im weitern
Sinn diejenigen von den Vorfahren ererbten
Immobilien, welche die Bestimmung
haben, bei der betreffenden
Familie zu bleiben. Im einzelnen wird aber dabei wiederum zwischen Stammgütern im engern
Sinn,
zwischen
Familienfideikommiß- und
Erbgütern unterschieden. Erstere (bona stemmatica) sind Familiengüter des höhern und
niedern
Adels, bei welchen die
Erbfolge vermöge Herkommens nur auf
Agnaten, d. h. auf die durch
Männer miteinander
verwandten männlichen Familienangehörigen, übergeht.
Bei den Familienfideikommißgütern ist durch besondere
Disposition bestimmt, daß dieselben stets bei der
Familie bleiben
sollen (s.
Fideikommiß), während die
Erbgüter endlich, welche sich früher auch beim Bürgerstand fanden, dadurch ausgezeichnet
sind, daß ihre
Veräußerung, abgesehen von besondern Notfällen, im
Interesse der Intestaterben untersagt oder doch
erschwert ist.
Geschlechtsgüter, im weitern Sinne von den Vorfahren ererbte Grundstücke oder Güter, die in der Familie
vererbt werden und bei welchen der Eigentümer in der freien Veräußerung durch die Rechte der nächsten
Erben überhaupt oder doch gewisser Erben beschränkt ist. In diesem weitern Sinne werden (bürgerliche) Erbgüter und S. im
engern Sinne zusammen S. genannt. Erbgüter, welche vorzugsweise für Nichtadlige vorkommen, sind solche Güter, bei welchen
die Verfügungsbeschränkung zu Gunsten der gesetzlichen Erben ohne Unterschied des Geschlechts besteht; die Erbgüter unterliegen
auch der regelmäßigen Erbfolge.
Die S. im engern Sinne, welche ausschließlich (mit seltenen Ausnahmen) dem Adel gehören, pflegen nur auf männliche Nachfolger
überzugehen; die Veräußerungsbeschränkung besteht lediglich zu Gunsten der Söhnebez. Agnaten. Der hohe Adel strebte dahin,
die ererbten Güter den Söhnen zu erhalten und dadurch der Familie die polit. und sociale Stellung zu sichern.
Einige Zeit hindurch ließ man die Töchter auf das Stammgut verzichten; später halfen Familienverträge oder Hausgesetze
nach, welche die Nachfolge der Söhne festsetzten oder bestimmten, daß ausgestattete Töchter verzichten müßten.
Bei der Reichsritterschaft wurde es zu einer durch Statuten gesicherten Observanz, daß die Töchter bis
auf den ledigen Anfall zu verzichten hätten. Für den landsässigen Adel bildete sich ein entsprechendes Gewohnheitsrecht,
mitunter sprachen auch Landesgesetze die Ausschließung aller Frauen von der Nachfolge in die S. aus. Zuweilen wird die Stammgutseigenschaft
als eine Eigenschaft des Gutes angesehen, welche demselben anhaftet, auch wenn die Besitzer dem Adel nicht
oder nicht mehr angehören. Wie weit die Beschränkungen des jeweiligen Besitzers reichen, hängt von den für das einzelne
Stammgut maßgebenden rechtlichen Bestimmungen ab. Danach bestimmt sich auch, ob die Güter teilbar sind oder Einzelnachfolge
stattfindet.
Die Zwecke des Stammguts im engern Sinne sind hiernach im wesentlichen die gleichen wie bei den
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mehr
Familienfideïkommissen (s. d.). Doch steht das Stammgut im Eigentum des jedesmaligen
Besitzers, dessen Rechte nur eingeschränkt sind durch die Rechte der Söhne oder der zur Zeit der Verfügung lebenden Agnaten;
selbst die Substanz des Stammguts kann verschuldet und demgemäß das Stammgut Schulden halber veräußert werden. Nach der
Ansicht vieler besteht bei dem Stammgut nicht die Nachfolgeex pacto et providentia majorum, sondern die
regelmäßige Erbfolge.
Nicht selten ist es zweifelhaft, ob ein Stammgut oder ein Familienfideïkommißgut vorliegt. Auch treffen die vorstehend
angegebenen Unterscheidungen nach dem geltenden Recht nicht überall zu. Die Konkursordnung §. 45 und das Einführungsgesetz
hierzu, §. 5, sprechen von S., ohne eine Begriffsbestimmung beizufügen, ebenso Art. 59 und 218 des Einführungsgesetzes
zum neuen Bürgerl. Gesetzbuch, welche das Recht der S. landesrechtlicher Regelung überlassen. – Das BadischeLandrecht spricht
in Satz 577 ca. ‒ 577 co vom Familieneigentum oder Stammgut und umschreibt Stammgut als dasjenige Vermögen, welches zu Erhaltung
eines Namens und Stammes gesetzmäßig ausgeschieden ist, offenbar indem es Vorschriften über Familienfideïkommisse geben
will.
Das Preuß. Allg. Landrecht und das Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch schweigen von S. – S. im engern Sinne kommen insbesondere
vor in Westfalen,
[* 6] in Hannover,
[* 7] in dem frühern Kurhessen, in Württemberg,
[* 8] in Hessen.
[* 9] In einem großen
Teile von Deutschland finden sich S. im engern Sinne nicht; in einzelnen Staaten, z. B. Oldenburg
[* 10] (Gesetz vom Art.
40), sind sie sogar ausdrücklich aufgehoben. –
Vgl. Neubauer, Zusammenstellung des in Deutschland geltenden Rechts, betreffend
S. (Berl. 1879), S. 1 fg.; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts (2. Aufl., 5 Bde.,
ebd. 1882‒85), §. 320;Roth, System des deutschen Privatrechts (3 Bde., Tüb.
1880‒86), §. 330.