Stahl
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Stahl,
Stahl,
1) Georg Ernst, Chemiker und Mediziner, geb. zu Ansbach, [* 3] studierte in Jena [* 4] wurde 1687 Hofarzt des Herzogs von Weimar, [* 5] 1694 Professor der Medizin in Halle, [* 6] 1716 Leibarzt des Königs von Preußen; [* 7] starb in Berlin. [* 8] S. stellte eine Theorie der Chemie auf, welche bis auf Lavoisier allgemeine Geltung behielt und auf der Annahme des Phlogistons beruhte. Auch entdeckte er viele Eigenschaften der Alkalien, Metalloxyde und Säuren. Seine Hauptwerke sind: »Experimenta et observationes chemicae« (Berl. 1731) und »Theoria medica vera« (Halle 1707; Leipz. 1831-33, 3 Bde.; deutsch von Ideler, Berl. 1831-32, 3 Bde.), in welcher er Hoffmann bekämpfte und die Lehre [* 9] vom psychischen Einfluß (Animismus, s. d.) aufstellte.
2) Friedrich Julius, hervorragender Schriftsteller im Fach des Staatsrechts und Kammerredner, geb. zu München [* 10] von jüdischen Eltern, trat 1819 in Erlangen [* 11] zur protestantischen Kirche über, studierte in Würzburg, [* 12] Heidelberg, [* 13] Erlangen Rechtswissenschaft und habilitierte sich im Herbst 1827 als Privatdozent in München. In demselben Jahr erschien seine erste größere Schrift: »Über das ältere römische Klagenrecht« (Münch. 1827). Von Schelling angeregt, schrieb er: »Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht« (Heidelb. 1830-1837, 2 Bde. in 3 Abtlgn.; 5. Aufl. 1878), sein wissenschaftliches Hauptwerk, welches trotz großer Mängel epochemachend für die Geschichte der Staatswissenschaft ist. S. trat darin der naturrechtlichen Lehre schroff entgegen und begründete seine Rechts- und Staatslehre »auf der Grundlage christlicher Weltanschauung«, indem er »Umkehr der Wissenschaft« zum Glauben an die geoffenbarte Wahrheit der christlichen Religion forderte. 1832 ward S. zum außerordentlichen Professor in Erlangen, im November zum ordentlichen Professor für Rechtsphilosophie, Pandekten und bayrisches Landrecht in Würzburg ernannt.
Später kehrte er nach Erlangen zurück und lehrte hier Kirchenrecht, Staatsrecht und Rechtsphilosophie. 1840 als Professor der Rechtsphilosophie, des Staatsrechts und Kirchenrechts nach Berlin berufen, 1849 von König Friedrich Wilhelm IV., der ihm seine Gunst zuwandte, zum lebenslänglichen Mitglied der damaligen Ersten Kammer, des spätern Herrenhauses ernannt, wurde S. der Hauptwortführer der Reaktion und der ritterschaftlichen Partei, der er bis zu seinem Ende treu geblieben ist.
Auch auf kirchlichem Gebiet benutzte er seine
Stellung als Mitglied des evangelischen
Oberkirchenrats (1852-58) zur Lockerung
der
Union, zur Stärkung des lutherischen Konfessionalismus und zur Erneuerung der Herrschaft der orthodoxen
Geistlichkeit
über die Laienwelt. Der politische Umschwung infolge der
Erhebung des
Prinz-Regenten und der
Sturz des
Ministeriums
Manteuffel brachen auch Stahls
Herrschaft im
Oberkirchenrat und veranlaßten 1858 seinen
Austritt aus dieser Behörde.
Seitdem setzte er den politischen Kampf gegen das »Ministerium der liberalen Ära« mit zäher Energie im Herrenhaus fort, drohend, »das Haus werde in seinem Widerstand gegen die neue liberale Richtung der Regierung vielleicht brechen, aber nicht biegen«, erlebte jedoch nicht mehr den Umschlag der Regierung, welche nach schwachen liberalen Versuchen ihre Stütze wieder in dem Herrenhaus suchte. Er starb in Brückenau. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: »Die ¶
Kirchenverfassung nach Lehre und Recht der Protestanten« (Erlang. 1840, 2. Aufl. 1862);
»Über Kirchenzucht« (Berl. 1845, 2. Aufl. 1858);
»Das monarchische Prinzip« (Heidelb. 1845);
»Der christliche Staat« (Berl. 1847, 2. Aufl. 1858);
»Die Revolution und die konstitutionelle Monarchie« (das. 1848, 2. Aufl. 1849);
»Was ist Revolution?« (1.-3. Aufl., das. 1852);
»Der Protestantismus als politisches Prinzip« (das. 1853, 3. Aufl. 1854);
»Die katholischen Widerlegungen« (das. 1854);
»Wider Bunsen« (gegen dessen »Zeichen der Zeit«, 1.-3. Aufl., das. 1856);
»Die lutherische Kirche und die Union« (das. 1859, 2. Aufl. 1860).
Nach seinem Tod erschienen: »Siebenzehn parlamentarische Reden« (Berl. 1862) und »Die gegenwärtigen Parteien in Staat und Kirche« (2. Aufl., das. 1868).
Vgl. »Pernice, Savigny, S.« (Berl. 1862).
3) Karl, Pseudonym, s. Gödeke.