Staatsdienst.
Staatsbeamter oder Staatsdiener
ist derjenige, welcher dem
Staate kraft eines besondern
staatsrechtlichen
Aktes (seiner Anstellung) zur Leistung von dauernden Diensten in Unterordnung unter ein vorgesetztes Organ
verpflichtet ist. Nicht bloß diejenigen
Beamten sind Staatsbeamte, welche staatliche Hoheitsrechte ausüben (die Staatsminister,
Gesandten, Konsuln,
Richter,
Staatsanwälte, Polizeibeamten, Zollbeamten u. s. w.), sondern auch die öffentlichen
Lehrer und die Regierungs- und Finanzbeamten, welche zur
Verwaltung staatlichen Privateigentums berufen
sind; nicht minder die zu mechan. Diensten berufenen Schreiber und
Boten, wenn sie förmlich angestellt sind.
Selbstverständlich auch die Offiziere, wenn auch die sog. Staatsdien
ergesetze
nur für die Civilbeamten gelten. Ebenso sind
die Kommunalbeamten als Staatsdiener
anzusehen, soweit sie eigentlich staatliche Verwaltungsfunktionen ausüben, die der
Staat den ihm untergeordneten Kommunalverbänden übertragen hat. Diese
Beamten der Gemeinden,
Provinzen
u. s. w. werden daher mittelbare Staatsdiener
genannt. Auch die Notare, nicht aber die
Anwälte, sind Staatsdiener.
Dagegen haben die Kirchenämter nach der heutigen Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche nicht mehr den Charakter von Staatsämtern. Die Civilbeamten zerfallen in richterliche und in Verwaltungsbeamte. Wenn auch die Berufsbeamten die Hauptklasse der Staatsbeamten bilden, so sind von dem Begriffe der Staatsbeamten doch auch die nicht auszuschließen, welche ein Nebenamt, eine öffentliche Funktion ausüben. Die Handelsrichter (s. d.) sind Beamte, soweit sie im Amte zu handeln berufen sind, ebenso wie die Inhaber anderer unbesoldeter Ehrenämter.
Geschichtskarten von D

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Deutschland.Der Anzustellende muß die gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt haben. Der Staatsdiener genießt die ihm gesetzlich zustehenden besondern Rechte und hat auf Grund gesetzlicher Specialvorschrift privatrechtlichen Anspruch auf die Besoldung und die dienstlichen Emolumente. Ist er definitiv angestellt, so kann er in Deutschland [* 2] im allgemeinen aus dem Amt gegen seinen Willen nur auf Grund eines strafgerichtlichen oder eines Disciplinarurteils entlassen werden.
Staatseinnahmen - Staa

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Seite 65.215.Besondere Garantien der Unabhängigkeit ihrer Stellung sind den richterlichen Beamten gewährt. Die Dienstpflicht eines Staatsdieners kann zeitweise ruhen, indem er mit in der Regel verringerter Besoldung (Wartegeld) zur Disposition gestellt wird, bis sich eine anderweitige angemessene Verwendung für ihn findet. Ausgeschlossen ist diese Maßregel für Richter. Dagegen können gewisse Kategorien von Verwaltungsbeamten, besonders des auswärtigen Dienstes, deren Übereinstimmung mit der leitenden Autorität Erfordernis ihrer Thätigkeit ist, ohne weiteres zur Disposition gestellt werden. (S. Disposition.) Im Falle der Dienstunfähigkeit erhält der Staatsdiener unter den gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen eine Pension (s. d.). In vielen Ländern haben namentlich die höhern Staatsdiener, deren Ämter eine ausgeprägte polit. Bedeutung haben, eine sehr wenig gesicherte Stellung und werden meistens bei jedem Verlust der herrschenden Partei durch andere ersetzt. Am vollständigsten ist dieses sog. «Beutesystem» in den Vereinigten Staaten [* 3] zur Herrschaft gelangt. Die Ordnung und Zucht des deutschen Beamtentums, auf welcher der deutsche ¶
mehr
Territorialstaat beruht, die Bureaukratie mit ihren Licht- und Schattenseiten, mit ihrem umfassenden Personal, ihrer genau abgegrenzten Arbeitsteilung und ihrer hierarchischen Ordnung (Amtshierarchie) hat sich seit dem 16. Jahrh. entwickelt. In hervorragender Weise hat besonders der preuß. König Friedrich Wilhelm I. die Ausbildung des S. durch zahlreiche Anordnungen und eigenhändig verfaßte Instruktionen gefördert. Diese Bediensteten erschienen zwar nominell als fürstliche, sie wurden aber bald zu wirklichen Staatsbeamten. Die erste umfassende Kodifikation des Staatsdienerrechts enthält das Preuß. Allg. Landr. II, 13. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Reichsbeamten sind geregelt durch das Gesetz vom mit Abänderungen vom und (Art. 43 des Einführungsgesetzes zum Bürgerl. Gesetzbuch). -
Vgl. Kanngießer, Das Recht der deutschen Reichsbeamten (Berl. 1874);
Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. 1 (3. Aufl., Freiburg [* 5] 1895);
Georg Meyer, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts (4. Aufl., Lpz. 1895), §§. 142 fg.; Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Tl. 2 (Lpz. 1896), §§. 42-46. Aus der ältern Litteratur ist besonders die epochemachende Schrift von Gönner (Landshut [* 6] 1808) hervorzuheben.
Vgl. auch die Lehrbücher des Staatsrechts von Laband, G. Meyer, Zorn u. a. Die rechtshistor.
Entwicklung ist neuerdings gut dargestellt von Rehm in Hirths «Annalen» (1884, 1885).