Stadterwei
terungen,
planmäßige Anlagen neuer Straßen und Bauplätze außerhalb des bisherigen Bebauungsgebietes der Städte; sie haben infolge der starken Bevölkerungszunahme der modernen Großstädte und Industrieorte (s. Stadt) eine allgemeine socialpolit. Bedeutung gewonnen. Während die historisch gewordenen Verhältnisse der ältern innern Bezirke der Großstädte auf eine intensive Benutzung der Bauflächen hindrängen, ist für die neu entstehenden Stadtteile durch allgemeine gesetzliche und baupolizeiliche Vorschriften die Möglichkeit geboten, solche Straßen- und Häuseranlagen vorzusehen, welche den modernen gesundheitlichen und ethischen Anforderungen in befriedigendem Maße entsprechen (s. Wohnungsfrage).
Neuerdings sind in dieser Beziehung von verschiedenen Seiten beachtenswerte Vorschläge gemacht worden, die unter anderm auch darauf hinausgehen, in Gemeinden mit stark geteilten, zersplitterten Grundbesitzverhältnissen genügend große, für die Durchlegung von Straßen und die Bebauung verfügbare Flächen zu schaffen. Nach dem Vorgang einzelner deutscher Städte (Mainz, [* 2] Hamburg) [* 3] und der belg. Gesetzgebung ist im preuß. Herrenhause in der Session 1892/93 seitens des Oberbürgermeisters Adickes (Frankfurt [* 4] a. M.) ein Gesetzentwurf betreffend die Erleichterungen von S. eingebracht worden.
Die Hauptpunkte sind: «Behufs Erschließung von Baugelände in einem überwiegend unbebauten Teile des Gemeindegebietes mit zerteiltem Grundbesitz kann in Stadtgemeinden mit mehr als 10000 E. nach endgültiger Feststellung eines Fluchtlinienplans (Gesetz vom die zwangsweise Zusammenlegung (Konsolidation) von Grundstücken verschiedener Eigentümer verfügt, sowie das der Gemeinde zustehende Recht der Enteignung auf das neben öffentlichen Straßen und Plätzen belegene Gelände ausgedehnt werden. Die Zusammenlegung kann sich sowohl auf den gesamten Bereich eines Bebauungsplans, als auch auf einen durch natürliche Begrenzung, bestehende und ¶
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projektierte Straßen oder die thatsächliche Entwicklung der Anbauverhältnisse abgesonderten Teil des Planbereichs erstrecken. Die Zusammenlegung muß erfolgen, wenn die Eigentümer von mindestens der Hälfte der nach dem Grund- oder Gebäudesteuerkataster zu berechnenden Fläche der zusammenzulegenden Grundstücke sie bei dem Gemeindevorstande beantragen und sie im öffentlichen Interesse liegt; sie kann auch ohne Antrag der Beteiligten zwangsweise erfolgen. Die Ausdehnung [* 6] der Enteignung auf die neben öffentlichen Straßen und Plätzen belegenen Grundstücke erfolgt auf Grund Gemeindebeschlusses und kann nur gleichzeitig mit der Enteignung des zu den anzulegenden öffentlichen Straßen und Plätzen erforderlichen Geländes beschlossen und durchgeführt werden.» Der Entwurf ist vom Landtage nicht endgültig verabschiedet worden. (S. Bebauungsplan.) Vorzügliche Beachtung verdienen die Bauordnungsgrundsätze in Sachsen [* 7] vom die einen socialpolitisch großen Fortschritt bedeuten.
Vgl. die Artikel S. und Zusammenlegung städtischer Grundstücke und Zonenenteignung im «Handwörterbuch der Staatswissenschaften», Bd. 5 u. 6 (Jena [* 8] 1893 u. 1894);
Baumeister, Moderne S. (in den «Deutschen Zeit- und Streitfragen», Neue Folge, 2. Jahrg., Heft 7, Hamb. 1887);
Friedrichs, Das Gesetz betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen u. s. w. (2. Aufl., Berl. 1889);
J. Stübben, Der Bau der Städte in Geschichte und Gegenwart (ebd. 1895);
Meyn, S. in rechtlicher Beziehung (ebd. 1893);
Adickes, Umlegung und Zonenenteignung als Mittel rationeller Städteerweiterung (in Brauns «Archiv für sociale Gesetzgebung», Tüb. 1893);
Fr. von Gruber, Anhaltspunkte für die Verfassung neuer Bauordnungen (Wien [* 9] 1893);
W. Prausnitz, Grundzüge der Hygieine (3. Aufl., Münch. 1896), S. 187 fg.; Berichtendes Ausschusses des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege von 1873 bis 1896.