Stärke
[* 2] (Stärkemehl, Satzmehl, Kraftmehl, Amylum), neben Protoplasma (s. d.) u. Chlorophyll (s. d.) der wichtigste Inhaltsbestandteil der Pflanzenzelle, in welcher sie in Form organisierter Körner [* 1] (Fig. 1 u. 2) auftritt. Dieselben besitzen eine sehr ¶
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wechselnde Größe und erscheinen kugelig, oval, linsen- oder spindelförmig, mitunter, wie im Milchsaft der Euphorbien, auch
stabartig mit angeschwollenen Enden, in andern Fällen durch gegenseitigen Druck polyedrisch. Nicht selten treten mehrere Körner
zu einem abgerundeten Ganzen zusammen (zusammengesetzte Stärke
körner). Im Wasser liegende Stärke
körner lassen eine deutliche
Schichtung
[* 2]
(Fig. 1a) erkennen, welche dadurch hervorgerufen wird, daß um
eine innere, weniger dichte Partie, den sogen. Kern, Schichten von ungleicher Lichtbrechung schalenartig gelagert sind; der
Kern liegt nur bei kugeligen Körnern genau im Mittelpunkt, meist ist er exzentrisch, und die ihn umgebenden Schichten haben dem
entsprechend ungleiche Dicke.
Die Schichtung wird durch verschiedenen Wassergehalt und entsprechend verschiedene Lichtbrechung der
Schichten verursacht, weshalb auch trockne oder in absolutem Alkohol liegende Körner ungeschichtet erscheinen. In polarisiertem
Licht
[* 4] zeigen alle Stärke
körner ein helles, vierarmiges Kreuz,
[* 5] dessen Mittelpunkt mit dem Schichtungszentrum zusammenfällt,
und verhalten sich demnach so, als wenn sie aus einachsigen Kristallnadeln zusammengesetzt wären.
Mit Jodlösung färben sich je nach Konzentration derselben die Stärke
körner mit wenigen Ausnahmen indigoblau
bis schwarz, eine Reaktion, durch welche sich auch sehr geringe Stärke
mengen in Gewebeteilen nachweisen lassen. In kaltem
Wasser sind die Körner unlöslich, quellen aber in warmem Wasser auf und lösen sich zuletzt beim Kochen auf. Nach Einwirkung
von Speichel oder von verdünnten Säuren bleibt ein substanzärmeres Stärke
skelett zurück, das sich
mit Jod nicht mehr blau, sondern violett oder gelb färbt, so daß die Annahme zweier verschiedener Substanzen (von Nägeli als
Granulose und Cellulose bezeichnet) naheliegt; jedoch scheint die Annahme einer unter diesen Umständen eintretenden Umwandlung
der S. in Amylodextrin wahrscheinlicher.
Die S. tritt in den verschiedenartigsten Geweben aller Pflanzen mit Ausnahme der Pilze
[* 6] und einiger Algen
[* 7] (Diatomeen und Florideen)
auf; bei letztern wird sie jedoch durch eine ähnliche Substanz (Florideenstärke
) vertreten, welche sich mit Jod gelb oder
braun färbt und direkt aus dem Zellplasma hervorgeht. Auch im Zellinhalt von Euglena kommen stärke
ähnliche,
mit Jod jedoch sich nicht färbende Körner (Paramylon) vor. Endlich tritt in den Epidermiszellen einiger höherer Pflanzen eine
mit Jod sich blau oder rötlich färbende Substanz in gelöster Form (lösliche S.) auf. In allen übrigen Fällen ist das Auftreten
der S. in der beschriebenen Körnerform die Regel. Sehr reich an S. sind die als Stoffmagazine dienenden
Gewebe der
[* 8] Samen,
[* 9] Knollen,
[* 10] Zwiebeln und Rhizome sowie die Markstrahlen und das Holzparenchym im Holzkörper der Bäume.
Diese Reservestärke
unterscheidet sich durch ihre Großkörnigkeit von der feinkörnigen, im assimilierenden Gewebe auftretenden
S. (s. Ernährung der Pflanzen). Die Bildung der S. erfolgt entweder innerhalb der Chlorophyllkörner und
andrer Farbstoffkörper, oder sie entsteht aus farblosen Plasmakörnern, den Leukoplasten oder
Stärke
bildnern. Die letztern
treten besonders in solchen chlorophyllfreien Geweben auf, in welchen die Assimilationsprodukte in Reservestärke
übergeführt
werden, wie in vielen stärke
mehlhaltigen Knollen; in diesen werden die kleinen Stärke
körner von den Leukoplasten fast
ganz eingehüllt, während letztere den großen, exzentrisch gebauten Stärkekörnern nur einseitig aufsitzen.
Bei vielen Chlorophyllalgen, z. B. bei Spirogyra, treten die Stärkemehlkörner an besondern Bildungsherden im Umkreis von plasmatischen Kernen (Pyrenoiden) auf. Das Wachstum der anfangs ganz winzigen Stärkekörner erfolgt durch Einlagerung neuer Stärkemoleküle zwischen die schon vorhandenen (Intussuszeption), während die zusammengesetzten Stärkekörner sich durch nachträgliche Verschmelzung und Umlagerung mit neuen Schichten bilden. Die Auflösung der S. im Innern der Pflanzenzelle kommt vorzugsweise durch Einwirkung von Fermenten zu stande, welche der Diastase des keimenden Getreidekorns ähnlich sind. Im Leben der Pflanze liefert die S. das Material für den Aufbau der Zellwand. - Auch in chemischer Beziehung steht das Stärkemehl C6H10O5^(C6H10O5) in naher Verwandtschaft zu andern Kohlehydraten, wie der Cellulose, den Zuckerarten, dem Dextrin u. a. Die Umwandlung in Dextrin und Zucker [* 11] erfolgt besonders leicht durch Behandlung der S. mit verdünnten Säuren, Diastase, Speichel, Hefe [* 12] und andern Fermenten.
Bei 160° geht die S. in Dextrin über, mit konzentrierter Salpetersäure bildet sie explosives Nitroamylum (Xyloidin), mit verdünnter Salpetersäure gekocht, Oxalsäure. Beim Erhitzen mit Wasser quillt die S. je nach der Abstammung bei 47-57°, die Schichten platzen, und bei 55-87° (Kartoffelstärke bei 62,5,° Weizenstärke bei 67,5°) entsteht Kleister, welcher je nach der Stärkesorte verschiedenes Steifungsvermögen besitzt (Maisstärkekleister größeres als Weizenstärkekleister, dieser größeres als Kartoffelstärkekleister) und sich mehr oder weniger leicht unter Säuerung zersetzt.
Man gewinnt S. aus zahlreichen, sehr verschiedenen Pflanzen, von denen Weizen, Kartoffeln, Reis (Bruchreis aus den Reisschälfabriken) und Mais besonders wichtig sind. Wichtige Objekte des Handels sind außerdem: Sago, Marantastärke (Arrowroot), brasilische Maniokstärke, ostindische Kurkumastärke und Kannastärke, letztere beiden ebenfalls als Arrowroot im Handel. Zur Darstellung der Kartoffelstärke werden die Kartoffeln, welche etwa 75 Proz. Wasser, 21 Proz. S. und 4 Proz. andre Substanzen enthalten, auf schnell rotierenden Cylindern, die mit Sägezähnen besetzt sind, unter Zufluß von Wasser möglichst fein zerrieben, worauf man den Brei, in welchem die Zellen möglichst vollständig zerrissen, die Stärkekörner also bloßgelegt sein sollen, aus einem Metallsieb, auf welchem ein Paar Bürsten langsam rotieren, unter Zufluß von Wasser auswäscht. Bei größerm Betrieb benutzt man kontinuierlich wirkende Apparate, bei denen der Brei durch eine Kette allmählich über ein langes, geneigt liegendes Sieb transportiert und dabei ausgewaschen und das
[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Formen von Stärkemehlkörnern aus der Kartoffel: a mit einem Kern, b mit zwei Kernen.
Fig. 2. Verschiedene Formen der Stärkemehlkörner: links aus der Roggenfrucht, daneben ein zusammengesetztes Korn aus dem Stempel der Sassaparille, bei b und c aus dem Milchsaft von Euphorbia [* 13] splendens.] ¶
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auf den schon fast erschöpften Brei fließende Wasser, welches also nur sehr wenig Stärkemehl aufnimmt, auch noch auf frischen Brei geleitet wird. Der ausgewaschene Brei (Pülpe) enthält 80-95 Proz. Wasser, in der Trockensubstanz aber noch etwa 60 Proz. S. und dient als Viehfutter, auch zur Stärkezucker-, Branntwein- und Papierbereitung; das Waschwasser hat man zum Berieseln der Wiesen benutzt, doch gelang es auch, die stickstoffhaltigen Bestandteile des Kartoffelfruchtwassers für die Zwecke der Verfütterung zu verwerten. Da die Pülpe noch sehr viel S. enthält, so zerreibt man sie wohl zwischen Walzen, um alle Zellen zu öffnen, und wäscht sie noch einmal aus. Nach einer andern Methode schneidet man die Kartoffeln in Scheiben, befreit sie durch Maceration in Wasser von ihrem Saft und schichtet sie mit Reisigholz oder Horden zu Haufen, in welchen sie bei einer Temperatur von 30-40° in etwa acht Tagen vollständig verrotten und in eine lockere, breiartige Masse verwandelt werden, aus welcher die S. leicht ausgewaschen werden kann.
Das von den Sieben abfließende Wasser enthält die Saftbestandteile der Kartoffeln gelöst und S. und feine Fasern, die durch das Sieb gegangen sind, suspendiert. Man rührt es in Bottichen auf, läßt es kurze Zeit stehen, damit Sand und kleine Steinchen zu Boden fallen können, zieht es von diesen ab, läßt es durch ein feines Sieb fließen, um gröbere Fasern zurückzuhalten, und bringt es dann in einen Bottich, in welchem sich die S. und auf derselben die Faser ablagert.
Die obere Schicht des Bodensatzes wird deshalb nach dem Ablassen des Wassers entfernt und als Schlammstärke direkt verwertet oder weiter gereinigt, indem man sie auf einem Schüttelsieb aus feiner Seidengaze, durch deren Maschen die S., aber nicht die Fasern hindurchgehen, mit viel Wasser auswäscht. Die Hauptmasse der S. wird im Bottich wiederholt mit reinem Wasser angerührt und nach jedesmaligem Absetzen von der obern unreinen S. befreit. Man kann auch die rohe S. mit Wasser durch eine sehr schwach geneigte Rinne fließen lassen, in deren oberm Teil sich die schwere reine S. ablagert, während die leichtern Fasern von dem Wasser weiter fortgeführt werden.
Sehr häufig benutzt man auch innen mit Barchent ausgekleidete Zentrifugalmaschinen, in welchen sich die schwere S. zunächst an der senkrechten Wand der schnell rotierenden Siebtrommel ablagert, während die leichte Faser noch im Wasser suspendiert bleibt. Das Wasser aber entweicht durch die Siebwand, und man kann schließlich die S. aus der Zentrifugalmaschine in festen Blöcken herausheben, deren innere Schicht die Faser bildet. Die feuchte (grüne) S., welche etwa 33-45 Proz. Wasser enthält, wird ohne weiteres auf Dextrin und Traubenzucker verarbeitet, für alle andern Zwecke aber auf Filterpressen oder auf Platten aus gebranntem Gips, [* 15] die begierig Wasser einsaugen, auch unter Anwendung der Luftpumpe [* 16] entwässert und bei einer Temperatur unter 60° getrocknet. Man bringt sie in Brocken oder, zwischen Walzen zerdrückt und gesiebt, als Mehl [* 17] in den Handel. Bisweilen wird die feuchte S. mit etwas Kleister angeknetet und durch eine durchlöcherte eiserne Platte getrieben, worauf man die erhaltenen Stengel [* 18] auf Horden trocknet. Um einen gelblichen Ton der S. zu verdecken, setzt man ihr vor dem letzten Waschen etwas Ultramarin zu.
Weizenstärke wird aus weißem, dünnhülsigem, mehligem Weizen dargestellt. Derselbe enthält etwa 58-64 Proz. S., außerdem namentlich etwa 10 Proz. Kleber und 3-4 Proz. Zellstoff, welcher hauptsächlich die Hülsen des Korns bildet. Die Eigenschaften des Klebers bedingen die Abweichungen der Weizenstärkefabrikation von der Gewinnung der S. aus Kartoffeln. Nach dem Halleschen oder Sauerverfahren weicht man den Weizen in Wasser, zerquetscht ihn zwischen Walzen und überläßt ihn, mit Wasser übergossen, der Gärung, die durch Sauerwasser von einer frühern Operation eingeleitet wird und namentlich Essig- und Milchsäure liefert, in welcher sich der Kleber löst oder wenigstens seine zähe Beschaffenheit so weit verliert, daß man nach 10-20 Tagen in einer siebartig durchlöcherten Waschtrommel die S. abscheiden kann.
Das aus der Trommel abfließende Wasser setzt in einem Bottich zunächst S., dann eine innige Mischung von S. mit Kleber und Hülsenteilchen (Schlichte, Schlammstärke), zuletzt eine schlammige, vorwiegend aus Kleber bestehende Masse ab. Diese Rohstärke wird ähnlich wie die Kartoffelstärke gereinigt und dann getrocknet, wobei sie zu Pulver zerfällt oder, wenn sie noch geringe Mengen Kleber enthält, die sogen. Strahlenstärke liefert, die vom Publikum irrtümlich für besonders rein gehalten wird. - Nach dem Elsässer Verfahren wird der gequellte Weizen durch aufrechte Mühlsteine [* 19] unter starkem Wasserzufluß zerquetscht und sofort ausgewaschen.
Das abfließende Wasser enthält neben S. viel Kleber und Hülsenteilchen und wird entweder der Gärung überlassen und dann wie beim vorigen Verfahren weiter verarbeitet, oder direkt in Zentrifugalmaschinen gebracht, wo viel Kleber abgeschieden und eine Rohstärke erhalten wird, die man durch Gärung etc. weiter reinigt. Die bei diesem Verfahren erhaltenen Rückstände besitzen beträchtlich höhern landwirtschaftlichen Wert als die bei dem Halleschen Verfahren entstehenden; will man aber den Kleber noch vorteilhafter verwerten, so macht man aus Weizenmehl einen festen, zähen Teig und bearbeitet diesen nach etwa einer Stunde in Stücken von 1 kg in einem rinnenförmigen Trog unter Zufluß von Wasser mit einer leicht kannelierten Walze. Hierbei wird die S. aus dem Kleber ausgewaschen und fließt mit dem Wasser ab, während der Kleber als zähe, fadenziehende Masse zurückbleibt (vgl. Kleber).
Reis enthält 70-75 Proz. S. neben 7-9 Proz. unlöslichen, eiweißartigen Stoffen, welche aber durch Einweichen des Reises in ganz schwacher Natronlauge großenteils gelöst werden. Man zerreibt den Reis alsdann auf einer Mühle unter beständigem Zufluß schwacher Lauge, behandelt den Brei in einem Bottich anhaltend mit Lauge und Wasser, läßt kurze Zeit absetzen, damit sich gröbere Teile zu Boden senken, und zieht das Wasser, in welchem reine S. suspendiert ist, ab. Aus dem Bodensatz wird die S. in einem rotierenden Siebcylinder durch Wasser ausgewaschen, worauf man sie durch Behandeln mit Lauge und Abschlämmen vom Kleber befreit. Die zuerst erhaltene reinere S. läßt man absetzen, entfernt die obere unreine Schicht, behandelt das übrige auf der Zentrifugalmaschine und trocknet die reine S.
Mais weicht man vier- bis fünfmal je 24 Stunden in Wasser von 35°, wäscht ihn und läßt ihn dann durch zwei Mahlgänge gehen. Das Mehl fällt in eine mit Wasser gefüllte Kufe mit Flügelrührer und gelangt aus dieser auf Seidengewebe, welches nur die grobe Kleie zurückhält. Die mit der S. beladenen, durch das Gewebe hindurchgegangenen Wasser gelangen in Tröge, dann durch zwei feine Gewebe und endlich auf wenig geneigte, 80-100 m lange Schiefertafeln, auf welchen sich die S. ablagert. Das abfließende, nur noch Spuren von S. enthaltende Wasser ¶
Stärke
(lat. amylum, frz. fécule oder amidon, engl. starch). Das Stärkemehl, welches viele Pflanzen in ihren Samen, Wurzeln oder Knollen, oder, wie die Palmen, im Mark des Stammes ansammeln, ist für dieselben ein Reservenahrungsstoff, der in folgenden Wachstumsperioden wieder in Auflösung geht und, in Zucker umgewandelt, zu Neubildungen verwendet wird. Im menschlichen und tierischen Magen verdaut, unterliegt die S. derselben Verwandlung und sie hat demnach für die Ernährung des Organismus nur die Bedeutung wie Zucker.
Je nach der Pflanze, von welcher man die S. gewinnt, hat man verschiedne Sorten, die sich zwar morphologisch, nicht aber hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung unterscheiden; diese ist bei allen Sorten die gleiche. Manche Stärkesorten, wie Arrowroot, Sago, Tapioka, werden aus weiter Ferne eingeführt. Es sind an dieser Stelle diejenigen Stärkesorten zu besprechen, welche bei uns fabrikmäßig hergestellt und massenhaft verbraucht werden, hauptsächlich zu technischen Zwecken. Es sind dies die Weizen-, die Kartoffel- und die Reisstärke. -
Weizenstärke. Das Weizenkorn besteht aus Hülse, Kleber und S., welche zum Behuf der Stärkgewinnung zu trennen sind. Weizenmehl enthält nur noch die beiden letztern, und wenn der Stärbefabrikant ^[richtig: Stärkefabrikant] von diesem ausgeht, ist die Trennungsarbeit einfacher. Es wird das Mehl mit Wasser zu einem steifen Teig geknetet und dieser in Portionen von 4-5 kg auf einem feinen Siebe, über welches eine Brause einen fortwährenden Regen ergießt, so lange durchgearbeitet, bis das Wasser nicht mehr milchig abfließt.
Man behält dann auf dem Siebe den größten Teil des Klebers zurück, der zu Nahrungszwecken brauchbar ist, wie in dem betreffenden Artikel näher angegeben. Die durch das Sieb gegangenen Flüssigkeiten enthalten das Stärkemehl, aber noch untermengt mit etwas fein verteiltem Kleber, welcher nur so entfernt werden kann, daß man ihn durch einen Gärungsprozeß löslich macht. Die Masse wird deshalb auf Bottichen mit einem sauren Ferment versetzt und in gelinder Wärme, unter zeitweiligem Umrühren, so lange belassen (etwa 24 Stunden), bis die Gärung beendet ist. Man zieht dann die Flüssigkeit von der abgesetzten S. ab, wäscht letztere mit vielem Wasser und trocknet sie.
Wo Mahlsteuer besteht, ist dieser Fabrikationsweg, weil zu kostspielig, nicht ausführbar. Es tritt dann die andre Methode ein, welche von den ganzen Körnern ausgeht und den Kleber als solchen nicht gewinnt, sondern sämtlich durch Gärung beseitigt. Das Verfahren gestaltet sich hierbei wie folgt: Man verarbeitet in der Regel guten großkörnigen, dünnschaligen und reinen Weizen, doch nimmt man gern auch den wohlfeilen, sog. blauspitzigen mit ein wenig Brand an den ¶
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Spitzen. Die Körner werden zunächst in Bottichen oder Bassins mit Wasser eingequellt; nach drei Tagen sind sie so erweicht, daß sie sich zwischen den Fingern zerdrücken lassen. Sie kommen nun auf die Quetsche, wo sie durch zwei eiserne, gegen einander laufende und dicht neben einander liegende Walzen zu Mus zerdrückt werden. Dieses kommt zusammen mit Wasser wieder in Bassins. Hier tritt nach einigen Tagen die Gärung ein, die Masse steigt und muß, so oft dies geschieht, wieder niedergerührt werden.
Die Gärung braucht im Sommer eine Zeit von etwa 14 Tagen, im Winter mehrere Wochen. Der Weizen bildet dann eine dickflüssige saure Masse, in welcher gelbliche Massen von Kleber schwimmen, die man, so weit thunlich, durch Abschöpfen entfernt. Das Ganze kommt nun in die Spülmaschine, eine Hohlwalze, deren Mantel aus eng neben einander stehenden Latten besteht und vermöge der schmalen Zwischenräume wie ein Sieb wirkt. Indem die Walze sich dreht, fällt beständig Wasser in Regenform auf, beziehentlich in dieselbe, und es werden dergestalt die S. und der Rest von Kleber ausgespült, indes die Hülsen in der Trommel bleiben.
Die von der Spülmaschine ablaufende milchähnliche Flüssigkeit fließt in die Quirlbassins, um hier durch eine stehende Flügelwelle bearbeitet zu werden. S. und Kleber werden also am Niederfallen gehindert, bis das Bassin voll ist und man den Quirl abstellt. Dann sinkt erstere fast sofort nieder, indes der letztere langsamer nachfolgt und auf dem Niederschlag der S. eine Oberschicht bildet, die nach Abheben des überstehenden Wassers sorgfältig abgenommen wird.
Die S. wird wieder mit Wasser angerührt und in die Setzwannen gepumpt, wobei sie durch ein feines Haarsieb gehen muß. Hat sie sich hier gesetzt und ist das Wasser abgelassen, so wird sie durch eine Zentrifuge oder auch durch eine sog. Nutsche entwässert, in Stücke geschnitten und auf den Trockenboden zum Trocknen gebracht. Die im Quirlbassin abgehobene Oberschicht, das sog. Grobe, enthält noch viele Stärkekörnchen, die der Fabrikant nicht verloren gehen lassen kann. Es wird daher diese Masse gewöhnlich wieder mit Wasser gemischt und über breite hölzerne Rinnen geleitet, welche sehr geringen Fall haben, sodaß ein ganz langsames Fließen statt hat, wobei der Rest der S. sich absetzt.
Die abgelaufene Flüssigkeit heißt nun Schlempe, ein Stoff, der nur als Schweinefutter verwendbar ist, daher die Stärkefabriken gewöhnlich zum Schweinehalten veranlaßt sind. Einen besser zu verwertenden und gut verkäuflichen Abfall bilden die von der Spülmaschine kommenden Hülsen, welche auch von anderm Vieh, Schafen, Rindern, Pferden, gefressen werden. Wenn auf dem Trockenboden die großen Stärkestücke eine trockne Kruste von etwa 4 mm Dicke erhalten haben, so schabt man sie ab, weil sie in der Regel schmutzig geworden ist. Dieser Abfall bildet die Schabestärke, welcher hauptsächlich zu Kleister dient. Die großen Stücke werden nun in kleinere geschlagen und auf Horden weiter getrocknet, wobei die Masse von selbst in noch kleinere Teile zerfällt. Dies ist dann die gewöhnliche Waschstärke.
Manche Fabriken bereiten aus der gewöhnlichen S. noch feinere Produkte durch wiederholtes Schlemmen u. dgl., z. B. Strahlenstärke, Patentstengelstärke, Puderstärke, Spitzenstärke u. a. Ein Hauptsitz der Stärkefabrikation aus Weizen ist Halle, dann folgen Nürnberg, Augsburg, Neuwied, Köln, Koblenz, Mannheim u. a. Schlesien produziert außer viel Kortoffelstärke ^[richtig: Kartoffelstärke] auch solche aus Weizen. -
Kartoffelstärke. Die Darstellung dieser Stärkesorte ist ganz einfach und geschieht fabrikmäßig im wesentlichen ebenso, wie sie oft genug in häuslichen Wirtschaften zum Selbstgebrauch vorkommt. Die rohen gewaschenen Kartoffeln werden zerrieben, in Fabriken natürlich durch Maschinen, und aus dem entstandenen feinen Brei wird die S. auf Sieben oder in einer andern Weise mit vielem kalten Wasser ausgewaschen und mit diesem auf Kufen oder in Bassins gebracht, wo sich die S. zu Boden setzt.
Nach Ablassen des überstehenden Wassers wird von der S. die oberste unreine Schicht entfernt, das übrige ausgestochen, an der Luft und nachgehends in künstlicher Wärme getrocknet. Die trockne Masse wird mit Walzen zerdrückt und gesiebt; sie bildet ein schneeweißes knirschendes Pulver. Der Stärkegehalt der Kartoffeln ist bekanntlich ziemlich verschieden und man gewinnt nach Umständen 14-24%. Ein unausbringlicher Rest bleibt in der rückständigen Masse, welche als Viehfutter verwendet wird. -
Reisstärke wird in England, Belgien und jetzt auch in Deutschland im großen bereitet, ist auch bei uns schon ein gewöhnlicher Ladenartikel und wird als das feinste Stärk- und Appreturmittel verwendet. Die meisten und größten englischen Fabriken für Reisstärke befinden sich in Norwich. Einige Reissorten geben 80-90% S., die Durchschnittsausbeute ist aber nur 73%. Im Reiskorn liegen die sehr feinen Stärkekörnchen im innigen Gemenge mit den übrigen Mehlstoffen und eine bloß mechanische Behandlung ist daher nicht hinreichend, die Trennung zu bewirken, welche vielmehr durch chemische Mittel gefördert werden muß.
Es ist demnach der Gang der Fabrikation etwa folgender: Der ungeschälte Reis wird mit Wasser, in welchem Ätznatron (man wendet eine Lauge von 1½ bis 2° Bé. an) gelöst ist, so lange gequellt, bis er zwischen den Fingern zerreiblich ist;
dann wird der gequellte Reis zur Entfernung der Lauge mit Wasser zweimal ausgewaschen und unter Zusatz schwächerer Lauge zwischen Steinen gemahlen.
Die milchige Flüssigkeit läuft in große tiefe Gefäße, wo sich Hülsen und Kleber am Boden absetzen. Zur rechten Zeit, welche durch Beobachtungen an kleinen Fensterchen, die in der Kufenwand angebracht sind, erkannt wird, pumpt man die Stärkeflüssigkeit ab auf andre Gefäße und versetzt sie mit noch mehr Wasser. Hier klärt sich die Flüssigkeit ab und die S. sinkt zu Boden. Der Rückstand der ersten Kufe wird ausgepreßt, während die Preßkuchen nach sorgfältigem Auswaschen mit Wasser als Viehfutter verkauft werden. Der Stärkebrei wird durch Siebe getrieben und so gereinigt, dann in leinene Tücher geschlagen oder in der Zentrifuge entwässert. ¶
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Das Trocknen geschieht in der Regel bei 40 bis 50° R. - In England wird in ähnlicher Weise wie aus Reis auch viel Maisstärke bereitet. -
Erzeugung und Verbrauch von Kartoffel- und Weizenstärke sind großartig und der letztere ist sehr mannigfaltig. Die Kartoffelstärke wird zum eigentlichen Stärken und Appretieren in der Regel nicht verwendet, schon deshalb, weil sie einen gelblichen Kleister gibt; sie dient als Schlichte in der Zeugweberei und sonst zu Kleister, als Farbenverdickungsmittel beim Zeugdruck, in Konditorei, Bäckerei und Küche, und in großen Mengen zur Darstellung von Dextrin, Stärkesirup und Stärkezucker. Es besteht diese Stärkeart aus den größten Körnern, welche unter dem Mikroskop eiförmig erscheinen mit einem Nabel am spitzen Ende und übrigens mit ringsum laufenden Streifen als Zeichen eines geschichteten Baues. Die S. bildet mattweiße, leicht zerfallende Brocken; gepulvert ist sie schmutzig weiß und glänzend.
Die Weizenstärke, fester zusammenhängend, als Pulver bläulich weiß und nicht glänzend, besteht aus linsenförmigen Körperchen, gemischt mit viel kleinern ganz runden. Die Reisstärke hat die kleinsten, würfelig oder sonst eckig gestalteten Körnchen. Sie ist nicht ganz unlöslich in kaltem Wasser wie die übrigen Arten, sondern es verbleibt in solchem, wenn beides zusammengerührt und dem Abklären überlassen wird, ein ziemlicher Anteil gelöst. Weizenstärke verhält sich übrigens, nachdem sie feingerieben worden, ebenso. Sie ist die eigentliche Waschstärke und das Appreturmittel für Zeuge, wird aber in diesem Dienste durch die neu aufgetretene Reisstärke für Fälle, wo eine feinere Appretur erwünscht ist, wohl etwas beschränkt werden.
Es sind über das verhältnismäßige Steifungsvermögen von Weizen-, Kartoffel- und Maisstärke genaue vergleichende Versuche angestellt worden und man hat gefunden, daß dieses Vermögen bei gleichen Mengen der Maisstärke am meisten eigen, daß es bei der Weizenstärke geringer und am geringsten bei der Kartoffelstärke ist. Dabei hat sich aber noch herausgestellt, daß Mais- und Kartoffelstärke viel gleichmäßiger steifen als Weizenstärke, vielleicht weil diese letztere aus zwei verschiednen Arten von Körnern besteht. -
Die S. kann, abgesehen von Beimischungen ganz fremder Körper, besonders auch durch zu großen Wassergehalt dem Käufer Nachteil bringen. Wenn die Ware einige Zeit in feuchter Luft belassen wird, so nimmt sie beträchtlich Wasser auf, ohne feucht zu erscheinen. Es ist daher beim Einkauf der Wassergehalt zu prüfen; es darf eine gewogene Probe bei völligem Austrocknen in einer Temperatur von 60-86° C. nicht mehr als 20% an Gewicht verlieren. Der Preis der Weizenstärke richtet sich nach den Getreidepreisen. Kartoffelstärke ist immer beträchtlich wohlfeiler. -
Eine massenhafte Produktion von Kartoffelstärke findet sich, wie schon bemerkt, in Schlesien, von wo die Ware in ganzen Schiffsladungen verführt wird; vieles erzeugen auch die Provinzen Sachsen und Pommern. Magdeburg ist der hauptsächliche Umsatzplatz, und demnächst Berlin, für alle Stärkewaren, Zucker und Sirupe. Der Absatz ist landwärts nach Westfalen und den Rheinlanden, seewärts nach England und andern Ländern. Emballage in Fässern von 6-8 Ztr. oder Säcken von 1-2 Ztr. Inhalt.
Außer der gewöhnlichen Sortierung in Prima-, Sekunda- und Tertiaware findet sich von Kartoffeln noch vor: Rohstärke, Bassinstärke und Schlammstärke, das wohlfeilste Produkt. Primaware wird zum Teil als chemisch gereinigt angekündigt. Endlich kommt ein guter Teil der S. klar gemahlen, als Kartoffelmehl, an den Markt, die Form, in welcher der Stoff meistens zu Genußmitteln verwendet und in Viktualienhandlungen feilgehalten wird. Die ausländischen Arten von S. sind unter ihren speziellen Namen beschrieben. - Zoll: Arrowrot ^[richtig: Arrowroot], Sago, Tapioka und alle Arten von S. gem. Tarif im Anh. Nr. 25 q 1. Stärkezucker und Sirup Nr. 25 u. Bemerkt wird, daß Reis zur Stärkefabrikation unter Kontrolle der Verwendung zum Zollsatze von 1,20 Mk. pro 100 kg abgelassen wird.