkommen unbekannten Länder längs des Aruwimi und westlich vom Victoria-Njansa erforscht. Seine Emin-Pascha-Expedition
beschrieb er in «Im dunkelsten Afrika» (2 Bde., Lpz. 1890; 5. Aufl.
1891). «S.s Reise durch den dunkeln Weltteil» von Volz (5. Aufl., Lpz. 1890) ist eine für weitere Kreise bestimmte Bearbeitung
von S.s erster Kongofahrt. S. veröffentlichte außerdem: «My dark companionsand their strange stories» (Lond. 1893) und «Myearly travels and adventures in America and Asia» (2 Bde., ebd. 1895). –