Kollegium, welches die wichtigsten Staatsangelegenheiten in gutachtliche Beratung zieht und sich über die
Grundsätze für deren weitere Behandlung ausspricht. Durch das Vertrauen des Fürsten aus hochgestellten und erfahrenen Personen
berufen, hat der S. die Aufgabe, Einheit in die Maßregeln der einzelnen großen Verwaltungszweige zu bringen und demnach
teils die Organisation der Staatsverwaltung im ganzen, teils die Grundlagen der Gesetzgebung, teils die
auswärtigen Verhältnisse
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zu beraten. In Preußen (Verordnungen vom und war der S. bis 1848 eine wichtige Institution, deren Bedeutung
jedoch mit der Entwickelung des Konstitutionalismus nahezu aufhörte, wenn auch ein Erlaß vom eine Wiederbelebung
versucht hat. Auch der 1884 gemachte Wiederbelebungsversuch und die Übertragung des Vorsitzes auf den
damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm hatten keinen nennenswerten Erfolg. Der S. setzt sich zusammen aus den Prinzen des königlichen
Hauses, sobald sie das 18. Lebensjahr erreicht haben, und aus den Staatsdienern, welche durch ihr Amt zu Mitgliedern des Staatsrats
berufen sind, nämlich dem Präsidenten des Staatsministeriums, den Feldmarschällen, den aktiven Staatsministern,
dem Chefpräsidenten der Oberrechnungskammer, dem Geheimen Kabinettsrat und dem Chef des Militärkabinetts.
Ferner haben die kommandierenden Generale und die Oberpräsidenten, wenn sie in Berlin anwesend sind, Sitz und Stimme im S. Dazu
kommen dann diejenigen Staatsdiener, welchen aus besonderm königlichen Vertrauen Sitz und Stimme im S.
beigelegt ist. Derartige Ernennungen erfolgten 1884 in beträchtlicher Anzahl. Auch in Bayern, Elsaß-Lothringen, Sachsen und
Württemberg besteht ein S.
Vgl. Sailer, Der preußische S. (Berl. 1884).
In der absoluten Monarchie, insbesondere in Rußland, ist der S. (in Rußland »Reichsrat«) eine Art Ersatz der Volksvertretung.
In manchen Staaten ist S. auch Titel für höhere Staatsbeamte, namentlich für die verantwortlichen Vorstände
von Ministerialabteilungen, in Rußland auch für verdiente Gelehrte.
ein in mehrern Staaten bestehendes Kollegium zur Begutachtung von Gesetzentwürfen,
Verordnungen und Verwaltungsmaßregeln. (S. auch Geheimer Rat.) Eine Teilnahme an der unmittelbaren Verwaltung steht dem S.
in der Regel nicht zu, da dieselbe sich mit der konstitutionellen Verantwortlichkeit der Minister nicht verträgt; ebensowenig
präjudiziert er in irgend einer Weise den Rechten der Volksvertretung hinsichtlich der Gesetzgebung. Der
polit. Wert seiner Gutachten besteht lediglich darin, daß hervorragende Männer in ihm vereinigt sind, welche nicht in das
parlamentarische Parteigetriebe verwickelt und an den momentanen und einseitigen Zielen der einzelnen Verwaltungschefs unbeteiligt
sind, so daß von ihnen ein unparteiisches, auf die Gesamtinteressen des Staates gerichtetes Urteil zu
erwarten ist.
In Preußen ist der bereits 1808 in Aussicht genommene S. durch königl. Verordnung vom ins
Leben gerufen worden, allerdings in wesentlich anderer Weise, als Stein ihn ursprünglich geplant hatte; nach Steins Absicht
sollte im S. die gesamte Verwaltung der Monarchie einheitlich zusammengefaßt sein; nach der Verordnung
von 1817 dagegen bildete der S. nur die höchste beratende Behörde der Krone. Bis 1848 übte der S. auch in dieser Verfassung
eine umfangreiche und wichtige Thätigkeit aus.
Durch die Verfassung vom wurde seine Bedeutung erheblich abgeschwächt, indem er eine lediglich fakultative Einrichtung
wurde; seit März 1848 hörte er thatsächlich zu existieren auf, obwohl er rechtlich nicht aufgehoben
wurde. Durch Erlaß vom wurde er wieder in Wirksamkeit gesetzt; es wurden neue Mitglieder ernannt, und wurde
er wieder eröffnet. 1884 wurde der damalige Kronprinz, spätere Kaiser Friedrich III., zum Präsidenten ernannt,
ein besonderer Staatssekretär mit der Leitung der Geschäfte betraut, der E. in mehrere Abteilungen zerlegt und zahlreiche
Mitglieder berufen. Er besteht aus den Prinzen des königl. Hauses, soweit sie das 18. Lebensjahr
zurückgelegt haben und aus Staatsdienern, welche durch ihr Amt zu Mitgliedern berufen sind, oder denen aus besonderm königl.
Vertrauen Sitz und Stimme im S. beigelegt worden ist. 1890 und 1895 wurde der S. zur Begutachtung schwerwiegender wirtschaftlicher
Fragen unter dem Vorsitz des Kaisers einberufen.
Außer in Preußen besteht die Institution des S. in Bayern, Württemberg, Sachsen und Elsaß-Lothringen, dagegen nicht in Österreich.
Gegenüber dem Gewicht der parlamentarischen Körperschaften wird der S. nur unter besondern Umständen
eine wirkliche Bedeutung gewinnen können. In Bayern und Württemberg hat der S. zu einem Teil nach dem Vorbild des frühern
französischen S. noch Verwaltungsgerichtsbarkeit. In Elsaß-Lothringen ist soweit an Stelle des S. der Kaiserliche Rat getreten.